Beim Stöbern in alten Ausgaben der ME/Sounds fand ich einen Artikel aus dem August 1987 über die Discothek Zwischenfall in Bochum. „Die Disco-Dichte im Ruhrgebiet ist höher als anderswo im Land. Um verwöhnte Musik- und Mode-Avantgardisten ins Revier zu bewegen, bedarf es schon besonderer Qualitäten.“ Vermutlich ist das Heute noch genauso, doch die Kultstätten von damals sind mittlerweile Geschichte, das Zwischenfall brannte 27 Jahre nach Erscheinen des Artikel völlig aus und überhaupt sind kaum noch Tempel der schwarzen Szene im Ruhrgebiet zu finden. Der Pavillion in Wuppertal schloss im September 2012 seine Pforten, das Lalic in Köln konzentriert sich mit seinen neuen Betreiber auf eine breiteres Klientel. Gelegentlich tropft eine der lieb gewonnenen Veranstaltungen als schwarze Lava auf die Tanzflächen Nordrhein-Westfalens. Denn hier hat sich mittlerweile schwarzer Mainstream breit gemacht, in dem häufig keine Perlen zu hören sind, sondern lediglich musikalisches Fast-Food.
Seit 2011 versucht das TIC in Mülheim wieder einen Rückzugsort für Anhänger der Gothic-, Metal- und Mittelalterszene zu betreiben. Das Konzept scheint zu funktionieren, ein Jahr hat man bereits hinter sich gelassen. Und hier schließt sich der Kreis, denn am kommenden Samstag, dem 5. Januar 2013 sind die Z-Files mit DJ Michael Zöller und DJ Diva, die vielen Zwischenfall-Gästen ein Begriff sind, zu Besuch in Mülheim und wollen längst vergessene Musik wieder in Szene setzen.
Grund genug in Erinnerungen zu schwelgen und sich dem Artikel der ME/Sounds zu widmen, in dem Klaus Märkert auch seine persönliche Top-Ten vorstellt, die euch nicht vorenthalten will. Vielleicht bekommen Besucher des TIC davon am Wochenende etwas auf die Ohren.
„Nur für kurze Augenblicke wird es hell. Über der Tanzfläche rotiert ein Mini-Ufo, ein bunter Lichterkreisel, der Stimmungen erzeugt, die an die Kult-Fernsehserie „Invasion von der Wega“ erinnern.“ Zu dieser Zeit war das Zwischenfall in Bochum bereits fest in der Hand der Grufties und Waver, die auf engagierte Veranstalter und DJs trafen. Schon zu dieser Zeit war hier Musik jenseits des Mainstream zu hören und hinter den Plattentellern wurde Neugier geweckt anstatt mit den ständig gleichen Repertoire die Besucher zu langweilen.
Der Ruf des Zwischenfalls war legendär. Im Laufe der Jahre kamen selbst Gäste aus den Niederlanden oder Belgien in die Ruhr-Metropole, selbst 1987 spricht der Artikel bereits vom Sauerland. Womöglich, weil schwarze Clubs einer aufstrebenden Jugendkultur schon zu dieser ebenso schwer zu finden waren, wie heute.
„Im Zwischenfall dominiert eindeutig Gitarrenmusik der Independent-Szene (…) erst morgens um drei wagt es DJ Klaus dann, ausgefallenere Electro-Musik auf den Teller zu legen. Auf die Ungestümtheit mitternächtlicher Stunde folgt eine Phase stilisierter Bewegungen im Stroboskop-Lichtgewitter. Wem dieses Programm zu einseitig klingt, dem sei gesagt, daß hier nur schicke Waver und Grufties verkehren. Und selbst die kommen nicht aus dem Totenreich, sondern geben sich hier erstaunlich lebendig.“
Wen wundert das, wenn man sie die Top-Ten von DJ Klaus Märkert zu Gemüte führt. Wer möchte, kann sich alle Lieder als Playlist bei Youtube anhören.
- Shock Therapie – Hate is just a 4-letter Word
- The Cult – Wild Flower
- The Wipers – Alien Boy
- Alien Sex Fiend – Hurricane Fighter Plane
- New Model Army – Poison Street
- Klinik – Sick in your Mind
- Big Black – Steelworker
- Spear of Destiny – Never take me Alive
- Wall of Voodoo – Do it Again
- Sonic Youth – Into the Groove
Der Kreis schließt sich. Jedenfalls in diesem Artikel, denn das TIC beheimatet am Samstag, dem 5. Januar 2013 die Z-Files, eine Veranstaltung aus dem direkten Umfeld des Zwischfalls, die auf der Homepage so angekündigt wird:
„Horst aka DJ Diva hatte die Federführung Ende 80 er + 90 er im Z-Fall. Mit seiner Konzertagentur Diva Performance war er maßgeblich Initiator und Entwickler der damaligen Szene nicht nur im Ruhrgebiet. Bands waren Front 242, Skinny Puppy, London After Midnight, Goethes Erben, Leaether Strip, Calva Y Nada, Das Ich, Pouppee Fabrik, Die Form, Neon Judgement, Borgesia, The Arch, Cassandra Complex, Click Click und viele viele andere ausgefallene Musiker. Nun will Horst wieder neue sowie viele ältere fast vergessene Musik mit seinem DJ Mitbestreiter M. Zöller in Szene setzen, da kann man einiges erwarten.“
Ob das TIC, über das ich bereits an anderer Stelle geschrieben habe, den Geist aufrecht erhalten kann, wird sich zeigen. Es ist – sehr zu meiner Freude – bereits etabliert und lockt auch Publikum aus dem gesamten Ballungsraum an. Ich freue mich auf Samstag und will meine spärlichen Erinnerung an das Zwischenfall in Bochum durch neue ergänzen. Ich freue mich auf Klassiker hinter dem DJ-Pult, seelige Alt-Gothics und neugierige, begeisterte Jung-Grufties. Wenn ihr möchtet, sehen wir uns gegen Mitternacht ;)
Du musst mal zu uns nach Münster kommen, wenn die Disintegration-Party in der Sputnikhalle ist.Das würde dir bestimmt gefallen.Hier ist eine Playlist von der Party:
Am 12. Januar ist es übrigens wieder so weit.;)
Zu dem Pavi in Wuppertal gibt es übrigens Neuigkeiten. Besitzerwechsel, und jetzt heisst der Laden B7 )
Regelmässig „schwarz“ ist da der Mittwoch, wird auch von Woche zu Woche wieder voller.
Maah, mit dem TIC liebäugle ich seit zwei Monaten. Und wäre mein Auto nicht in der Werkstatt, würde ich den Weg doch glatt auf mich nehmen.
@Pixella: Bist du kommende Woche in der Sputnikhalle da? Und wenn ja, als NuSchen erkennbar? ;)
@mela:Ich denke schon.Ist zumindest so geplant.
Ähm,bei all dem Schwarz ist kein Platz mehr für grün.;)
Aber ich trage Pikes!:D
Die „Disintegration“ kann ich auch nur empfehlen! Meine Lieblingsveranstaltung in der Sputte. :)
Stimmt, der Pavillon hat den Besitzer gewechselt, wie Christian schon schrieb. Clubs sind nicht so wirklich meine Sache, aber mich würde das neue Konzept eher abschrecken, um ehrlich zu sein. Zumindest hat es der Flyer getan, den ich beim letzten Konzert da in die Hand gedrückt bekommen habe (bei dem die Jungs, die für den Ton verantwortlich waren, nicht unbedingt gezeigt haben, dass sie wissen, was sie tun…).
Da werden entweder Partys beworben, bei denen so ungefähr alles gespielt wird, was man unter den schwarzen Deckmantel zwängen kann, oder solche schönen Sachen wie die Metalnacht mit Rammstein, Oomph, Eisbrecher und Co… äh, ja.
Und bei dem Konzert liefen in allen Pausen zwischen den verschiedenen Bands die gleichen drei oder vier Lieder von Samsas Traum :<
Aber gut, vielleicht liegt darin auch der Grund, warum ich Clubs nicht mag und das ist alles gar nicht so schlimm. Ich will auch sicherlich niemanden abschrecken ;)
@Pixella: Ja, vielleicht sollte ich mal nach Münster kommen, da war ich noch nicht. Jedenfalls für keine schwarze Party :)
@Irmin: Genau so ist es. Letztendlich muss man sich die kleinen Perlen heraussuchen, die von Zeit zu Zeit in den üblichen Mainstream-Läden zu finden sind. Da hilft nur Mundpropaganda. Komisch, das war früher auch nicht anders :)
Hallo Irmin,
das Derniere Volonte/Spirtual Front Konzert. Ich war im Nachhinein froh das der Tonmann nicht die ganze Veranstaltung gesprengt hat als Geoffroy ausgeflippt ist ;)
Bei Samsas Traum in den Pausen konnte ich auch nur den Kopf schütteln, sowas habe ich auf verschiedenen Konzerten aber auch schon öfters erlebt, irgendwo gabs mal irgendwelchen Fettes Brot Hip Hop in den Pausen. Ich frage mich auch immer was die Veranstalter da reitet. Einfach eine CD reinschmeissen und laufen lassen. Ist es denn so schwer eine CD zu nehmen die zumindest etwas im Kontext mit der Veranstaltung steht? Das hat irgendwas von Jammern auf hohem Niveau, aber ich verstehe oft nicht warum man so Kleinigkeiten „versauen“ muss. Man muss echt kein Prophet sein um zu wissen das ein Publikum von so einem Konzert wahrscheinlich weniger auf Samsas Traum abfährt.
Der normale Partybetrieb ist wie oft auch so ein „alles was irgendwie von den Szenegängern gehört wird“-Konzept. Ich rege mich darüber nicht mehr wirklich auf, weil es steht und fällt echt mit den Leuten die mehr oder weniger zufällig da sind. Wundertüte eben.
Ja, die Perlen raussuchen. Oder das Massenprogramm mitnehmen wenn nichts anderes da ist und man aber gerne mal ausgehen mag. Gar nicht so einfach. Aber so ist das im Leben nunmal.
Hallo Christian,
ja, genau das Konzert. Im Nachhinein war es schon recht amüsant… ;) Der Ton war ja echt schlecht, aber Geoffroy hat sich auch ein wenig angestellt. Die Jungs von Spiritual Front haben das etwas „sportlicher“ genommen und sich damit arrangiert. Und dann wissen sie nicht, ob sie ne Zugabe geben wollen (wirkte jedenfalls so), Simone will noch was sagen und der Tonmann dreht ihm einfach den Saft ab. Hach ja :D
Ich wollte einem das B7 ja auch wirklich nicht madig machen, der Abend bei dem Konzert hat mich aber nicht besonders überzeugt. Von früher, Robert, wollte ich auch gar nicht erzählen ;)
Moin!
Leider haben wir`s dieses Wochenende nicht geschafft, aber nächsten Monat woll`n wir definitiv dabei sein!
Ich habe noch 3 Plätze im Auto frei! (ab Dortmund)
LG Jörg