Schon wieder Satanismus? Ich würde eher sagen: Immer noch. Die Gothic-Szene hat mit Satanismus nichts zu tun, doch das gruftige Spiel mit Symbolik und Okkultismus macht es für den Außenstehenden schwer, zu differenzieren. Gepaart mit Neugier und jugendlichem Leichtsinn probiert man sich aus und landet schnell in einem merkwürdigen Umfeld. Wer dann die Grenzen nicht kennt, nicht begreift oder nicht einhalten will, wird schlimmstenfalls Bestandteil von Dokumentationen und Zeitungsartikeln. „In den falschen Köpfen wird Satanismus zur Gefahr.“ sagte Orphi Eulenforst zu mir, als ich leichtsinnig und unbewusst den Satanismus in einem Artikel verharmloste. Ich verschob den Schnellschuss wieder in die Entwürfe und dachte nach. Wie nähert man sich diesem Thema?
In den falschen Köpfen werden selbst christliche Ideen zu Gefahren, so viel steht fest. Beim Satanismus sind jedoch die Auswirkungen gefährlicher, da Ideen und Visionen, wie sie Aleister Crowley oder Anton LaVey gesponnen haben, deutlicher radikaler und zerstörerischer sind als die Sichtweisen der übrigen „etablierten“ Religionen. Grufties, so legt auch die Dokumentation nahe, haben eine gewisse „Nähe“ zum Satanismus. In den meisten Fällen, ist das aber lediglich das Produkt visueller Überschneidungen, wie die Farbe Schwarz oder ein Faible für religiöse oder okkulte Symbolik. Auch vereinzelte „Jugendsünden“, wie Nachts auf Friedhöfen herumschleichen oder Gläserrücken, die aus der bekannten Mischung von Neugier und Leichtsinn entstehen, haben dieses Vorurteil bestätigt.
Die Gothic-Szene hat nicht mit Satanismus zu tun, doch die Taten Einzelner sind auch heute immer noch Nährboden für diese Einschätzung. Der Mordfall von Witten, bei dem Manuela und Daniel Ruda 2001 den 33-jährigen Frank H. töteten, färbte auf eine ganze Szene ab. Wer mit entsprechenden Dingen provoziert (666, umgedrehte Kreuze, Pentagramm mit der Spitze nach unten, Baphomet…), muss mit der Verantwortung des Erklärens leben. Ich möchte mit diesen Videos die Grundlage für eine Beschäftigung mit der eigenen Provokation anregen, nicht um davon abzuraten, sondern um ein blindes Verwenden dieser Symbole durch das Bewusstsein ihrer Bedeutung zu ersetzen. Die folgende Dokumentation aus dem Jahr 1995 fasst (stellenweise plakativ) zusammen, wie die dunkle Seite des Satanismus ausgesehen hat.
Interessante Tatsache: Je weiter der Bericht in die Materie einsteigt, umso ungruftiger wird es. Zum Ende der Dokumentation gerät die Eröffnungssequenz völlig aus dem Zusammenhang. Es sind kranke Menschen, die kranke Taten begehen und Grufties sind nicht pauschal krank. Fragen wir uns also: Warum ist es so oft „Gothic“ das in die Thematik einsteigt? Wissen die Besucher, die zur Zeit auf dem WGT herumlaufen, welche Bedeutungen ihre Symbole haben?
Einen Film, der „satanisch“ nicht von „satanistisch“ zu unterscheiden vermag, kann man nicht ernst nehmen. Ceterum censeo: Crowley war kein Satanist.