Die Ursprünge der Gothic-Szene wurden bereits ausgiebig dokumentiert. In unzähligen Publikationen wird die Entstehungsgeschichte immer wieder demontiert um auf die Wurzeln des Punks zu pochen. Man hofft, eine Erklärung für das Phänomen „Gothic“ zu finden, dass sich seit über 30 Jahren in der subkulturellen Landschaft festgefressen hat. Die Zeit zwischen 1980 und 1990 wird dabei glorifiziert, frei nach dem Motto „Früher war alles besser!“, während man über die aktuellen Entwicklung seit 2010 ausgiebig meckert. Dazwischen liegen gefühlte 20 Jahre Dunkelheit. Dabei gibt es auch in dieser Zeitspanne viele Ereignisse, die maßgeblich zum „Jetzt“ beigetragen haben dürften. Große Festivals feierten in dieser Zeit ihren Ursprung, die ersten auflagenstarke „Szene-Magazine“ erschienen an der Bildfläche und die ersten Szene-Shops öffnen ihre Pforten. Zur Jahrtausendwende bekommen alte Ängste durch die sogenannten „Satansmorde“ neues Futter, die immer bekannter werdende Szene platzt aus allen Nähten und ist schon lange keine Jugendkultur mehr. Die Szene kommt in Erklärungsnot, immer neue Bücher beschäftigen sich mit „Gothic“ und verstricken sich in Analysen und Erklärungsversuchen. Kommerzialisierung und eine unglaubliche Toleranz gegenüber Subkulturen der „Andersartigkeit“ machen aus einer Szene der Abgrenzung eine Facette des Lebens, in der jeder ein wenig „Dunkelheit“ ausleben kann.
Um die Lücken zu schließen, habe ich meine Archiven gegraben und bin fündig geworden. ARTE-Tracks zeigte 1998 eine Dokumentation, die eigentlich ganz gut den Status Quo vor der Jahrtausendwende zeigt und unweigerlich Parallelen zum aktuellen Zustand aufzeigt. Viel „Vergnügen“ und gute Unterhaltung.
Der Bericht beginnt mit der zwar klischeehaft mit der Titelmelodie des Films „Halloween“, doch darüber sollte man aus Gründen der Dramaturgie hinwegsehen. „Gothics. Im Volksmund heißen sie Grufties und kommen seit 7 Jahren jedes Pfingstwochenende zu einem internationalen Treffen in Leipzig zusammen. In diesem Jahr waren es etwas 12.000, etwa 5.000 mehr als im Vorjahr. Die Gruppe wächst. Was sie zusammenhält ist die Suche nach anderen Lebensformen, eine bewusste Abkehr von der Techno-Jugendkultur und ein hinwenden zu Mystik und Romantik. Entstanden ist Goth Ende der 70er aus der Punk-Bewegung, 10 Jahre später war der Hang zum Schwarzen schon fast aus der Mode, als sich mit dem Mauerfall und der einhergehenden Desillusion der Jugendlichen im Osten eine regelrechte „Goth-Renaissance“ vollzog. Heute ziehen immer mehr Jugendliche düstere Romantik und Fackelschein dem dumpfen Techno-Beat der 90er vor und zelebrieren ihre Lebensanschauung.“ Faszinierenderweise können sich in diesen Worten wohl einige wiederfinden oder neu entdecken.
Und bevor ich dieses Bildmaterial wieder „zu Tode analysiere“ (Wortspiele die nur einen einzigen Zweck verfolgen: Klischee Olé!) nur ein paar schöne Sätze, die mir in Erinnerung geblieben sind. „Und was die heutige Gesellschaft nicht bieten kann, wird mystisch verklärt in früheren Jahrhunderten gesucht. Besonders beliebt: Das Mittelalter. Seuchen, Hexenverfolgung und Armut sind Nebensache, was zählt sind die Romantik und die Rückbesinnung auf sogenannte „ehrliche“ Werte.“ – „Vier Tage im Jahr ist Leipzig Gruftie-Metropole. Vier Tage an denen die Schwarzen unter sich sind mit ihrer Kleidung, ihrer Musik und ihren Theaterstücken und ihren gemeinsamen Träumen. Nun müssen sie wieder in den Alltag zurückkehren. Aus Vampiren werden Gabelstaplerfahrer, aus barocken Damen Schulmädchen. Aber nur rein äußerlich. Innen drin sind sie Grufties, egal wo.“ Die Wertung überlasse ich dem Leser. Ich liebe meine Klischees, meine Verklärung, meine Kleidung und meine Träume. Ich muss mich nicht mehr erklären.
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.
Sehr schönes Stück Geschichte.
Heute ziehen immer mehr Jugendliche düstere Romantik und Fackelschein dem dumpfen Techno-Beat der 90er vor und zelebrieren ihre Lebensanschauung.
Interessant natürlich, dass dies 10 Jahre später anders wurde. Aber es scheint so langsam, dass sich ie Szene immer mehr aufspaltet im Sinne von denen die sich an die Marktregeln halten und denen, die ihr eigenes Ding durchziehen.
Also so arg anders finde ich das heute nich…
Der Unterschied liegt für mich klar auf der Hand, auch wenn es die Macher der Sendung mit der Musik zu überspielen versuchen:
1988 – „Wave ist geil! Mittelalter? Hmm joa, keine Ahnung.“
1998 – „Mittelalter ist geil! Wave? Hmm joa, keine Ahnung.“
Grob geschätzt kannte schon mehr als die Hälfte dieser Schminkköfferchen ihre Wurzeln nicht mehr.
Die einzigen „Waver“, die gescheite „Mittelaltermusik“ machen, sind immer noch Dead Can Dance :-)
Ich weiß noch, wie wir uns anno ’98 über diese Neuszene amüsierten, weil dort wirklich jeder Bezug zum Ursprung fehlte. Die wussten nicht einmal, was EBM bedeutet. Für die war das „Electric Beat Music“ (sic!). Die Bedeutung von etablierten Begrifflichkeiten war bei denen völlig aus dem Bewusstsein verschwunden. Das Internet trug sicher viel dazu bei, dass ein Teil dieses „Fehlwissens“ nun einigermaßen beiseite geräumt wurde.
Ich meine übrigens, dass die End-90er den Beginn dieses „Arty-Farty“-Gehabes darstellen, das heute in der Szene so stark vertreten ist. Inzwischen hält sich doch jeder zweite Hanswurst für den geborenen Künstler, weil er sein Haustier mit Bleistift auf Papier brachte. Fotografie mit der Billig-Knipse wird ja schon seit Jahren als Kunst verschleudert. Hauptsache Titten. Photoshop erledigt den Rest. Und diese Leute nehmen sich auch noch so furchtbar ernst dabei. Und natürlich muss heute jede amateurhaft zusammengestellte Gedichtesammlung in gebundener Form erscheinen. Es reicht ja nicht mehr, dass man sie nur im engeren Kreis verbreitet und den Rest der Welt damit verschont.
Aus reinem Interesse: wie ist das finanzierbar? Nenn mir nen Weg Bücher günstig zu produzieren und ich hätte 3 befreundete Autoren, die Dir echt dankbar wären.
Glaub mir, als Musiker ist es vergleichsweise noch einfach seine Kunst zu veröffentlichen. Als Autor von Büchern dagegen…
Da gebe ich dir recht, Axel. Und was soll daran so schlimm sein, wenn man ein Amateur-Künstler ist und einem das auch wahninnig viel Spaß bereitet? Soll man lieber gar nichts machen und Däumchen drehen? Ich finde das, was manche mit ihren Billig-Knipsen hinbekommen, richtig großartig.
Gut, manche Reimereien sind schon extrem amateurhaft. Aber es muss sich ja nicht jeder auf einen zweiten Goethe machen. Die Hauptsache ist doch, man hat ein Hobby, was einen erfüllt und einen glücklich macht.
In Bezug auf „Tittenbilder“ gebe ich dir allerdings recht. Das ist oft viel zu viel des Guten. Wenn man sich Nackedeis anschauen will, kann man das gerne tun. Da habe ich keine Probleme mit. Aber nicht als Szeneeigentum vermarkten und jedes Magazin-Cover (z.B. Dark Spy) oder jeden Flyer mit nackten Tussies bestücken, wenn damit keine Aussage verbunden ist ;D Da wird mir dann auch regelmäßig schlecht, zumal Photoshop auch nur ein Werkzeug sein sollte um Bilder und Grafiken zu optimieren und nicht den Bildern einen Stempel aufzudrücken.
Ich verstehe die Frage nicht. Vor 20 Jahren war das sicher noch ein viel größeres Problem. Heute gibt es doch dutzende Kleinverlage fernab der DKZV, bei denen Bücher kostengünstig realisiert werden können. Vor ein paar Jahren hatte mir eine ehemalige Bekannte erzählt, dass sie nicht einmal 200 Euronen zahlen musste, damit ihr Buch länderübergreifend erhätlich war (an den Verlag erinnere ich mich nicht mehr, könnte aber tredition oder etwas Ähnliches gewesen sein). Mehr konnte die sich auch gar nicht leisten, da sie noch in der Ausbildung war.
Ansonsten gibt es sicher auch Foren, die das Verlagsproblem thematisieren.
Das Problem der Sache ist meiner Meinung nach eher, dass es Menschen gibt, die jeden (In Anführungsstrichen) „Müll“ kaufen und aufnehmen, davon selbst inspiriert werden und dann einen noch viel größeren (ebenfalls in Anführungsstrichen) „Müll“ produzieren. Es ist doch immer eine Tatsache, dass der eine den anderen beeinflusst. Man kann heutzutage nichts mehr neues erfinden. Es gibt schon alles. Großartiges sowie weniger Gescheit’s. Ich bin z.B. auch kein Freund der Manga-Kultur, dennoch hat mich der Comic, den Animex-Amateur-Künstler zu einer Hommage an „Das Ich“ gemacht haben, sehr angesprochen.
Ich glaube, es gibt genug neues. Doch wie bei allen anderen Dingen (du hast es ja schon angesprochen) ertrinkt es im Überangebot aus allem. Es gibt von allem zuviel. Zuviel Musik, zu viele Bücher, zu viele Texte und zu viele Autoren. Mehr als 80% dessen, was das „zu viel“ produziert ist aufgewärmt oder bedient den Zeitgeist. Das Internet als Medium der Verbreitung sorgt für dieses allverfügbare Überangebot an Input. Wir werden allein gelassen mit der Auswahl unserer Quellen.
Dem Nachwuchs in Subkulturen geht es da nicht besser. Zu viel von allem. Die Wurzeln? Kaum zu finden. Jeder hat eine andere Meinung, eine andere Definition. Vielfalt geht zu Lasten der Orientierung. Gut oder schlecht? Ich weiß es nicht.
also ich denke, es gibt schon noch neues … aber wie verläuft denn so eine kreativgeschichte im allg. bei uns ? einer hat ne idee, die is geil, und zack, bevor er irgendwas davon hat, springen direkt gefühlte 1000 trittbrettfahrer auf. das ist im ganz kleinen so (nanu, wieso trägt nun jeder nach 3 wochen meine klamotten/schminke/accessoires – copycat syndrom im engen kreis), wie auch im grossen (nanu, wieso hören sich auf einmal alle bands an wie xyz ?) …
konsequenz : der kreative macht nix mehr, weil er keinen bock hat, sich von hirnlosen trittbrettzombies als kreativsteinbruch ausnutzen zu lassen. er zieht sich zurück.
resultat : schaut euch unsere szene mal an… es KÖNNTE jede menge neues zeugs geben. gibt es aber nicht. die guten leute gehen sowieso in den mainstream und lassen sich ihr talent bezahlen.
(und das geilste is, dann kommen noch so vollpfosten mit tollen sprüchen wie „ja, wenn man kopiert wird, ist das ja ein kompliment für den eigenen geschmack“ …
und wenn mir einer mein auto klaut, ist das ja auch ein kompliment an meinen autogeschmack – grandios !)
es ist einfach mittlerweile unglaublich, wie denk und kreativfaul und frustriert die communtiy geworden ist. ja wir wollen anders sein, laber laber … aber in schwarzen h&m klamotten rumlaufen und genauso dröge die party/festival/klamottenprodukte konsumieren wie die normalos. DANN aber meckern, warum auf den festivals die verun, ääh, veranstalter so viel mist produzieren. das WIR die szene sind und eine szene nun mal mit seinen mitgliedern steht und fällt – egal. diese verantwortung gibt man mit der banküberweisung ans WGT direkt ab. entertain me anstatt alternativ/kreativ.
von den sog. „fotografen“ und „models“ bei uns krieg ich jedes mal kackreize.. echt. jede dahergelaufene bratze lässt sich von irgendeinem hässlichen zeitgenossen, der noch nie ne nackte frau gesehen hat, ablichten. und tapeziert damit ihre facebookpräsenz. klein, stummelbeinig, bissken griffig um die hüften, brille ? kein problem, der photoshopper wirds schon richten.
wenn die die zeit, die sie auf „shootings“ verbringen, einfach mal fahrrad fahren, joggen und schwimmen würden, bräuchte man kein photoshop mehr für die figur ;).
aber egal, fotos ab in den kasten, die bratze verwandelt sich in eine dunkle elfe mit von drachen zerstörter stadt im hintergrund. hochgeladen, das zeug – und schon rennt am wochenende der eigentliche optische sozialfall als eine weitere pseudoschönheit durch den club. benimmt sich dann auch natürlich wie ein abgehobenes berufsmodel (genug daumen-hoch klicks und schleimereien in form von kommis vorausgesetzt).
ach so, facebook likes kann man im 1000er pack bei ebay kaufen, so wird die selbsttäuschung perfekt. früher haben sich diese leute wenigstens nur aufwendig gestyled und ihr gesicht geschminkt. heute schminken sie ihr gehirn gleich mit.
das is ja eh so ne zeitgeistkrankheit. das DSDS syndrom. seitdem der prophet küblböck dereinst selbst dem letzten talentfreiem, optischen hagelschaden signalisierte : „auch du kannst es schaffen, tschakaa !“, gibt es kein halten mehr…
soviel bohlens kann man gar nicht klonen, um die republik mal mittels verbalartellerie vom hohen ross zu schiessen.
wo ist eigentlich die gute alte bescheidenheit geblieben, und ein bissl objektivität hinsichtlich der eigenen talente und des eigenen spiegelbilds ?
udn noch eine frage : wann ist die kreativ/alternative szene eigentlich ausgestorben ?
in diesem sinne – einen schönen entspannten sonntag noch ;)…
Kontra. Derartiges wird die Kreativität nicht beeindrucken. Da diese ein immer währender Prozess ist. Ergo: Der sog. Nachmacher wird immer einen Schritt hinter dem Kreativen stehen.
Wer sich somit über Nachahmer echauffiert, der sieht sein Erscheinungsbild ohnehin nur als Zweckmode oder hatte gerade einmal eine einzige Idee, trägt aber längst keine kreative Ader in sich. Somit ist dieser außerordentlich stolz auf seine Idee und sieht diese nun natürlich vom geistlosen Pöbel banalisiert.
Zumal… ich musste beim Begriff »Trittbrettfahrer« grinsen. Wenn ich kurz im Geiste all die hiesigen Artikel überfliege, die mir den gemeinen Wald- und Wiesenfriedhofs-Goth präsentierten. Wenn ich an die Bilder denke, welche die Schreiberschafft in Verzückung versetzten. Dann stellte die Szene in ihren einsten Phasen die reine Copycat-Zucht dar. Bei denen jedes Exemplar einzig aus einer handvoll verschiedener Näpfe fraß. Standard Zuckerwatte auf dem Kopf, Standard-MC-Hammer-Gedächtnishose, Standard-Rüsch, Standard-Kreuz, Standard-Schmink und Standard-Spitzschühchen. Ich als Außenstehender kann da keinen Drang zur internen Individualkultur erkennen. Und ich glaube auch zu wissen warum.
Da es eine Uniformität geben muss, damit sich eine Szene bildet, sich erkennt und sich als Gemeinschaft akzeptiert. Erscheinung symbolisiert Zugehörigkeit. Das darf von einigen durchaus boykottiert werden, aber der Kern muss wahrnehmbar sein, sonst bleibt dieser nichtexistent. Die Subkultur verhält sich in der Gesellschaft wie die Form im leeren Raum. Hebt sich die Form ab, mit einheitlichem Kontrast, so ist diese als exakte Gestalt wahrnehmbar. Kleckert diese als scheindurchsichtiges, halbtransparentes in den Raum einfließendes Gebilde daher… wer vermag diese dann zu erkennen.
Und ganz ehrlich. Pikes und diese Pluderhosen sind für mich einfach nur Pikes und Pluderhosen. Ob zwei Schnallen oder drei, das macht vielleicht den Sinn für´s Detail aus, aber nicht den Sinn für Individualität.
Davon mal abgesehen. Womöglich war ich damals als Teenie etwas einfallslos und blöde im Prägen. Aber ich habe mich natürlich inspirieren lassen. Wenn ich die anderen -vornehmlich ältere- sah und sah was diese für Dinge trugen: Sachen oder Varianten die ich geil fand, aber auf die ich selber nicht gekommen war… natürlich übernahm ich diese dann. Was soll auch der Blödsinn. Innovation entsteht nun einmal nur als Inspiration. Und dann war es nachgemacht worden, bis zu dem Moment, an dem die Persönlichkeit auf das Element übersprang und dieses sich mir anpasste.
In der Tat, der Vollpfosten grüßt dich. Denn wer kopiert schon bei Nichtgefallen. Nun gut, es ist Mentalitätssache. Aber ich hätte mit Nachahmern kein Problem. Warum sollte ich, denn wenn sich der- oder diejenige Mühe gibt, dann gefällt es mir ja auch. Schließlich entspricht es meinem Geschmack. Und noch immer bin Ich ich und kein anderer.
Zudem existiert auch zu wenig. Französische Kampfstiefel beispielsweise sind und bleiben nur französische Kampfstiefel. Militärhosen bleiben Militärhosen. Und ein Tank-Top ein Tank-Top. Sollte ich beleidigt sein, wenn mir jemand in selber Klamotte entgegenkommt. Sollte ich es an der Position der Nieten und Ketten festmachen, ob ich nun dreist kopiert wurde oder nicht? Nein, denn am Ende hat derjenige einfach die gleiche Mentalität. Das kann ich dem ja nicht verbieten. Wer sich dann in seiner Individualität gestört führt, dem unterstelle ich schnöde Eitelkeit und den Hang zum Schaulauf. Anders kann ich es mir nicht erklären.
Grandios, da es beides inhaltlich zu trennen gilt. Das geklaute Auto wäre gleich dem ausgeraubten Kleiderschrank. Dass da keiner drauf steht ist verständlich. Aber das ein anderer sich auch den Spoiler bestellt und denselben Lack aufträgt, das ist ja wohl kein Diebstahl. Zumindest kein materieller, denn ich weiß, dass manche bei ihren Karren sehr eigen sind.
Einfach mal Fahrrad fahren, Schwimmen oder Joggen… Zugeben, ich bin kein Vertreter der »Dick-ist-schick«-Mentalität. Aber ein »einfach mal« ist Stammtisch-Vokabular. Da reicht schon ein Blick in die Genetik des Menschen. Wenn ich stellvertretend nur kurz den Begriff des endomorphen Körperbaus in den Raum werfen darf… Denn auch wenn die Theorie der Somatotypen von der heutigen Wissenschaft in ihrem eigentlichen Sinne widerlegt wurde, so hat diese Typeneinteilung in anderer Hinsicht noch ihre Relevanz. Nämlich im Sport. Sodass der endomorphe Typ der Nahrung das Optimum an Energie entzieht, der Körper ein unweigerlich größeres Energieverlangen und, da es ja sonst keinen Spaß machen würde, einen geringeren Stoffwechsel besitzt. Und jenes »unweigerlich« ist wörtlich zu nehmen.
Diese können das DIN-Gewicht niemals beiläufig erreichen. Entweder diese streben nach ständiger Negativbilanz der aufgenommenen Energie. Oder leben nach konsequenter Kohlehydratdiät und einem handfesten Sportkonzept. Diese Selbstdisziplin rechne ich jedem hoch an. Aber ich kann auch verstehen, wenn jemand sagt: »Schnauze voll, ich lebe auch so nur einmal.« Wer das unterschätzt, der kennt dieses Problem nicht.
Und was die Griffigkeit angeht. Ich habe mein Ideal im Kopf, natürlich. Eine Partnerin, die sich bewusst gehen lässt, würde von mir auch schnell darauf angesprochen werden. Und eine, die sich unbewusst gehen lässt, schnell mit Gegenmaßnahmen drangsaliert werden. Aber mal 2-5 Kilo rauf oder runter. Meine Fresse, wen interessiert das bei einem Mädel. Nur der gleichgültige Püppchensammler zählt bei seiner Freundin jedes Gramm.
Ich will auch kein Püppchen, das aussieht wie aus der Playboy-Villa entlaufen. Die perfekte Symmetrie, welche dem Gesicht die Persönlichkeit eines charakterlosen Puppengesichtes verleiht. So wie ich es in zu vielen Shootings sehe. Darauf fällt nur der plumpe Geist rein, aber das hat nichts mit Ästhetik und Sinnlichkeit zu tun. Das ist nur das Zerrbild der Modelwelt, welche die Models zur Abstraktion werden ließen. Ich erwähne das nur, weil ich in den Worten einen, mit Verlaub, Hang zur proletarischen Oberflächlichkeit zu erkennen glaube.
Wenn ich mir so anschaue, was sich die durchschnittlich schminkversessene Gotin so ins Gesicht zirkelt, dann kann ich das zwar als Darstellungskunst akzeptieren, aber niemals als das ansehen, was ich als körperlich definieren würde. Da lobe ich mir die »Maschinenmädels« Ein bisschen Abdeckung, vielleicht noch etwas Kajal (zugegeben, da stehe ich drauf), eventuell Lippenstift und fertig. Schließlich will ich ins Antlitz sehen und auf kein Gemälde starren, das es erst zu interpretieren gilt. Derartiges überlasse ich lieber den Tattoos.
Es liegt ohnehin kein Unterschied zwischen dem aufwendig stylen und dem Nachbearbeiten mittels Photoshop. Dilettanten entlarvt man in beiden Gebieten auf dem ersten Blick und die Geübten wissen mit beiden Mitteln zu verfälschen. Wozu stylt man sich sonst. Der Natürlichkeit wegen bestimmt nicht. Sondern wegen dem positiven präsentieren, bleibt es doch ohnehin nur eine Frage der Relation. Nur ist das eine eben digital und andere materiell. Jedoch das Erwachen gleich, wenn man plötzlich in ein fremdes und zu allem Graus noch augenbrauenloses Gesicht schaut. Sorry Mädels, aber dafür kann ich mich nicht begeistern.
Davon würde ich ohnehin abraten. Da das, was ein Bohlen blökt, einzig der Belustigung dient, aber nicht dem Inhalt. Man würde mit heißer Luft schießen und das beeindruckt wirklich keinen der aufsitzt.
Mittwoch. (Zugebenen, das war nicht ernst gemeint)