Hildesheim. Das M’era Luna steht unmittelbar bevor. Während in vielen Teilen der Republik die ersten Reisevorbereitungen getroffen werden, fragt man sich andernorts, wie man schnell mal am schwarzen Treiben teilnehmen kann, ohne sonderlich aufzufallen. Frau Schmidt von der Osnabrücker Zeitung macht es ihren Lesern leicht und erklärt in ihrem Artikel: „Ausprobieren: In sieben Schritten zum Teilzeit-Grufti.“ Mit anderen Worten: wie man vom skeptischen Betrachter zum Mitschwimmer wird.
Spontis möchte Frau Schmidts ernstzunehmende Hinweise aufgreifen und hilft euch durch einfache Erweiterung ihrer Tipps, zum Vollzeit-Grufti zu werden und tiefer in die düstere Szene einzutauchen, in der man sich endlich mal so anziehen kann, wie man sonst nie rumlaufen würde.
Oder, wie es Frau Schmidt fast richtig schreibt: „Wer dabei immer schon einmal mitmachen wollte, kann das gern tun, die Szene ist offen und freundlich. Um aber nicht als Stino, also als Stink-Normaler, unangenehm aufzufallen, gilt es, ein paar Punkte zu beachten. Hier das kleine Einmaleins für Neu- und Teilzeit-Gruftis.“ Stimmt. Nur offen und freundlich sind wir nicht. Das ist ein Mythos.
Tipp 1: „Blau ist nicht schwarz. Wirklich nicht.„
Ist nicht ganz richtig, denn auf dem M’era Luna gilt für den ambitionierten Teilzeit-Grufti: innen blau, außen schwarz. Daher ist es absolut wichtig, für die richtige Ausrüstung zur Druckbetankung zu sorgen. Dosenbier und Schnaps. In rauen Mengen, damit man auch pünktlich zum Einbruch der Nacht sein Zelt nicht findet, über die Behausungen anderer stolpert und laut brüllend die Göttin der Gruftis „Helga“ sucht. Rein äußerlich ist die Sache klarer, auch für Frau Schmidt: „Daher der erste Tipp für Neu-Gruftis: Wirklich schwarze Sachen anziehen. Für Herren: Jeans oder Cargohose plus T-Shirt. Für Damen: dasselbe. Oder auch schwarze Strumpfhosen (mit oder ohne Löcher), dazu Rock und T-Shirt oder Bluse. Gute Materialien neben Baumwolle: Samt, Leder, Lack, Spitze.“ Wichtig bei den Shirts: Bandnamen müssen drauf sein, die von echten Gruftbands wie Unheilig oder Blutengel zum Beispiel. Für Fortgeschrittene empfiehlt sich der Einkauf im Sex-Shop, da kann man dann auch gleich Halsband, Knebel und Peitsche mitnehmen. Profis können letztendlich doch mit Farben arbeiten, aber das lieber Leser, ist nur etwas für im Sarg geborene.
Tipp 2: „Keine Turnschuhe.“
Gruftis sind sportlich, keine Frage. Aber heimlich. Turnschuhe gehen eben nicht, da hat Sie vollkommen Recht. Aber so wirklich richtig liegt sie damit nicht: „Zwingend notwendig: bequeme, fußfreundliche Schuhe, die langes Gehen, Stehen und Hüpfen (falls man die eine oder andere der 40 aufspielenden Musikbands mag) aushalten.“ Unsinn. Für die Frau zwingend notwendig: geile, zum Outfit passende, möglichst hochhackige Schuhe, die langes Gehen, Stehen und Hüpfen zur Tortur machen, aber die Spreu nun mal vom Weizen trennen. Männer müssen unbedingt klobige Stiefel von „New Rock“ kaufen, die aus noch so lächerlichen Figuren der Menschheit böse und unheilvolle Gruftis zaubern. Abgesehen davon gehen wir nicht, wir schreiten. Wir stehen niemals, sondern posieren und Hüpfen ist sowieso völlig tabu. Und: man sagt nicht Musikbands, sondern Propheten der Verdammnis.
Tipp 3: „Ein bisschen Metall.“
„Wer also sein schlicht-schwarzes Outfit (siehe Tipp 1) aufpeppen will, sucht sich eine Handvoll Sicherheitsnadeln und drapiert sie an den Klamotten.“ Schon nicht schlecht. Aber aufgepasst: Teilzeit-Gruftis sollten die Finger von lebensgefährlichen Sicherheitsnadeln lassen. Denn anders als der Name suggeriert, kann man sich damit böse Stichverletzungen zufügen. Wir echten Gruftis haben dafür Jahre trainiert und sind bei einem Großmeister aus der Punk-Szene in der Ausbildung gewesen. Schnell landen die gefährlichen Dinger nämlich in Oberschenkeln, Armen und Schultern und machen aus dem Shirt oder der Strumpfhose etwas Blutüberströmtes. Das sieht dann zwar noch gruftiger aus, könnte aber für nachhaltige Probleme sorgen. Noch ein Hinweis bei dem Tipp: „Auch super: preiswerte, silberfarbene Ketten aus dem Baumarkt.“ Achtet darauf, Ketten aus Edelstahl zu kaufen, die einfachen verzinkten verursachen oft unangenehme Rötungen der Haut.
Tipp 4: „Schwarzer Kajal.“
Definitiv der richtige Ansatz. Ohne Kajal geht es einfach nicht. Besser sind aber wasserfeste Stifte (beispielsweise von der Marke „Edding“), denn die halten auch bei jeder Unmöglichkeit der Natur wie Regen oder Hagel und trotzen sogar der eigenen Transpiration. Praktischerweise gibt es die Stifte auch in verschiedenen Dicken und Ausführungen, für die Augen die eher dünnen Stifte und für die Lippen gibt es breite und eckige Minen. „Aber Vorsicht beim Aus-der-Haustür-Gehen: Die Nachbarn könnten erschrecken. Falls das geschieht: Freundlich lächeln. Die Stinos können ja nichts dafür…“ Auf keinen Fall lächeln! Das Erschrecken der Nachbarn gehört dazu und ist – auch wenn es viele abstreiten – eingeplant und gewollt. Die blöden Nachbarn, die sich wegen deiner zu lauten Haustüre aufregen, lächelt man nicht an. Die schwarzen Klamotten halten dem Nachbarn den Spiegel vor: Auch Du wirst irgendwann sterben! Die Stinos können nämlich was dafür. Jeder Einzelne! Arrrrrrrrrr!
Tipp 5: „Haare hoch.“
Das gilt hauptsächlich für die, die noch Haare haben. Teilzeigruftis mit Halbglatze, kreisrundem Haarausfall oder kahlem Schädel lassen die Finger von diesem Tipp oder genießen ihn zu mindest mit Vorsicht. So einfach geht das nicht! Auch wenn der Text das suggeriert: „Das geht mit einem Toupierkamm und einer Menge Haarspray. Es muss gar nicht der perfekte Irokesenkamm oder die sogenannte „Tellermine“ auf dem Kopf herauskommen. Ein ordentlich toupiertes Puschel-Haupt, in dem sich Vögel wohlfühlen würden, reicht.“ Es muss der perfekte Teller, Turm oder Death-Hawk sein! Auch das Verwuscheln folgt nicht dem Chaos, sondern einer ausgefeilten Strategie. Liebe Frau Schmidt, solche Tipps entlarven den Teilzeit-Grufti sofort! Dann lasst sie lieber fettig, kurz rasiert oder hochgesteckt. Das ist auch sicherer, nicht nur für die Vögel. Insider-Tipp: Stellt auch die Achselhaare hoch, damit die beim Jubeln mit den Haaren auf dem Kopf harmonieren.
Tipp 6: „Silberschmuck“
„Die meisten Gruftis lieben Silberschmuck und tragen Tonnen davon, an den Händen, an den Ohren, um den Hals. Zu viel geht gar nicht, also immer schön schichten.“ Absolut richtig, liebe Frau Schmidt. Nicht zu vergessen sind die Hände. Unbedingt. Jeder Finger mindestens 1 Ring. Alles andere ist die Verschwendung von Körper, der zu Darstellung unserer kruden Symbolik dienen könnte. Und DAS wollen wir nicht. Silber hingegen ist die richtige Wahl. Zum einen, weil es hautschonender ist als die verzinkte Baumarkt-Kette (siehe Tipp 3) und weil es einfach besser aussieht. Wichtiger Hinweis: Nicht die Haut mit dem Silberschmuck verletzen, denn mit dem Teilzeit-Grufti geht auch eine erhöhte Verwundbarkeit durch Silber einher. Echte Gruftis sterben nämlich, wenn sie sich mit ihrem Schmuck verletzen. Wir sind ja Kreuzungen aus Vampiren und Werwölfen und wir sehnen uns ja auch nach dem Tod. Müsst ihr ja nicht machen.
Tipp 7: „Einfach in der Grufti-Menge mitschwimmen“
Liebe Teilzeit-Gruftis. Mitschwimmen könnte ihr ja von Haus aus ganz gut. Also befolgt Frau Schmidts Rat und schwimmt. Und vielleicht schafft ihr es ja einmal im Jahr, euch wie echte Menschen zu verhalten: „…nett, hilfsbereit und freundlich sein. Bei Gothics wird nicht gedrängelt, schließlich haben sich viele zuvor schon zwei, drei Stunden lang liebevoll geschminkt und zurechtgemacht. Das Kunstwerk will bewundert werden, nicht geschubst.“ Zum echten Vollzeit-Grufti reicht das leider nicht. Hier sind Arroganz, Überheblichkeit und Ignoranz ganz wichtige Eigenschaften. Bei echten Vollzeit-Gruftis wird gelogen und geheuchelt was das Zeug hält. Wir sind besser als alle Stinos auf der Welt und das wollen wir die auch spüren lassen. Wir ignorieren alles um uns herum und drehen uns nur um uns selbst. Dass wir nicht drängeln oder schubsen ist reiner Selbstzweck, denn so müssen wir die niederen Kreaturen mit denen wir uns tagtäglich umgeben müssen, nicht berühren.
<3
Bitte den Link hierher an die Autorin senden…. !
Sehr gut, wir warten also dann noch auf Frau Schmidts Tipps für die Teilzeit-Metalheads für Wacken, die Teilzeit-Operngänger für Bayreuth und den Teilzeit-Hipster für’s Melt …
… kannste Dir nicht ausdenken :-/
What the fuck … die Teilzeitgrufties und Cyber können gerne wegbleiben, lieber eine kleine, aber feine Szene.
Wenn es nicht so traurig wäre, was die Presse manchmal für einen Mist verzapft, wäre es glatt zum Lachen.
Robert, Dein Artikel hat es jedenfalls geschafft, mir angenehme Lachtränen in die Augen zu treiben!
Robert in Bestform:)) Als ich das las, hatte ich seine Stimme im Ohr, die all das vorlas… – großartig!
Grimmig grinsendes Kopfschütteln und den einen oder andren Lacher hats doch gebracht ;)
Schade dass mein Sommerurlaub vorbei ist, sonst hätt‘ ich doch schöne Ketten aus dem Baumarkt… Ach überhaupt, die Sicherheitsnadeln können ruhig durchs Fleisch gehen, einfach als Piercing verkaufen. Vielleicht wirds ja ein neuer Trend *frech grins*
So so, die Freizeitgruftis (Stinos) sind also Arrogant, Überheblich und Ignorant. Und bei echten Vollzeit-Gruftis (Stinos) wird gelogen und geheuchelt was das Zeug hält. Alles menschliche Eigenschaften die zu einer Mainstreamgesellschaft gehören. Nur ist die Szene nicht genau das geworden, was man den Stinos nach sagt? Gerade die Folgegenerationen der Gotik Szene sind Arrogant, Überheblich und Ignorant und zum Einheitsbrei des Mainstream geworden. Das WGT, Amphi und Mera Luna sind nichts anderes, als schwarze Ballermannfestspiele geworden, wo der Grufti nur noch die melkende Kuh ist. Wo bitte ist der Unterschied zwischen einem Stino oder Grufti? Beide rennen in die teuersten Klamottenläden und zahlen jeden noch so teuren Eintrittspreis. Das Amphi und das Mera Luna sind längst zu Revival Festival verkommen, mit dem ständig wiederholenden Line Up bestehend aus den selben Headliner Bands. Kleinere Bands oder Newcomer haben bzw. bekommen erst gar nicht die Chance, auf solchen Festivals zu spielen. Und wenn doch mal eine kleinere noch nicht so bekannte Band dort spielen darf, mussten sie sich vorher teuer einkaufen und viel Geld für einen Auftitt hinlegen. Selbst in der alternativen Musikszene gibt es keine Unterschiede mehr zwischen der geldgierigen Mainsterammusikindustrie. Viele Szene Bands werden vom Label Out of Line aufgekauft und verloren dadurch ihre Eigenständigkeit und musikalische Seele. Out of Line bestimmt mittlerweile die Preise bei den Szenefestivals und ist verantwortlich für das Festivalsterben der letzten Jahre. Nein die angeblichen wahren Gruftis unterscheiden sich längst nicht mehr von den Stinos und der grauen Masse der Gesellschaft. Der alte Geist der Szene wurde längst zu Grabe getragen und wenn die Szene nicht zu ihren Wurzeln zurück kehrt, wird es sie so eines Tages nicht mehr geben. Der Krug geht so lang zum Brunnen bis er bricht. Oder um es noch klarer zu formulieren, eines Tages wird auch der Grufti und dessen Szene ausgemolken sein.
Das ist der verdammt beste und ehrlichste Text, den ich in den letzten mindestens 10 Jahren aus der Szene gelesen habe! :D
Großes Dankeschön dafür, so einen herrlichen Spiegel bekommt die selbstverliebte, in Märchen über sich selbst schwelgende und schon lange vom Mainstream hofierte Szene leider nur selten vorgehalten. Was sehr schade ist, denn würde das öfter passieren, wäre der Text vielleicht nicht mehr so hart ausgefallen. ;)
Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.
Ich war so frei, im dortigen Kommentarbereich eine Replik an die durch den fehlgeleiteten Artikel in die Irre geführten, potentiellen Gastbesucher zu verfassen, auf die ich hier gerne hinweisen möchte, auch wenn mir der durch das dortige Registrierungssystem zustande gekommene Doppelpost des ersten Teils hochnotpeinlich ist.
Creature: GROSSARTIG!!! Du solltest den Text als Kommentar auch hierher kopieren, damit er der Nachwelt erhalten bleibt.
Ich liege am Boden vor…. ääääh…. nun ja, Ihr wißt schon.
Creature: Sehr schöner Kommentar! Soviel Feinsinn, Wortwitz und Doppeldeutigkeit hat das NDR für dieses Stück Text gar nicht verdient ;) Besonders gut gefallen hat mir folgendes Zitat, das ich unverblümt von dort entwende:
Lieber Creature, ich fordere Sie hiermit nachdrück dazu auf, sich mit Hilfe des entsprechenden Kontaktformulars bei mir zu melden, damit unsere Leser auch in Zukunft in den Genuss ihrer Kunst kommen. Ich würde mich freuen.
Für alle ungläubigen: Der Geist der Szene stirbt nicht, denn Geister können nicht sterben, die sind schon tot.
Creature: dein Kommentar ist köstlich, ich würde mich freuen in Zukunft mehr von dir zu lesen :)
Oh.. Öhm.. Ich.. Äh.. Dankeschön euch dreien.
Es war mein erstes Stück seit Jahren. Ich bin mir nicht sicher, warum es offenbar einigermaßen gelungen ist. Es schrieb sich beinahe von selbst (auch wenn es bei zweiter Betrachtung an der ein oder anderen Stelle noch ein bisschen Nachbearbeitung hätte vertragen können, bevor der „Absenden“-Knopf gedrückt wurde, aber das sind wohl Kleinigkeiten). So etwas kam in jüngerer Vergangenheit höchstselten vor und im humoresken Fach bin ich eigentlich gar nicht zu Hause. Ich bin mir also nicht sicher, inwieweit ich dem geäußerten Wunsch nach mehr texterischer Aktivität entsprechen kann, auch wenn ich gestehen muss, mich sehr geschmeichelt zu fühlen, und ich es genossen habe, zur Abwechslung mal wieder ewas fertiggestellt zu haben.
Schon mancher Gothic Friday ist ins Land gezogen, zu dem es mir ein Bedürfnis gewesen wäre, beizutragen, dessen Redaktionsschluss aber eher heran war, als ich auch nur ein vernünftiges Wort aufs Papier gebracht hätte. Ich befürchte, die Zumutungen des Alltags, die die Konzentration zu rauben imstande sind, sind nur teilweise dafür verantwortlich zu machen und auch ein Einreichzeitraum von mehreren Jahren hätte daran nur marginal etwas geändert. Aber vielleicht kommt der Tag, an dem so ein kleines Textlein auch mal wieder ganz unverhofft von allein herauspurzelt. Ich warte ja selbst immer sehnsüchtig darauf. ;)
(Auf ein Volltext-Crossposting verzichte ich an dieser Stelle trotz Mones lieber Aufforderung, weil es meine Schamgrenze in Sachen Profilierungssucht übersteigen würde. Robert hat ja schon einen kleinen Auszug hier verfügbar gemacht und der Rest ist schließlich nur einen Klick entfernt.)
Creature, Du kannst doch gerne noch zu älteren Gothic Friday-Themen etwas nachreichen.
Nur zu, jeder Beitrag – und kommt er noch so spät – ist doch eine Bereicherung!
Papperlap, keine falsche Scheu! Ich kenne die Gedanken und Zweifel, die du hegst nur zu gut, muss aber ehrlich sagen, dass es auch eine Frage der Routine und Übung ist und oft daran scheitert, dass man gar nicht erst anfängt. Teilweise brauche ich auch ewig und drei Tage, bis ich etwas auf den Bildschirm gebracht habe, manchmal läuft es wie von alleine, oft gehe ich wieder und wieder über einen Text und bitte Robert noch gegenzulesen und zu verfeiern.
Ergo, trau dich! Finde ein Thema, dass dir gefällt, arbeite es auf, wie es dir richtig erscheint, Robert wird dir zur Seite stehen, zum drüberlesen finde ich auch mal noch Zeit und wenn du dir ganz unsicher bist – wir haben auch schon explizit zu zweit/mehreren an Sachen gearbeitet ;)
Huhu,
Bei dem Text hab ich nur nicht herrlcih lachen mü´ssen, weils gerade eh schwer fällt.. Danke Robert.. Ohne die Anmerkungen wäre dieser Text nur halb so erträglich.
Abgesehen mal davon…. es ist doch eh nicht gut zu lachen… Wir wollen doch unser langgehegtes Images nicht zerstören^^
Abgesehen davon.. Vampir-Werwölfe können nicht lachen xD
Na ja. Wirklich traurig ist doch, dass nach ähnlichem Schema überall verfahren wird: dieses oder jenes MUSS man gesehen, getan, gegessen, gelesen etc. haben oder tu dies und das, höre diese Musik, ziehe dich auf diese Weise an, nur dann biste was usw.
Und offensichtlich finden sich immer wieder genug Rezipienten solcher Beschwörungsformeln, die im Laufe ihres Lebens vergessen, was ihr Geschmack ist und wofür sie sich eigentlich wirklich interessieren, die dann lieber stumpf abarbeiten, was man ihnen als „Must Have“ und „Must Do“ vorbetet oder sich vielleicht auch gar nicht trauen, sich dem ganzen Zirkus zu entziehen und dadurch womöglich anzuecken. Von diesen Problemen sind auch Gruftis nicht frei, weder im Bezug auf den Rest der Welt, noch untereinander. Ironie hin, Ironie her: weniger direkt formuliert steckt doch in Roberts Kommentar zu Tipp 7 auch ein Fünkchen Wahrheit, ich weiß nur nicht ob das so beabsichtigt war. Oder es liegt an mir, dass ich bei alledem auch immerzu einen winzigen Hauch von Frust über die eigene Szene herauslese.
Abgesehen davon dürfte es sicher auch im Interesse der Veranstalter sein, wenn sie ihr Geld nicht ausschließlich mit „echten“ Gruftis machen müssen. Wenn es die Szene nicht hergibt, müssen halt auch Außenstehende angelockt werden um die Kasse klingeln zu lassen. Gut finden muss man das nicht.
Ok. Genug der nächtlichen Ketzerei. :)
Lieber Robert, ich habe auch sehr gelacht (ja, wenn auch heimlich) beim Lesen deines Textes wie auch Creature’s Replik.
Mir ging – auch angesichts des geposteten Fotos – allerdings noch die Frage durch den Kopf: War es sooo schlimm auf dem M’era Luna?
Ich war nicht auf dem M’era Luna. Mein Text bezog sich lediglich auf den Ursprungsartikel und hat mit direkten Erfahrungen nur in der Vergangenheit zu tun. Ich weigere mich das Festival zu bewerten, da ich ja wie gesagt nicht da gewesen bin und keine echte Meinung haben kann. Grundsätzlich finde ich solche Festivals ja toll und auch ich habe ernsthaft überlegt, nochmal in ein Zelt zu kriechen, leider ist es bei der Überlegung geblieben.
Es geht vielmehr um eine überspitzte Absage an das Goth-for-a-Weekend Phänomen, das im Grunde sämtliche Festivals befallen hat und zu einer Show der Umöglichkeiten verkommen ist. Ich wehre mich dagegen, als Styling-Phänomen abgetan zu werden, das man sich überstreift und dann mitten in einer Welt der Düsternis ist.
Ich bin mir sogar sicher, dass es auf dem M’era Luna schöne Momente gegeben hat. Romantische Abende, inspirierende Auftritte und gruftige Stimmung. Leider funktioniere ich nicht isoliert und kann sehr schwer mein Umfeld ausblenden, daher fürchte ich, dass solche Festivals einen bitteren Nachgeschmack verbreiten würden. Ob ich ausschließe je wieder dabei zu sein? Niemals! Resignieren passt zwar zur Gothic-Attitüde, aber nicht zu mir ;)