Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn man der Zeit aus ihren Fängen fliegt. Obwohl hinter dem Flugzeugfenster schon längst Nacht sein sollte, scheint der Tag nicht enden zu wollen. Erst als wir in Boston landen, versinkt die Sonne im Meer.
An der Grenze heißt es warten. Übergroße Plasmabildschirme suggerieren, die USA seien eine heile Welt, in der allen freundlich sind und füreinander einstehen, sie zeigen weite Landschaften, intakte Familien, mutige Feuerwehrmänner, Landschaft und Friedlichkeit. Kein Bild von maroden Geldinstituten oder den 200 Drohnen, die Präsident Obama über Pakistan Einsätze fliegen lässt. Unermüdlich hämmert der Sprecher seine Parolen von Sicherheit und Vertrauen durch die Lautsprecher. „Welcome to America!“
Als ich dran bin, schlägt die Realität zu. Wo komme ich her? Wo will ich hin? Was mache ich beruflich, sind meine Eltern Terroristen und war mein Opa ein Nazi? Der Grenzbeamte mit der eisernen Mine nimmt seinen Job sehr ernst. Er kontrolliert akribisch meine Papiere, fragt wie lange ich bleiben will, wo ich wohnen werde und ob ich alleine bin. Fingerabdrücke der rechten Hand werden genommen, Fingerabdrücke der linken Hand werden genommen. Ein Digitalfoto wird auch gemacht. „Don’t smile, Sir.“ – „Sorry.“
Das Hotel lockt mit allen Annehmlichkeiten, Wellness, Sauna und vor allem, einem kostenlosen Internetzugang. Aufmerksame Leser erinnern sich an deutsche Hotels, die für ähnliche Dienste extraorbitante Gebühren verlangen.
Die Nacht bricht über Boston hinein, ich blicke aus dem Fenster und staune, während die Klimaanlage im Hintergrund jault. Die Dinger sind eine Seuche, nirgends entgeht man künstlich gekühlter Luft, das Brummen der Generatoren ist allgegenwärtig. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen ob es draußen kalt oder warm ist. Die Geräuschkulisse am offenen Fenster ist entsprechend und man bekommt das Gefühl in einem Kühlschrank zu wohnen. Gefühlte 4 Minuten brauche ich, um das ganze zu deaktivieren, ein „OFF“ Schalter ist nicht vorgesehen. Schnell raus, ein bisschen Boston schnuppern.
Mitten im Studentenviertel zwischen Harvard und dem MIT knabbere ich an einer Portion Nachos. „Large“ bekommt hier im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine ganz neue Bedeutung. Das Coke-Glas fasst einen knappen Liter und von der große Portion Chips mit Sour Cream, Guacamole und Salsa könnte ich ganz locker die Studenten am Nachbartisch versorgen, die sich mit überdimensional großen Bierkrügen aus dem Leben beamen. Ist ja schließlich Samstag Nacht, das „muss“ man verstehen.
Im Hotel zurück falle ich ins Bett, ich bin seit rund 27 Stunden auf den Beinen. Die Augen brennen, die Muskeln verlangen nach Ruhe, der Geist verwischt die Realität. „Ziemlich gut für einen alten Sack!“, denke ich mir und falle in den wohlverdienten Schlaf.
Wenn einer eine Reise tut….
Naja jeder hat seine Reisevorlieben und seine Lieblingsreiseländer.Bei mir wäre jetzt Amerika nicht die erste Wahl.Was eher am System liegt ,denn es scheint Schnurz-Piep wer das Ruder dieses maroden Flugzeugträgers führt,der Mensch(Reisende) dort unterliegt einer permanenten Überwachung.Doch bin froh das ich in einem nicht so Überwachtem Staat lebe und kann ich mir dessen sicher sein das es auch so ist?NEIN.
Es ist wie es ist.Nicht allein Islamistischer Terror sondern allein die Tatsache das wir heute grenzenlos und elektronisch überwachen können läßt es uns tun.Mehr oder weniger.Wer weiß wie weit es schon geschieht und wo wir es nicht wissen.Aber es gab mal einen klugen Menschen der gesagt hat:Einem Volk das man jeden Tag die Gewalt vor Augen führt ist durch seine permanente Angst,auch vor dem harmlosen Nachbarn von nebenan ,leichter in Schach zu halten.Und es hinterfragt nicht den Staat in dem es lebt.
Amerikanische Grenzkontrollen sind einfach nervig und z.T. auch ziemlich entwürdigend. Mich haben sie damals gefragt, was ich für einen Job habe und dann meinte der Zollbeamte: „Isn’t that boring?“ Ich dementierte. Aber interessierte ihn nicht. Wenn sie es schon wissen wollen, dann sollen sie wenigstens ihre Meinung für sich behalten, diese Hohlroller!
Aber schön, dass Du gut rübergekommen und gelandet bist! Boston ist eine der wenigen Städte in the US, die mich auch mal reizen würde. Soll ja beachtenswerte Kontraste zwischen alter und neuer Architektur haben. Und dann war da noch was mit Paul Revere…
Wie einigen bereits aufgefallen sein dürfte, bin ich wieder da. Boston war tatsächlich die bessere Stadt, New York mag „schöne“ Ecken haben, doch es ist zu teuer, zu laut, zu oberflächlich und zu abgrundtief gleichzeitig. Ich unterstelle, deine Reiselust hätte hier einen Dämpfer bekommen, da du ja die ruhigeren Plätze liebst, die in NY einfach nicht vorhanden sind.
@Plastisch: Amerika zeigt, wo es international langgehen kann. Auch wenn ich die Heimat nun noch mehr schätze als vorher auch schon, ist der Traum vom gläsernen Bürger hierzulande ebenfalls in vollem Gange, das hilft es nicht alles nur auf andere Länder zu schieben, sondern die Demokratie, in der man lebt, zu hinterfragen – ganz so, wie du es bereits schon erwähnt hast.