Hamburger Studie: Gefährliche Computerspiele?

So jedenfalls erscheint das Resümee der Schlagzeilen zu Hamburger Studie Jugendliche und Glücksspiel die im Auftrag des SCHULBUS erstellt wurde. Im Prinzip handelt es sich um zwei Studien, einmal über das Phänomen der Glücksspiele (Poker, Geldspielautomaten, Sportwetten) während sich die zweite Studie explizit mit dem Thema Computerspiele auseinandersetzt. Beide stammen aus dem Jahr 2009 und wurden unter rund 1.100 Jugendlichen im Alter von 14-18 Jahren durchgeführt. Einleitend schauen wir uns die Schlagzeile verschiedener Online-Redaktionen an, durch die ich auf die Studie aufmerksam geworden bin:

Die Welt schreibt in ihrem Artikel Studie warnt vor Computer- und Glücksspiel: „Die Studie liefere erstmals belastbare Werte und sei eine wichtige Grundlage für Eltern und Pädagogen.Die Ergebnisse zu der Nutzung von PC-Spielen belegen gängige Einschätzungen: Rund 75 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen 30 Tagen ein Computerspiel genutzt zu haben.“ In der tat eine höchst brisante Tatsache das der Großteil der Befragten in den letzten 30 Tagen ein Computerspiel benutzt hat.

Spiegel Online fasst in seinem Artikel Viele Computerspieler haben Probleme in der Schule zusammen: „Die Hälfte aller Jugendlichen spielt gern am Computer, vor allem aus Langeweile. Schulische Probleme hat jeder zehnte Spielefan, so das Ergebnis einer Hamburger Studie. Besonders jüngere Schüler können sich nur schwer von ihrem Spiel trennen.

Studien über Computerspiele schießen seit den Amokläufen wie Pilze aus dem Boden, jeder versucht ein Handlungsgrundlage für Gesetze und Verbote zu schaffen, die Medien greifen in der Regel die negativen Studienausschnitte auf und kommen meist zu dem Schluss: Computerspiele sind gefährlich, machen süchtig und sind schlecht für die Gesundheit und die schulischen Leistungen. Die Studie zu den Glücksspielen lassen wir mal außer acht und konzentrieren uns auf die zweite Studie, die sich mit Computerspiele beschäftigt (Hier als PDF nachzulesen).

Computerspiele spielen vor allem Jugendliche männlichen Geschlechts, eher jüngeren Alters, mit einer erhöhten Affinität zu Glücksspielen und einer erhöhten Kosumbereitschaft von Cannabis.“ Cannabis? Obwohl keine Grafik die Grundlage für diese Aussage zeigt, steht sie in der Zusammenfassung. Eigene Interpretation? Von den rund 1.100 befragten gaben 92% an, schon mal ein Computerspiel gespielt zu haben, 74% sogar innerhalb der letzten 30 Tage und 49% spielt mehrmals die Woche. Skandalös! Wir schreiben das Jahr 2010, Computerspiele und Internet gehören zum Alltag der Jugendlichen und sind daraus nicht mehr wegzudenken. Irgendwie logisch das die meisten damit regelmäßig Berührung haben.

„Computerspiel als Mittel gegen Langeweile ist für alle Nutzer über alle Subgruppen hinweg das zentrale Spielmotiv.“ Ist was falsch an Langeweile? Schon die Römer habe Spiele erfunden um sich die Zeit zu vertreiben. Ebenso werden der Neid anderer, das „Mitreden-Können“ sowie die Möglichkeit ohne Folgen gewaltätig zu sein als Motive genannt. Die jugendliche Welt dreht sich eben um Neid, Mitreden und das messen mit anderen. Lediglich der Grund der virtuellen Gewalt ist zunächst kritisch zu betrachten, doch besser virtuell als in Realität. Meine Meinung am Rande: Vielen Jugendlichen fehlt der körperliche Ausgleich in Form von Bewegung und Sport um sich mit anderen zu messen, sich zu verausgaben, zu kämpfen. Früher haben wir uns „gerauft“ um Spannungen abzubauen.

Die Studie schließt mit den negativen Auswirkungen des Computerspiels: „5% der Jugendlichen geben an, dass sie aufgrund ihres Spielverhaltens Probleme in der Schule haben und ihre Schulleistungen darunter leiden. 4% geben an, unter Unruhezuständen und Nervosität zu leiden wenn sich nicht spielen können.“ In der Tat, das ist schlecht. Aber gemessen am Umfang der Studie ein geringer Anteil von Jugendlichen die unter diesen Problemen leiden. Hätte man die Studie vor 30 Jahren in ähnlicher Weise erhoben, wären sicherlich ähnlichen Zahlen herausgekommen, lediglich die Gründe wären andere gewesen.

Insgesamt zeigt die Studie nur eins: Der Umgang mit Computerspielen ist ein völlig normaler Teil der jugendlichen Welt von heute. Suchtpotential haben aber nicht nur Computerspiele, sondern auch Alkohol und Drogen. Jede Form von Abhängigkeit lässt sich im Vorfeld minimieren, durch Information (nicht Belehrung) und alternative, zeitgemäße Angebote. Ein Teil von Jugendlichen wird immer latent für Süchte aller Art sein, eine subjektive Steigerung kann ich jedenfalls nicht erkennen, nur ein Verlagerung. Meiner Meinung nach liegt die Gefahr im unkontrollierten und unreflektierten Umgang mit diesen Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung. Die gesunde Mischung macht’s.

Und vor allem: Was ist mit den positiven Aspekten von Computerspielen? Wie wäre es mit einer Studie darüber? Ich kenne einige Jugendliche, die sich durch Computerspiele für ganz neue Interessengebiete begeistern können. Rollenspieler, die den Bildschirm gegen Gewandung und Rüstung eintauschen, Tabletop-Spieler die in liebevolle Kleinarbeit und mit geschickter Hand Schlachtfelder aufbauen, Jugendliche die sich für das Mittelalter und Geschichte erwärmen.

Ähnliche Artikel

Kommentare

Kommentare abonnieren?
Benachrichtigung
guest
10 Kommentare
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Chris
Chris (@guest_6179)
Vor 14 Jahre

Sündenböcke hat es schon immer gegeben und es wird sie auch immer geben(leider).
Da es natürlich für Politiker, Medienschaffende etc. einfacher ist zu sagen Computerspiele etc. sind schuld wird das gemacht.
Die Gründe im eigenen System oder gar der Erziehung zu suchen erscheint mir auch unglaublich lächerlich…
Grüße und weiter so

Chris das Rehkitz

Moonica
Moonica (@guest_6203)
Vor 14 Jahre

Natürlich gibt es immer pros und contras aber ich muss auch eher sagen, dass ich kein großer Fan von Computerspielen für Kinder und junge Jugendliche bin. Wie du schon sagtest gibt es auch viele positive Aspekte, aber eben auch die negativen – wie mal stark übertrieben soz. Isolation und Kommunikationsverarmung, motorische Schwächen etc.
Ich glaube hier würde es gelten das richtige Maß zu finden, wie bei so vielem. Das ist wie mit dem Klaps auf den Po. Der hat noch keinem geschadet.

stoffel
stoffel(@stoffel)
Vor 14 Jahre

Was mich so ärgert an den Medien das Selbige sich meist nur das Negative/Extreme herauspicken und weder die Pros & Cons zur Sprache bringen ebenso vieles einfach weglassen … so passiert es eben das Computer, Internet und Co. verflucht werden von Menschen die sich leider nur auf die Medien verlassen und nicht selbst denken oder versuchen zu verstehen … und leider ist das die „breite Masse“.

Thomas
Thomas (@guest_6218)
Vor 14 Jahre

Welchen Beruf muss man lernen, damit man unsinnige Studien mit frei wählbarem Resultat durchführen und sich anschließend ein frei erfundenes Fazit aus den Fingern darf? Dafür dann auch noch Geld bekommen? Klasse Sache, will ich auch machen.
Als erstes werde ich belegen, dass alle Männer Schweine sind. Ich werde 1.100 Männer von einer Klippe werfen und anschließend 1.100 Schweine. Da beide unten aufschlagen hab ich bewiesen: Männer = Schweine

Dann beweise ich noch eben, dass Otto Walkes eigentlich die Reinkarnation von Jesus ist. Glaubt mir, es ist wirklich so! Meine Studie mit 1.100 über drei Monate gefolterten Teilnehmern wird es bestätigen. Wenn nicht, dann ziehe ich trotzdem das Fazit das ich möchte, auch wenn es unlogisch ist.

stoffel
stoffel(@stoffel)
Vor 14 Jahre

Naja allerdings sind die Online-Medien wie Du oben zitiert hast auch nicht das Gelbe vom Ei.

stoffel
stoffel(@stoffel)
Vor 14 Jahre

Stimmt … aber wie filtere ich am Besten, wenn schon die „alteingessenen“ Medien sich das herauspicken was mehr Schlagzeile bringt und nicht alle Fakten darstellen?

Magazin 2024

Spontis-Magazin 2024

Jetzt mithelfen, uns unterstützen und kostenloses Magazin sichern!

Diskussion

Entdecken

Friedhöfe

Umfangreiche Galerien historischer Ruhestätten aus aller Welt

Dunkeltanz

Schwarze Clubs und Gothic-Partys nach Postleitzahlen sortiert

Gothic Friday

Leser schrieben 2011 und 2016 in jedem Monat zu einem anderen Thema