Artikel 13 – Der (Alb)Traum von einer Zensur im Netz droht Realität zu werden

Im dauerhaften Streit um die Reform des Urheberrechts in der europäischen Union scheint man nun eine einheitliche Stimme gefunden zu haben. Doch die Einigung – für die maßgebliche Deutschland und Frankreich verantwortlich sind – klingt in den Ohren der Kritiker wie eine Kakophonie der Zensur. Besonders traurig ist die Beteiligung Deutschlands, nachdem sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag klar gegen die Upload-Filter ausgesprochen haben. Sollte der Entwurf im Europa-Parlament so gebilligt werden und verabschiedet werden, müssen Anwender damit rechnen, das viele ihrer hochgeladenen Inhalte blockiert werden.

Artikel 13 soll Plattformen wie beispielsweise Youtube, Facebook oder Instagram für Urheberrechtsverstöße auf ihren Seiten strafrechtlich verantwortlich machen. Daraus resultieren die sogenannten Upload-Filter die bereits beim einstellen eines Videos automatisch erkennen sollen, ob darin Urheberrechtsverstöße begangen werden. Es soll einen Anreiz geschaffen werden, Medienschaffende und Kreative besser für ihre Inhalte zu vergüten und verpflichtet die Plattformen gleichzeitig, Inhalte zu blockieren, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde.

Die realistischen Folgen sind jedoch, dass massiv Inhalte blockiert werden, die in irgendeiner Form gegen das Urheberrecht verstoßen oder vom Rechteinhaber nicht lizenziert sind. Susan Wojcicki, CEO von Youtube kündigte bereits an, „dass der Artikel 13 und der Uploadfilter in der aktuellen Form die Möglichkeit, dass Millionen von Menschen Inhalte auf Plattformen wie YouTube veröffentlichen, bedroht“. 

Was interessiert mich das alles?

Ganz einfach: Du kannst viele Inhalte nicht mehr mit anderen teilen und auch die Zugänglichkeit zu vielen aktuellen Inhalten wird nicht mehr möglich sein. Du filmst den Auftritt deiner Lieblingsband auf dem Festival? Gerne, aber hochladen geht nicht mehr. Du fährst im Auto und singst mit deinen Freuden ein Lied im Radio mit? Behalt es lieber für dich, es wird vermutlich sowieso gelöscht. Die Folge wird einfach sein, dass kaum noch Inhalte Verbreitung finden, die auch nur das Urheberrecht ankratzen, damit sich Firmen wie eben Youtube vor strafrechtlichen Konsequenzen schützen. Das gilt natürlich nicht nur für Youtube, sondern für (fast) alle Plattformen, die Inhalte mit User-generiertem Content  bereitstellen.

In der Praxis ist diese Prüfung kaum möglich. Wie will Youtube bei jedem Video kontrollieren, ob dem Ersteller alle Rechte der Beteiligten vorliegen? Im Prinzip müsste ja auch deine Freundin zustimmen, die auf dem Video zu sehen ist und auch eine Sport-Artikel Firma möchte möglicherweise nicht, dass du mit ihrem Logo in dem Zusammenhang zu sehen bist und das zufällig im Hintergrund ein Stück aus dem Radio zu hören ist – hast du die Rechte dafür?

Was kann ich tun?

Sich eine Meinung bilden und diese den Parlamentariern unter die Nase reiben, vor allem denen, die FÜR diese Art der Filterung sind. Demokratie heißt nicht, zugucken, abwarten und lamentieren. „Ist mir doch egal, diese Internetriesen müssen endlich mal den Marsch geblasen bekommen!“ Letztendlich betrifft es jeden, auch die, die eigentlich geschützt werden sollten, nämlich die Kreativen und Medienschaffenden. Wenn Plattformen, die ihnen eigentlich den Weg zum Empfänger ebnen können, nun ihre Inhalte ablehnen, bekommt sie niemand zu sehen. Niemand kann sie teilen, verbreiten und darüber berichten. Und alles nur, weil es irgendwo ein Lizenzgeber tangiert.

Wer hat dann noch Lust irgendwas zu machen? Schon jetzt ist das Veröffentlichen im Internet ein Minenfeld aus Urheberrecht, Lizenzinhabern und Datenschutzverordnungen. FairUse und Remixkultur rücken damit in ein weit entferntes Universum. Mittlerweile rudern ja die Lobbyisten zurück, Bertelsmann, einer der größten Rechteinhaber Europas, scheint Stimmung gegen die Reform zu machen, wie der Spiegel berichtet.

Und auch wenn andere Probleme unserer Welt viel größer erscheinen, so sind es letztendlich solche Gesetze und Werkzeuge, die einen Umgang mit eben diesen Problemen im Internet unmöglich machen. Das Netz ist längst der Ort, an dem Demokratie gelebt wird. Das immer weiter zu reglementieren, zu kontrollieren und letztendlich zu filtern schadet jedem.

Zeichnet die Petition, die mittlerweile eine der größten Petitionen ist, die es in dieser Form gegeben hat. 4,7 Millionen Menschen haben bereits unterschrieben.

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Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 5 Jahre

Fakt ist, heute zeigten immerhin schon 2.000 Demonstranten in Köln dass sie keine Bots sind. Zudem alleine fast 20.000 Zuschauer auf einem einzigen Twitchkanal. Ist wünschenswert, dass es nur der Anfang ist und nicht schon wieder das Ende. Damit auch die letzte selbstgefällige Unvernunft innerhalb der Parteien checkt, dass der Widerstand in den Kommentarspalten nicht nur aus Bots besteht.
Was ich nur bedauerlich finde, ist, dass die Chance eines deutlichen Denkzettels von #NiemehrCDU wohl ausbleibt. Denn ich schätze, dass sich dieses am Mittwoch meist von denen durch Twitter katapultierte, oder sich wie ein Lauffeuer durch die Parteipräsenz von Facebook fraß, die dort ohnehin noch nie ihr Kreuz gesetzt hatten. Während es der treuen Zielgruppe egal ist. Oder sie nichts davon mitbekommen, da man eine Berichterstattung innerhalb der alten Medien noch immer vergeblich sucht. Warum, das braucht man sich wohl nicht zu fragen.

Kann man eine Partei nicht einfach in den Ruhestand schicken? Tiere, die Menschen beißen schläfert man ein. Und Politiker, die ihren Untergebenen in den Rücken fallen..? Ist es zynisch oder realistisch, zu denken, dass Politik nichts für Zukunftsweisungen für sein Volk übrig hat. Sondern einfach nur dazu dient, den Status Quo von Wirtschaftsmächten aufrecht zu halten, oder alljenen zu dienen, denen die Gegenwart nicht zum einst geplanten Renditeplan passt.
Oder sind die dort wirklich alle inkompetent sowie reaktionär, dass man sich nicht wundern muss, dass deren politische Mentalität noch irgendwo zwischen Kreuzzüge und 50´er-Jahre-Weltbild steckt? Ich jedenfalls verbinde mit der Partei nur Gutes… bezogen auf die Neuzeit z. B. eine Kanzlerin, die als Vertreterin des Volkes im 21ten Jahrhundert, noch gegen die Ehe für alle stimmt. Wie dort noch gegen Abtreibung gehetzt wird. Und Beratungsstellen einfach Werbung unterstellt wird. Wie sich über die „Friday for Future“ Aktionen lustig gemacht wird. Anstatt es zu würdigen, dass auch mal Kiddies ein Gespür für globale Eigenverantwortung zeigen. Wie man es als Partei schafft, mit ihrer Politik das schlichte Volk zu solchen Granaten wie PEGIDA und AfD rennen zu lassen. Und… und… und… Ganz ehrlich, dagegen ist es ja fast niedlich, dass diese Partei mit ihren Statuten komplett auf die Digitalisierung scheißt. Schon begonnen mit Kohl, der einfach die Intention für flächendeckendes Glasfaserkabel ignorierte und nun eine Merkel, die nach 20 Jahren Internet sagt es wäre Neuland. Das kannst du dir nicht ausdenken.
So wie Opa, der sich fragt, was er mit dem Tablet solle. Aber Opa gibt es wenigstens seinem Enkel zurück und sagt: „Hier du kannst besser damit umgehen.“.

Ja, Artikel 13 hat eine weitere Instanz genommen. Und zeigt deutlich, wie hinter dem guten Gedanken einer Anpassung des Urheberrechts solcher Springer-Lobby-Bullshit werden kann. Wegen einem Artikel unter vielen. Der Rest ha ja sein gutes. Aber den hätte man auch streichen können. Anstatt dort irgendeinen unkonkreten Kauderwelsch reinzuschreiben, der zwar das Wort „Uploadfilter“ nicht mehr exakt buchstabiert, weil, oh höret: Koalitionsvertrag, aber genau dieses beschreibt.
Und nein, es betrifft nicht nur Youtube oder Facebook. Auch google+, Whatsapp, Instagram, Twitch, Younow, Instant-Messanger, Foren, Blogs, jedes Portal mit jedem Medium; und ja, auch PornHub. Zitierst du aus einem Buch in deinem Blogartikel? Tja, Pech gehabt. Teilst du ein Video von dir auf dem Weg zum Konzert und im Auto dröhnt dein Lieblingslied? Tja, Pech gehabt. Bist du Contentcreator und lebst von Vorlagen, mit denen du kreativ neue Werke schaffst? Tja, auch Pech. Hast du einen VLog und läufst an Außenwerbung vorbei? So etwas dummes aber auch. Stellst du eine Untergrundparty auf die Beine? Ein kleines Festival in Eigeninitiative und hast einen Flyer mit kleinen urheberrechtlichen Ungenauigkeiten? Blöd, dann schicke den lieber nur per Post. Erstellst du Reviews, Videos oder Texte mit Meinungen über digitale oder analoge Dinge? Versuche es erst gar nicht. Und Medienkritik? Ja, genau.
Und natürlich gibt es ein paar Idioten, die sich im Internet nicht benehmen können. Aber dagegen existieren schon Maßnahmen im bestmöglichen Stile. Und dieses gilt es nunmal zu akzeptieren . Als Schattenseite der Freiheit. Denn lieber mit den Idioten leben, als ein hermetisch abgeriegeltes Internet, das diesem Zeitalter all diese Möglichkeiten nimmt. Und den Raum verbaut, in denen schon zwei Generationen Zuflucht wie auch Kreativität fanden. Zum Wohle der alter reaktionärer Meinungsmedien. Die ignorieren, dass der Generationswechsel auch sie als überflüssig erklärt. Aber wer braucht schon Innovation, wenn er Macht sowie Lobbyisten besitzt.

Es geht nicht nur um Katzenvideos und Memes. Auch wenn der Einschnitt in ein sich 29 Jahre frei entfaltetes Kulturgut Grund genug ist. Es geht um Instrumentalisierung dieser Schutzvorrichtung. Es geht darum, dass jede Instanz, die sich mit dem Medium auskennt davon abrät. Es geht darum, dass dutzende Kreative, die selbst von einigen Punkten profitieren würden, dennoch dagegen sind, weil es ihnen im Großen und Ganzen ebenfalls alles unterbindet.
Es geht um einen Filter, unabhängig von der Frage, wie die Portale sich diese überhaupt beschaffen können sollen. Es geht um die Frage, wie ein programmierter Algorithmus einen Unterschied erkennen soll. Es geht darum, dass niemand einen solchen exakt funktionierenden Filter programmieren kann.
Es geht darum, dass man als Worst-Case-Szenario ein Internet der großen Medienanstalten und Konzerne vorfinden wird. Bei dem in Youtube nur noch Flöten Belanglosigkeiten vor ihrem geschwärzten Hintergrund trällern. Es geht um die Gefahr, wieder ein Internet der 90´er Jahre zu besitzen. Es geht darum, dass der hektisch zusammengeklopfte Artikel noch viel zu unkonkret daher kommt. Und deren Verfasser keine Ahnung haben, wovon sie überhaupt reden. Es geht um die Gefahr, eine digitale Ausgrenzung innerhalb von Europa zu erleben. Und das hat auch diese Gotenkultur zu interessieren. Oder hängen die alle ohnehin schon nur noch im Darknet rum…

Axel
Axel(@axel)
Vor 5 Jahre

Ich möchte mal folgenden Artikel von meinem guten Kumpel Markus Rennhack, selbst Musiker bei Unloved und A&R beim Leipziger Label Kick The Flame Publishing, teilen.
Tl;dr: Lasst Euch von den ganzen Horrorszenarien nicht verunsichern. Es wird auch in Zukunft sehr viel Platz für Kreativität geben.

Hier gibt es eine allgemeine Erklärung zum Artikel 13:
Darauf aufbauend nun Markus‘ Artikel:

„Wir leben in einer Zeit, in der Journalisten nicht mehr selbst Quellen lesen, sondern Experten befragen. Wir leben aber dummerweise auch in einer Zeit, in der die vermeintlichen Experten ebenfalls nicht mehr die Quellen lesen, sondern irgendwas zusammenfabulieren. Remix des öffentlichen Diskurses. So auch der „Experte“ Volker Grassmuck heute im Interview mit Christine Heuer in der Sendung Informationen am Morgen auf Deutschlandfunk. Es ist erschreckend, wie konsequent der Mediensoziologe am Gegenstand vorbei analysiert, offenkundig ohne die Richtlinienentwürfe wirklich gelesen zu haben.

In Grassmucks Wahrnehmung schreibt die Richtlinie eine Flächendeckende Uploadfilterpflicht vor, die zudem auch Bearbeitungen wie etwa Parodien verhindere. Es soll kurzum alles gesperrt werden, was urheberrechtlich geschützt ist. Kein Wort von der Pauschallizenz – immerhin dem Kern des Artikels 13 -, kein Wort von der erstmals geschaffenen Rechtssicherheit für Parodien, kein Wort von der strikten Beschränkung aller technischer Maßnahmen auf tatsächliche Urheberrechtsverstöße.

Stattdessen führt er eine Scheindebatte über die für Plattformen mit freiem User Generated Content geschaffene Ausnahmeregelung, so als wäre zu erwarten, dass Youtube und Co nicht die Pauschallizenz erwerben. Wer kann denn die Ausnahmeregelung ziehen? Nur, wer jedes von Rechteinhabern effektiv vertretene Werk einzeln lizenziert oder eben ganz ohne kommerzielle Werke auskommt. Es ist gut, dass die Richtlinie solche denkbaren Plattformen vor die Wahl stellt, entweder via Pauschallizenz sämtliche Haftungsrisiken auszuschließen, oder aber eben die eigene Plattform im Sinne des eigenen Geschäftsmodells sauber zu halten. Bei Grassmuck wird diese Freiheit aber zum Standardfall erhoben. Man fragt sich, an welchem Stammtisch ihm das zugeraunt wurde und wie es um die wissenschaftliche Sorgfalt und Kompetenz des „Experten“ bestellt ist, wenn er das nicht gegen den Richtlinientext prüft.

Grassmuck scheint aber auch keine Ahnung vom Alltag auf den Plattformen zu haben. Er erklärt beispielsweise zutreffend, dass große Rechteinhaber wie TV-Sender oder Filmproduktionsfirmen aktuell das Content-ID-System von Youtube nutzen, es aber eine Vielzahl von Werken gibt, die in den aktuellen Filtern eben nicht vorkommen. Grassmuck zieht daraus den (falschen) Schluss, dass mit der Richtlinie dann jedes Werk im Content-ID stehen müsste. Das ist einerseits Quatsch, da auch im zukünftigen Haftungsregime nur die Werke betroffen sind, bei denen die Rechteinhaber ganz explizit den Wunsch nach tatsächlichem Urheberschutz haben, also auf ihr Recht bestehen und Rechtsbrüche nicht dulden. Es ist nicht zu erwarten, dass sich mit der Richtlinie eine Änderung der Laissez-Fair-Haltung in der Branche ergibt. Das sollte ein Mediensoziologe eigentlich auch belegen oder falsifizieren können, denn hier wäre mal wirklich sein Fachgebiet. Unrühmlich ist aber weniger diese Quatschprognose, sondern das offenbare Unwissen über den entscheidenden Makel des bisherigen Content-ID: Nicht jeder Rechteinhaber darf daran teilnehmen. Die Plattformen entscheiden im gegenwärtig rechtsfreien Raum, wer wichtig (und gefährlich) genug für Appeasement ist und wessen Rechte -pardon- scheißegal sind. Wenn Grassmuck hier also konstatiert, dass nur die großen Content-ID überhaupt nutzen, dann übersieht er, dass es viele kleine gibt, die es gerne nutzen würden, aber ausgesperrt sind. Auch hier schafft die Richtlinie endlich Augenhöhe und auch hier verkennt der „Experte“ die Entwicklung als Rückschritt. Man möchte glatt ein Facepalm-Meme posten.

Ähnlich haarsträubend die Analyse zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Da werden die Erfahrungen nationaler Varianten einfach mal so übertragen auf die Regelung der Richtlinie, so als sei diese wortgleich. Aber geschenkt. Ob denn die Presseverlage wieder Null-Lizenzen verschenken, dass Gesetz also keinen Effekt habe, kann ja nicht der kritische Maßstab sein, wenn man die Verpflichtung zur Lizenzierung ablehnt. Was hat also Grassmuck noch zu bedenken? Zwei Dinge: Erstens sei das Recht der Urheber hier verwässert worden, da die Möglichkeit von Buy-Out eingeräumt wurde. Ja, das kann man kritisieren, aber man muss dabei auch klarstellen, dass die Richtlinie diese Entscheidung den nationalen Gesetzgebern unter der strikten Bedingung überlässt, dass die Vergütung angemessen zu sein hat. Total Buy Out hat immer Skepsis verdient, aber es ist eben nicht automatisch eine Schlechterstellung und dort, wo es im Nutzungszeitraum ein Mißverhältnis zwischen Buy Out und Wertschöpfung gibt, da kommt es am Ende darauf an, ob ein Anspruch auf Angemessene Vergütung besteht oder nicht. Kein Wort dazu vom „Experten“.

Stattdessen die hirnsträubende Behauptung, Artikel 11 würde auch für Enzyklopädien wie Wikipedia gelten. Das ist Quatsch, weil Wikipedia keinen Pressespiegel bereithält, sondern Lexikon-Artikel unter Verwendung von Informationen aus ordentlich zitierten Quellen. Man hört ja einiges von Hochschulen in Bezug auf Schlampigkeit im Umgang mit Zitationen. Dass Grassmuck nicht auf die Idee kommt, dass das Beispiel Wikipedia wegen der dort herschenden vorbildlich-rigiden Zitiervorschriften ein denkbar blödes ist, wirft also gleich mehrere Fragezeichen auf.

Liebe Journalisten, wenn ihr schon Experten befragt, dann macht euch bitte parallel auch selbst fitt, dass ihr gegebenenfalls auf härtere Fragen einschwenken könnt, wenn der Bullshitradar anspringt! Nichts geht über Quellenstudium. Dann muss der Murks auch nicht im Ergebnis so krass sein wie heute mit Grassmuss. Pardon, Grassmuck.“

Axel
Axel(@axel)
Vor 5 Jahre

@Robert: Ich habe Markus‘ Artikel kopiert, weil er ziemlich genau meine Meinung wiederspiegelt. Und auch meine Erfahrungen.

Von den Kritikern wird immer wieder gerne von „der Contentmafia“ gesprochen. Die alle möglichen Rechte für sich bewahren möchte. Und nix teilen will. Doch das stimmt nicht. Was sie wollen ist Ehrlichkeit. Nur so konnte ja auch ich mein Projekt in den letzten Jahren aufbauen. In den letzten 7 Jahren habe ich mit über 500 Bands, Solomusikern und Labels zusammengearbeitet. Aktuell arbeite ich sogar mit Nuclear Blast und Out of Line für die nächste Veröffentlichung zusammen. Und das obwohl – oder gerade trotz dem – ich den Menschen sage, dass ASC ein kleines Projekt ist, wir vergleichsweise wenige – dafür leidenschaftliche – Musikhörer erreichen. Und sie für das Mitmachen kein Geld bekommen. Meine persönliche Erfahrung ist: Kreative wie auch Lizenzgeber wollen in erster Linie Aufrichtigkeit, dann kann man sich auf sehr viele Dinge einigen. Da ist niemand dran interessiert, dass ihre Kunst aus dem Internet verschwindet oder nicht von Dritten benutzt werden darf. Ich kenne auch keinen einzigen Künstler, der was gegen User Generated Content hat,

Kommen wir zu Artikel 13: Dieser Artikel spricht allein, einzig und allein, eine bestimmte Form von Plattformen an: User Generated Content. Also Plattformen wie Youtube oder Facebook. Die Idee ist, dass diese Plattformen mit den Rechteinhabern, Verwertungsgesellschaften & Co. Pauschallizenzen aushandeln. Es findet also eine Verlagerung der Verantwortlichkeiten seitens des Uploaders zum Plattformbetreiber statt. Man selbst kann also, anders als heute, rechtlich nicht mehr belangt werden. Und dieses Modell funktioniert schon heute, da gibt es Beispiele!

Mixcloud ist so eine Plattform für User Generated Content. Dort kann jeder DJ Sets, Podcasts, Mixes usw. hochladen ohne sich eine Platte über die Rechte zu machen. Mixcloud zahlt eine Pauschallizenz an die Verwertungsgesellschaften und diese können anhand der Metadaten aufschlüsseln, wer was und wieviel bekommt (genau diese Technik wird als „Uploadfilter“ missverstanden!). Am Ende wird also der Rechteinhaber dafür bezahlt, dass ich seinen Song benutzt habe. Die Verantwortung dafür liegt jedoch nicht bei mir als Uploader, sondern bei Mixcloud als Plattformbetreiber. So ein Ding wie mein Proto-Goth-Mix wäre ohne diese Plattform nicht so einfach legal möglich: https://www.mixcloud.com/AtSeaCompilations/ad-tempus-3-proto-goth-1965-1979/

Wenn ich das selbst machen müsste, müsste ich -40 bis 50 Jahre später- für die einzelnen Songs die heutigen Rechteinhaber ausfindig machen. Wäre sicher möglich, nur: Die ganzen Daten liegen ja bereits bei den Verwertungsgesellschaften, die sie nur mit den gelieferten Metadaten abgleichen brauchen. Also warum nicht gleich den Weg gehen? Und so könnte jeder User Inhalte auch auf Youtube & Co. erstellen, wenn diese mit Pauschallizenzen arbeiten müssten. Das kostet Google dann natürlich mehr, sehr viel mehr Geld. Aber wir können uns nicht über diese Megakonzerne aufregen und dann andererseits deren Narrativ von der „Zerstörung des Internets“ nachplappern.

Also in diesen Fall könntest auch Du Mixcloud ganz legal verwenden, etwa für Musikpodcasts oder Mixes oder ähnliches. Warum nicht mal einen Aufruf unter den Spontis Leser*innen starten, dass sie Dir ihre Lieblingssongs nennen und daraus hübsche kleine Mixcloud-Mixes machen, die Du hier regelmäßig einbinden und präsentieren kannst? Das wäre ja ein schönes Beispiel für User Generated Content, der auch mit Artikel 13 kompatibel wäre.

Natürlich lassen sich Gesetzestexte auch immer negativ auslegen. Aber da sind wir dann bei der persönlichen Frage, wie wir die Welt sehen wollen. Ich habe (wieder) einen Glauben an das Positive im Menschen. Wir brauchen neue Formen des Zusammenlebens in einer digitalisierten Gesellschaft. In der wir uns auf Augenhöhe treffen. Und da finde ich es wichtig Reformen durchzubringen, statt immer nur die Hände in den Schoß zu legen und über den Status Quo zu meckern. Zudem sollten, wie ich finde, Konzerne wie Google oder Facebook stärker an die Kantarre gezogen werden. Sonst verlieren irgendwann Regierungen und auch wir Menschen unsere Autorität.

Axel
Axel(@axel)
Vor 5 Jahre

@Robert: „Das Gesetz ist in seiner jetzigen Form völlig unbrauchbar und zerstört mehr, als es irgend jemandem nutzt. Das war schon bei vielen Dingen in der Vergangenheit so. Beispiel: Vorratsdatenspeicherung oder DSGVO.“

DSGVO ist ja ein gutes Beispiel. Da wurde vorher auch Alarm geschlagen, dass das Internet nachhaltig verändert wird. Man keine Fotos mehr hochladen dürfte. Teilweise habe ich mich da selber anstecken lassen. Und jetzt? Hat sich so viel verändert?

Ich habe das Gefühl, in der heutigen Zeit gibt es in Diskursen nur schwarz und weiß. Entweder mega gut oder ultra böse. Das finde ich ziemlich anstrengend. Natürlich gibt es auch legitime Kritikpunkte an Artikel 13. Etwa bei kleinen Seiten. Aber diese ganze Polterrei von wegen es ist das Sprungbrett zu Zensur und dergleichen halte ich für sehr übertrieben.

Am Ende werden wir ja sehen was bei rumkommt. Einfach mal abwarten.

Axel
Axel(@axel)
Vor 5 Jahre

Hier nochmal in kompakten 5 Minuten leicht und verständlich zusammengefasst, worum es in Artikel 13 eigentlich geht: https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/matthias-hornschuh-zu-artikel-13-100.html?mode=play&obj=79162

Durante
Durante(@durante)
Vor 5 Jahre

…uuuuund die ewig gestrigen Internet-Ausdrucker haben diesen Quatsch* heute also tatsächlich durchgewunken:
copyfail-eu-parlament-beschliesst-uploadfilter
…Lobbyismus funktioniert halt. *seufz*
( *Ich rede wohlgemerkt von der jetzigen, konkreten Umsetzung, nicht von der Idee einer Neuordnung des Urheberrechts an sich. )

@Robert:
So oft ich sonst auch deiner Meinung bin (eben auch bez. Artikel 13 ;) ), aber der Vergleich mit der DSGVO passt hier imho nicht wirklich. Ich habe als IT’ler beruflich auch viel mit Datenschutz zu (durfte mir u.a. div. DSGVO-Vorträge anhören ;) ), und bei der Panikmache damals zeugten 50% aller der „ich darf jetzt dieses oder jenes nicht mehr!“-Aussagen die mir begegnet sind primär von sachlicher Unkenntnis (man erinnere sich nur an die mediale österreichische „Klingelschildposse“ die von Anfang an rechtlich gar keine Grundlage hatte & keinerlei Bezug zur DSGVO… oder auch die „Metzgerei“-Stories damals…)
Vor allem hat sich durch die DSGVO – entgegen der landläufigen Meinung – übrigens rechtlich nicht wirklich viel geändert. Zu > 95% waren die Regelungen schon Teil des seit Ewigkeiten gültigen Bundesdatenschutzgesetzes, nur damit auseinandergesetzt oder daran gehalten haben sich viele nie… Die DSGVO war primär eine Vereinheitlichung der Datenschutzvorschriften in der EU, aber wir gehörten ja bereits vorher zu den Staaten mit den diesbezüglich strengsten Regeln, darum für uns eigentlich keine riesige Umstellung… (es sei denn man hat sich erst im Rahmen der damaligen „DSGVO-Berichterstattung“ im Vorfeld mit dem Thema Dateschutz & elektronische Verarbeitung personenbezogener Daten befasst, dann hat man natürlich den Eindruck das wäre alles neu – das ging sehr vielen so)

-> Die jetzt kommenden Upload-Filter (Umsetzung der neuen Urheberrechtsregelungen ist ohne diese einfach nicht möglich) sind ein ganz anderes Kaliber und in dieser Form für uns auch ein Novum. :(

( Und ja, ich bin zugegebenermaßen ein „Fan“ der DSGVO (was nicht heißt dass sie perfekt ist) und von „Datenschutz“ im Allgemeinen. ;)
Auch wenn er auch hin und wieder mal „unbequem“ sein mag. )

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