Deutschlandweit schließen immer mehr Clubs ihre Pforten und das nicht nur wegen der aktuellen Coronakrise. Eine aktuelle Reportage des YouTube Kanals „reporter„, einem Format von Funk, dem jungen Onlineangebot von ARD und ZDF, versucht zu beleuchten, warum so viele Clubs geschlossen wurden und werden. Im Fokus der Berichterstattung ist die sogenannte Vergnügungsstättenverordnung, die Clubs und Diskotheken auf die gleiche Stufe stellt, wie etwa Bordelle, Spielhallen oder Wettbüros. Das wollen einige Initiativen jetzt ändern.
Gezeigt werden Interviews mit Clubbetreibern und auch Politikern, die ihre Forderung, Clubs in Deutschland zu Kulturorten zu erklären und damit aus der Verordnung herauszulösen, im Bundestag durchsetzen wollen. Die Hoffnung der Clubs ist, als Kulturorte von erleichterten baulichen Bedingungen zu profitieren und auch Fördergelder zu nutzen, um beispielsweise den Schallschutz zu verbessern.
Wie wir bereits in einem älteren Artikel diskutiert haben, gibt es leider auch viele nicht zu beeinflussende Gründe für das Clubsterben. Die demografische Entwicklung sorgt zum einen dafür, dass es immer weniger junge Leute gibt, die Clubs besuchen könnten und zum anderen eine alternde Gesellschaft, die naturgemäß weniger ausgeht. Darüber hinaus sorgen auch soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram für eine Art von Gegenöffentlichkeit, in denen Menschen sich begegnen oder austauschen, sich präsentieren und miteinander interagieren.
Allerdings kann es nur hilfreich sein, wenn Diskotheken zu Kulturorten „ernannt“ werden und so von höherer Anerkennung profitieren, obwohl ich mir unschlüssig bin, ob wirklich alle Diskotheken diesen Titel überhaupt verdient haben. Es würde auf jeden Fall die Hürden, etwas auf die Beine zu stellen und einen Club zu betreiben ein kleines Stückchen leichter machen. Ob das jedoch im Zuge der existenzbedrohenden Pandemie zu spüren sein wird, wage ich zu bezweifeln.
In Gedanken bange ich auch oft, ob es nach Corona noch einen netten Club in meiner Nähe (Umkreis 100 km) geben wird. Ich hoffe sehr, dass das Anliegen in der Politik Zustimmung findet.
Ich finde das Clubsterben ebenfalls beängstigend und daran ist sicherlich auch (jedoch nicht nur) Corona schuld. Ob man nun der große Clubgänger ist oder auch nicht: Es sollte doch offensichtlich sein, dass Clubs und Diskotheken auch ein Stück Kulturgut darstellen, welche sich hier im absterben befinden und die ebenso einen kulturellen Wert haben, wie etwa Museen oder Kinos. Natürlich braucht es auch seine gewissen Hilfsmittel und Regelwerke, damit auch Anwohner in näherer Umgebung nicht überbelastet werden und es für einen Gebäudeinhaber attraktiv bleibt entsprechende Räume zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechender Lärmschutz ist da jetzt ja nur ein Beispiel. Ich will glauben, dass die Umsetzung davon auch nicht immer ganz einfach ist, denke jedoch auch, dass die Politik hier zumindest die ein oder andere Hürde entfernen könnte. Auch ich hoffe daher sehr darauf, dass dieses Thema in der Politik auf Zustimmung stößt, um es Betreibern ein wenig zu vereinfachen einen Club am leben zu erhalten bzw neue zu eröffnen.
Le_lys_noire : Möglicherweise müssen wir tatsächlich wieder weitere Strecken in Kauf nehmen. So wie früher, jedenfalls aus meiner Sicht. Eine Fahrt in „Zwischenfall“ waren ziemlich genau 100km. Schlimm ist allerdings, dass so ein Laden wie das Zwischen heutzutage kaum noch zu betreiben wäre. Nicht in der Umgebung, nicht in der baulichen Ausführung.
Graphiel : Ist das wirklich so offensichtlich? Nehmen wir die klassische Dorfdisko, die weder Bühne noch Auftrittsmöglichkeiten bietet und in ihrem Programm auf Flatrate-Saufen zu aktuellen Chart-Hits einlädt. Ist das Kultur? Ich bin auch dafür, Diskotheken es ein wenig zu erleichtern, gesund dazustehen, aber gleich jeden Laden zum Kulturgut erklären? Ich finde das schwierig zu beurteilen, wo Kultur anfängt und aufhört. Aber das ist nur eine Begrifflichkeit. Ich denke, es müssten bürokratische und existenzielle Hürden abgebaut werden, das würde sicherlich schon viel helfen. Leider bin ich nicht so tief in dem Thema drin um beurteilen zu können, wo es am meisten hakt.
Robert Mit viel zähneknirschen finde ich schon, dass es irgendwie zur Kultur gehört. Zumindest wenn man den Begriff Kultur zunächst einmal versucht möglichst neutral zu bewerten. Im Detail gebe ich dir natürlich recht damit, dass Flatratesaufen zu Ballermannhits nun nichts ist, was meinen persönlichen Geschmack von qualitativer Kultur wiederspiegelt. Aber darum geht es ja nicht. Selbst solche 0815 Partys sind doch zunächst einmal nur Versammlungen von Menschen, die gemeinsam feiern und sich austauschen und das ist für mich schon auch irgendwo eine Form von Kultur. Das darüber hinaus der oftmals übertriebene Alkoholkonsum eine zentrale Rolle spielt und die Musik für mein dafürhalten auch nur dazu dient volltrunken irgend etwas in die Menge grölen zu können ist zumindest auch in meinen Augen kein Zeichen einer qualitativ hochwertigen Kulturform und liefert mir als Schwarzkittel allenfalls einen weiteren Grund zur Abgrenzung. Trotzdem müssen wir uns halt auch die Frage stellen nach welchen Kriterien die Politik denn sonst vorgehen soll, um Clubs und Diskotheken unter Schutz zu stellen. Ich denke zumindest, dass es in sofern schon am einfachsten wäre in den sauren Apfel zu beißen und Diskotheken und Clubs per se erst einmal zu Kulturorten zu erklären, auch wenn darunter selbst die unterirdischsten Schuppen und Partys fallen.
Der Abbau von bürokratischen Hürden wäre vermutlich ein weiterer bzw vorheriger Schritt in die richtige Richtung. Nur wo es da außerhalb von Corona im Detail so hapert vermag auch ich nicht zu sagen. Momentan bekomme ich lediglich vereinzelte Aussagen von Clubbetreibern mit, die sich aufgrund der Coronakriese in ihrer Existenz bedroht fühlen. Und da geht es dann eher um Dinge wie die Veranstaltungsverbote, etc.
Graphiel : Ja, ich tue mich auch schwer mit einer endgültigen Entscheidung. Ich fände es auch blöd, wenn man Clubs in zwei Kategorien einteilen würden „Kulturell“ und „Nicht-Kulturell“ oder so ähnlich. Ich fände einen grundsätzlichen Ansatz besser, den tatsächlich sollten, alle Clubs von Maßnahmen profitieren. Weil sie eben, wie du sagst, Versammlungsorte für Menschen sind, die Abstand von ihrem Alltag suchen. Wenn da plötzlich eine Zwei-Club-Gesellschaft entstehen würde, die kulturelle von nicht-kulturellen Diskotheken unterscheidet, würde da schnell ein Ungleichgewicht entstehen.