„In Europa und Amerika wächst das Gefühl der Hysterie„. Diese erste Zeile des Liedes „Russians“, das Sting im Juli 1985 veröffentlichte, bezog sich auf den Kalten Krieg, der sich damals hauptsächlich zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika abspielte. Mit Schreckensszenarien eines atomaren Krieges, dem globalen Wettrüsten und der Entwicklung immer neuer Massenvernichtungswaffen hält dieser Krieg die Menschen damals im Würgegriff der Angst vor einer Eskalation. Auch als Jugendlicher in dieser Zeit konnte ich mich kaum diesem Gefühl entziehen, vor allem, als 1986 mit Tschernobyl die atomare Gefahr völlig real wird.
Im düsteren Schatten des Krieges in der Ukraine bekommt dieser Song eine ganz neue Relevanz, so erscheinen mir die Zeilen des Musikers und die Hoffnung, die daran liegt, nötiger als je zuvor. Auch Sting selbst äußerte sich vergangenen Sonntag zum Krieg in der Ukraine und erinnerte mit einer akustischen Version seiner Ballade an den Inhalt:
https://www.youtube.com/watch?v=IW0Wq-t4kSQ
Obwohl der Song zu einem der bekanntesten Stücke des britischen Künstlers zählte, hat er es in den vielen Jahren nach der Veröffentlichung kaum gespielt. „Weil ich nie dachte, dass er je wieder relevant werden würde„, schreibt der Künstler in einem Statement bei Instagram.
Weiter schreibt er: „Doch nun, in Anbetracht der blutigen und bedauerlich fehlgeleiteten Entscheidung eines Mannes, bei den friedlichen und unbedrohlichen Nachbarn einzuschmaschieren ist dieser Song, wieder einmal ein Plädoyer für unsere gemeinsame Menschlichkeit. Für die tapferen ukrainischen Menschen, die gegen diese brutale Tyrannei kämpfen und auch für die vielen russischen Menschen, die trotz der Androhung von Verhaftungen gegen diese Schandtat demonstrieren.“
Schon damals zog mich die Traurigkeit und Melancholie des Songs in seinen Bann. Erschreckend, dass aus der schönen Ballade nun unsere einzige Hoffnung auf eine baldige Deeskalation und die Beendigung des Krieges zu keimen scheint.
We share the same biology
Regardless of ideology
What might save us, me, and you
Is if the Russians love their children too
Unter seinem Statement ruft der Musiker dazu auf, die Organisation „Help Ukraine“ zu unterstützen. Wir schließen uns diesem Aufruf gerne an.
Für Sekunden bin ich regelrecht erstarrt, als ich den Titel neulich morgens im Autoradio auf dem Weg zur Arbeit hörte. Und was soll ich sagen…ich konnte noch jedes Wort mitsingen. Wäre unmittelbar danach noch „Nothing changes“ von DIJ im Radio gelaufen, hätte ich rechts ran fahren müssen…
Ein melancholisch-trauriger Soundtrack für die aktuelle Zeit, der dennoch eine subtile Form von Hoffnung verströmt. Ich glaube, „Russians“ von Sting wird die nächsten Jahrzehnte mit diesem furchtbaren Krieg in Verbindung gebracht. Hoffentlich ist es das letzte mal.
Für mich verströmt dieser Song von Sting keinerlei Hoffnung, vielmehr die Ohnmacht und die Hilflosigkeit von Millionen Menschen gegenüber der Willkür einiger weniger Mächtiger, in aktueller Situation der Willkür eines einzigen Mannes, der sich seiner Macht mehr als bewußt ist und diese lebt und genießt. Das einzige, was uns davor retten könnte, wäre die Möglichkeit, daß auch die Russen ihre Kinder lieben. Wie groß ist aber die Wahrscheinlichkeit einer Intervention der Russen auf die Politik Ihres Präsidenten, wenn Putins eigenes Volk mindestens so große Angst vor Repression und Konsequenz, vor ihm selbst und seinem Geheimdienst haben muß wie nun der Rest der Welt und nicht zuletzt die Ukraine, an der dieser – man kann es nicht anders benennen – Wahnsinnige gerade ein Exempel seiner Macht statuiert?
Ich weiß auch nicht, ob man diesen Song von Sting in den nächsten Jahrzehnten mit dieser unsagbaren Tragödie der Ukraine-Invasion in Verbindung bringen wird – vielleicht haben wir keine Jahrzehnte mehr vor uns, nie waren wir näher am dritten Weltkrieg als jetzt. Und ein einziger Mensch hat es geschafft, in wenigen Tagen Millionen von Herzen zu brechen. Will man als solcher in die Geschichtsbücher eingehen?
In der Zeit, wo noch über einen angeblichen baldigen Einmarsch der Russen in die Ukraine umher ging, kam mir auch dieser Song wieder in den Kopf. Und ja, er hat noch immer diese Traurigkeit und Melancholie.
Mich berührt das Video von Sting sehr, auch die akustische Version des Liedes. Gefühlsmäßig bin ich eher bei Markus… Diese Ohnmacht ist schwer erträglich.