Wild toupierte Haare, verschmierter roter Lippenstift und ein kreidebleiches Gesicht. So kam Robert Smith freilich nicht zur Welt, als er am 21. April 1959 in der britischen Küstenstadt Blackpool geboren wird. Heute hat der Fürst der Traurigkeit, der ungewollte König der Gothic-Szene und der Imperator der Melancholie Geburtstag. Und obwohl sein neues Album immer noch nicht erschienen ist, gratulieren wir.
Als drittes von vier Kindern wächst er ausgesprochen musikalisch auf. Sein Vater singt gerne, seine Mutter spielt Piano. Sowohl Robert als auch seine jüngere Schwester bekommen Klavierstunden. Janet ist richtig gut am Klavier und weil er nicht gerne von seiner Schwester übertrumpft wurde, greift er zur Gitarre. Janets Hände sind nämlich viel kleiner als seine und können den Gitarrenhals nicht richtig greifen. Die ersten Akkorde lernt er von seiner Bruder Richard, mit neun Jahren nimmt er Unterricht bei dem in London lebenden Australier John Williams. „Ich habe eine Menge von ihm gelernt, aber irgendwann ging mir der Spaß an der Sache verloren„, gesteht er 1992 in einem Interview mit dem Guitar Player. „Heute wünschte ich, ich hätte weitere Stunden genommen.“
(Das Video zeigt Jugendliche in der DDR, die den Geburtstag ihres Idols – Robert Smith – feiern. Zum Video gibt es mehr Informationen in diesem Artikel)
Robert hat nämlich gar keine Lust auf Noten, übt Lieder nach Gehör und spielt die Plattensammlung seiner Geschwister nach. Weihnachten 1972 bekommt er dann endlich seine eigene Gitarre von seinem Bruder geschenkt, denn der will seine Gitarre auch endlich mal wiederbekommen. „Ich hatte das Ding sowieso völlig in Beschlag genommen„, erinnert er sich später. „Es war also egal, ob er mir die Gitarre schenkt oder nicht. Ich hätte sie so oder so bekommen!“
Seine erste Band gründet Smith im Alter von 14 Jahren. Sein Bruder Richard, einige Freunde und seine Schwester Janet nennen sich nun: „Crawley Goat Band“. Bereits in den Monaten davor spielt er mit einigen Schulfreunden, darunter Gitarrist Michael Dempsey und Schlagzeuger Laurence „Lol“ Tolhurst, mit denen er ein paar Jahre später eine ganz andere Band gründet: „The Cure“. In der zweiten Hälfte des Jahres 1972 wechseln die Musiker gemeinsam die Schule und finden weiter Gefallen daran, gemeinsam Musik zu machen. Damals nennt man sie noch „The Group“, weil es an der Schule sowieso keine andere Band gibt, von der man sich hätte abgrenzen müssen. Danach wird es wild. Die Bandnamen wechseln regelmäßig. Irgendwann stößt Paul „Porl“ Stephen Thompson als Gitarrist ein. Ab 1977 nennen die Jungs dann „Easy Cure“, 1978 wird daraus schlicht „The Cure“.
13 Alben erschaffen die Briten von 1979 bis 2008, angefangen mit „Three Imaginary Boys“. Schon in ihrem ersten Jahr landen sie mit der Single „Boys Don’t Cry“ ihren größten Hit, den sie auch noch 40 Jahre später spielen müssen. Allerdings landet erst das 1992 erschienen Album „Wish“ an der Spitze der britischen Album-Charts, nicht zuletzt, weil darauf der Song „Friday I’m in Love“ zu finden ist, ihr bisher größter Hit.
It doesnt’t matter if we all die
1982 erscheint „Pornography“, das depressive Meisterwerk der Band. „Eine musikalische Talfahrt in immer dunkler werdende Schatten“ schreibt ein Musik-Magazin über das Album. Spätestens jetzt wird er zur Ikone der noch jungen Gothic-Szene, mit der er allerdings Zeit seines Lebens nichts anfangen kann. „Es ist bedauerlich, dass wir immer noch mit dem Wort ‚Goth‘ in Verbindung gebracht werden„, stellt er 2006 in einem Interview mit Stereogum fest.
Den Fans ist es egal. Rot geschminkte Lippen, seine schwarzen und wild toupierte Haare und die schlichte, schwarze Kleidung werden zum Dresscode der Szene. Dass er den Lippenstift stets verschmiert trägt, ist ein Tribut an seine Nähe zu Mikrophon. Eigentlich wollte er den Lippenstift nämlich ganz normal tragen. Weil er aber häufig mit geschlossenen Augen ganz nah am Mikrofon seinen Hymnen haucht, verschmierte die Schminke. Diesen Umstand erhob er dann irgendwann zum Erkennungszeichen.
„Als das mit dem Goth angefangen hat, bin ich bei dem Look hängen geblieben„, erzählt er dem Magazin Time Out, „als ich Gitarre bei Siouxsie And The Banshees spielte, gehörte es dazu. Goth war für mich immer Pantomime, das ganze subkulturelle Ding habe ich nie wirklich ernst genommen. […] Mein Aussehen ist eine theatralische Sache. Es ist Teil eines Rituals, wenn ich auf die Bühne gehe.“
Allerdings hat Smith mittlerweile seinen Frieden mit der Gothic-Szene gemacht und räumt ein: „Aber war ich für Gothic verantwortlich? Nein. Und wenn ich es wäre, wäre ich sehr glücklich. Aber das war ich nicht.“ Im Gespräch mit dem Rolling Stone Magazine fährt er fort: „Ich denke, es hatte zwangsläufig irgendeinen Einfluss. „Cold“ aus „ Pornography “ klingt meiner Meinung nach Gothic, soweit man sagen kann, dass es diesen besonderen Sound hat. Ich bin mir bewusst, dass wir dabei eine Rolle gespielt haben, und ich denke, dass wir Teil der Geschichte des Gothic sind, ohne Frage, aber wie eine Fußnote.“
Wir wissen zwar nicht, wie Robert Smith seinen Geburtstag feiert, aber wir wünschen uns sehr, dass wir noch sehr viele solcher Tage mit ihm feiern können.
Schön geschrieben. Danke.
Schaue grad seit Jahren mal wieder die Trilogy und stelle fest, das olle Robert heute 65 wird. Verdammt.
Danke für den schönen Artikel! Da habe ich dann gewusst, wie ich den Sonntag angemessen ausklingen lasse: Seventeen Seconds anhören und mir dazu passende Fotos vom Wald anschauen, in dem mich diese Musik begleitet hat.
Das ist lustig. „The Cure“ ist auch bei mir auf ewig mit Wald verbunden! Das liegt daran, dass ich im Sommer immer mit dem Fahrrad zum Freibad gefahren bin. Der Weg führte durch einen Wald, den ich sehr genossen habe, wenn ich den Walkman (so ein echter!) mit meinem „The Cure Mixtape #3“ bestückt hatte. Wenn Robert Smith dann in Melancholie versank, blickte ich durch die Baumwipfel und die Sonne, die darin funkelte. Es war ein Wunder, dass ich da nirgendwo gegengefahren bin!
Und ich dachte, The Cure sind für dich mit dem Wald verbunden, weil ich ein Tattoo mit einer Zeile aus „A Forest“ auf dem Rücken habe und weil wir zufällig fast so heißen wie der Song… und der Wald. :-)
Das auch, Ehegrufti, das auch! Dadurch wurde der Bund nur noch stärker. Allerdings war Freibad, Fahrrad und Walkman eine Weile bevor wir uns kennengelernt haben :-)
…und wieder eine Illusion zerstört! ;)
Aber mal im Ernst: Der Geburtstag von Robert Smith ist tastsächlich irgendwie der einzige „Promi-Geburtstag“ der mir nicht völlig gleichgültig ist – Ich hoffe der Godfather of Goth bleibt uns noch lange erhalten (und das nicht nur damit ich ihn irgendwann womöglich ein drittes mal live sehen, und – hoffentlich! – irgendwann auch mal das neue Album hören kann ;) ).
Und das:
„Ich bin mir bewusst, dass wir dabei eine Rolle gespielt haben, und ich denke, dass wir Teil der Geschichte des Gothic sind, ohne Frage, aber wie eine Fußnote.“
…dürfte wohl die Untertreibung des Jahrhunderts sein. ;)
In den letzten Jahren hat Robert Smith in meiner Gunst ordentlich zugelegt. Nicht zuletzt wegen seines Engagements hinsichtlich der Ticket-Preise, seiner Zusammenarbeit mit „kleineren“ Künstlern und nicht zuletzt, weil er bei einem Live-Konzert seiner Frau ein Ständchen gebracht hat. Goth, ich bin dahingeschmolzen!111!!elf!!
Ich glaube Smith hat nie an Relevanz für die Szene verloren, auch wenn die letzten Alben immer auf sich warten ließen, seine Beständigkeit auf der Bühne und in seinem Look macht ihn zum Anker im schwarzen Meer, wie ich finde. Mit „The Cure“ kannst du nie was falsch machen ;-)
Ja, seh ich tatsächlich genauso – Einfach allem Anschein nach ein cooler Typ/anständiger Kerl UND großartiger Künstler.
Und wirkt auch in dem Alter und trotz seiner Berühmtheit (und einem sicherlich erlangten gewissen Wohlstand) auf der Bühne einfach immer noch 100% motiviert und durch und durch authentisch – Kann man ja nicht von jeder Musik-Legende behaupten! :)
Der April ist einfach ein guter Monat :D
Ich glaub, die intensivste Erinnerung an „The Cure“ verbinde ich mit dem Video zu „Lullaby“. Wann ich das das erste Mal gesehen habe, weiß ich garnicht mal mehr, aber – das hat mich tief beeindruckt und es ist heute wohl noch eins meiner liebsten Cure-Lieder.
„Lullaby“ ist praktisch „schuld“ daran, dass ich in die Schwarze Szene gekommen bin. Wäre dieses Lied nicht 1989 im Radio und Musik-Fernsehen gelaufen, hätte ich vermutlich keine Ahnung davon bekommen (oder zumindest nicht so bald), dass es außer radio- und massentauglicher Musik noch was anderes, Dunkles gibt… Das war im Sommer ’89 der eindeutige Beginn – krass, wie lange das schon her ist… Fühle mich gleich auf einen Schlag uralt. Gruß an Robert (nicht Smith, sondern den Wizard), der ja auch in diesem Jahr die halbe Hundert erreicht ;-)
Den letzten Teil Deines Kommentars ignoriere ich jetzt mal gepflegt. Ein Anekdötchen für die Geschichtsbücher. Wusstet ihr schon, dass ich auf eine Jugendfreizeit in Norwegen mal eine Kuriografie zu „Lovecats“ einstudiert habe und mitsamt Katzenkostüm, angeklebten Ohren und Schwanz aufgetreten bin? Ha! Das fragwürdigste Lied von Robert Smith mit der fragwürdigsten Performance von Robert Forst.
Sorry… wollte Dir nicht auf den virtuellen Schlips treten – lösch die Zeile sonst einfach ;-)
Die Performance hätte ich ja zugern gesehen! Wie waren denn die Reaktionen? Lovecats gehört allerdings zu den Cure-Songs, die ich extrem anstrengend finde. Zu fröhlich und vor allem abgedreht für meinen Geschmack. Da fehlen mir sowohl die Melodie als auch die Melancholie, die den Reiz von (alten) Cure-Songs für mich ausmachen.
Ich hab mal im Sportunterricht ne Choreografie zu „I ran“ von A Flock of Seagulls performt… Wir sollten uns zu einem Stück unserer Wahl was ausdenken. Also ohne Kostüm, nur einfach Musik darstellen, wie sie auf uns wirkt. Eigentlich hab ich nur so drauf getanzt, wie ich es auch im Club tue – aber das wusste ja keiner ;-)
@Robert und Tanzfledermaus Hier muss ich doch mal Widerspruch wagen und mich gleichzeitig outen, denn ich empfinde „Lovecats“ doch ein bisschen anders als Ihr. Ja, ich hab auch schon gehört dass der Song vielen zu fröhlich, zu poppig etc. ist. Zu abgedreht? Kann ich nachvollziehen. „Abgedreht“ würde auch ich bei einer Beschreibung verwenden. Für mich kommt der Song aber auch irgendwie mit einer gehörigen Prise Spott und Ironie daher. Parodie auf die vielen „Junge liebt Mädchen“ Songs? Auf jeden Fall wird mir für ein fröhliches Partylied zu diesem Thema in dem Song zu viel gefaucht. Deswegen mag ich ihn ja, obwohl ich ihn natürlich unter den wirklichen Meisterstücken der Melancholie von the Cure auch schwer einordnen kann. Vielleicht hab ich mich aber auch einfach von den Katzen bestechen lassen.
@Adrian Stahl und Tanzfledermaus : Ich antworte auch malEuch beiden: Mit „Lullaby“ geht es mir genauso wie Euch: Sowohl das Lied als auch das Video hat es mir angetan. Für mich beinhaltet es so etwas wie die Essenz von Gothic. Setting, Atmosphäre, Geschichte…Durch die Art und Weise wie Robert Smith ins Mikro haucht, wird die klaustrophobische Situation noch eindrücklicher. Und es bleibt noch genug offener Raum für die Gedanken des Hörers…
Wenig verwunderlich daß das Video auf euch auch so einen Eindruck gemacht hat … ich finde auch daß es so essentiell gruftig ist, in Stimmung, Musik natürlich eh, Set-Design – all die Details – Kostüme, Zeugs … egal wie oft ich es mir ansehe, ich liebe immernoch jede Sekunde davon.
Ich glaube, rückwirkend betrachtet war das bei mir auch einer der vielen Bausteine die zum Grufti-Dasein geführt haben.
Ein anderer musikalischer Moment war – die Bravo Hits 2, von 1992. Da war „Temple of Love“ drauf – mit dem konnte ich einerseits erstmal nix anfangen, aber irgendwie – doch :D – nach sehr langer Einwirkphase sind für mich – neben Depeche Mode, aber die mochte ich vom ersten bewussten Hören an sofort – Sisters wohl mein persönliches liebstes Gruft-Urgestein.
Ich kann die heute noch hoch und runter hören …
Oh, und natürlich hätte ich die Performance auch gerne gesehen, Robert :D – ich kann mich da aber einreihen – ich hab mit 18, denk ich, auf ein Instrumental von Depeche Mode eine Choreografie gebastelt – „Uselink“ hies das Stück. Habs sogar für „auf Spitze“ ausgelegt … also – war freiwillig und im Rahmen meines Amateur-Ballett-Tänzer-Daseins …
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Erst einmal einen herzlichen Glückwunsch nachträglich an den lieben Robert Smith.
Ähnlich wie Durante ist es auch bei mir lediglich Robert Smith, dessen Promi-Geburtstag für mich irgendwie Relevanz hat. Zwar kann ich mir das Datum ohne einen Kalender ebenso wenig merken wie den aller anderen (mein eigener geht gerade noch so^^), aber aufgrund von Videos wie dem hier vorliegenden bleibt er mir als Solches stets in liebevoller Erinnerung. ;-)
Persönlich mag ich Herrn Smith aufgrund seiner sympathischen Einstellungen wirklich sehr, was den Gefallen an diesem „Geburtstagsfeier-Gedanken“ noch einmal verstärken dürfte.