Die besten Neuerscheinungen: Top of the Blogs 2010

Angekündigt, ausgeklügelt, ausgeführt. Es war schwer alles das was mich in diesem Jahr musikalisch animiert hat unter einen Hut zu bringen, auszuwerten und in eine mehr oder weniger sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Um es über einen Achtungserfolg zu einem gekauften Album zu bringen, muss man mich subjektiv überzeugen, umhauen, wegflashen und aus der Realität beamen. Ich bin nämlich ein alter Geizhals. Anlässlich der Aktion „Top of the Blogs 2010“ habe ich mich hingesetzt und zusammengetragen was mich alles erreicht hat. Diese 10 haben es nachhaltig geschafft und sorgen für reichlich Lesestoff:

  • Platz 1: O.Children – O. Children
    O.Children - O.ChildrenEs waren Stücke wie „Dead Disco Dancer“ oder auf „Ruins“ die sich in mein Ohr bohrten und festbissen und mich dazu animierten das Album schon recht früh beim englischen Deadly People Label zu bestellen. Und auch wenn man die Engländer als Trittbrettfahrer einer schwarzen Welle sieht kommt man sicherlich nicht um die Magie der Stücke herum. Das gleichnamige Album verschafft darüber hinaus noch tiefere Einblicke und sorgt auch mit „Radio Waves“ für einen bleibenden Eindruck. „We’re certainly inspired by 80s goth music but we’re also into the general sound of the 80s as well as early 90s noise. The production techniques in particular. We love bands like The Birthday Party, Ciccone Youth, Big Black and Ministry, so we just take bits from all those types of bands and add them to our own personal sound. A little bit of edge.1
  • Platz 2: Veil Veil Vanish – Change in the Neon Light
    Veil Veil Vanish - Change in the Neon Light„And we’re going to San Francisco…“ nicht etwa um eine Brücke zu sehen, sondern um die Stadt zu sehen die Veil Veil Vanish ihr Zuhause nennen. 2010 erscheint ihr Debüt-Album „Change in the Neon Light“ der schon mit Auskopplungen wie „Anthem for a Doomed Youth“ für aufsehen sorgte, jedenfalls bei mir. „Niemand spielt den Bass dreckiger.“ schoss es mir durch den Kopf als ich die kühle blonde mit der schwarzen Brille sah, eine Überführung der 80er in eine 30 Jahre spätere Dekade scheint auch hier zu gelingen. Veil Veil Vanish klingen wie zu den besten Zeiten eine lebendigen Indie-Kultur in der Mitte der 80er die The Cure nie abgeneigt waren ohne dabei alt und staubig zu klingen. „Aber auch Shoegazer wie Slowdive und wavige Melancholiker wie Sad Lovers And Giants und And Also The Tree fallen mir spontan ein. Mir gefällt an “Anthem for a Doomed Youth”  der schöne Drive, die Euphorie, der Schmiss und der Effet.2
  • Platz 3: Deine Lakaien – Indicator
    Deine Lakaien - IndicatorIch habe lange mit mir gerungen die beiden Lakaien auf den 3. Platz zu schieben, denn neben meiner Begeisterung für die Kombination Veljanov/Horn bleibt der Wehmut, das das ganze Album „Indicator“ zwar einige Perlen aufzeigt, im ganzen aber auch schon an „April Skies“ erinnert. Und dennoch, im Autoradio lief es rauf und runter, und auch meine Kopfhörer spielen Songs dieser Platte schon zum x-ten mal. Mag es den beiden Stücken „Gone“ oder auch „One Night“ geschuldet sein, ich finde das Stück „Europe“ immer noch am intensivsten und vor allem extrem tanzbar. Komisch das partout auf einigen Plattentellern nicht aufgelegt wird. „Ent­we­der man will was hören, oder man will nichts hören. Es gibt ja auch sinn­ent­leerte Musik, oder kal­ku­lierte Musik. Bei uns ist halt kein Kin­der­chor an der Stelle, wo die Trä­nen flie­ßen sol­len.“
  • Platz 4: Fehlfarben – Glücksmaschinen
    Neues Album der Fehlfarben - GlückmaschinenEinfach so. Die Band, die selbst zugibt nie so richtig von ihrer Musik gelebt zu haben feiern eine der ehrlichsten Reunions des noch laufenden Jahres. Mit „Glücksmaschinen“ gelingt Fehlfarben ein weiteres Puzzleteil ihrer Karriere. Schon als im Januar 2010 das Stück „Wir warten“ auf der virtuellen Bildfläche erscheint ist die Überraschung groß: Gute Texte und sauberer Sound erheben die Punkopas in ein neues Jahrzehnt. Einfach so. Als das Album im Februar erscheint ist meine Überraschung umso größer, denn es geht noch besser. Klingt tatsächlich wie ein „Neues Leben“. Die Tour läuft übrigens noch. „Und Peter bekommt zu seinem alltäglichen Biertest ein polnisches “Tyskie” vorgesetzt: “Optisch völlig in Ordnung. (trinkt gleich zwei mal ohne etwas zu sagen) Ich trink das jetzt einfach mal. Kann man trinken ohne Schmerzen, ist schonmal gut. (trinkt das Glas aus) Doch oberes Mittelfeld.3
  • Platz 5: Zola Jesus – Stridulum II
    Zola Jesus - Stridulum IIWo kommen wir denn her? Spannend das ich Frau Jesus zunächst als visuelle Eindruck wahrgenommen habe ohne auch nur zu ahnen, das sie musikalisch aktiv ist. Nachforschungen landeten dann auch unweigerlich bei ihrem Album „Stridulum II“ das den Anspruch erhebt in die Fußstapfen einer Lydia Lunch oder Lene Lovich zu treten um ganz frech darin herumzustampfen. An dem Stück „Night“ kommt erstmal niemand vorbei, behaupte ich jetzt einfach mal – „Sea Talk“ fängt langsam an unter die Haut zu gehen um schließlich in „Clay Bodies“ wie ein Piercing anzufühlen. „Every moment has felt like a battle. A battle I love to fight. It is time now to take the fight back into my bedroom, this time even a studio… to create a new war, a new challenge, and to offer something that I am proud to contribute to the world. My body is heavy with sounds and shapes, thoughts and questions, rhyming ideas and calls for fire.4
  • Platz 6: Crystal Castles – Crystal Castles II
    Crystal Castles - Crystal Castles IIMy Home ist my Castle. Klebt auf der Tür zu meinem Arbeitszimmer, von daher muss es ja passen. Blöd gedacht. Einfach gesagt sorgte Crystal Castles für eine faustdicke Überraschung als sie im Stück „Not in Love“ einfach mal den Robert Smith von „The Cure“ singen ließen. Hat er auch gemacht und sorgt damit für einen modernen Eindruck der Grufties, der es nun im wahrsten Sinne des Wortes geworden ist.  Doch darüber hinaus hat die Elektro-Formation einiges zu beaten, neben Stücken wie „Courtship Dating“ die tanzbar auf die Fläche brettern oder auch mit „Alice Practice“ ihre 8bit Vergangenheit repräsentieren. Erinnert mich stellenweise an das Ataria Teenage Riot, passt gut für mich zusammen. „That’s the opposite of what I was going for. I’m not trying to write pop songs at all. Year Of Silence was something I imagined hearing at some shitty, small goth club.5
  • Platz 7: The Beauty of Gemina – At the End of the Sea
    Beauty of Gemina - At the End of the SeaHabe die Schönheit nach ihrem Stück „Into Black“ eigentlich nicht wieder aus den Augen gelassen. Das 2010 erschienen Album „At the End of the Sea“ gab meiner Vermutung recht, etwas hörbares zu hören zu bekommen. Weitere Recherchen ergaben, das es sich um eine Premiere handelte denn nach Grauzone sind das die zweiten Schweizer die einen Platz in meinem Plattenregal (im übertragenen Sinne) erhaschen können. Doch wer von Into Black ausgeht, sollte sich vom Stück „Rumours“ einmal (angenehm) überraschen lassen.  Wem das gefällt, klickt sich gleich zu „This time“ weiter das wieder ein wenig dunkler erscheint als der Auftakt. Insgesamt finde ich aber die Kombination reizvoll. „Gemina ist der Name einer Frau, nämlich der Muse des Philosophen Plotin. Mich hat der Name gereizt und in meiner Vorstellungskraft musste diese Frau wunderschön gewesen sein, weil sie ja die Muse dieses Philosophen war.6
  • Platz 8: How to Destroy Angels – How to Destroy Angels
    How to Destroy AngelsMan glaubt es kaum, aber hinter dem unscheinbaren Namen verbirgt sich ein Projekt des Nine Inch Nails Sängers Trent Reznor und seiner Frau Mariqueen Maanding die mit dieser EP 2010 für Überraschungen sorgten. Zum einen wurden die Songs kostenlos zum Download angeboten und zum anderen stellt Reznor mit den Stücken „A Drowning“ und dem Aufmacher „The Space in Between“ wieder einmal sein Gespür für Melancholie unter Beweis. „Was nichts kostet ist auch nichts.“ stimmt in diesem Fall nicht. 2009 wurde Reznor zu Recht mit dem Webby Award ausgezeichnet worden, weil er das Album „The Slip“ der NIN unter eine Creative-Commons-Lizenz stellte. Irgendwie sympathisch. „For me personally, I waited a while to feel somewhat human and then found creating to be much easier and natural. Drugs hindered me much more than they ever helped creatively.7
  • Platz 9: Hurts – Happiness
    Hurts - HappinessKulturschock. Diese Platte hat ja so gar nichts mit meinem mir unterstellten Musikgeschmack zu tun. Denkste. Als Kind der 80er kommt man an diesem Stück Musik einfach nicht ungehört vorbei. Popmusik in Reinkultur und für mich die klanglich perfekteste Scheibe 2010, wenn auch zum Gesamtkunstwerk etwas mehr dazu gehört. 2010 erscheinen Hurts auf der Bildfläche, hauen ihr Album „Happiness“ raus und stürmen mit „Wonderful Life“ die Charts. Das beamt mich direkt und ohne Umwege zurück in eine Zeit, in der sich Popmusik neu erfand. „Silver Lining“ ist ein weiteres sehr eingängiges Stück, das sich einprägt.  Für eine Spitzenposition hat es nicht gereicht. Die schicke Klamotte haben sie die Jungspunde übrigens schamlos aus der 80ern abgegeguckt, Wissende wissen jetzt wen ich meine.
  • Platz 10: OK Go – Of the Blue Colour of the Sky
    OK Go - Of the Blue Colour of the SkyEin Ehrenplatz. Ich finde die Musik OK, die Videos großartig und die Einstellung der Band großartig. Deshalb gibt es hier mal einen Ehrenplatz in Sachen Virales Marketing und Inhalten im Netz. OK Go glänzen nicht zuletzt durch ihre eindrucksvollen Videos zu ihren Titeln „This too Shall Pass“ und den ausgefallenen Bewegungsabläufen in „Here it goes Again“. Doch vor allem durch ihre Einstellung zu den neuen Medien, allen voran des Netzes. Als ihre Label nämlich durch „Geofucking“ dafür sorgte das einige Songs in vielen Ländern nicht zu sehen waren, gründeten OK Go kurzerhand ihr eigenes Label und sprachen sie ganz deutlich für die Videokultur im Netz aus, über das sie schließlich einen Großteil ihrer Einnahmen generieren. Sind einfach coole Jungs.

Einzelnachweise

  1. Interview mit den O.Children aus „Amelia’s Magazine“ im April 2010, abgerufen am 18.12.2010[]
  2. Aus dem Artikel Song der Woche: Veil Veil Vanish – Anthem for a Doomed Youth bei Schallgrenze.de, abgerufen am 18.12.2010[]
  3. Aus dem Tourbericht der Fehlfarben auf ihrer Internetseite, abgerufen am 18.12.2010[]
  4. Aus dem Artikel The Year we make Contact von Zola Jesus am 07.12.2010[]
  5. Aus einem Interview mit Crystal Castles im Guardian vom 22. Mai 2010[]
  6. Aus einem Interview von students.ch mit Michael Sele, dem Sänger von Beauty of Gemina am 11.06.2010[]
  7. Question & Answer mit Trent Reznor im Doom-Magazine am 15. Mai 2010[]
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Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 13 Jahre

Wonderful Life…im Grunde gebe ich aus Prinzip nichts auf Charts- und Mannsengeschmackseuphorie. Zum einen, weil zu vieles zu gleich und zum anderen weil fast alles zu künstlich klingt. Und ich mich bei manchen Interpreten frage, was denn nun der Grund für den auferlegten Bekanntheitsgrad sein soll (Beispiel Lady Gaga) Und so schlitterte ich auch ein paar Mal an „Wunderful Life“ vorbei. Zumindest bis ein Totschlagargument mich zu intensiveren Hinhören zwang. Nämlich die Empfehlung von meiner besseren Hälfte.

Es ist gut zu wissen, dass einige Interpreten auch zu recht Achtung erfahren. Zwar ist mir das komplette dazugehörige Album zu schmalzig. Aber mit diesem Titel gelang Hurts ein Geniestreich. Atmosphärische Musik, am Rande der Perfektion und die Stimmigkeit des Videos (2te Version) würde ich ebenso als Vorzeigearbeit für künstlerische Schaffenskraft sehen.
Allerdings sollte man nicht zu sehr auf den Text hören, außer man steht auf derartig theatralische Sentimentalität. Allerdings streite ich noch immer mit mir, ob der Refrain nun resignierend oder aufbauend gemeint sein soll. Oder einfach nur schnöde melancholisch.

Morla
Morla (@guest_11276)
Vor 13 Jahre

Als „dunkle“ Initiatorin einer bzw. momentan DER (deutschen) HURTS Community kann ich nur sagen: Ich kann mit der Platzierung von Happiness durchaus leben und freue mich, dass Deine Lakaien so weit vorne sind. Happiness ist mainstream-glatt und ich hätte mich auch über mehr Ecken und Kanten gefreut…

Die Kritik des Albums finde ich sehr gelungen. Ich empfehle sich die MTV Sessions anzuhören – die Stücke sind „eckiger“ und härter – besonders „illuminated“ (mit Richard, einem Opernsänger, der die Beiden live begleitet), ein echter Kracher. Auf dem Album gefällt mir der Song wesentlich weniger (da sind „Silver Lining“, „Devotion“ und „The Water“ meine Favoriten).

Auch lohnt es sich, nach „Daggers“ Stücken auf You Tube zu suchen (die Vorband der Beiden). „Moscow“ ist aus meiner Sicht besonders gut gelungen. Hat mit dem Sound von HURTS nichts mehr zu tun. „Evelyn“ und „Better Than Love“ sind auch aus der Zeit – allerdings wurden die neu aufgenommen. Auch irgendwo leider…

Live machen die Jungs richtig Spaß – es lohnt sich! Empfehlenswert ist auch die BIZ Session von „Confide In Me“ (Kylie Minogue Cover), das mehr als gelungen ist und zeigt, was Theo drauf hat.

Wie gesagt, bezüglich des Albums volle Zustimmung. Die Beiden haben Potential, man darf auf die Zukunft gespannt sein. Time will tell…

Grüße von CommunityHurts

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 13 Jahre

Es ist schön zu lesen, dass ich noch immer Menschen gruseln kann. Den Blick außerhalb des Tellerrandes finde ich auch erstrebenswert. Vor allem, wenn das meiste innerhalb desselbigen langsam ranzig wird oder schon weggelöffelt wurde.
Aber ich verschweige hierbei lieber, welche Albem sich noch in meiner Sammlung befinden. Sonst fällst du wohl noch gänzlich vom Glauben ab.

Post Scriptum: Die Grüße werden vermittelt werden.

Postpunk
Postpunk (@guest_11284)
Vor 13 Jahre

Fehlfarben hatte ich in meinen Top 25, bei Crystal Castles sind wir uns ja sowieso einig und bei Hurts scheint es dann wohl so zu sein, daß ich der Einzige bin, der damit überhaupt nix mit anfangen kann. Die Community wird das wohl verkraften können, aber ich finde die mir bekannten 3 Stücke ziemlich langweilig.

Postpunk
Postpunk (@guest_11286)
Vor 13 Jahre

Achso? Nee, wenn das kein Postpunk ist dann mag ich das nicht! ;-) Gottseidank, sind die Pet Shop Boys kein Pop!

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