Musikbriefkasten #16 – Nicht nur die Seele brennt beim Exorzismus

Es ist Ende Februar. Das Postfach für einen neuen Musikbriefkastenbeitrag ist geöffnet, die Einsendungen gesichtet… doch irgendwie mag sich keine Schreiblaune einstellen. Zu tief der Schock über die Tatsache, dass das Schwert mal wieder schneller gezogen wurde, als diplomatische Lösungen für den jahrelang schwelenden Konflikt zu finden.

Selbst 3 Monate später ist das sinnlose Leiden an jenem Flecken Erde nicht beendet, die anfängliche Apathie einer bleiernen Resignation gewichen. Der Wunsch nach Ablenkung wächst und somit sei der Blick auf den zwischenzeitlich wieder etwas gefüllten Briefkasten geworfen.

Pattern Faults – Under Covers (The Cure Tribute)

Zur Einstimmung höre ich mich durch die Pattern Faults aus Dallas. Das Duo bewegt sich seit 2019 in dunklen, gitarrenwavigen Gefilden und kann seitdem einen beachtlichen Output vorweisen: Nicht nur zahlreiche, eigengeschriebene Stücke wurden eingespielt, sondern auch den musikalischen Vorbildern mit mehreren Cover-Stücken Tribut gezollt. Neben Joy Division, den Swans oder Bauhaus wurden The Cure gleich zweimal aufgegriffen, hier zuletzt als ganzes Album namens Under Covers.

Und das hat es in sich: Der Klang, die Stimme, das Gesamtbild klingt, als wäre Robert Smith samt Band aus einer Paralleldimension gekommen und hätte die hier vertretenen Stücke 2021 in einem Rutsch nochmal aufgenommen. Die Pattern Faults halten sich manchmal nach meinem Empfinden so nah an Original, dass man fast meint, keinen Unterschied zu hören. Ich kann euch daher in diesem Sinne A Hundred Years, A Night Like This, Fascination Steet oder „The Drowning Man“ s.u. nahegelegen, bei denen Sie etwas eigener klingen, und danke meinerseits dem Tipgeber, Marc …

Shadow Project – Dreams For The Dying (Wiederveröffentlichung).

Mit einem Blick über den großen Teich landet man beim Thema Gothic Rock/Deathrock recht schnell bei Shadow Project, welches Rozz Williams nach dem Ausstieg aus seinem Hauptprojekt Christian Death Ende der 80er zusammen mit Eva O gründete und bis zu seinem Suizid fortführte. Dreams For The Dying war das zweite Album aus beiden Hände Feder – sakral-rockig intoniert, in religiös-christliche Wortgebilde eingebettet, um selbiges Weltbild kritisch zu reflektieren – und enthielt mit „Static Jesus“ (he doesn’t hear) oder Knight Stalker ein paar der bekannteren Stücke. Für manch einen vielleicht kalter Kaffee, mag die leicht abgespeckte, digitale Neuveröffentlichung vielleicht für andere interessant sein. Hört man schließlich nicht alle Tage.

Sidewalks & Skeletons – Exorcism

Ob man das auch vom neuen Album der Sidewalks und Skeletons behaupten kann? Ich wusste, ich hatte die irgendwann mal gehört, das Projekt gedanklich in die Gitarren-Goth neuer Machart einsortiert…

…und mich beim Beitragsschreiben krass getäuscht, als mich nach kurzem Aufbau pumpende Elektronik ansprang. Nur um nach einem *Peng* im zweiten Track in Elektro-Pop überzugehen. Und genauso geht es das gesamte Album über weiter, Gedankenmeister Jake Lee führt die Hörer von einem Wechselbad aus Beats, Bässen, Synthlines und Ambienten Klängen ins Nächste: Mal härter wie beim Opener „Exorcism“, rumpelig wie bei Name In Blood, oder auch ruhiger und mit zarter, zerbrechlich klingender Stimme wie bei Eternal Rest, oder Euthanasia Daze. Die Gastsängerinnen waren dabei keine schlechte Wahl und runden den positiven Gesamteindruck ab. Selbst wenn man nicht auf Witch House & Co steht, wird ein Reinhören keine bleibenden Schäden hinterlassen, traut euch ruhig.

Achtung, Triggerwarnung! Das Video zeigt Ausschnitte aus einigen Horrorfilmen, die empfindliche Gemüter durchaus verstören könnten.

Bittersüßer Nachtschatten – Seelenbrand (STF Rec.)

Kurz vor geplanter Fertigstellung des Beitrages erreichte uns noch ein analoger Tonträger des Duos Bittersüßer Nachtschatten mit ihrem jüngst erschienenen Werk „Seelenbrand“. Seit vielen Jahren als Performancekunst lin den Gassen der Republik unterwegs, haben sich Rebecca und Marek dazu entschlossen, ihre Lyrik mit akustisch-/elektronischer Unterstützung vertont darzubieten. Vornehmlich gesungen, doch auch teils ausschließlich rezitiert (tief in schwarz) werden in recht poppigem Gewand acht Stücke präsentiert, was mich beim Durchhören stark an die Formation Illuminate erinnert. Ein kleiner Einblick sei euch als Einstieg mit folgendem Stück gegeben, ansonsten gibt es hier noch Schnipsel aller Lieder des Albums.

Was ansonsten noch geschah

Anemos Records hat uns das niederländische Duo Resplandor empfohlen. Nicht zuletzt mit ihrem aktuellen Album Tristeza bewegen sich die beiden laut Ansage auf Pfaden der verträumten Cocteau Twins. Wenn man dann noch liest, dass ein gewisser Herr Guthrie – seines Zeichens Gründer ebenjenier Genre-Begründer – mitgewirkt hat, sollte klar sein, wo die Reise hingeht: Es erwarten euch effektschwangere Gitarrenwände samt engelsgleicher Stimme unserer beiden Musiker, summa sumamrum astreiner Ethereal/Shoegaze zum entträumen.

An sich schon etwas älter, gibt es bei Die Wilde Jagd (Bureau B) von selbstgenannter Formation abwechslungsreiche, primär synthetisch-psychedelisch- und perkussive Klanglandschaften, teils gepaart mit teutonischen Texten. Zum Ende sogar klar tanzbar, siehe Der Meister

Als nächste Künstlerin hätten wir Katharina Nuttal mit ihrem OST Passion (Novoton). Hier erwartet euch klassisch unterbaute Elektronik. Nichts Weltbewegendes, aber durchaus hörbar in entspannten Abendstunden.

RXmode mit ihrer Tunnel EP (Mannequin) hauen zumindest mich mit ihrer etwas lärmigen Veröffentlichung elektronischer Natur nicht vom Hocker, klar Geschmackssache.

PasMort möchten uns ihr Stück “Denis le Vampire“ nahelegen, welches „…von der Angst handelt, die wir empfinden, wenn wir uns entscheiden müssen, was wir mit unserem Leben als Karriere machen wollen. Nix mit Gothic, aber vielleicht Inspiration.“

Das Duo Neufeld wandelt unter anderem mit Carefree Youth in den Fußstapfen von Wolfsheim/Heppner, derzeit unterstützt von Carlos Peron. Vom Klang her recht poppig getrimmt, kommt das Lield in der Romantic-Version allerdings recht hörbar rüber. Nett.

Ach ja, zum Ausklang vielleicht noch vom Projekt Dtorn ein Schunkelmunkelchen. In diesem Sinne alles Gute euch:

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