Der musikalische Briefkasten ist diesmal ein Befreiungsschlag von den Fesseln einiger Mailing-Listen einschlägiger Labels, denn mittlerweile bekommen wir immer mehr direkte Angebote und Hörproben von den Bands zugeschickt, was mich sehr erfreut. Was mich darüber hinaus erfreut, ist das „Drumherum“ um solche Zusendungen, denn es hat sich etabliert, Presse-Beschreibungen, Bilder und Hörproben in irgendwelche Clouds hochzuladen, mit denen wir dann arbeiten können. Das macht es deutlich leichter, über die Bands zu berichten, denn wir müssen entsprechendem Bildmaterial und Hintergrundinformationen nicht mehr hinterherlaufen, sondern können sorgenfrei veröffentlichen. Das ist voll cool, liebe Bands und deutlich sinnvoller, als einfache Bandcamp-Links, hinter denen man zwar eure Musik findet, aber keinerlei Randinformationen und vor allem Bilder, die man verwenden kann und darf.
Rabengott – Sleepwalker
Ja, man könnte die Band „Rabengott“, über die ich vor einigen Artikeln berichtet habe, durchaus als kontrovers bezeichnen, wenn man die zahlreichen Kommentare Revue passieren lässt. Jedenfalls kann man nicht behaupten, die Band würde ihre weiteren Schritte nicht machen, denn nachdem sie im musikalischen Asgard von Bruno Kramm angekommen sind, habe sie gleich Nägel mit Köpfen (oder Särge mit Nägeln?) gemacht und das Album „Sleepwalker“ fertiggestellt, das am 11. April 2025 auf Danse Macabre Records erschienen ist. Als Sahnehäubchen gibt es dann auch noch einen Auftritt in Walhalla – um der Mythologie zu bleiben – das landläufig auch als WGT bekannt ist. Ich habe schon ein Ohr in das kommende Album gelegt und stelle fest, dass man sich weiterentwickelt hat und durchaus Abwechslung ins Spiel gebracht hat. Immer noch ist die Verwandtschaft zum Sound von den Sisters of Mercy offensichtlich, allerdings mit einer ganz eigenen Note. „Black Rose“ und „In The Moonlight“ könnten auch von Billy Idol kommen, was in diesem Fall positiv gemeint ist. Allerdings muss ich auch Kritik üben, denn bei „Satans Hochzeit“ hat man die Abwechslung etwas überspannt und bei „Heartbreaker“ ist mir zu viel Bon Jovi drin. Trotzdem bleibt ein positiver Gesamteindruck, auch weil man seiner Linie und seinem Stil treu bleibt. Das Vorab-Video zum Stück „Sleepwalker“, das im Shadow in Leverkusen entstanden ist, rundet das Gesamtbild ab. Jetzt können wir uns in den Kommentaren wieder streiten, ob die „Poser“ aus Köln ihren Platz in Asgard verdient haben :-)
Mono/XYD
Aus Bremen kommt eine ganze frische Band, die auf den kryptischen Namen „Mono/XYD“ gekommen sind, um ihrem „wilden, düsteren und elektronischen Mischmasch“ einen Namen zu geben. Erst 2024 haben sie Anna und Kay auf einem Festival kennengelernt und beschlossen, musikalisch gemeinsame Wege zu gehen. Herausgekommen ist „My Neighbours‘ Balcony“, das nicht nur ziemlich gut klingt, sondern auch noch visuell ansprechend aufbereitet ist. Der Sound erinnert mich ein bisschen an Ladytron und könnte auch in der Zukunft interessant werden. Wer mehr über die Beiden erfahren möchte, wir in diesem Interview von schwarzesbayern.info fündig. Die erste EP der Band erscheint Mitte April 2025 auf SOIL Records.
Theodoros – Every Day I Die
Wenn man den Bandnamen liest, denkt man spontan an eine englische Aussprache „The Odoros“ und rätselt, woher der Name der Band wohl stammt, bis man dann den Absender der Mail liest, die mich vor ein paar Wochen erreicht hat. Theodoros Dimitriou kommt aus Griechenland und hat schon 1984 mit seiner Band „Lefki Symphonia“ Musik gemacht und bringt jetzt eigene Sachen heraus. Im neu erschienen Stück „Every Day I Die“ erkennt man schnell, dass hier ein alter Hase am Werk ist, auch das dazu passende Album, das man sich bei Bandcamp anhören kann, steht dem Eindruck in nichts nach. Auch die anderen Songs vermitteln ein wohlig-warmes Post-Punk-Gefühl. Kann man sich gut anhören!
Latex – Defective
Wer denkt bei Darmstadt nicht sofort an Post-PunK? Genau! Seit 2022 hat sich das offenbar geändert, denn da gründet sich um Johanna Amberg die Band „Latex“. Dem Debüt-Tape, das Anfang 2024 bei ICHI ICHI erschienen ist, folgt nun die EP „Defective“, die auch unseren elektronischen Briefkasten erreicht. Ich habe reingehört, fühle mich aber leider nicht abgeholt vom Sound aus Darmstadt. Obwohl die Auskopplung „Defective“ durchaus spannend und hörbar ist, mangelt es der EP aber meiner Ansicht nach an Abwechslung. Spannend fänd ich einen Remix, mit dem man Ambergs „Stil“ noch ein wenig zur Geltung bringen könnte.
Circuit des Yeux – Halo on the Inside
Die US-amerikanische Künstlerin Haley Fohr hat mit ihrem Avantgarde-Pop Projekt „Circuit des Yeux“ ihr mittlerweile siebtes Studio-Album herausgebracht, das einmal mehr dem selbst auferlegten künstlerischen Anspruch gerecht werden will. Die Fakten: Die Sängerin, Komponistin und Singer-Songwriterin Haley kommt aus Chicago, ist aber 1988 in Lafayette (Indiana) geboren. Mit 20 Jahren veröffentlichte sie ihr erstes Album und gleich von Anfang klargemacht, dass sie mit ihrer eindrucksvollen Stimme keine „normale“ Musik macht, sondern „eindringliche, emotional komplexe Musik, die sich auf die menschliche Verfassung bezieht„. Jenseits der wortreichen Beschreibung bleibt allerdings ein experimentierfreudiges neues Album zurück, das stellenweise durchaus in der Lage scheint, mich zu interessieren, aber irgendwie zu unterschiedlich klingt, als mich in Gänze zu begeistern. Bleiben wir also beim typischen Assimilation-Verhalten der Szene und spielen „Megaloner“, das durchaus Atmosphäre bietet.
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.
Den Platz In Walhalla wollte ich „Rabengott“ schon im Dezember nicht absprechen und jetzt, da ich mich doch etwas durchs WGT Line-up durchgehört habe erst recht nicht. Irgendwie hab ich, als ich mit dem 2. Durchlauf angefangen habe, feststellen müssen, dass einige Bands, die ich am Anfang hoch bewertet habe gar nicht mehr so mitreißend finde. Ich musste mir eingestehen, dass sie meine Hörgewohnheiten zwar nicht verletzen, aber auch nicht wirklich herausstechen. Und mir ist da gleich eingefallen, was Du in der Diskussion um Rabengott geschrieben hast,
Robert :
Was Du damit meinst, kann ich glaube ich jetzt etwas besser nachvollziehen, als vor drei Monaten. Ich wollte auch fair sein und noch einmal etwas genauer hinhören.
Als ich auf FB die Ankündigung ihres neuen Albums gesehen habe, musste ich schon mal wohlwollend feststellen, dass das Cover mir keinen Vorwand mehr bietet, mich abschrecken zu lassen ;). Die Auskopplung von „Satans Hochzeit“ habe ich mir angehört und gedacht, dass mich das ein bisschen an die Klänge erinnert, wenn ich mal „fremdgehe“ (musikalisch!). Und dann habe ich „Sleepwalker“ gehört und das Video angeschaut. Und auch auf die Gefahr hin, dass man mir jetzt vorwirft, dass sich meine Meinung wie eine Fahne im Wind dreht, muss ich zugeben, sowohl der Song als auch das Video gefällt mir wirklich gut! Es hat mich nämlich stimmungsmäßig – emotional erreicht. Ja ich finde auch, „man hat sich weiterentwickelt!“ Was ich übrigens sympathisch fand, war wie sie humorvoll und mit Augenzwinkern auf ihrer FB Seite auf den Spontisartikel hingewiesen haben: „Es gibt neues von Euren „Posern“.