Vor 385 Jahren wurde die als Hexe beschuldigte Katharina Henot in Köln Melaten verbrannt. Die bekannte und angesehene Postmeisterin aus Köln wurde von einer Nonne der Hexerei bezichtigt. Die Gerüchte um die Patrizierwitwe verbreiteten sich schnell und trotz zahlreicher Verteidigungsschriften veranlasste der Rat der Stadt Köln ihre Inhaftierung.
Katharina Henot wurde angeklagt und gefoltert, gestand jedoch nie die Taten, die ihr zur Last gelegt wurden. Nach der damaligen Rechtssprechung hätte sie freigelassen werden müssen, doch Gerechtigkeit war ein Luxus, der Henot nie zuteil wurde. Katharina Henot wurde am 19. Mai 1627 erdrosselt, der durch Folter verkrüppelte Leichnam anschließend verbrannt.
Die nach dem gleichnamigen Metall benannte Band Molybdän erinnert in ihrem Stück „Katharina Henot“ an die schreckliche Tat und verwendet im Text einige Passage aus den historischen Prozessakten. Molybdän, das sind Beate Rademacher (Gesang), Karsten Vorwerk (Keyboard) und Phillip Parusel (Schlagzeug), die ihre von Gothic und Metal beeinflusste Musik symphonic Rock nennen.
Man mag von der Musik halten was man möchte, ich bin fasziniert von der künstlerischen Umsetzung der Geschichte und der kleinen Nachhilfestunde über die dunkle Vergangenheit der Stadt Köln. Gleich nachdem ich das Stück zum ersten mal hörte, fand ich mich selbst bei Wikipedia und den weiterführenden Links, um mich genauer über das Schicksal der Katharina Henot zu informieren. Der schroffe Sprechgesang, der in einem operngleichen Refrain mündet und zudem von einer eigenwilligen Komposition getragen wird, ist nicht jedermanns Sache. Vielleicht ist es aber genau diese Andersartigkeit, die mich reizt und aufmerksam hinhören lässt und es schadet nie, seinen musikalischen Horizont ein wenig zu erweitern.
Wer möchte, hat am 19. April 2012 die Gelegenheit Molybdän in der Zündorfer Klosterkapelle live zu sehen und zu hören. Wer die Frontfrau Beate Rademacher, die sich auch in Chanson, Kabarett und Comedy versucht, interessant findet, möge auf ihrer eigenen Internetseite fündig werden.
Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler setzte sich im Februar dieses Jahres vor dem Kölner Stadtrat für die Rehabilitierung der zu unrecht verbrannte Hexe Katharina Henot ein. „Ihm geht es nicht um einer juristische, sondern eine sozialethische Rehabilitierung„, wie in einem Artikel des WDR zu lesen ist. Auf seiner Internetseite Anton Praetorius beschäftigt sich Hegeler seit Jahren mit den Hexenverfolgungen und geht akribisch auf Spurensuche um Menschen an die Opfer zu erinnern.
[…] Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler setzte sich im Februar dieses Jahres vor dem Kölner Stadtrat für die Rehabilitierung der zu unrecht verbrannte Hexe Katharina Henot ein. […]
Mag sein, dass dieses eine nette Geste war, aber auch nichts weiter darüber hinaus. Ich finde es immer allzu ulkig, wenn Menschen nach Jahrhunderten wieder Rehabilitiert werden. Denn wem nützt es? Den Delinquenten mit Sicherheit ungemein. Auch wenn viele nach den damaligen Verhörmethoden tot schon wieder besser dran waren, so war damit die letzte Möglichkeit einer Wiedergutmachung erloschen. Alle Worte danach bleiben Nonsens und dienen einzig noch dem Verkünder. Oder verfügt die Hölle neuerdings über einen Kurierdienst, der die freudige Mitteilung zustellt. Und was, wenn Cerberus das Schreiben beim Zeitungsholen versehentlich zerflättert?
Eine Punkt, der mich noch immer an der Richtigkeit der Todesstrafe zweifeln lässt. Wie ich einst erwähnte. Auch wenn ich dennoch vom Zweck der Todesstrafe überzeugt bin, so sollte gerade der Aspekt der Fehlbarkeit das Gegenargument schlechthin sein. Denn so fehl- und manipulierbar wie der Mensch, ist auch dessen Justiz. Einzig der Tod lässt sich nicht beirren und bleibt bei seinem Entschluss. Und wer will sich dann eingestehen, dass er doch einen Unschuldigen ausradiert hat. Wobei, man kann diesen ja anschließend, für das eigene Seelenheil, nach Lust und Laune rehabilitieren. Daran scheint die christliche Religion auch einen Narren gefressen zu haben.
Mich überzeugt nichts an der Todesstrafe. Die dient einzig der Einsparung von Kosten, hat ansonsten keinerlei Nutzen für die Gesellschaft. Geht man mit einer antispeziesistischen Grundhaltung heran, zerplatzt die Schwarz-Weiß-Perspektive bezüglich Schuld und Nichtschuld sowieso wie eine Seifenblase. Niemand ist unschuldig. Jeder tötet, bewusst oder unbewusst, oder beteiligt sich daran. Täglich radieren wir Leben aus und bemerken es nicht einmal.
Zur Musik: Joa, gar nicht so schlecht, nur „Symphonic Rock“ würde ich das nicht nennen ;)
Zur Rehabilitierung: Ich möchte Herrn Hegeler erst mal gar nicht vorwerfen, dass er sich nur selbst produzieren möchte. Ja, der Betroffenen bringt das erst mal eher wenig, aber darum geht es ja auch nicht so sehr. Vergangenes Unrecht kann man nicht ungeschehen machen, aber man kann zumindest daran erinnern und ein Bewusstsein dafür schaffen, was geschehen ist – ein wie ich denke nicht unwichtiger Teilaspekt des Ganzen. Gedenkfeiern zu vergangenen Verbrechen, ob von staatlicher oder nicht-staatlicher Seite verübt, bringen so gesehen ja auch nichts, weil sie die Opfer nicht wieder lebendig oder das Leid nicht mehr ungeschehen machen können.
Von reinen Betroffenheitsveranstaltungen halte ich zwar eher nichts, aber ich denke, in diesem Fall ist das ein durchaus unterstützenswertes Anliegen. Und wer meint, dass das ja eigentlich keine große Sache ist – fragt doch mal die katholische Kirche, was die dazu meinen. Die halten die Verurteilung vermutlich für gerechtfertigt…
Hexenverfolgungen sind ja schon ein interessantes Thema… da wird also die Staatsmacht aufgrund fragwürdiger, anonymer Hinweise auf eine Person aufmerksam, die dann festgenommen wird. Die Gerüchte verbreiten sich schnell, und ein ansehnlicher Mob kommt zustande, der sozusagen kurzen Prozess machen möchte. Oder hab ich da jetzt was verwechselt? Na gut, die Rolle der Staatsmacht ist heute eine andere, immerhin. Der Rest funktioniert eigentlich noch genauso, selbst Kinder ziehen immer noch am besten, die besonders intelligenten schreien dann ihr „Todesstrafe für Kinderschänder“ durch die Gegend. Wobei, einer der Intelligenzverweigerer aus der Politik hätte bestimmt noch hinzuzufügen, dass diese Lynchaufrufe ja „im Internet geboren“ wurden, sprich, im echten Leben gar nicht vorkommen, oder so.
Zur Todesstrafe: Welchen „Zweck“ soll die Todesstrafe erfüllen? Das ist eine ernstgemeinte Frage, weil Guldhan diesen Aspekt nicht weiter ausgeführt hat. Beziehst du dich auf den Aspekt der Abschreckung (der ja nicht gegeben ist, logischerweise besonders dann nicht, wenn es um Triebtaten geht), die Kostenersparnis, oder einfach die Garantie, dass sie eine Rückfallquote von 0% garantiert? Und ja, ich weiß, aus welcher Ecke diese Argumentation kommt, ich möchte dich durch diese Erwähnung auch nicht in ein ähnlich braunes Licht rücken. Ich weiß nur einfach nicht, worin der Zweck deiner Meinung nach besteht, und habe mal die gängigsten „Argumente“ aufgezählt (die in einer zivilisierten Gesellschaft meiner Meinung nach keine sein sollten). Die Kostenersparnis ist ja z. B. auch gar nicht so hoch, wie man gemeinhin annimmt… ;)
Das Argument der Todesstrafe ist in braunen Gefilden durchaus beliebt. (O-Ton: »Todesstrafe für Kinderschänder«) Der Unterschied liegt allerdings darin, dass diese NPD-Gestalten ein solches Strafmaß durchaus bejahen. Würde ich allerdings darüber abstimmen müssen, können oder dürfen, so wäre meine Antwort: Nein.
Denn aus ethischer Sicht ist die Todesstrafe inhuman. Aus Gründen, die ich schon erwähnte.
Der Zweck wurde im Grunde schon genannt. Nimmt man das Strafmaß einzig als Instrument und gliedert sämtliche Aspekte der Ethik und des Gesellschaftsgedankens aus, so ist es zum einen überaus ökonomisch und zum anderen verdammt effektiv. Sind deren Kosten gegenüber lebenslanger Kost und Logis im Strafvollzug zu vernachlässigen. Und, wie schon gesagt, ist die Rückfallquote faktisch 0.
Ich glaube, die Kostenersparnis erübrigt sich deshalb, weil man heutzutage die Verurteilten gerne noch jahrelang im Todestrakt auf die Vollstreckung warten lässt.
Als ein Instrument der Abschreckung würde ich die Todesstrafe nicht einmal bezeichnen. Denn wer davon überzeugt ist, der braucht nur mal eben nach Amerika zu blicken. Und wird dabei erkennen dürfen, dass die Todesstrafe ungemein abschreckt. Ist es doch eher der Fall, dass die Gewaltbereitschaft mit der juristischen Billigung der Todesstrafe einhergeht. Beides steigt sozusagen parallel.
Und auch hierbei stimme ich zu, dass man Triebe gleich gar nicht abschrecken kann. Da hilft allein das Sedieren oder Wegsperren. Alles andere ist wider dem Wesen des Triebes.
Und man verstehe mich nicht falsch. Die beiden Argumente des Zweckes mögen durchaus konservativ oder auch reaktionär sein. Aber mehr auch nicht.
Zumal die Todesstrafe auch nicht von den Punkten der Ethik, bzw. des sozialen Denkens losgelöst befürworten werden darf. Zumindest außerhalb der reinen Theorie.
Und zieht man diese Punkte heran, so ist diese Strafe nur eines: plumpe Rache.
Aus keinem anderen Beweggrund war dieses Strafmaß jemals entstanden. Einzig und allein das angenehme Gefühl, gleiches mit gleichem vergolden zu haben. Die Befriedigung des niedrigsten Instinktes.
Menschen jahrelang auf ihre Hinrichtung warten lassen. Gnadengesuche und seelische Läuterung ignorieren. Die Tatsache, dass die Justiz fehlbar ist. Die Tatsache, dass darüber auch gerne einmal rein politische Gefangene entsorgt werden. All das zeigt, dass die Todesstrafe auch nur reine Theorie bleiben sollte.
Um braunes Licht würde ich mir keine Gedanken machen. Die Sondereinheit unter Oskar Dirlewanger war sogar darauf spezialisiert, Kinder zu vergewaltigen und zu ermorden. Wenn Braune Kinderschändung verurteilen, lache ich sie aus. Das ist nicht mehr als ein Instrument zur Stimmengewinnung.
Post scriptum:
Davon einmal abgesehen existiert auch in diesem Land noch die Todesstrafe. Auf dem Papier noch in der hessischen Verfassung, außer dieses wurde innerhalb der letzten acht Jahre getilgt.
Und außerhalb des Papieres noch im Veterinärwesen. Beispielsweise bei Hunden. Tickte das Tier einmal aus, so wird zumeist mit Einschläfern geahndet. Wobei es natürlich eine Frage der Argumentation ist, bzw. inwieweit man zwischen Hunde– und Menschenleben differenziert.
Okay, also meintest du mit „Zweck“ nur die üblichen „Vorteile“ der Todesstrafe, wenn man sie ohne jede ethische Komponente betrachtet. Danke für die Erläuterung, der kann ich absolut zustimmen. Einzig das wunderbare „Argument“, man hätte ja selbst vermutlich keine Kinder und könne sich deswegen nicht vorstellen, wie das ist, fehlt noch. Ich finde die Hypothese, dass man, wenn man Kinder hat, auch weiß, wie es ist, wenn diese missbraucht werden, etwas abenteuerlich. Gut, es sei denn, man hat da wirklich auf die ein oder andere Weise „Erfahrung“ mit.
Die Braunen habe ich auch nur erwähnt, weil die den Spruch „Todesstrafe für Kinderschänder“ populär gemacht haben. Selbstverständlich ist das nur ein Lockmittel.
Dass die Todesstrafe in Hessen noch existiert, habe ich auch nie verstanden. Warum hat man die nicht mal abgeschafft? Klar, es ist dank Bundesrecht relativ egal, was da steht, aber das wäre doch mal eine schöne Aktion.
Durchaus, doch da mir dieses selbst oft genug an den Kopf geworden wird, werde ich sicherlich nicht in das selbe Horn blasen. So oder so erachte ich diese Worte ohnehin nur als Tarnung für die beginnenden Argumentationsschwäche der Gegenseite.
Zurück zum Thema:
Werden heute eigentlich noch mit vatikanischem Segen die Weisheiten des Hexenhammers gelehrt? Denn wenn noch immer fröhlich Exorzisten ausgebildet werden, warum dann nicht auch wieder der klassischen Inquisitor.
Ein sehr interessante Diskussion. Sehr interessant finde ich den Punkt der „plumpen Rache“, denn nicht anderes scheint es zu sein. Wut und Hass sind starke Gefühle. Was ist mit dem Vater, dessen Tochter vergewaltigt und getötet wurde? Ist es ihm zu verübeln, dass er den Mörder am nächsten Baum aufknüpfen möchte? Argumente die mit Gefühlen und Emotionen spielen, sind gefährlich. „Wir sind die Partei, die dafür sorgt, dass solchen Menschen ihre gerechte Strafe bekommen!“ Stimmenfang, völlig richtig. Auf dem untersten Niveau. Man wird instrumentalisiert. Die Todesstrafe ist und bleibt ein Verbrechen, genauso wie der Mord an einem Menschen. Als Mittel der Abschreckung völlig wertlos und mit Sicherheit nur eine Erfindung zu Kosteneinsparung, so wie Death Disco bereits kommentierte.
Doch bleiben wir bei der Frage. Ist es dem Vater zu verübeln, die Ermordung und Schändung seiner Tochter zu rächen? Vielleicht ja, es mag sein, dass eine reelle lebenslange Haft die härtere Strafe ist. Vielleicht es es aber auch so, das der Täter sein Recht auf Leben damit verwirkt hat. Ethisch-Moralische Grundsätze müssen gelebt werden, so sehe ich das jedenfalls. Ein Mord ist niemals gerechtfertigt.
Zurück zum Thema. Oder auch: Bleiben wir beim Thema. Ich will gar nicht wissen, was die Kirche auch heute noch so alles unter ihren Talaren verbirgt. Exorzisten sind sicher nur die Spitze des Eisbergs. Für mich wird die Kirche eine immer überflüssigere Institution zu aufrechterhalten „religiös-ethischer“ Grundsätze.
Die Kirche als „überflüssig“ zu bezeichnen, finde ich noch äußerst diplomatisch von dir, Robert. Neben dem Festhalten an so wunderbaren Traditionen wie dem Exorzismus gibt es ja zum Beispiel auch noch die allseits bekannte, besonders in Afrika erfolgreiche Politik bezüglich Verhütungsmitteln. Wenn die (vor allem katholische) Kirche nur „überflüssig“ wäre, fände ich das schön, denn dann könnte ich sie einfach ignorieren.
Selbst im angeblich so säkularen Deutschland wird einem das erschwert, ganz aktuell durch die wieder aufflammende Diskussion über das Tanzverbot – es ist ja schließlich Karfreitag. Bei dieser Diskussion zeigt sich in den Argumenten der Kirchenvertreter, warum ich ein Problem mit dieser Institution habe: Die Auffassung von „Toleranz“ dieser Leute ist, dass andere Leute in dem, was sie tun können, beschränkt werden, selbst, wenn sie gar nichts damit zu tun haben. Das ist eher ein Wissen um Macht, die man besitzt, als „Toleranz“. Tolerant wäre es, die Leute einfach machen zu lassen, was sie wollen, so lange es niemand anderen stört – was bei „Tanzveranstaltungen“ aller Art ja wohl zu bewerkstelligen sein muss. Aber nein, man möchte eben gerne bestimmen, was der Mensch zu tun und zu lassen hat.
Richtig putzig wird es, wenn als Argument aufgeführt wird, man profitiere durch den kirchlichen Feiertag ja schließlich auch, schließlich müsse man nicht arbeiten. Zum Glück bestimmt aber der Gesetzgeber, welche Tage gesetzliche Feiertage und damit arbeitsfrei sind, nicht die Kirche.
Letztendlich wären die Adjektive, die mir spontan zur Kirche einfielen, also nicht „überflüssig“, sondern mehr „aufdringlich“, „störend“ oder gar „schädlich“.
Ich will jetzt auch nicht den großen Moralapostel raushängen lassen und damit so manche meiner Weltansichten untergraben…
Zumal ich dem Menschen seine Emotionen und niederen Instinkte zugestehe. Ist immer noch besser, als diese hinter einer Maske der aufgesetzten Moral zu heimlichen. Oder zu denken, dass uns die paar tausend Jahre Zivilisationskasperei zu Wesen reiner Vernunft werden ließ. Das einzige, was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist, dass dieser »Steuererklärung« und »Demokratie« buchstabieren kann. Doch grundsätzlich regiert weiterhin die Emotion, bzw. das Gefühl über unser Wesen.
Somit ist es nicht zu verübeln. Im Grunde sogar nachvollziehbar. Wenn meiner Tochter so ein Ende widerfahren würde, am besten noch als Teenie. Ich wüsste nicht, ob ich in einem Anflug von menschenfreundlicher Vernunft vergebe könnte. Oder eine lebenslange Freiheitsstrafe als angemessen abnicken würde.
Am Ende würde ich Schritte einleiten, um den Knaben im Keller mit Panzerband fesseln und eigenhändig kastrieren zu können. Das wäre die Emotion. Doch wozu? Das würde die Rationalität fragen. Das macht die Tochter auch nicht wieder lebendig, nimmt ihr kein Leid und hat weder Einfluss auf Raum, noch auf Zeit.
Egal was man sich ausdenken würde, es wäre grundsätzlich sinnlos. Man selber stellt sich allerhöchstens auf die Stufe des Täters, empfindet kurzzeitig die Befriedigung der Rache…aber mehr auch nicht. Am Ende bleibt man ebenso elendig zurück.
Jeder, der die ethisch-moralischen Grundsätze für unnötig oder zu nachgiebig erachtet, bedenkt nicht, dass jede Abänderung einen Stein ins Rollen bringt. Wird einmal die Hemmschwelle des Richterspruches zur Todesstrafe überwunden, so gewöhnt man sich dran. Ergo, dieses Urteil kann dann theoretisch bei immer »milderen« Taten zum Einsatz kommen. Und zieht somit unweigerlicher auch eine Erhärtung aller Sanktionen mit sich.
Und so eine weiße Weste hat keiner, um dadurch nicht auch sein eigenes Grab zu schaufeln. Es muss ja nicht jeder derartigen Unfug begehen, um vor Gericht eine Fahrkarte hin zu seinen Ahnen zu gewinnen. Aber schon der Gedanke, dass damit auch kleinere Vergehen härtere Strafen nach sich ziehen könnten, sollte einen skeptisch werden lassen.
Ein gutes Beispiel zum Thema »Todesstrafe für Kinderschänder« wäre eine Szene aus »M«. Als ein Opa augenblicklich ins Kreuzfeuer des aufgebrachten Pöbels geriet, nur weil er ein kleines Mädchen zu herzlich ansprach. Und wer will nach Abfallen solcher Hemmschwelle bei solchen Sanktionen und einer solchen neuen Hexenjagd noch für die eigene Sicherheit garantieren?
Ein durchaus drastisches Gedankenkonstrukt, aber kann man es ausschließen?
Auch wenn ich kein Freund der Kirche bin, so erachte ich sie nicht als pauschal überflüssig. Sie gibt sich große Mühe, vielerorts überflüssig zu wirken, dass ist richtig. Und die Tatsache, dass fast ausschließlich reaktionäre weltfremde Trachtengreise an deren Spitze mümmeln, macht es nicht besser.
Doch ich gestehe der Kirche auch ihr anderes Gesicht zu. Aufbruchstimmung hinsichtlich einer Verständigung zwischen Kirche und Volk, sinnvolle Hilfswerke und Dienste zur Erhaltung vom gesellschaftspolitischen Kulturerbe. Auch dieses geschied innerhalb der Kirchenmauer. Nur bekommt das kaum einer mit, weil dieses von unbekannten wie unbedeuteten Regionalpfarrern organisiert und mitfinanziert wird. Und es die Medien aufgrund von Skandalarmut für nicht erwähnenswert halten.
Und anscheinend ist es in der Kirche wie in der Politik. Die revolutionären Ideen bleiben am Boden kleben, weil nur das institutionsgefällige Gedankengut in die Höhe gehoben wird.
Die Kirche bräuchte die Einsicht zur Wandlung, sonst werden deren Dogmen und Enzykliken demnächst den maroden Dachstuhl des Petersdom zum Einsturz bringen.
Es würde schon viel bringen, wenn sie sich allgemeinhin nur als Religion begreifen würden. Die Welt der Wissenschaft und Erkenntnis ernst nehmen würden. Und offen und ehrlich zu ihrem bisherigen Wirken, auch dem negativen, stehen. Kein neutraler Mensch würde der Kirche beispielsweise heute noch die Kreuzzüge zur Last legen oder die Untriebe einiger alter Geiferer auf das gesamte Pfarrerwesen projizieren. Das, was allerdings dem unchristlichen Volke bitter aufstößt, ist dieser scheinheilige Umgang mit solchen Themen innerhalb der Kirche und ihrer Sprecher.