Einsamkeit ist ein unbarmherziger Lehrer. Wenn du alles allein machen musst, verlernst du nach Hilfe zu fragen und verlässt dich letztendlich nur noch auf dich selbst. Zachery Allan Starkey aus Brooklyn, New York kann ein Lied davon singen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Song „Solitaire“ handelt genau davon. Auch „Ein Gespenst“ thematisiert die Einsamkeit in ihrem Song „Ich tanze nur aus Höflichkeit“ und vor allem in ihrem Video dazu. Ein leerer Wiener Prater, in dem die beiden Bandmitglieder für eben dieses Lebensgefühl Pate stehen. Die ukrainische Band „Ship her Son“ greift das Gefühl des Krieges auf, indem sie Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ aufgreifen. Dabei ist es weder Strafe noch Gott, sondern der brutale Krieg eines einsamen russischen Diktators, der die falschen Lehrer hatte.
Zachery Allan Starkey – Solitaire
Der aus New York stammende Zachery Allan Starkey tritt musikalisch in die Fußstapfen früher New Order Veröffentlichungen und verbindet stampfende House-Beats mit melodischen Synthesizer-Collagen zu einem spannenden US-Sound. Mit seinem Song „Force“ macht er auch keinen Hehl aus diesen Fußstapfen, denn dieser Track ist zusammen mit Joy Division Keyboarder und New Order Gründer Bernard Sumner entstanden. Allerdings trifft dieser Song weniger meinen Nerv, als die gesampelte Drum-Sequenz in „Solitaire“, die den Song für mich so „catchy“ macht. Allerdings schwächelt der Song darüber hinaus etwas und kann erst im Refrain wieder punkten, wenngleich er dadurch auch in etwas poppigere Gefilde driftet. Kommen wir zum Inhalt. Ich habe Zachery gefragt, worum es in dem Lied geht:
„Solitaire handelt vom Triumph. Es ist ein Song darüber, sich zu weigern, aufzugeben und an seinen Prinzipien festzuhalten. Es handelt von meiner Hingabe, mein Leben nach meinen Bedingungen zu leben.“
Ein gewisse Leidenschaft für die Selbstbestimmung muss man Zachery Allan Starkey schon lassen, vielleicht ist auch die Millionenmetropole New York, die ihren Tribut fordert. Menschen werden nicht zum Misanthropen geboren, sondern dazu gemacht. Was trieb den ihn die Einsamkeit?
„Ich war schon immer ein einsamer Mensch. Ich bin in ärmlichen Verhältnissen in der Arbeiterklasse aufgewachsen, bin von Natur aus introvertiert und unternehme oft gerne Dinge alleine, auch gesellschaftliche Dinge wie den Besuch einer Bar oder eines Nachtclubs. Seit dem 12. Lebensjahr bin ich auf mich gestellt. […] Auf diese Weise aufzuwachsen, nicht viele Freunde zu haben und die meisten Dinge alleine zu tun, hat es mir ermöglicht, viel Zeit damit zu verbringen, andere Menschen dabei zu beobachten, wie sie Fehler machen und in welche Schwierigkeiten sie dadurch geraten. Ich habe solche Dramen immer vermieden, und ich habe auch „Solitaire“ darüber geschrieben, wie ich mein Leben allein und auf mich gestellt lebe, um mich zu schützen.“
Ein Gespenst – Ich tanze nur aus Höflichkeit
Elias Hirschl ist ein blutjunger, österreichischer Autor und Poetry-Slammer, der auch musikalisch unterwegs ist. Seine aktuelle Band „Ein Gespenst“ verpackt die traurige, ja fast schon ausweglose Poesie in heiteren New Wave Sound, dessen Stimmung durch das Video nur nochmals konterkariert wird. „Ich habe keine Pflichten mehr / Ich atme nur mehr wenn ich will / Ich tanze nur aus Höflichkeit / Und wenn ich will, dann bin ich still.“ Zusammen mit Christopher Hütmannsberger hat „Ein Gespenst“ im März dieses Jahres ihre erste EP herausgebracht.
(Danke an Norma Normal)
Ship Her Son – Gott
Die ukrainische Band „Ship Her Son“ geht mit ihrem hypnotischen Sound einen interessanten Weg, der durch den deutschen Titel und die Samples in deutscher Sprache noch einmal spannender erscheint. Die Phrase „Gott bestraft uns für etwas“ ist daher auch die deutsche Übersetzung eines populären ukrainischen Memes, der in Kriegszeiten von vielen verwendet wird. Die aktuelle EP des Ein-Mann-Projekts „Alles wird gut“ wirkt dabei wie ein zynischer Hoffnungsschimmer, um einfach mal „was nettes“ zu sagen, selbst wenn die Zeiten andere Ausblicke in Zukunft versprechen. „Gott“ stammt allerdings aus dem Album „Essen“, das 2021 erschienen ist. Die Kombination aus „Ironic German Speech“, wie er es nennt und dem kühlen und hypnotischen EBM scheint zunächst passend, verliert sich jedoch ein wenig dadurch, dass es sich oftmals um zusammenhanglose Wortfetzen handelt. „Gott“ macht seine Sache deutlich besser.
The Membranes sind übrigens zur Zeit mit den Stranglers auf Tour.
Hat zwar leider nichts mit dem Artikel zu tun, aber vielleicht interessiert es einige