Auch Marc hat sich entschlossen, die Spontis-Family als Autor zu vergrößern und dazu einen Rückblick auf das Cold Hearted Festival in Bochum mitgebracht, das bereits im November des vergangenen Jahres stattfand. Leider hat es etwas gedauert, die passenden Bilder zu organisieren, aber dank Michael Gamon von monkeypress.de hat es dann noch geklappt. Ich hoffe sehr, dass Marc noch viele weitere Rückblicke mitbringt.
Sechs Jahre keine Konzerte, dann fast zwei Gruftis überfahren
Das letzte Konzert, das ich besuchen durfte, wurde Anfang 2017 in Stuttgart gespielt. Kurz vorher hatte ich um die Hand meiner damaligen Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau angehalten. Die folgenden sechs Jahre war Musik kein großes Thema mehr für mich. Sieben Jahre später mache ich mich allein auf den Weg nach Bochum. Mein Ziel: Das Cold Hearted Festival. Fünf Bands. Beginn 19.30 Uhr. Nach dreieinhalb Stunden Fahrzeit im Hotel angekommen, noch ein wenig ausgeruht und im Anschluss auf den Weg in die Matrix gemacht.
Bei der Parkplatzsuche beinahe zwei von links kommende Gruftis überfahren – es war schon dunkel und deren Outfit war zumindest an dieser Stelle auch besonders auffällig. Also entschuldigt, geparkt und angestellt. Bisschen mulmig war mir schon – so mit Mitte 40 das erste Mal im Leben allein auf einem Festival. Aber Augen zu und durch. Die Treppe runter, schnell noch was zu trinken organisiert und dann Richtung Bühne begeben.
Cold Hearted Festival 2024 – Soft Vein
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Schon bei Betreten des Tunnels haben mich die düsteren, wavigen Klänge von Soft Vein empfangen. Besser hätte ich an diesem Abend wahrlich nicht willkommen geheißen werden können. Ich fühlte mich sofort abgeholt und alle vorherigen Bedenken, die sich primär in der Magengegend breit gemacht haben, waren im Nu verflogen. Der Gesang von Herrn Chaimberlain war allerdings fast gar nicht zu verstehen. Mich persönlich hat es nicht gestört. Die Stimme hatte dadurch eine eher atmosphärische Funktion und passte perfekt zur ansonsten transportierten Stimmung.
An dieser Stelle noch der fast schon obligatorische Kommentar zum viel gescholtenen Sound in der Matrix. Ursprünglich wollte ich mich weiter vorne in Richtung Bühne positionieren, habe dann bemerkt, dass der Sound tendenziell schlechter wird und auch letztendlich weniger Druck hat. Schlussendlich habe ich mich direkt hinter dem Mischpult aufgestellt. Dort habe ich dann meinen persönlichen Sweet Spot gefunden – quasi im Stereodreieck der aufgehängten Line Arrays. Über den Abend verteilt kam es gelegentlich zu Aussetzern und Übersteuerungen. Die waren aber zu verkraften. Vielleicht bin ich nach sieben Jahren Konzertabstinenz auch keine ernstzunehmende Referenz mehr.
Soft Vein haben die Twin Tribes bei ihrer diesjährigen Tour unterstützt und wurden wohl beim krankheitsbedingten Ausfall der ursprünglich vorgesehenen Band Nürnberg kurzerhand als Ersatz gebucht. Als Liveband haben sie mir sehr gut gefallen. Und für Leute, die wie ich gerne tanzen, war es ein erstklassiger Auftritt. Der letzte Track “Give up the Ghost” hatte es mir in dieser Hinsicht am meisten angetan, muss aber abschließend auch gestehen, dass Soft Vein live weit besser rüberkommen als aus der Konserve.
(K)ein Rendez-vous auf dem Cold Hearted Festival
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Da die Rüstzeiten für den nächsten Act mit 20 Minuten angenehm kurz waren, habe ich einfach geduldig an meinen Platz gewartet. Der nach der kurzen Umbauphase folgende Auftritt von Rendez-vouz war leider viel zu hart für mich. Daher habe ich den Tunnel nach zwei Songs fluchtartig verlassen. Daher kann ich zu der Performance nicht viel sagen.
Rue Oberkampf erfüllte alle Erwartungen
Auf den Auftritt der Münchener Rue Oberkampf habe ich mich am meisten gefreut. Waren diese doch hauptsächlich dafür verantwortlich, dass ich die Reise nach Bochum angetreten war. Und tatsächlich wurden meine Erwartungen erfüllt. Die Kompositionen scheinen, wie bei vielen elektronischen Projekten üblich, von der Maschine zu kommen. Gemeinsam mit der präsenten Stimme von Julia de Jouy wurde so ein dichtes Soundgewebe erzeugt, das zum Tanzen und darin Versinken einlädt.
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Neben „Hope and Fear“, „Control“ oder „Deine Augen“ schafften es auch einige Tracks des neuen Albums ins Programm. Darunter „Solitude“, „I won’t surrender“ und „Allein“. Nur 89 Degrees, mein persönlicher Favorit vom neuen Album, hat leider gefehlt. Ein anderweitig strukturiertes Set-Up wäre sicher eine spannende Alternative für künftige Liveauftritte.
Einzig das Einfrieren der Lichtanlage hat für eine kurze unfreiwillige Pause gesorgt. Auffällig war auch, dass es auf mich den Eindruck gemacht hat, dass doch recht viele die Halle während der Performance verlassen haben. Könnte es sein, dass der von Rue Oberkampf zelebrierte Style vielleicht die Grenze zwischen schwarzer Musik und anderen Genres doch manchmal zu sehr verzerrt? Zumindest von mir aus hätte der Auftritt gerne länger andauern können und war sicher mein Highlight des Abends. Am 02.05.2025 sehen wir uns dann im Rind in Rüsselsheim. Dann bestimmt auch mit 89 Degrees im Gepäck.
Twin Tribes lieferten eine tolle Atmosphäre
Twin Tribes wurden 2017 von Luis Navarro und Joel Niño, Jr. in Brownsville, Texas gegründet und bringen es inzwischen auf vier Longplayer. Bis zu diesem Abend hatte ich mich, abgesehen vom kurzen Reinhören bei meinen regelmäßigen Bandcamp-Surf-Orgien, nie wirklich mit der Band auseinandergesetzt. Aber manchmal entgeht mir dann beim Anspielen die Qualität des vorliegenden Materials. Zum 2024 veröffentlichten vierten Album Pendulum betourten die beiden im Zeitraum August bis November gefühlt halb Europa. Und hätte ich auch nur eine Ahnung gehabt, wie viel Spaß die Band live macht, ich hätte am Abend vorher das Konzert, welches bei mir um die Ecke stattfand, ebenfalls besucht.
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Hat mir super gut gefallen. Schön atmosphärisch und ebenfalls toll zum Tanzen. Zu Hause angekommen, habe ich mir direkt das aktuelle Album gekauft, welches seitdem in meiner Playlist ein gerne gesehener Stammgast ist. Wie bei Rue Oberkampf fiebere ich auch hier einem vollumfänglichen Liveauftritt entgegen.
Linea Aspera runden ein gelungenes Festival ab
Alison Lewis, die auch unter ihrem Pseudonym Zoè Zanias bzw. durch das recht kurzlebige Projekt Keluar bekannt ist, bildet gemeinsam mit Ryan Ambridge das Duo Linea Aspera. Bedingt durch das nahezu gleiche Live-Set-Up lassen sich hier die gleichen Punkte wie bereits bei Rue Oberkampf positiv hervorheben. Mein Highlight war Solar Flare. Gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Waren wie geplant um 00.15 fertig und durften so 55 Minuten spielen.
Zum Abschluss gab es noch ein politisches Statement der Sängerin bezüglich der humanitären Krise im Gazastreifen sowie weiterer Themen. Die Gelegenheit habe ich genutzt und bin fluchtartig aus dem Gebäude gestürmt, um so dem folgenden Exodus auf dem direkt anliegenden Parkplatz zuvorzukommen. Der Plan ging auf und ich lag pünktlich im Bett.
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Cold Hearted Festival 2024 – Mein Fazit
Fünf Bands wurden von 19.30 Uhr bis 00.15 Uhr durchgepeitscht. Ich selbst bin ein großer Fan von durchorganisierten Veranstaltungen. Andere hätte sich vielleicht mehr Rahmenprogramm gewünscht. Die Rüstzeiten waren mit 20 Minuten angenehm kurz, die Auftritte festivaltypisch leider auch. Gerade bei Rue Oberkampf und den Twin Tribes hätte ich mir eine längere Laufzeit gewünscht. Bei der geringen Anzahl an Bands wäre ein früherer Beginn mit einer angepassten Spielzeit vielleicht möglich gewesen. Aber die Spielzeiten sind von Anfang an bekannt, daher handelt es sich hier nicht um einen wirklichen Kritikpunkt, sondern eher um Wunschdenken.
Preislich sind die zu veranschlagenden 50 Euro vollkommen in Ordnung. Nur das Ticket in Höhe von 150 Euro und den Punkt in Flensburg hätte ich mir auf der Rückfahrt gerne erspart.
Die Matrix als Veranstaltungsort mit Industriecharme fand ich an sich recht stimmungsvoll. Vielleicht war es teilweise, gerade im Bereich der Laufwege, etwas eng. Bedauerlicherweise hat sich im oberen Barbereich aufgrund einer Tür zu dem gemeinsam mit der Herrentoilette Flur ein recht übler Uringeruch bemerkbar gemacht. Hier sollte im nächsten Jahr Abhilfe geschaffen werden.
Die Bandauswahl war wie für mich gemacht. Einziger Wermutstropfen ist, dass Kite nur in Dresden gespielt haben. Allerdings waren die Tickets für 2024 schon Wochen vor Veranstaltungsbeginn bereits ausverkauft. Daher hängt sicherheitshalber das Hard Ticket für Dresden 2025 schon am imaginären Kühlschrank. Diesmal mit vollständig erneuerter Bandauswahl. Ich freue mich darauf.
1998 in die Szene eingestiegen. Die folgenden Jahre habe ich intensiv Veranstaltungen und Konzerte besucht. Von 2009 bis 2013 beschränkte ich mich dann auf Musik, bevor ich dann wieder aktiver wurde. 2017 habe ich eine Familie gegründet - keine Musik, keine Veranstaltungen, keine Konzerte, keine Festivals, keine eigenen Gedanken. Jetzt kehre ich endlich wieder zurück vor die Bühne.
Als ich in der Überschrift „dann fast zwei Gruftis überfahren“ las, entwich mir ein kurzer Lacher. Das kam irgendwie gut 😁.
Rendez-vous hatte ich 2024 auf dem WGT gesehen gehabt, zumindest drei vier Lieder. Feuer unterm Arsch hatten sie durchaus, aber zum einen irritierte mich ihre Garderobe und zum anderen konnte mich deren Musik auch nicht abholen.
Twin Tribes hatte ich bei YouTube zwei drei Uploads gesehen, allerdings weiß ich jetzt nicht, ob die aus Bochum waren oder Dresden. Aber zumindest machte sich schon etwas Wehmut breit. Live hätte ich die durchaus auch gern geschehen.
Was ich nachvollziehen kann ist dieses mulmige Gefühl, das erste Mal allein unterwegs zu sein. Ging mir 2022 mit dem WGT nicht viel anders. Bei mir war es zudem ähnlich, es gab die Jahre vorher keine Musikveranstaltung, die ich besucht habe.
Ich hatte bedenken, dass die Menschenmassen in der Konzertlocation mir zu viel werden könnten. Also blieb ich die ganze Zeit, meines Aufenthaltes, an dieser riesen Tür, zwischen Saal und Foyer stehen. Immer mit der Möglichkeit, sofort flüchten zu können.
Und jetzt…fast 3 Jahre später, stehe ich fast immer ganz vorne bei der Bühne und genieße es sogar alleine auf Konzerte bzw. das WGT zu gehen. Nur die Umbaupause sind immer etwas langweilig, wenn man niemanden zum quatschen hat 😁.
Danke für diesen umfangreichen und gelungenen Festivalbericht!
Rue Oberkampf und Twin Tribes kann ich mir auch gut vorstellen mal live zu sehen.
Deine Aufregung beim alleinigen Konzertbesuch nach langer Zeit ist absolut nachvollziehbar. Umso schöner, dass Du einen tollen Abend hattest und sich der Weg für Dich gelohnt hat.
Ich kann dir das CHF in Dresden nur empfehlen. Angenehme Location mit zwei Bühnen (und gutem Sound) und der Chillout- und Essenzone im Zwischenraum. Dazu gibt es im Außenbereich ein kleines Feuerchen, Sitzbänke und weitere Essensangebote, vor allem Vegetarische/Vegane und da direkt im Zentrum gelegen hält die Tram quasi vor der Türe. So drohen auch keine teuren Tickets und Punkte. ;-). Danke
Marc für deinen Bericht vom Bochumer Pendant.
Schön, dass Du die miserable Akustik in der Matrix ansprichst. Ich war auch auf dem Festival und habe jedes Konzert nach ein, zwei Songs verlassen müssen. Es war mir einfach viel zu laut, und der Sound war total matschig.
Immerhin: Die After-Show-Party war wirklich gut.
Allein aufs WGT gehen ist aber auch noch Mal zwei Level drüber. Da bist Du wirklich mit Dir im Reinen.
@Maren: Vielen Dank! Zumindest Rue Oberkampf sind ab Februar auf Tour. Vielleicht ist für Dich ein passender Termin dabei 😉
Auch ich habe das Cold Hearted Festival besucht, jedoch in Dresden.
Eigentlich ein schönes Festival mit vielfältigem Line Up. Bis zum Auftritt von Linea Aspera.
Ich weiß nicht, was die Sängerin in Bochum gesagt hat. In Dresden tauschten wir uns fassungslos und entsetzt über das aus, was Gäste sie rufen hörten: „from the river to the sea“. Dann performte sie das nächste Lied im Palituch.
Die Parole, die sie rief, wird immer wieder dazu genutzt, Israel das Existenzrecht abzusprechen.
Ich weiß dafür kein anderes Wort als: Antisemitismus.
Ich wünsche Palästinenser*innen und Israelis Frieden.
Ich denke nicht, dass solche Parolen dazu beitragen.
Das Festival in Dresden lief weiter als wäre nichts gewesen.
Ich habe dem Veranstalter zu diesem Vorgang gemailt und keine Antwort bekommen.
Ich werde das Cold Hearted Festival nicht mehr besuchen.
Es kostet mich zugegebenermaßen Mut meine Wahrnehmung zum Cold Hearted Festival hier zu teilen. Aber mich hat die Betroffenheit über diesen Abend bis heute nicht losgelassen.
Ich kann dir versichern, dass ich das ebenfalls sehr daneben fand, mal davon abgesehen, dass sie (auf englisch versteht sich) meinte „Ihr Deutschen müsst endlich mal auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, wenn es schon eure Regierung nicht tut“. Heidewitzka. What the…
Das ist sehr schade… ich mochte die Band immer sehr und ihre Auftritt beim WGT 2022 (?) war klasse… aber solche Statements sind echt daneben und rufen mehr als nur ein Kopfschütteln hervor.
Das ist auch so eine Unart, die mir immer übelst aufstößt: „Sei doch endlich mal auf der richtigen Seite.“ – das zieht sich mir alles zusammen. Gerade der Nahostkonflikt ist so dermaßen Komplex, dass ich es gar nicht erst wagen würde da irgendwo eine „richtige Seite“ zu lokalisieren Deshalb habe ich mich auch dazu entschieden, mich aus dem Thema weitgehend rauszuhalten. Ich verstehe da echt nicht wie man sich als durchschnittlicher Dulli (und das gilt auch für die Künstler auf der Bühne) einfach mal die „richtige Seite“ bestimmen zu können, wo selbst entsprechend gebildete Historiker ihre Schwierigkeiten mit haben.
This. Ich sehe auch nicht ein mich in diesem sinnlosen scheinbar endlosen Kreislauf aus Gewalt und Gegengewalt auf irgendeine „Seite“ zu stellen (unschuldige Opfer ebenso wie fanatische Irre findet man auf beiden Seiten), und Menschen die denken es wäre hier irgendwie hilfreich platte Parolen zu brüllen kann ich nicht mehr wirklich ernst nehmen… (Ja diese Menschen denken sie sind im Recht und stehen auf der Seite der „Guten“, ich weiß – Aber das denken ALLE. Und zwar IMMER.)
Und zu deiner Frage warum so erstaunlich viele Leute denken ausgerechnet sie hätten da jetzt seit Beginn dieses erneuten „offenen Krieges“ (Frieden herrschte da ja nie) plötzlich den totalen Durchblick (obwohl eben keine Historiker, Nahostexperten, Diplomaten, …)… gute Frage ehrlich gesagt… Bei manchen vielleicht einfach Hybris? Oder auch Geltungssucht? Sicherlich sind einige auch angetrieben von gut gemeintem aufrechtem Idealismus, aber „gut gemeint“ ist halt nicht automatisch auch „gut gemacht“… :(
Unabhängig davon, ob man einen Überblick über den Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina hat, sollte man schon eine Meinung dazu haben, wenn eine zum Teil faschistische Regierung einen Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung verübt. Kann man noch von Selbstverteidigung sprechen, wenn in Gaza mehr als 14 000 Kinder getötet worden und Gaza selbst nicht mehr bewohnbar ist? Wo bleibt hier die Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung? Der Konflikt hat nicht erst am 07.10.2023 begonnen, sondern schon viele Jahrzehnte vorher. Wenn man keine Ahnung hat, dann hält man bescheiden die Schnauze oder informiert sich.
Das ist echt bitter…. Aber diese Parole hat inzwischen selbst an Universitäten Einzug gefunden, weil dort manche Menschen offensichtlich nicht mehr zwischen einer legitimen Kritik an der Israelischen Politik und eiskaltem Antisemitismus unterscheiden können. Ich mein… diese Parole muss nicht automatisch antisemitisch sein, allerdings wird sie (wie du ganz richtig schreibst) oft aus genau dieser Motivation heraus missbraucht. Das einfach so in die Zuschauerschaft zu posaunen und zu erwarten, dass diese dass dann schon richtig einordnen kann ist daher auch in meinen Augen völlig daneben.
Dann habe ich noch einen Namen für die schwarze Liste, von Bands die bei uns nicht auftreten dürfen. Danke.
Wäre es nicht ratsam, zunächst das Gespräch mit der Künstlerin zu führen, bevor sie auf die Schwarze Liste gesetzt wird? Aber eventuell könnte es ihr auch recht sein, mit solchen Menschen, die in ihrer schwarz-weißen Denkweise verhaftet sind, nichts zu tun zu haben.
Es gibt Sprüche die zeugen nicht einfach nur von Kritik über die Regierung in Israel, die übrigens inzwischen von großen Teilen der Israelis geteilt wird, sondern von Antisemitismus. Dieser Spruch „from the river to the sea“ ist antisemitisch, wenn man sich der Bedeutung bewusst ist. Wenn man Kritik an Bibi und seine Schergen üben will, so soll man es tun, aber bitte nicht mit antisemitischen Sprüchen und ohne alle Juden in Sippenhaft zu nehmen, wie es inzwischen viele linke studentische Kreise hierzulande tun. Zu meiner Zeit waren Linke in keinster Weise antisemitisch, im Gegenteil. Inzwischen ist dieser in der extrem Linken angekommen, weil die ohne nachzudenken über jedes Befreiungskampf-Stöckchen hüpfen, das man ihnen hin hält. Infos holt man sich aus der gefilterten Blase, ohne Hintergründe zu recherchieren. Antisemitismus und rechtes Gedankengut verbreiten sich in diesem Lande derzeit etwas zu heftig, für meinen Geschmack. Da darf man als aufrechter freiheitlicher Demokrat nicht untätig sein.
Wir bieten in unserem Club weder Nazis, noch Antisemiten, Sexisten, oder Grauzonenbands eine Bühne.
„Infos holt man sich aus der gefilterten Blase, ohne Hintergründe zu recherchieren.“
Du willst doch jetzt nicht ernsthaft behaupten, dass Professoren für Holocaust Geschichte und für Geschichte und Jüdische Studien nicht wissen, worüber sie schreiben? Der Spruch „From the river to the see …“ bedeutet nichts anderes, als dass die Palästinenser wieder frei in ihrer Heimat leben wollen, außerhalb von Gaza und menschenunwürdigen Flüchtlingsunterkünften, ohne Angst zu haben verhaftet, ermordert oder vertrieben zu werden, nur weil sie Palästinenser sind.
Benjamin Netanjahu arbeitet seit 20 Jahren darauf hin, einen palästinensischen Staat unmöglich zu machen, zwischen „River“ und „Sea“ soll es nur den Staat Israel geben. Sein Energieminister sagte übrigens wörtlich: „From the river to the sea, there will be one state: The State of Israel.“ Eine Ideologie, die über Jahrzehnte an Einfluss in der israelischen Politik und Gesellschaft gewonnen hat und so die aktuelle Kriegsführung beeinflusst, die bisher zehntausenden Menschen das Leben gekostet hat. Israels Politik gegenüber den Palästinensern baut auf systematischem Rassismus auf. Ich muss weder „links“ noch „rechts“ sein, um zu begreifen, dass das eine unmenschliche und verachtenswerde Politik ist, die sofort beendet werden muss. Man kann die Art und Weise des palästinensischen Befreiungskampfes kritisieren, jedoch ist er gerechtfertigt. Ach ja, zu meiner Zeit konnte man seine Meinung noch gefahrlos äußern und frei diskutieren ohne gleich von aufrechten freiheitlichen Demokraten als Nazi, Antisemit oder Sexist etikettiert zu werden.
Diese Legende wird immer von denen kolportiert, die den Satz unbedingt verwenden wollen, als Ausrede. Tatsächlich wird mit diesem Satz von den Palästinensern das Existenzrecht der Juden in Frage gestellt und somit deren Vertreibung und Vernichtung gefordert. Gerade die Vernichtung Israels und der Juden ist Staatsräson der Hamas. Kein vernünftiger Mensch außerhalb Palästinas verwendet diesen Satz. Dieser wird ausschließlich von verfassungsfeindlichen Elementen verwendet. Ich will den Blog hier aber nicht noch mehr aufwühlen.
Da du offensichtlich keine Lust hast, meinen verlinkten Artikel zu lesen, weil du eventuell Angst hast, deine bisherigen Ansichten zu diesem komplexen Thema überdenken zu müssen, zitiere ich einen Abschnitt daraus:
„Diesen Slogan als ‚antisemitisch‘ zu bezeichnen, ist ein mächtiges Instrument in den israelischen, deutschen und anderen politischen toolboxes, um die Existenz des palästinensischen Volkes und seine Verbindung zu Palästina zu leugnen, die Besatzung und Unterdrückung zu verfestigen und den Schrei nach Freiheit und nach Recht zum Schweigen zu bringen. Es ist genau das, was immer mehr Palästinenserinnen und Palästinenser darüber verzweifeln lässt, ob ein Dialog mit Israelis und Deutschen überhaupt möglich ist.“ (Amos Goldberg, Professor für Holocaust Geschichte, und Alon Confino, Professor für Geschichte und Jüdische Studien, 31.01.2024)
Mich würde interessieren, woher du deine Information hast, dass „…
mit diesem Satz von den Palästinensern das Existenzrecht der Juden in Frage gestellt (wird)“?
70 Prozent der Toten in Gaza sind Frauen und Kinder und keine Hamas-Aktivisten. Warum tötet die israelische Armee Tag für Tag unschuldige Menschen? Du willst mir doch nicht sagen, dass Israel Angst vor Kindern und Frauen hat, oder? Haben die Frauen und Kinder nicht das gleiche Recht, in Freiheit zu leben? Es ist noch immer ein Unterschied zwischen der Hamas und den Menschen, die dort leben. In Deutschland sind auch nicht alle Faschisten, nur weil es die AfD gibt.
Jewish Voice for Palestine, Jewish Voice for Labour, Jewish Voice for Peace, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost und andere nicht- und antizionistische jüdische Vereinigungen sind deiner Meinung nach also verfassungsfeindliche Elemente?
Zum Schluss möchte ich dir noch einen musikalischen Hinweis geben, damit du deine Schwarze Liste vervollständigen kannst:
https://kurzlinks.de/xgfl
Ja, als Linker schämt man sich teilweise regelrecht gerade (wenn die Massaker der Hamas an unbewaffneten Zivilisten dann als „Widerstand“ oder „Gefängnisausbruch“ verharmlost werden oder ähnliches)… und dann zerbrechen z.B. irgendwelche Klimaschutzgruppen komplett am Thema Gaza (was mit dem ursprünglichen Ziel ja an sich nix zu tun hat, weshalb es da logischerweise auch keinen Konsens gibt)… da fehlen einem echt die Worte… *facepalm*
Jeder soll sich gefälligst positionieren, jeder ist entweder für das eigene Lager ODER halt „das pure Böse“, und hinführen tut das ganze nirgendwo.
Das mit dem „Befreiungskampf-Stöckchen“ trifft es leider perfekt. Der Impuls sich mit den (tatsächlich oder vermeintlich) schwächeren zu solidarisieren ist erstmal löblich, aber dieser Impuls sollte NICHT VÖLLIG ALLEIN einen politischen Standpunkt komplett bestimmen.
Interessant natürlich auch dass andere Konflikte mit ebenso massiv viel menschlichem Leid nicht so bereitwillig aufgegriffen werden (Sudan anyone? Achja, da kann man ja keinen Antisemitismus ausleben, ich vergaß…)
Ganz ehrlich: Dieser bescheuerte „Nahostkonflikt“ wird uns leider sowieso alle überleben, und unsere Kinder und Enkel vermutlich noch dazu, allgemeiner menschlicher Dummheit aller orten sei dank („Unruhen im nahen Osten“, „Gewalt im nahen Osten“ o.ä. war früher ja sogar eine gern verwendete Schlagzeilen für Fake-Zeitungen die als Filmrequisiten verwendet wurden… und warum? Naja weil das halt IMMER glaubwürdig ist und NIEMALS „altert“ leider!)… aber manche Zeitgenossen (deren Kommentare ich hier längst nicht mehr lese weil halt Zeitverschwendung und es eh seit Jahren immer diesselbe Leier ist) glauben ernsthaft dass sie das Problem – von Deutschland aus noch dazu – jetzt lösen werden (am besten noch durch Kommentare ausgerechnet auf nem Grufti-Blog), naja, viel Erfolg dabei…
Ja, als Linker schämt man sich teilweise regelrecht gerade (wenn die Massaker der israelischen Armee an unbewaffneten Zivilisten dann als „Selbstverteidigung“ oder „Israel handele weiterhin in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht“ verharmlost werden oder ähnliches)… ;-)
Die Geschehnisse in Gaza scheinen dir keine schlaflosen Nächte zu bereiten, oder?
Besagter Slogan darf anscheinend bloß von zionistischen „Großisrael“-Propagandisten verwendet werden. Drücken Unterstützer Palästinas jedoch damit ihre emanzipatorische Forderung nach einem Ende von Unterdrückung, Landraub und Apartheid durch die israelischen Besatzer sowie den Wunsch nach einem demokratischen Staat für alle seine Bürger aus, ist der Aufschrei „der Anständigen“ groß. Ich empfehle allen Empörten den nachstehenden Artikel: https://kurzlinks.de/cqym
Es wäre besser, die Politik jetzt wieder außen vor zu lassen. Das entwickelt gerade eine Eigendynamik, die nichts Gutes verheißt.
Letzten Endes geht es hier um.Musik… 🎶
Ich empfehle „Gaza Youth (ExistResist)“ von Klimt 1918:
https://youtu.be/dralM9AtCNo
Jup, genau DAS!
die, mal so nebenbei bemerkt, in einem „befreiten“ Palestina ganz schnell „iranische Erfahrungen“ machen würde. Ich bin Opfer xenophober Angriffe „beider“ Seiten geworden und konnte mich einmal mit Messer am Hals nur durch meine „arische Abstammung“ retten.
Man kann sich bei Organisationen wie standingtogether engagieren aber leider hat selbst diese Gegenwind von (klickenden) Freiheitskämpfern bekommen…
Hm, irgendwie muss ich bei deinem ersten Satz spontan an „Queers for Palestine“ denken („Queers for Peace“ wäre vlt. ne bessere Idee :( )…
Gruppen wie eben z.B. standing-together, die sich einfach explizit für Frieden und Aussöhnung ausprechen (d.h. ohne mit stumpfen Gut-Böse-Schemata zu arbeiten und Gewalt irgendeiner der beiden Seiten einfach immer pauschal zu rechtfertigen) sind die einzigen die wirklich noch meine uneingeschränkte Sympathie haben. Leider werden diese meist von den fanatischen Hetzern niedergebrüllt weil es gilt ja inzwischen „wer nicht für uns ist ist gegen uns!“… :(
Aber bei den „klickenden Freiheitskämpfern“ wie du sie passenderweise nennst geht es häufig vermutlich nicht (mehr) um die Sache, sondern eher ums „Recht haben“ und Selbstinszenierung fürchte ich… :(
(Denn eine auch noch so ausufernde Diskussion z.B. ausgerechnet HIER auf einem Nischen-Grufti-Blog wird – leider :( – kein einziges Menschenleben dort unten retten, DAS scheint manchen Menschen aber nicht klar zu sein…?)
100% Zustimmung. Gerade auch beim letzten Abschnitt.
Ich stimme Durante auch zu 100 Prozent zu
Schließe mich einfach an!
Woher nehmt ihr euch das Recht, alle progressiven Linke in- und außerhalb Israels, die für eine Beendigung des Krieges und ein friedliches Miteinander zwischen Juden und Palästinensern kämpfen, als „fanatische Hetzer“ und „klickende Freiheitskämpfer“ zu diffamieren? Ja, solange der Protest gegen die israelische Regierung niedergebrüllt und als antisemitisch bezeichnet wird, rettet das keinen einzigen Menschen „dort unten“. Wir schweigen einfach, machen es uns gemütlich in unserer Blase und warten darauf, dass sich das Problem von selbst erledigt hat. Wacht endlich auf. Es geht nicht um Juden oder Palästinenser. Es geht um Menschen.
Wer Palästinensern helfen will, der gehe nach Palästina und schließt sich einer der israelischen Gruppen an, die sich gegen die Siedler stellen. Von denen gibt es einige und die kommen hier in den Medien kaum vor. Gerade vor paar Wochen ist eine amerikanische Aktivistin bei einer solchen Aktion ums Leben gekommen. War hierzulande absolut kein Thema in den Medien. Das sind die wahren Helden im Kampf um die Palästinenser und nicht die von allen guten Geistern verlassenen Studies (um nicht den Ausdruck eines Comedian wie Arschlochkinder zu verwenden) die alle Juden über einen Kamm scheren und aus Unis ausschließen wollen und somit den Antisemitismus befeuern. Das ist der falsche Weg.
Ja, hier geht es um Musik. Aber wenn Goth-Musiker rechtes Gedankengut oder Antisemtitismus verbreiten, dann muss darüber geredet werden. Auch wir leben nicht abgehoben von dieser Gesellschaft. Wenn es der Gesellschaft gut geht, dann geht es auch uns gut, sonst werden wir schnell zur Zielscheibe andersdenkender.
Das klingt schon sehr vielversprechender als all die vorangegangenen Kommentare zu diesem Thema. Ich möchte diese Diskussion nicht weiterführen und lediglich anmerken, dass meine Intention war, darauf hinzuweisen, dass der Satz „From the river…“ im eigentlichen Sinne keineswegs antisemitisch ist. Es hängt gerade davon ab, wer ihn in welchem Kontext ausdrückt. Du schreibst „… dann muss darüber geredet werden“, aber du hast dich (anscheinend) nicht mit der Sängerin Alison Lewis ausgetauscht und nach dem Grund für die Äußerung gefragt, sondern deren Band sogleich auf deine Schwarze Liste gesetzt. Man kann das machen, aber man sollte sich nicht wundern, wenn am Ende niemand mehr etwas sagt, weil man fürchtet, boykottiert zu werden. Ick mach’n Abjang.
Wir sprechen mit Bands. Wir sind ja vernetzt (ach, da gab es doch ein Thema gerade wegen Internetgedöns :-) ). Wir sprechen auch mit den Bands wenn sie hier sind.
Zu „niedergebrüllt“: Da hast Du Recht: Ich habe mit der Führungsebene von Standing-together bereits unter 4 Augen geredet und versucht, sie nach D zu holen. Da gab es hier in D massive Sicherheitsbedenken und am Ende war das Eisen zu heiß.
Stelle Dich irgendwo in D auf einen beliebigen Marktplatz und schwenke abends eine israelische Fahne. Wiederhole das am nächsten Abend mit der palästinensischen. Tip: Drehe die Reihenfolge.
Besser: Gehe hier demonstrieren gegen das, was hier passiert. Hier wird nämlich bereits über Abschaffung des Rechts auf Asyl nachgedacht für Dinge, die aus der Sicht von Israelis Kinderkram sind.
Dann kannst Du direkt auch dafür demonstrieren, dass man es den staatenlosen Palästinensern, die bereits hier sind einfacher macht, ne Arbeitserlaubnis und nen Pass zu bekommen.
Danke, Durante.
Gebe Dir völlig recht!
Keine Antwort an einzelne sondern einfach noch einmal Danke an Marc fürs Teilen dieses Festivalerlebnisses.
Marc, es freut mich, dass Du über Deine Erlebnisse für uns geschrieben hast. An erster Stelle steht einfach Dein Bericht und wie Du das Event erlebt hast. Natürlich ist es normal und richtig, dass andere, die auch dort waren, in ihren Kommentaren auf Dinge eingehen, die eventuell Kritik oder diskussionswürdig sind. Dennoch sollte man sich danach wieder auf die Musik konzentrieren, und da hast Du genug Anregungen geliefert, mal wieder in etwas, was man schon kennt reinzuhören oder vielleicht sogar etwas zu entdecken, was man vorher noch nicht kannte. Ich habe zum Beispiel mal wieder Rue Oberkampf gehört. Die Konzerte passen bei mir zwar räumlich und zeitlich nicht, aber wenn wenn es sich einrichten lässt, baue ich sie vielleicht in mein WGT Programm ein.
Ganz toll finde ich einfach auch den persönlichen Hintergrund, den Du gegeben hast: Heirat, Kind , daraus resultierend: Jahre der Musikabstinenz und dann die Rückkehr mit anfänglich flauem Gefühl im Magen. Kann ich sehr gut nachvollziehen, denn ansatzweise war es bei mir ähnlich. Ich wünsche Dir weiterhin tolle Konzertbesuche!