Bereits vor einer Weile erreichte mich eine Nachricht der Band „Dragol“, die anders war als die Nachrichten von den Labels, die mir scheiben, um ihre Bands und Künstler zu promoten. Ohne blumige Worte der Beschreibung ihres künstlerischen Schaffens und vor allem ohne eine wirkliche Zuordnung in eines der üblichen Genre, suchten Dragol eine musikalische Heimat und baten mich um Insider-Wissen und Möglichkeiten, sich mit ihrer Musik zu bewerben. Man hatte ihnen bei ihnen Auftritten gesagt, so schrieb mir Runa in der Nachricht, sie würden eindeutig in die Dark-Szene gehören.
Um Vergleichbarkeit und Maßstäbe beraubt, hörte ich die mitgelieferten musikalischen Eindrücke „Fluch mich“ und „Die Zeitschaft“ und blieb ebenso ratlos zurück. Trotzdem versprach ich, Dragol vorzustellen und erkundigte mich nach den Beweggründen. Runa und Vandill, wie sich die Beiden nennen, lieben die Musik – soviel scheint für mich festzustehen. Es geht Ihnen offenbar nicht darum, sich einer bestimmten Musik anzubiedern, sondern um an der gelebten Kreativität und dem Transport von Gedanken und Themen, die sie beschäftigen. Runa schreibt mir:
„Wir haben schon mal damit begonnen, uns Gedanken über unseren Kern zu machen und kamen zu dem Punkt, dass wir uns vom Thema: „Tod“ wahnsinnig angezogen fühlen! Es kommt fast in jedem Song vor. Allerdings nutzen wir es, um damit den Wert eines erfüllten Lebens zu zeigen. Erst durch die Bewusstheit des Vergänglichen wird uns der Wert des Lebens klar! Wir wollen für uns für ein lohnenswertes, erfülltes Leben kämpfen! Wir wollen kein weichgespültes Dasein auf diesem Planeten! Und um eben das zu fühlen, konfrontieren wir uns und die Zuhörer mit dem Tod, mit Dunkelheit und Grausamkeit!“
Mich hat das irgendwie tief beeindruckt, mit welcher Einstellung und Weltanschauung die beiden auf der Bildfläche erscheinen und diagnostiziere definitiv schwarze und vor allem „gruftige“ Gedanken und musikalische Motivationen. Sind die Beiden damit schon eine Goth-Band?
Ich schiebe die Beantwortung dieser Frage vor mir her und kommen nicht wirklich zu einem Ergebnis.Ich scheue mich ein wenig vor der imaginären Verantwortung der Einordnung, die die Band womöglich in ein Korsett zwängt, aus dem sie nicht mehr herauskommt.
Als mich Runa nach dem Autumn Moon Festival anschreibt, dass sie dort einen kleinen Auftritt präsentiert haben, muss ich einfach reagieren Ich entscheide mich zu diesem Artikel, der ohne musikalische Einordnung versucht, Euch eine Band näher zu bringen, die für ihre Musik lebt und deren Beweggründe gruftiger sind als gefühlte 90% der sonstigen, sich unter dem diesem Genre tummelnden Bands.
Mittlerweile hat sich Dragol laut ihrem Youtube-Kanal selbst als „Endzeit-Band“ eingeordnet, wohl eher ein hilfloser Versuch den entsprechender Felder diverser Social-Media und Video-Plattformen gerecht zu werden, als eine ernsthafte Einordnung.
Ähnlich wie Svartur Nott, dem ich Dragol auch unter die Nase gerieben habe, finde ich „Atme“ als deutlich gelungenere Vorstellung des musikalischen Schaffens der Band, die aber sicherlich auf dem Weg zu ihrer Bestimmung noch einige Veränderungen durchlaufen wird. Warum sie sich jedoch so gierig in die schwarze Szene stürzen, liegt für Runa auf der Hand:
„Wir glauben, wenn es Menschen gibt, die was mit unserer Musik anfangen können, dann sind es tiefsinnige Persönlichkeiten, die von Dunkelheit und Tod fasziniert sind – die aber letztlich das Leben und das Licht lieben!“
Eifriges nicken vermischt sich mit dem Wunsch, dass Dragol ihren Weg finden und eine Hörerschaft für sich begeistern können, ohne den ihnen innewohnende Motor ihrer Leidenschaft durch einen fremdgesteuerten Antrieb eines möglicherweise unpassenden Genre zu ersetzen. Ich bin gespannt wie die Leser (also ihr) Dragol wahrnehmt und welche Einordnung ihr vornehmen würdet :)
Internet:
Naja, passen würde wohl Neue Deutsche Todeskunst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Todeskunst
„Einigendes Element der Bewegung war die Auseinandersetzung mit Thematiken wie Tod, Vergänglichkeit, Weltschmerz, Nihilismus, Surrealismus, Existenzphilosophie, Religionskritik, Gewalt, Wahnsinn und Isolation.“
Aber muss es immer eine Schublade sein?
Armin
@ Armin: Seh ich auch so!
Erinnern mich auch an Goethes Erben, musikalisch passen sie eindeutig zur schwarzen Szene, optisch mit dem Ethnolook nicht so wirklich, aber e i n e Band in diesem Look sollte die Szene schon verkraften! Ich sehe absolut Potential für die beiden sich mit einer Stammhörerschaft zu etablieren! Ansonsten warte ich immer noch drauf, daß Steampunks u. Fantasywesen ihre eigenen Events veranstalten und sich nicht mehr an die schwarze Szene dranhängen.
Der erste Song gefällt mir gar nicht, da geht mir ihr Gesang auf die Nerven und musikalisch spricht mich das simple E-Piano auch nicht an. Hier passt NDT als Schublade aber schon recht gut. Der zweite Song allerdings gefällt mir richtig gut, hat ein bisschen was von diesen Dark-Folk-Bands wie Faun.
Ich mag ihre Musik und würde sie auch ungern einordnen. Die schwarze Szene ist ja ein Sammelbecken verschiedenster Musik und wenn ich so bedenke, wer alles zum WGT im Heidnischen Dorf auftreten darf, wünsche ich mir mehr Bands wie Dragol.
Dann ordnen wir sie auch nicht ein ;-) Mittlerweile haben Dragol sich ja unter dem Schirm der schwarzen Szene breit gemacht. Und, was viel wichtiger ist, sind auch ein Teil des Wave-Gotik-Treffens. Aber ich glaube, nicht im heidnischen Dorf?
Sie waren tatsächlich im HeiDo. Ich habs dann leider nicht dorthin geschafft ;-)