„Look up here, I’m in heaven. I’ve got scars that can’t be seen. I’ve got drama, can’t be stolen. Everybody knows me now.“ Ich bin ehrlich. Es gibt wenige Tode, die mich bewegen. Zu allgegenwärtig ist das Sterben, das tagtäglich auf unserem Planeten stattfindet. Zu groß die Resignation vor den Menschen, die sich mit krankem Verstand nach dem Leben trachten. Zu groß ist die Unausweichlichkeit des natürlichen Todes. Unser Körper ist einfach nicht für die Ewigkeit geschaffen. David Bowie starb im Alter von 69. Er verlor seinen Kampf gegen den Leberkrebs. In Gewissheit, bald zu sterben, begann er die Arbeiten an seinem letzten Album „Blackstar“, das er an seinem Geburtstag, dem 8. Januar 2016 veröffentlichte. Zwei Tage später ist er von uns gegangen.
Mit seinem Song „Lazarus“ und dem dazu entstandenen Video beweist Bowie ein letztes Mal eindrucksvoll, wie man mit sich und der Gewissheit des eigenen Todes umgeht. Als die Meldung von seinem Tod mich am 10. Januar aus den Socken haut, schaue ich mir das Video zum ersten Mal an. Kalte Schauer laufen mir über den Rücken, in meinem Mund breitet sich Trockenheit aus. Es ist gruselig, atemberaubend und einfach fantastisch, wie er seinen eigenen Tod inszeniert.
Bowie hat sich in seinem Leben unzählige Male selbst neu erfunden, war nicht nur Musiker und Künstler, sondern auch Stilikone und Rebell und hat vermutlich auch die zahlreichen Subkulturen der späten 70er geprägt. Obwohl ich ihn erst seit „Heroes“ kenne und das auch erst seit dieses Stück in der Verfilmung des Buchs „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ eine Rolle spielte, ist Bowie auch für mich eine Art Ikone. Wir kein anderer steht er für eine freie Lebensweise, sich genau so zu geben, wie man ist, und in Rollen zu schlüpfen, in denen man sich versuchen möchte. Er war beispielsweise der erste populäre Künstler, der die Geschlechterrollen ad absurdum führte und als Ziggy Stardust die verschiedensten Subkulturen beeinflusste, die sich bis heute auf ihn berufen. Mit dem Stück Lazarus und dem gleichnamigen Musical schrieb Bowie sein künstlerisches Testament. Es machte ihm Angst, wie er einmal in einer Interview sagte, auf eine Kunstform beschränkt zu sein, deshalb hinterlässt er ein Gesamtkunstwerk aus Bilder, Musik, Filme und letztendlich auch ein Musical.
Dies soll aber keine Bowie-Biographie werden, sondern ein Nachruf. Daher möchte ich an dieser Stelle meine Bewunderung für David Robert Jones ausdrücken. Als Wegbereiter hat er die 80er letztendlich zu dem gemacht, was sie für mich waren, eine subkulturelle Explosion der Stile. Seine ständige Präsenz im Radio meines Kinderzimmers machten seine Songs zur Erinnerungen an die eigene Jugend. Und wieder einmal hat er es geschafft. Gruftiger geht es nicht, gruseliger geht es nicht.
Die Menschen nennen ihn ein „Chamäleon“, doch diese Einschätzung kann nicht zutreffen, denn ein Chamäleon passt sich seinem Umfeld an und das ist eines der vielen Dinge, die David Bowie nicht getan hat.
Niemand erfährt, wie es ihm geht, als er sein letztes Album produziert. An seinem Geburtstag erscheint das Album und zwei Tage später ist er tot, einfach so. Eine Lehre vom Loslassen, vom Kämpfen. Ein Beispiel dafür, welchen Einfluss der Geist auf den Körper hat ohne die Realität auszublenden. Dem Tod kann man nicht entrinnen, aber man kann mit ihm umgehen. Seinem letzten Wunsch entsprechend, wurde er eingeäschert. Ohne Familie, ohne Freunde, einfach so. Ashes to Ahses.
David – eine Legende ist von uns gegangen … Er hat es gewußt dass er bald gehen wird . „Lazarus“ sagt alles !!!
Ein würdevoller Übergang ? Ein stiller Übergang ? Auf alle Fälle ein sehr großer Verlust !!!
Krebs ist eine Krankheit mit schleichendem Verlauf (dies kann ich aus persönlicher Sicht) bezeugen.
FUCK CANCER !!!
Am 8. Januar hab ich das Video zu „Lazarus“, frisch veröffentlicht, gefunden, gesehen und für genial befunden, als zwei Tage drauf sein Ableben durch die Nachrichten und sozialen Netzwerke ging, war das schon ein Schock, ja.
Danach begriff man erst, in welchem Kontext man die Videos – auch „Blackstar“ – verstehen musste.
Die meisten Ableben von Stars gehen mir ebensowenig sonderlich nahe, höchstens ein Moment des Bedauerns. David Bowie jedoch war einer meiner persönlichen Helden – dabei mochte ich seine Musik anfangs nichtmal sonderlich und auch nachdem er bei mir „angekommen“ war, konnte ich nicht mit allen seinen musikalischen Werken etwas anfangen – was aber auch normal ist bei einem Künstler, der sich über fünf Dekaden hinweg immer wieder neu erfunden und ausprobiert hat.
Kaum ein anderer Künstler kann von sich behaupten, so viele andere beeinflußt, inspiriert und fasziniert zu haben.
Das erste Mal habe ich von David Bowie etwas gehört bzw. gesehen, als ich mir ein Musikvideo zu All we ever wanted von bauhaus ansah, darin wurden Ausschnitte aus der Mann der vom Himmel fiel gezeigt. Erst einige Monate später fand ich heraus, dass dieser auffällige Mann aus dem Video David Bowie war.
Fasziniert, auch von der leichten Androgynität wurde er von da an zu so etwas wie einem Vorbild für mich(das Wort passt nicht 100%ig).
Sein Tod überraschte mich, auch wenn man in Nachhinein den Zusammenhang in Blackstar nur zu deutlich sieht. Ich finde es „krass“ wie er selbst seinen Tod so inszeniert hat, hast du ja in deinem Artikel auch geschrieben, Robert.
Gut gesagt, Robert. Ich fand „Lazarus“ auch krass und gleichzeitig bowie-haft genial – es ist als würde er in dem Video aus sich heraustreten. Auch „Black Star“ ist sehr beeindruckend. Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen, die Krebs haben (besonders bei dieser Krankheit!), ziemlich gut wissen, wenn ihr Ende naht. Beiden Videos sehe ich das an. Auch wenn ich erst an seinem Todestag erfahren habe, dass er Krebs hatte.
Bowie war für mich immer subversiv, selbst zu seinen Glanz-Popzeiten. Nicht so recht greifbar – das war wohl auch etwas, das er mit seinen Rollen bezweckte, nicht greifbar zu sein und gleichzeitig inspirierend, nie destruktiv. Ich kann gar nicht genau beschreiben, was mich an ihm fasziniert, er fasziniert eben einfach durch seine Art, durch das Aushalten des Andersseins, durch Provokation. Nur wenige haben das Zeug dazu – gerade heute, wo alle immer gefallen wollen.
Einen bitteren ‚Lacher‘ hab ich im Radio gehört, den möchte ich noch zum Besten geben: „Bowie war wohl derjenige Popkünstler, auf den sich alle einigen konnten.“ What??? Aber gut, was will man von Mainstreammedien erwarten, die schnell was zu einem aktuellen Thema hervorzaubern müssen? Da hatten sie wohl den Praktikanten ans Texten gesetzt. *seufz*
@Ronny: Still würde ich seinen Abgang nicht nennen. Stilvoll schon eher. Ich finde, er hat den Krebs auf seine Art besiegt. Das unausweichliche hingenommen und der Krankheit den Stinkefinger gezeigt und trotzdem noch ein Album gemacht. Ich zeige mich zutiefst beeindruckt.
@Aristides: Mir geht es heute noch so. Seine Musik hat mich mein Leben lang begleitet, aber nicht unbedingt beeinflusst. Sie ist untrennbar mit Erinnerungen verbunden, die zu Kindheit oder auch Jugend gehören und daraus nicht mehr wegzudenken sind. Als Mensch hat er mich beeinflusst, als Inszenierung, als Vordenker. Und nein, ich bin mit dem Einfluss von Bowie kommen noch nicht mal meine persönliche Lieblingsband mit.
@Nachtschwalbe: Vorbild. Ein schwieriger Vegleich, ich verstehe was Du meinst. Für mich eher ein Erinnerer, eine Respektsperson, ein Inspirator wenn man so möchte. Bowie als Vorbild zu nehmen, war mir wohl immer ein bisschen zu viel. Ein Stückchen Bowie ausleben, das passt dann schon eher ;)
@Shan Dark: Ich glaube, das ging jedem so. Niemand hat seine Krankheit so gut versteckt wie er. Subversiv bis in den Tod. Ich stimme Dir vollkommen zu. Ich habe jetzt aus Interesse und Neugier sehr viele Interviews mit Bowie gesehen und bin fasziniert davon, wie er die, die ihn fassen und greifen wollten, links liegen gelassen hat. Wie er die verwirrt hat, die ihn einordnen wollten und wir er jeder Kritik ad absurdum führte. Hatte man sich mit dem Bowie gerade identifiziert, durchlebte er die nächste Wandlung. Du konntest Dir sicher sein, Bowie als Kunstfigur zu lieben, führte irgendwann zu Enttäuschung. Man musste ihn als Mensch lieben und hinter die zahlreichen Fassaden schauen. Das freilich, ist mir ganz bestimmt nicht in den 80er gelungen, sondern erst sehr viel später.
@Robert: Du kannst das was ich dachte besser ausdrücken als ich selbst :) Ich finde nie die richtigen Wörter^^
Hm, ohje. So dicht hintereinander zwei britische Musiklegenden, die sich aufgemacht haben auf die andere Seite.
Da kann man nur den Hut ziehen. Rock in Peace, David!
Obgleich ich kein großer Bowie-Fan bin, hat mich seine Kunst seit meiner Kindheit begleitet. Ich mag eigentlich alle seine Songs; an einen, der mir nicht irgendwo gefallen hätte, kann ich mich beim besten Willen nicht entsinnen. Und Lazarus hat mich tief beeindruckt. Video und Song.
Und bei allem, was er war – ne Zeit lang warer ja ooch Berliner jewesen. Dit is natürlich wat für’n Lokalpatriotismus. ;)
@Robert – ich meinte auch Stilvoll ;-) Was er getan hat in seiner Situation ist wirklich ergreifend .
Ein großer Musiker , ein Chameleon der Musikgeschichte schwebt jetzt über uns .
Da ist wahrlich einer der ganz Großen von uns gegangen. Vielen Dank für diesen Nachruf, Robert. Treffender hätte das nicht formuliert werden können.