„Das war nie Rebellion – das war Haltung“: Anja Huwe über ihren Weg mit Xmal Deutschland

Xmal Deutschland erreichten in der 80er-Jahren einen gewissen Kultstatus, Frontfrau Anja Huwe prägte durch ihren Gesang den kühlen und düsteren Sound einer heranwachsenden Gothic-Szene. Jetzt ist Anja Huwe musikalisch zurück und brachte neben einigen Wiederveröffentlichungen auch ihr Solo-Album „Codes“ heraus. Jetzt gibt es eine weitere Veröffentlichung, zu dessen Anlass wir die Gelegenheit ergriffen haben, mit ihr ein Interview zu führen.

Möchten wir ein Interview mit Anja Huwe?

Anfang März erreichte uns die Anfrage, ob wir ein Interview mit Anja Huwe, der ehemaligen Sängerin von Xmal Deutschland, machen möchten. Unbedingt! Anlass war die Veröffentlichung der neuen Zusammenstellung „Gift – The 4AD Years“, die am 9. Mai 2025 erscheinen wird. Im Anschluss habe ich direkt mit dem Verantwortlichen beim Plattenlabel Kontakt aufgenommen und mein Interesse bekundet.

Am 27.03.2025 war es so weit. Ich habe mir kurz Sorge gemacht, ob die Technik funktioniert, denn das Interview fand digital via Zoom statt, doch die Verbindung funktionierte einwandfrei. Da ich fast keinen Bezug zu den Werken von Xmal Deutschland hatte, habe ich mich im Vorhinein mit Anjas Solowerk „Codes“ auseinandergesetzt. Die Reflektion über dessen Inhalte, Fragen zur Positionierung innerhalb der Gothic-Szene, Musik im Allgemeinen und den Liveauftritten findet Ihr in dem folgenden Interview. Viel Spaß beim Lesen!

Anja: Dieser Hund da draußen, hörst du den?
Marc: Ja, ich habe hier auch einen, der guckt schon ganz kritisch.

Du bist nicht in der Gothic-Szene, aber du bist damals in einer Art Szene gelandet, als du jung warst. Wie würdest du das beschreiben?

Anja: Als wir angefangen haben, Musik zu machen, wurden wir irgendwann in eine Szene gelabelt. Aber wir haben uns da nie gesehen. Das fing an mit dieser Zeit, in der wir in London waren. Da gab es das Bat Cave. Dann haben wir diese ganzen Freunde gehabt, The Mission und die Sisters und so. Das war halt mehr oder weniger unser Umfeld. Die genau das gleiche auch sagen. Wir haben Musik gemacht, aber wir wollten uns nicht labeln lassen. Ist irgendwann trotzdem passiert. Das ist natürlich auch der Weg, das muss man akzeptieren. Aber wir haben uns da nie explizit gesehen. Wir haben uns als Musiker gesehen, als Künstler. Das ist einfach passiert.

Die Bandmitglieder von Xmal Deutschland posieren auf einer Brücke 1987
German goth band Xmal Deutschland, Hamburg, 1987 | (c) Kevin Cummins

Wenn man so lange einer Szene zugeordnet wird – kommt man aus der Ecke nicht schwer wieder raus?

Anja: Das hast du sehr gut erfasst. Ich spiele nicht auf den kommerziellen Gothic-Fesitvals. Ich werde jedes Jahr gefragt und ich habe nichts gegen die Szene, aber ich habe was gegen diese Hardcore-Vermarktung. Genauso wie man damals die Musik in die Neue Deutsche Welle adaptiert hat und wurde kommerzialisiert. Ich lehne das ab. Ich will eher in einer anderen Liga sein, ich will nicht sagen Underground, aber ich möchte irgendwas ein wenig anderes machen. Das ist ein Fakt.

War damals Rebellion ein Thema für dich?

Anja: Rebellion ist nicht das richtige Wort. Wir hatten eine gewisse Antihaltung. Zu der Zeit, als wir anfingen, das waren noch die Ausläufer der Nachkriegszeit. Klingt komisch, aber es ist so. Das war alles sehr konservativ und man hatte gewisse Erwartungshaltungen an Mädchen gehabt. Wir kamen alle aus gutem Haus. Und natürlich hat man erwartet, dass ich mein Kunststudium anfange und nicht auf einmal sage: Haare ab, ich gehe nach London. Das war für meine Eltern eine harte Nummer. Da war eine gewisse Antihaltung, eben nicht das zu machen, was erwartet wurde. Meine Eltern waren nicht konservativ, trotzdem haben die echt geschluckt, als sie mitkriegen, ich verhalte mich nicht so, wie sie es von mir erwartet haben.

Hat Deine Antihaltung zu Problemen mit deiner Familie geführt?

Anja: Natürlich gab es Probleme, aber ich war schon immer anders. Das fing schon mit meiner Geburt an. Sagen wir mal, ich war ein süßes Mädchen, aber ich war nicht einfach. Ich habe es meinen Eltern wahrscheinlich nicht leicht gemacht, weil ich hätte einen anderen Weg gehen können, aber das hat mich gar nicht interessiert. Ich wollte die Welt und andere Leute kennenlernen. Das war mir alles zu langweilig – da in diesem Vorort. Deswegen bin ich irgendwann zu meinen Freunden in die St. Pauli WG gezogen. Da ging es um Sachen, die ich total interessant fand. Musik und Kunst. Und man ging aus und entdeckte Orte, die man früher gar nicht besuchen durfte oder die zum Teil viel zu gefährlich waren. Man war unbedarft, man war total naiv. Und man entdeckt Dinge und das fand ich aufregend. Ich bin nach wie vor so, ich entdecke gerne Dinge, ich gehe immer nach vorne. Ich schaue nicht zurück, so richtig. Das war die Entwicklung, sowohl bei mir wie bei meinen Mitmusikerinnen. Das war ähnlich.

Ihr seid Vorreiter hier in Deutschland. Den Ruf habt ihr heute zumindest.

Anja: Zumindest haben wir den Ruf. Wir haben das eine Zeit lang gemacht und zack, waren wir weg. Und das hat einen gewissen Mythos kreiert. Bei anderen Bands geht die Geschichte gleichbleibend weiter oder es entwickelt sich in eine andere Richtung. Da ist kein Bruch, wo man sagt, was ist denn jetzt passiert. Das glaube ich, hat das ganze Ding unglaublich angefahren über die Jahre.

Kannst du dich an deinen ersten Liveauftritt erinnern?

Anja: Ich hatte gerade gestern darüber mit Fiona (Anm. d. Red.:Fiona Sangster war Gründungsmitglied der Band Xmal Deutschland) gesprochen. Das ist ganz lustig, ich habe drei, vier Fotos aus der Zeit und sie hat tatsächlich den Flyer gefunden, der diesen ersten Gig beinhaltet. Ich wollte nie live spielen und dann haben die anderen diesen Gig im Künstlerhaus organisiert. Das war Silvester und da war ich fällig. Dann musste ich und habe mich dem gefügt. Haben ja nicht lange gespielt, eine halbe Stunde oder so, aber ich kann mich nur daran erinnern, weil ich diese Fotos habe.

Xmal Deutschland auf der Bühne
Xmal Deutschland auf der Bühne | (c) Mick Mercer

Weißt du noch, wie du dich gefühlt hast? Viel Aufregung?

Anja: Ja, ich war ganz aufgeregt. Doch.

Welche Bedeutung hat Musik für dich?

Anja: Ich habe Phasen, in denen ich intensiv Musik höre. Im Moment höre ich gar keine Musik. Ich beschäftige mich mit Musik und dem Musikschreiben. Auch dadurch, dass ich mein Album gemacht habe. Das hat schon eine emotionale Bedeutung. Ich höre anders Musik. Ich höre nicht das neue Album von dem oder dem, sondern ich höre eigentlich mehr Sounds. Mich interessieren Dinge, die mich emotional einholen. Dadurch, dass ich Musik heute verstehe, verstehe wie man Musik schreibt, habe ich natürlich einen anderen Zugang zu Musik. Früher war das ein natürliches Excitement, wo man dachte, wie toll – oder eine Explosion. Heute hörst du anders. Und ich finde zum Beispiel ein tolles Album ist das neue The Cure‑Album und die ganze Attitude, die damit zusammenhängt. Ich find’s super. Ich finde es ganz toll, was er da gemacht hat. Ich mag The Cure sowieso, aber das ist super, das Ding. Da kann ich nur sagen: Hut ab!

Ich muss gestehen, ich habe es nicht gehört.

Anja: Hör’s dir mal an!

Mach ich. Ich höre Musik nie im Hintergrund, sondern sehr bewusst, meistens beim Bewegen.

Anja: Das ist interessant, dass du sagst, bewegen. Bewegung in Verbindung mit Musik, das funktioniert bei mir ebenfalls, aber mich hinzusetzen und eine Platte aufzulegen, das mache ich gar nicht mehr.

Kannst du beschreiben, was in dir abläuft, wenn du Musik hörst?

Anja: Das löst bei mir gewisse Bilder aus. Ob das nun Farben sind, was mein Ding ist. Ich höre am liebsten Musik ohne Vocals. Das inspiriert mich. Dann kommen mir Gedanken und Ideen und mir fallen Sachen ein oder ich setze ein, was ich damit assoziiere und verbinde.

Wenn du zurückschaust, gibt es Dinge, wo du sagst, die hättest du gerne anders gemacht, wenn du in der Lage gewesen wärst, sie anders zu machen? Ich kann das mit nein beantworten, weil ich nicht wüsste, wo ich heute stehen würde. Du weißt nie wohin geht die Reise – in dem Moment, wenn du dich anders entscheidest.

Anja: Ich bin da ganz genauso. Es gibt Sachen, die sind mir in meinem Leben passiert, die eine Wegkreuzung waren. Das hatte nichts mit meiner Persönlichkeit oder meiner Sicht der Dinge zu tun. Dass waren andere Dinge, die von außen dazu kamen. Die einschneidenden Erlebnisse waren. Aber ich würde gar nichts anders machen – weil „I don’t regret anything I’ve done“ (erste Zeile des Stückes Skuggornas aus Anjas Soloalbum). Das ist mein Weg und mein Weg war konstant. Ich bin niemand, der zurückschaut. Manchmal macht man das, wenn man bestimmte Erlebnisse hat. Zum Beispiel, wenn du Menschen verlierst, wie deine Eltern, da hat man Momente, wo man denkt, ich gerne gewusst, wieso war das so? Das ist ein Ansatz, den verwerfe ich schnell, weil es ist, wie es ist. Was soll ich machen? Du kannst nichts mehr zurückholen. Aber ich würde nicht unbedingt Dinge anders machen. Nee, denn das hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin.

Wie beantwortet jemand die Frage, der halt nicht gut dasteht. Der zwei, drei Mal eine falsche Entscheidung getroffen hat und mit sechzig Jahren da gelandet ist, wo es kein Zurück mehr gibt?

Anja: Das sehe ich genauso. Es gibt Schicksale, da kannst du nichts machen. Wie sollst du Menschen einen Ratschlag geben? Das hättest du mal anders machen sollen! Es gibt Leute, wo du denkst, reflektier doch mal, geh doch mal nach vorne. Das ist ganz schwierig. Da halte ich mich trotzdem zurück, das da steht mir nicht zu. Es ist bitter, aber es ist so.

Man muss den Leuten beim Untergang zusehen. Du kannst ihnen keinen Rat geben, die hören eh nicht drauf. Macht jeder, was er will. Ist deren Recht. Kenne ich von mir selbst.

Anja: Ja, und weißt du, ich will das auch nicht unbedingt für mich. Wenn jemand zu mir sagen würde, warum machst du das nicht so oder so, das ist in Ordnung als Rat. Aber ich möchte nicht gewertet werden. Das lehne ich komplett ab. Ich bin autark. Ich mache meine Sachen so, wie ich will. Ich schade niemandem. Ich ziehe mein Ding durch und versuche das sehr unabhängig zu machen. Ich will nicht hören: Da hättest du mal, da solltest du Mal!

Du übernimmst in dem Moment Verantwortung für die Person. Wenn du sagst, mach es so und es geht schief, dann bist du schuld.

Anja: Und der Stress geht los. Ich finde, man kann sich austauschen über Dinge. Man lernt, indem man miteinander redet. Ich finde, das ist gefährlich, wenn man sagt, du solltest das mal so oder so machen, dann gibt es Schwierigkeiten.

Man findet doch recht spät zu sich selbst? Am Ende geht es gar nicht so sehr darum, zu sagen das will ich, sondern das will ich nicht. Das passiert recht spät. Wieso nicht früher? So dass man das ganze Leben etwas davon hat?

Anja: Ich finde das eine gute Frage. Ich glaube, viele sind schon fertig, nach einer ganz kurzen Zeit, da kommt nicht mehr viel. Da kenne ich Leute. Das war immer so, das habe ich immer so gemacht und mehr passiert nicht. Ich glaube Menschen, die in einem kreativen Prozess oder Leben stecken, die entdecken Dinge neu und fügen sie ein. Und fallen auch mal auf die Fresse. Und daraus lernt man. Ich finde das schwierig zu sagen, man ist irgendwann erwachsen und weiß, wie die Dinge laufen. Leider weiß man es irgendwann. Es gibt oft Dinge, wie die mit dem Musik hören. Ja, kenne ich schon alles, weiß ich schon. Ich finde, das ist ernüchternd. Ich gehe gerne neue Wege, um eben dazu zu lernen. Das ist ein konstanter Prozess, durch den wir durchgehen. Wir sind nicht fertig. Ich glaube, wenn wir fertig sind, sind wir tot. Nicht körperlich, sondern geistig. Dann ist da nichts mehr.

Das halte ich für wichtig. Und ich finde, das sind persönliche Erfahrungen. Du hast dieses eine Leben, diese Zeit, dieses Zeitfenster und das ist schnell vorbei. Ich fühle mich eigentlich noch wie in dieser Anfangszeit, als ich erwachsen wurde. Das hat mit meinem ganzen Lebensstil zu tun. Ich bin völlig unabhängig. Ich mache mein Ding. Ich mache weiter und ich finde das fast erschreckend, dass man irgendwann denkt: Hä? Wann war das? Vor 35 Jahren? Das kann ich verstehen. Dass die Zeit unglaublich schnell läuft. Das macht mir nichts aus. Ich denke daran, dass meine Eltern früher gesagt haben, an Kindern sieht man, wie die Zeit vergeht. Das ist ein Fakt. Ja.

Durch gewisse Erlebnisse oder Erfahrungen merkt man, dass das so ist. Es sterben inzwischen unheimlich viele Leute, die sind einfach nicht mehr da, wo du denkst, der war doch immer da. Musiker und Freunde. Da habe ich Momente, wo ich zögere, und denke nö, ich habe noch so viel vor, das akzeptiere ich nicht.

Das ist ein guter Weg, das nicht zu akzeptieren. Goethe hat auf seinem Sterbebett gesagt, jetzt wäre er so weit, sein Leben zu leben. Erst jetzt weiß er, was man wissen muss, um sein Leben in vollen Zügen auszuschöpfen.

Anja: Das ist tatsächlich so. Das ist wahrscheinlich eine altersmilde Weisheit. Die Betrachtung des Faktors Zeit, den man, wenn man jung ist, gar nicht wahrnimmt. Ich kann mich erinnern, als ich noch keine 18 war, da habe ich gedacht, wann werde ich 18? Bitte, kann ich endlich 18 werden? Das war ewig noch, diese zwei Jahre. Und heute? Zack, schon wieder ein Jahr rum. Wahnsinn.

Wie verarbeitest du deinen Entdeckungsdrang, deiner Energie in deinem Alltag?

Anja: Ich mache sehr viel Sport. Ich mache täglich Sport. Es gibt gewisse Dinge, die ich völlig übergehe, weil ich sie nicht will. Ich mache es einfach. Ich habe eine Menge Energie. Ich bin in der Lage, die Dinge abzulegen und dann geht’s los. Ich setze mich auf mein Fahrrad, mache meinen Sport und das ist genauso wie mit Arbeiten. Ich höre nicht auf. Das ist ein Problem. Ich stehe morgens um sieben auf, mache Sport, dann fange ich an zu arbeiten. Ich habe ein US-Label, da geht’s ab 16 Uhr los und bis nachts weiter. Wenn ich nicht den Break mache und sage, ich gehe nicht mehr online, dann mache ich weiter und da stoppt mich nichts. Und das ist natürlich ungesund. Ich habe Momente, wo ich denke, nun mache ich mal zwei Tage Pause – die ich mir nicht unbedingt gönnen kann. Aber das ist schon so, ich habe eine Menge Energie und darüber habe ich viele Sachen kompensieren können. Zumindest noch – weiß man ja nicht, wie sich das alles entwickelt.

Worauf basiert der Name Xmal Deutschland?

Anja: Der Name basiert auf einem Buchtitel. Das ist ein Buch von Rudolf Walter Leonhard. Das war ein Journalist. Es wurde nach dem Krieg geschrieben und es ging um die verschiedenen Versionen von Deutschland und wie sich die ganzen Gebiete im Laufe der Zeit entwickelt haben. Damals gab es Bands wie die Deutsch Amerikanische Freundschaft und Modern English und wie die alle hießen. Und dann kamen wir eben auf diesen Namen und haben ihn gewählt. Heute würde ich das nicht mehr machen.

Xmal Deutschland posieren
Xmal Deutschland | (c) Mick Mercer

Ihr seid nach langer Abstinenz zurück auf die Bühne?

Anja: Das bin ich als Solo-Künstlerin. Ich spiele auch einige von den alten Sachen. Das sind Retouches. Die sind sehr einfach gestrickt. Um die den Codes ähnlich zu machen, musste man sie ein wenig elektronisieren. Es sind nur diese ganz alten Sachen, die wir adaptiert haben. Eine Handvoll. Natürlich wissen die Leute, ich komme aus dieser Band, daher haben wir diese Kombination gewählt. Eine Fifty-fifty Geschichte. Ich arbeite mit Mona Mur und einem englischen Gitarristen. Und Olaf war bei Mutter, eine interessante Band. In Summe eine sehr gute Kombi. Aber es ist nicht mehr Xmal Deutschland. Manuela (Anm. d. Red.: Manuela Rickers war auch Gründungsmitglied) macht noch ihre eigenen Sachen aber will nicht auf eine Bühne gehen und das muss man akzeptieren. Das ist nicht jedermanns Sache, das ist ganz schöner Stress. Das muss man letztlich wollen.

Ein wenig Aufregung ist nicht verkehrt.

Anja: Ja, das ist schon da. Da gehört Mut dazu, das zu machen. Für mich war das so. Ich kann mich abspalten. Ich sehe das wie eine Theaterbühne. Ich sehe mich nicht als Sänger. Ich bin ein Performer. Punkt. Und ich kann da rausgehen und habe eine sehr klare Linie. Nee, ich habe keine Angst davor. Aber das war schon krass, nach 35 Jahren auf eine Bühne zu gehen – und das Ding war voll. Was ganz toll war, waren die Emotionen. Das war irre, was da rüberkam. So was habe ich noch nie erlebt. Ehrlich gesagt. Die Leute haben zum Teil geweint. Ich hätte fast mitgeweint. Dann hätten wir alle geweint, das wäre nicht so gut gewesen.

Wenn das nach vielen Jahre auf diesem Weg zu einem zurückkommt, ist besonders.

Anja: Ich war fast demütig. Ich habe gesagt, ey Leute, was ist los mit euch? Das war irre. In Paris war es genauso. Das war kleiner. Da war es ebenfalls so. Die waren dankbar. Das ist ein doofes Wort. Aber es war emotional aufgeladen. Ich war fertig. Ich bin krank geworden danach. Ich konnte gar nichts mehr. Ich war zwei Wochen krank. Ich konnte gar nichts mehr machen. Das hat mich umgehauen.

Das war ein richtig schönes Interview. Vielen Dank!

Anja: Ja, ich bedanke mich auch. Und vielleicht läuft man sich mal über den Weg. Irgendwann, wenn wir irgendwo spielen oder so, ne?

Die Kompilation „Gift: The 4AD Years“ erscheint am 9. Mai 2025 beim Label 4AD, die LP-Box mit farbigem oder transparenten Vinyl gibt es bei Amazon oder JPC zu kaufen, auch eine Doppel-CD ist erhältlich und ein rein digitaler Download steht auch zur Verfügung




Fetisch
A1. Qual
A2. Geheimnis
A3. Young Man
A4. In Der Nacht
A5. Orient
B1. Hand In Hand
B2. Kaempfen
B3. Danthem
B4. Boomerang
B5. Stummes Kind

Tocsin
C1. Mondlicht
C2. Eiland
C3. Reigen
C4. Tag für Tag
D1. Augen-blick
D2. Begrab Mein HerzD3. Nachtschatten
D4. Xmas in Australia
D5. Derwisch

Incubus Succubus II
E1. Incubus Succubus II
E2. Vito

Qual
F1. Qual – 12” Remix
F2. Zeit
F3. Sehnsucht

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1998 in die Szene eingestiegen. Die folgenden Jahre habe ich intensiv Veranstaltungen und Konzerte besucht. Von 2009 bis 2013 beschränkte ich mich dann auf Musik, bevor ich dann wieder aktiver wurde. 2017 habe ich eine Familie gegründet - keine Musik, keine Veranstaltungen, keine Konzerte, keine Festivals, keine eigenen Gedanken. Jetzt kehre ich endlich wieder zurück vor die Bühne.

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bluelotus
bluelotus(@blue-lotus)
Vor 21 Tagen

Ich hab die ganzen alten Platten in meiner Sammlung, finde es sehr schade, daß sie keine Lust auf einen Xmal Deutschland- Auftritt haben! Viele Leute würden sich sehr darüber freuen! Ein Blick zurück ab und zu schadet auf keinen Fall :)

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Vor 21 Tagen

Vielen Dank für das tolle Interview! 😊
Ich schätze mich so ein, daß ich als Interviewer viel zu eingeschüchtert gewesen wäre, um auch nur eine halbwegs sinnvolle Frage stellen zu können. 😁

Robert
Robert(@robert-forst)
Admin
Antwort an  John Doe
Vor 20 Tagen

In der Tat. Ich wäre möglicherweise durchgehend auf der Nostalgie-Welle gesurft, deshalb bin ich sehr froh, das Marc mit „frischen Fragen“ das Interview spannend gemacht hat!

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Antwort an  Marc
Vor 20 Tagen

Das zeigt, daß sie ihre „Bodenhaftung“ behalten hat. Finde ich gut! :-)

Black Alice
Black Alice (@guest_66527)
Vor 21 Tagen

Danke für das Interview. Ich gehe da mit Anja völlig konform. Immer schön nach vorn schauen und nicht rückwärts. Immer schön in geistiger Bewegung bleiben und im jetzt und hier leben und nicht in der Vergangenheit. Von daher kann es auch keine Neuauflage von Xmal Deutschland mehr geben. Wir leben heute in einer anderen Zeit.

Black Alice
Black Alice (@guest_66533)
Antwort an  Marc
Vor 19 Tagen

Oh ja, das sowieso. Fans hängen natürlich an den großen Erfolgen der Künstler. Aber als Künstler will man sich weiterentwickeln. Ich habe es zu oft auf Konzerten erlebt, dass die crowd Titel hören wollte, von denen die Künstler auf der Bühne nichts mehr wissen wollten. Ey, wir sind hier um das neue Album vorzustellen, nicht den alten Scheiß… So in der Art war dann die Reaktion der Künstler.

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Antwort an  Black Alice
Vor 19 Tagen

Ich finde aber auch, als Fan hat man durchaus ein Anrecht darauf, wenn man schon eine Menge Geld für ein Konzert ausgibt, dass dann auch ältere/beliebte Titel gespielt werden. Eine reine Album-Promotion-Tour dürfte den wenigsten Fans zusagen.
Ein Querschnitt durch die Schaffensperiode ist doch ein guter Kompromiss.

Letzte Bearbeitung Vor 19 Tagen von Tanzfledermaus
John Doe
John Doe(@arno-siess)
Antwort an  Black Alice
Vor 19 Tagen

Aus der Künstlersicht nachvollziehbar, aber das gehört zum „Fan-Service“ nun einmal untrennbar dazu. Da müssen die Musiker meiner Meinung nach einfach durch. 😄
Schließlich sind das die Songs, durch die sie bekannt wurden und die nicht zuletzt dafür gesorgt haben, dass die Konzerthalle (hoffentlich) voll geworden ist.
Eine Band die das ganz bewusst ignoriert, hat mich zum letzten Mal gesehen.
Mir ist auch klar, daß das jetzt keine besonders beeindruckende Drohung ist, aber ich sehe das nun einmal so… 😉

Black Alice
Black Alice (@guest_66536)
Antwort an  John Doe
Vor 19 Tagen

Ja schon, aber es kommt darauf an wie viel altes Gedöns die Fans hören wollen. Irgend wann reißt der Geduldsfaden. Ich kann die eine, wie auch die andere Seite verstehen. Schwierig da nen Weg zu finden mit dem alle zufrieden sind. Ich habe es auch mal erlebt, da hat die Band dann Zugaben gegeben und so ihr altes Zeug gespielt und dann immer wieder und irgend wann war die Luft raus, weil alles wusste man auch nicht mehr auswendig :-) Das nenne ich Service. Da hat sich der Zaster gelohnt.

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Antwort an  Black Alice
Vor 2 Tagen

Eben, die Mischung macht es! Ich kann da jetzt nur für mich sprechen. Wenn eine Band ein neues Album herausbringt, dann ist es für mich der Auslöser, wieder einmal auf ein Konzert von denen zu gehen. Das heißt, ich habe mich in Vorfeld schon mit dem neuen Album beschäftigt und es hat mir zugesagt.
Natürlich freue ich ich darauf, auch die neuen Stücke zu hören, sonst wäre ich nicht da hingegangen. Aber ich sehe die Band ein Stück weit auch als „Dienstleister“. Sorry, das klingt jetzt vielleicht beim ersten Lesen etwas negativ, ist aber nicht so gemeint.
Ich will damit sagen, daß ich die Band unterstütze, indem ich ihre Alben kaufe und auf deren Konzerte gehe.
Im Gegenzug erwarte ich dafür eben auch bei einem Konzert die Stücke, die sie bekannt gemacht haben, in einer „gesunden“ Dosis. Das ist ein Geben und Nehmen. Die meisten Künstler haben da ja für sich ja auch eine gute Balance gefunden.
Es ist ein gutes Recht der Band, das anders zu halten. Aber dann sollte das der Fairness halber im Vorfeld kommuniziert werden. Wer sich dann trotzdem darauf einlässt, hat sein Recht verwirkt, sich zu beklagen, daß die Erwartungshaltung nicht erfüllt wurde…

Fontelster
Fontelster (@guest_66543)
Vor 13 Tagen

Max Goldt hat sich vor Jahrzehnten mal mit dem Thema »Sänger und ihr Publikum« in einer Kolumne befasst. Ich war so frei, den entsprechenden Text mal vom Hörbuch zu transkribieren:

Warum müssen Sänger immer so tun, als hätten sie sich nicht verändert? Bauch einzieh’n und Oldies blöken? Was ist das für ein Sänger-Herbst? Das sind Fragen an den Wind, doch nicht nur der Wind weiß die Antwort, sondern ich auch!
Grund dafür ist der Kreativitätsvernichter Nummer eins: das Publikum. Applaus ist eine Wohltat, aber die Phrase, er sei das Brot des Künstlers ist unzutreffend. Applaus ist das Valium des Künstlers. Das Publikum honoriert immer eher den Stillstand als den Wandel. Insgeheim verachten viele Künstler ihr Publikum zutiefst, das ist Verständlich und sehr bedauerlich. Der Sänger sollte das Publikum achten, sich aber nicht um dessen Meinung scheren. Das Publikum klatscht nicht, weil ein Lied besonders gut ist, sondern weil es ein Lied bereits kennt. Es beklatscht sein eigenes Gedächtnis; es beklatscht, dass die vielen Flaschen Voltax nicht umsonst getrunken wurden.
Das Übelste ist der Brauch, zu beginn eines Liedes zu klatschen um damit zu prahlen, dass man es erkannt hat. In solchen Fällen sollten die Sänger den Vortrag unterbrechen und sagen »ja, wenn Sie das Lied schon kennen, dann brauch ich es ja nicht zuende zu singen, so kommen wir alle früher ins Bett!«.
Die Sänger könnten überhaupt viel frecher und aufmüpfiger sein; sie sollten die erheblichen Anstrengungen nicht scheuen die nötig sind um sich frei und froh im Kopf zu fühlen. Sonst werden sie zynisch, betreten die Bühne und denken »was hat mein werter Name denn da wieder für Kroppzeug angelockt?« und nehmen gleichzeitig breitlächelnd Blumensträuße in Empfang. Sie sollten das Publikum lieber ganz fest ansehen und sagen »ich singe heute mal nicht meinen Schmuse-mitsing-Pogo-Evergreen ›Fickt das faschistoide Schweinestaat-Bullen-System‹, sondern ich singe heute mal ein etwas weniger anbiederndes Lied namens ›Ich bin intelligent und habe keine finanziellen Sorgen‹«. Das wäre der provokanteste und subversivste Songtitel der sich denken lässt. Jedes Publikum würde vor Wut platzen, bzw. dem Sänger Mund und Nase zuhalten, worauf er stirbt, denn Sänger sind wie Käse, Wein und Leder: sie müssen atmen.

Eldlilja
Eldlilja (@guest_66559)
Antwort an  Fontelster
Vor 6 Tagen

Max Gold liegt in seiner Aussage wahrscheinlich gar nicht so daneben, letztdendlich ist es bestimmt frustierend zu erkennen, dass das eigene Publikum quasi auf der geistigen Stelle verharrt und sich nicht (auch) mit dem Künstler auf der Bühne weiterentwickelt.
Sicher, auch ich freue mich immer total, wenn eines meiner Lieblingslieder auf einem Konzert gespielt wird (hat mich jenes Lied ja oft genug auf die jeweilige Band gebracht). Das produziert so ein Wohlgefühl, in dem man so schön abdriften kann im Livemoment.
Ich finde es aber tatsächlich immer schön, wenn eine Band live auch zeigt, dass sie in der Lage sind, sich musikalisch aus ihrer Komfortzone (= ich spiele Hits und ein bisschen was dazu, dann kommt sicher Stimmung auf) bewegen können.
Falls jemand EA80 kennt, die habe ich vor ein paar Jahren über einen Kumpel kennengelernt, der mich zu einem Konzert mitnahm. Die erscheinen mir live immer anders, und scheinen sich da auch nicht so um Publikumsgunst zu scheren. Was man auch an ihrer PR sieht, man muss sich schon selber dahinterklemmen, um die Konzerte mitzukriegen (wofür ich besagten Kumpel habe).
Bei Depeche Mode hatte ich z.B. mal das Gefühl, dass sie sich auf der Bühne eher reproduzieren, ich hatte das Gefühl, ich bin halt live im Video dabei. Ich mag sie immer noch, würde aber nicht mehr auf ein Konzert gehen wollen (auch wegen der Preise, aber das ist ein anderes Thema).
Auch andere künstlerische Bereiche sind ja eher interessant, wenn Neues Anderes erscheint, dass ein bestimmtes Thema abgewandelt interpretieren kann (holperig formuliert, fällt mir gerade nicht besser ein ;-)) .
Wie dem auch sei, Stillstand ist langweilig, auch gefährlich, weil das Leben um einen herum ja immer weitergeht, sonst ist man irgendwann (geistig) abgehängt, wird unbeweglich und nimmt nicht mehr teil.
Dazu muss man eben manchmal aus der eigenen Komfortzone raus. Was sich nur lohnt!

Phoenix
Phoenix(@phoenix75)
Antwort an  Eldlilja
Vor 5 Tagen

Ja, in der Tat ist das ziemlich zwiespältig. Weiterentwicklung heißt ja nicht gleich, alles was gestern war ist schlecht und gehört nicht mehr gespielt. Selbst bekannte Songs können in verschiedenen Varianten präsentiert werden, was einen Song dann durchaus wieder in einem neuen Licht erscheinen lässt. Wer bei einem Konzert, und da meine ich doch eher den populären Bereich, auch szeneintern, immer die gleichen bekannten Songs spielt, ist eher darauf aus Kohle zu generieren, weil das Publikum vorher schon weiß, dass man dazu mitgröhlen kann, weil es sich ins Hirn gefressen hat. Natürlich verlässt der Mensch selten ausgetretene Pfade. Nicht alles was neu ist, ist auch gleich gut. Welche Band will sein treues Publikum verprellen, wenn sie plötzlich nur neue Songs und vielleicht auch stilveränderte Musik spielt. Das ist ein zu großes Wagnis. Für einen Teil der bekannten Bands ist das schließlich auch ein gutes Zubrot, was Konzerte und Merchandising angeht. Da muss man dann doch eher in den experimentellen Bereich abdriften, um keine gewohnten Sounds zu konsumieren, sondern sich auf etwas einlassen, was live auf der Bühne von jetzt auf gleich produziert wird und sich teilweise garnicht 1:1 reproduzieren lässt. Im Industrial/Dark Ambient-Bereich denkt man oft, dass da nur alles vom Laptop kommt und dazu ein bisschen die Knöpfe gedreht werden. Das ist ein Trugschluss. Da wird immer wieder herumexperimentiert mit Geräuschen, die live auf der Bühne mit einfließen. Alles mögliche, was man mit einem Kontaktmikro versehen und womit man Töne erzeugen kann… aber hey, das ist auch keine Popmusik, wo man mitsingen kann. Von daher sehe ich das so schon in Ordnung. Das unterscheidet eben experimentelle Musik von reiner Consumer Music für den Hausgebrauch. Bei dem einen lässt man sich auf ein Experiment ein und bei dem anderen weiß man woran man ist… zumindest meistens. ;)

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