Subkultur Gothic – Ein Verhältnis voll Koketterie, voll Pointen und Antithesen (2003)

In dieser Diplomarbeit, die mir Adrian Heuberger freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, wird nach einem erklärenden Teil der Frage nachgegangen, wie sehr wir uns zwischen Gemeinschaftsgefühl und Individualismus aufreiben und fortwährend versuchen, unsere Szene-Berechtigung durch selbst auferlegte Dogmen zu behalten. Gerade in seinem letzten Teil – und den zugrunde liegenden Interviews – ergeben sich dadurch einige sehr spannende und interessante Sichtweise auf die eigene Zugehörigkeit.

Vorwort

eine weitere Diplomarbeit über die Subkultur Gothic 1

Schwarz ist die meistgetragene Farbe in der Subkultur der Gothics. Haare, Kleidung, Schuhe, Taschen und des Öfteren auch Fingernägel werden dieser Bekleidungsstrategie angepasst. Als aussenstehende Person errät man dabei vielleicht folgendes: Gothics grenzen sich ab, geben sich unnahbar und es scheint, dass sie in irgendeiner Form gegen die Gesellschaft sind. Die von einer politisch korrekten Auffassung abweichende Selbstdarbietung der Gothics hat den Erklärungsbedarf in der Öffentlichkeit geweckt: Jugendforscher/-innen nehmen diesen wahr, indem sie das schockierende Erscheinungsbild dieser Subkultur – meiner Meinung nach oft in einer zu beschönigenden und vereinfachenden Sichtweise – als Reaktion auf die Widrigkeiten und traumatischen Erlebnisse in unserer Gesellschaft zu reduzieren versuchen. Im Gegensatz dazu fallen die Erläuterungsversuche der breiten Medien durch massive Unkenntnis und Vorurteile gegenüber der Subgruppe Gothic auf, wenn sie die Subkultur mit Satanismus in Verbindung bringen wollen. Beide Erklärungsstrategien weisen eine Gemeinsamkeit auf:

Sie beide erliegen der Versuchung, alle Ausprägungen dieser Subkultur in einem einheitlichen Gefäss zuzementieren zu wollen. Dieser geradlinigen Kategorisierung widerspricht die massive Kritik, mit welcher viele Gothics über die Divergenzen in den inneren Reihen der Subkultur polemisieren. Gothic entwickelt sich, wie jede andere Subgruppierung, ständig weiter. Seit seinem Auftreten in den 1980er Jahren haben sich in seinem Gefüge verfeinerte Ausfächerungen – sowohl musikalisch als auch ideologisch – verzweigt. Die Koexistenz dieser Verästelungen erscheint jedoch nicht immer konfliktfrei. Wird die Ansicht vertreten, dass sich Gothics von einer Aussenwelt abgrenzen, so muss diese erweitert werden um den Zusatz, dass innerhalb der Gothic-Kultur manchmal eine noch schärfere Absonderung gegenüber ideologisch nicht deckungsgleichen Ideologien vollzogen wird. Angesichts der üppig formulierten Kritik, mit welcher einige Mitglieder gewissen Ausfächerungen der Subkultur begegnen, muten die einzelnen Verästelungen wie Subsubkulturen in einem breiteren übergeordneten Gefüge einer Subkultur an.

Die aufkommende Kommerzialisierung der Gothic-Kultur, ihre modische und musikalische Ausschlachtung, hat den Groll vieler Stimmen geschürt. Viele Gothics können sich nicht mehr mit der heutigen ‚Szene’ identifizieren. Das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Gothic-Kultur verwelkt und erscheint als leere Hülse. Die Frage drängt sich auf, welches die Ursachen sind, die immer wieder turbulente und fulminante Szenendiskussionen entfachen lassen. Und weiter: Wie diskutieren die Anhänger/-innen der Gothic-Kultur die Kontroverse zwischen einer konsumorientierten Hingabe an das Vorderste und der Ideologie eines Individualismus für sich aus? Wie gestaltet sich ein persönlicher Selbstentwurf, welcher von einer ständigen Standortbestimmung in diesem Gefüge – durch sich selbst oder durch andere Stimmen – rhythmisiert wird?

Klischeeträchtige Eigenschaften, wie Weltschmerz und Todessehnsucht werden den Gothics nicht nur von Stimmen außerhalb, sondern auch innerhalb der Subkultur zugeschrieben. Gegen solch plakative Aushängeschilder der Subgruppe sträuben sich viele Mitglieder, und sehen in ihnen eine Bedrohung für die Authentizität der Subkultur. Wenn Cohen in seiner Theorie der Subkultur festhält, dass sich eine Subkultur dort bildet, wo die übergeordnete Stammkultur keine Lösungsstrategien für gemeinsam rezipierte Widersprüche innerhalb der Gesellschaft anbietet 2 , gesellen sich in der Gothic-Kultur auch ‚szeneninterne’ Diskrepanzen dazu. Vorliegende Arbeit untersucht, wie sich die Subkultur mit den Kontroversen in den eigenen Innereien auseinandersetzt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Beleuchtung der unterschiedlichen Geisteshaltungen in der Gothic-Kultur kein neutraler Standpunkt sein kann. Denn das Wahrnehmen und die Reflexion divergenter Gesinnungen ist immer zugleich Bestimmung der eigenen 3 und somit eine subjektive Betrachtung derer.

Stand der Forschung und Vorgehensweise

Im deutschsprachigen Raum werden Mitglieder dieser Subkultur oft ‚Grufties’ genannt. 4 Etymologisch leitet sich der Name vom „Motiv der Gruft“ 5 ab. Nach Aries ist die Gruft „ein Gewölbe […], in dem der Sarg vor direkter Bodenberührung geschützt ist“. 6 Häufig bezeichnen sich Anhänger/-innen dieser Subgruppe auch als ‚Schwarze’ 7 oder mit der englischen Bezeichnung ‚Gothics’. Vorliegende Arbeit verwendet beinahe ausschließlich den Begriff ‚Gothics’.

Schmökert man in der psychologischen Fachliteratur über diese Subkultur, so stellt man fest, dass sie die Gothics gerne in ein euphemistisches Licht stellt. Etwas allzu pathetisch wird Gothic darin oft als eine der gefühlsvollsten Jugendszenen gerühmt. Eine eigene Affinität zu dieser Subkultur aufweisend, empfinde ich eine solche Darstellung als zu überholt und zu klischeetisiert. Es scheint, dass die Jugendforschung nach dem Ausleuchten der Gründe für das schockierende Erscheinungsbild der Gothics, ein Weiterverfolgen der Subkultur unterließ. Umso kritischer und zerfleischender können dagegen der Kommentar und die Reflektion über szenenspezifische Diskrepanzen in den eigenen Reihen der Subgruppe ausfallen. Um diese Kritik in den inneren Reihen in meiner Arbeit zu tangieren, verfasste ich zwei Fragebogen, welche im Anhang einsehbar sind. Die erste klischeeträchtige Umfrage über Melancholie erntete reichlich Kritik, welche die Grundlage für die Auseinandersetzung mit szeneninternen Unstimmigkeiten im zweiten Fragebogen bildete. Beide Umfragen wurden als E-Mail an Sympathisantinnen und Sympathisanten der Gothic-Kultur in Deutschland und in der Schweiz versandt. Weitere Pfeiler meiner Informationsbeschaffung bildeten Online-Foren und Interviews, sowie die bereits erwähnte Diplomarbeit von Oliver Zimmermann. Abbildungen sind in diesem Essay keine vorhanden, da ich keine subkulturspezifischen Vorzeigeobjekte aus der Gothic-Kultur herausdestillieren möchte. Von einer Theorie der Subkultur ausgehend im 2. Kapitel, wird im 3., 4. und 5. Kapitel dieser Arbeit der Fokus zunächst auf die Entstehung und die modischen Gepflogenheiten der Subkultur gesetzt. Im 6. Kapitel wird der Brennpunkt auf die Divergenzen innerhalb der Subgruppe gerichtet.

Theorie der Subkultur

Definition der Subkultur und Jugendkultur

Es scheint mir notwendig, kurz gefasste Definitionen der hier im Text gebrauchten Begriffe anzubringen. Dabei soll im Hinterkopf behalten werden, dass die Definitionen, auf kulturelle Gruppierungen angewendet, oft zu Ungereimtheiten führen und in endlosen Debatten bezüglich ihrer Interpretationen ausufern. Definitionen sind nicht dazu da, Widersprüchlichkeiten sprachlich zu begnadigen, sondern sollen der Leserin und dem Leser eine dem/der Autor,-in ähnliche Basis schaffen für das Verständnis der verwendeten Begrifflichkeiten. Die Bedeutung von Kultur versteht vorliegende Arbeit, wie Schwendter sie einkreist: „Kultur ist der Inbegriff alles nicht Biologischen in der menschlichen Gesellschaft. Oder, anders gesagt: Kultur ist die Summe aller Institutionen, Bräuche, Werkzeuge, Normen, Wertordnungssysteme, Präferenzen, Bedürfnisse usw. in einer konkreten Gesellschaft.8

Innerhalb der Kultur formulieren sich Subkulturen aus, welche von Schwendter definiert werden als: “[…] Teil einer konkreten Gesellschaft, der sich in seinen Institutionen, Bräuchen, Werkzeugen, Normen, Wertordnungssystemen, Prä-ferenzen, […], in einem wesentlichen Ausmass von den herrschenden Institutionen etc. der jeweiligen Gesamtgesellschaft unterscheidet.“ 9

Das 1964 in Birmingham gegründete ‚Centre for Contemporary Studies’ (CCCS), untersucht und unterteilt Subkulturen anhand dessen, wie sie in einem speziellen historischen Kontext das Rohmaterial ihrer sozialen und materiellen Existenz handhaben und umsetzen. 10 Individuen, integriert in einer umfassenden Kultur, beginnen, mit gewissen Mustern der Gesellschaft zu hadern, und begehren, diesen Widerspruch kundzutun. Finden sich mehrere Vertreterinnen/Vertreter einer ausdifferenzierten Ansicht zusammen, so bildet sich ein Kollektiv, welches das wahrgenommene Paradoxon gegenüber der Hochkultur artikuliert. Diese werden von der Gesellschaft stigmatisiert, sobald sie sich ihrer gemeinsamen kritischen Grundhaltung bekennen. Der Austausch, unter Einbezug ihrer neu gefassten Einstellung, kann meist nur noch unter ihnen selber stattfinden. Es folgt eine Isolation gegen außen. Die Jugendlichen funktionieren in einer Gruppierung, da es ihnen nicht möglich ist, die Gesamtgesellschaft umzukrempeln und die Widersprüche der Allgemeinheit zu lösen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich Subkulturen überall dort bilden, wo die dominierende Stammkultur keine Lösungsmuster für die rezipierten Widersprüche innerhalb der Gesellschaft bietet. 11

Wie auch in der vorliegenden Arbeit, wird der Begriff ‚Subkultur’ oft durch den Begriff ‚Jugendkultur’ ersetzt. Baake und Ferchoff begründen dies folgendermaßen:

1. Eine eindeutige Differenzierung zwischen sogenannten primären, von ‚unten’ entstehenden Subkulturen und massenmedial, von ‚oben’ produzierten und vermittelten Modesubkulturen, ist nicht mehr eindeutig feststellbar. Der Grund hierfür liegt in einer fortschreitenden Pluralisierung, Individualisierung und Differenzierung, die in vielen Lebensbereichen zu einer Vermischung der sogenannten Sub-, Trivial- und Hochkultur führt. […]12

Der wohl am häufigsten angewendete Begriff, um ein kollektives Gefäß von Jugendlichen zu beschreiben, ist jener der ‚Szene’. Farin legt dar, dass eine Szene eine freiwillige Orientierung Jugendlicher mit ähnlichen Interessenlagen darstellt. Freiwillig bedeutet in diesem Kontext, dass die Anhänger/-innen einer Szene auf eigener Entscheidungsbasis und meist in der Freizeitgestaltung Anschluss zu einer Jugendbewegung suchen. Verbindendes Element bilden dabei vor allem Lokalitäten, die von den oftmals gleichaltrigen Jugendlichen frequentiert werden. 13

Unterteilung der Jugendkulturen

Nach Rolf Schwendter werden Subkulturen innerhalb einer Kultur in einem ersten Schritt in freiwillige und unfreiwillige Ausrichtungen unterteilt. Angehörige freiwilliger Subkulturen bekennen sich aus freier Überzeugung zur jeweiligen Gruppierung. In unfreiwilligen Subkulturen finden sich Individuen, welche von der Gesellschaft stigmatisiert in einem Gefäß zusammengefasst werden. Zu diesen Randgruppen zählen zum Beispiel Obdachlose und Heimkinder. Verfolgen wir die freiwilligen Subkulturen weiter, spalten sich diese in progressive und regressive Ausformungen auf. Progressiv verhalten sich diejenigen kulturellen Orientierungen, welche die Gesellschaft weiterentwickeln wollen. Sie greifen rezipierte Widersprüche auf, und versuchen, mittels Artikulation derselben die gesellschaftliche Entwicklung in ihrer Gesinnung voranzutreiben. Zu diesen Formen findet vor allem das intellektuelle Proletariat. Regressive Strömungen stehen für Schwendter unter einem eher reaktionären Licht. So besitzen Angehörige solcher Ausrichtungen oft völkisches Gedankengut. Ein Wiederbeleben alter Werte hebt sie von Angehörigen anderer Subkulturen heraus. Bekannte Gruppierungen regressiver Subkulturen sind Teddys, Halbstarke, rechte Skinheads, sowie Neonazis. Beleuchten wir die progressiven Ausfächerungen genauer, so lassen sich rationalistische und emotionale Ausprägungen unter ihnen finden. Emotional werden diejenigen Orientierungen bezeichnet, welche eine bewusstseinsorientierte Grundhaltung aufweisen. Beispiele hierfür sind die Gammler, Hippies und die Beatniks. Zu den rationalistisch progressiv ausgeprägten Subkulturen zählen etwa Randgruppenarbeiter, Studentenverbände und ethnische Minderheiten. In ihnen wird eine konkrete Gesellschaftsutopie (marxistisch, anarchistisch, etc.) verfolgt. 14 Vergleiche hierzu Abbildung 1 auf der nachfolgenden Seite.

Abbildung 1: Einteilung der Subkulturen

Versuch einer möglichen Einteilung der Subkultur Gothic

Meines Erachtens ist die Subkultur der Gothics vom Blickwinkel ihrer Wurzeln her am Wahrscheinlichsten in die Kategorie der emotionalen Subkulturen einzugliedern. Diese Einteilung kommt zustande, betrachtet man die Umstände, dass Anhängerinnen und Anhänger sich oft mit spirituellem Gedankengut auseinander-setzen und keine politisch einheitliche Gesinnung aufweisen. Es kann jedoch vor allem in diesen zwei Bereichen, Politik und Religion, keine verallgemeinernde Äußerung riskiert werden. Die Spiritualität in dieser Szene umfasst die verschiedensten Glaubensorientierungen. Man bedient sich meist Elemente von mehreren religiösen Ausprägungen. Im politischen Sinne war und ist die Gothic-Kultur nach wie vor eher inaktiv. Die Mitglieder verfolgen keine gemeinsame politische Idee. Gekennzeichnet ist sie von vielerlei Auffassungen, welche meist einer politischen Artikulation entsagend, sich nicht in ein einheitliches Gefäß gießen lassen. Erliegt man dem Wunsch nach Orientierungshilfe dennoch und sucht einen politischen Nenner als Stütze, um dieser Bewegung auf gewagte und verallgemeinernde Weise eine einheitliche politische Färbung zu verleihen, so sei hier auf die Ursprünge dieser Kultur hingewiesen. Die Gothic-Kultur bildete sich aus der ‚Punk-Bewegung’ heraus und nahm eine eher linkslastige politische Einstellung an.

Stil als Mittel zur Erkennung und Abgrenzung

Eine Subkultur bietet Menschen, welche eine ähnliche Grundgesinnung an sich entdecken, eine Plattform, diese zu artikulieren. Als übergeordnetes Erkennungsmerkmal, welches die Heimatlosigkeit in der Gesellschaft zu überwinden versucht, wird ein eigener Stil für diese Gruppierung geschaffen. Dieser Stil dient sowohl zur Erkennung Gleichgesinnter als auch zur Abgrenzung gegenüber anderen Auffassungen. Stil ist Teil eines sozialen Orientierungssystems. 15 Das Geflecht eines gemeinsamen Stils wird vor allem durch die in der Jugendkultur rezipierte Musik gewoben. Daneben werden Kleidung, Haartracht, Sprache sowie Lebenseinstellung einer übergeordneten Stilstrategie angeglichen. Vor allem der szenenspezifischen Kleidung ist ein identifikatorisches Moment immanent. So stellt Doris Schmidt die Vielfalt der Kleidungsstile in engen Zusammenhang mit den sukzessiven Ausdifferenzierungen von der Hochkultur. Doch Kleidung an sich ist noch kein Zeichen. Erst in Verbindung mit dem Körper, beim zur Schautragen derselben, bildet sich ein personale und soziale Bedeutung aus, welche die Kleidung zum Zeichen macht. 16 Auch die Farbe Schwarz, welche die Kleidungsgewohnheiten der Gothics stark komponiert, ist per se noch kein Zeichen mit Bedeutung. Erst in einem soziokulturellen Kontext wird der Verzicht auf eine bunte Farbpalette zu einer Zeichensprache. Im historischen Kontext der Farbe Schwarz reicht ihre Bedeutung von Trauer (Trauerschwarz), über Armut (Armenschwarz), Ordenszugehörigkeit (Mönche), Gelehrtheit (Juristen, Geistliche) bis zu Modebewusstsein (Modeschwarz). 17 Wie am Beispiel der Farbe Schwarz aufgeführt, bedient man sich in Subkulturen gewisser Ausdrucksmöglichkeiten einer Hochkultur. Man verleiht ihnen eine persönliche Bedeutung, falls sie noch keine besaßen, oder semantisiert sie um, wenn sie in einem historischen Kontext bereits Zeichen waren.

Das Schöpfen aus dem Artikulations-Fundus einer Gesamtgesellschaft, um einen eigenen Stil zu erzeugen, wird ‚Bricolage’ genannt. Dieser durch den französischen Anthropologen Claude Levi-Strauss geprägte Begriff heisst wörtlich ‚Bastelei’. 18

Der Stil einer Jugendkultur kann sich in einem modischen Ausdruck, in der Gestaltung der Haartracht, in der Farbwahl der Kleidung, in der Wahl von Literatur und Filmen und einer inneren Lebenshaltung niederschlagen. Die gewählte Ausdrucksform steht jeweils in Zusammenhang mit der eigenen Auffassung von Stil und kann nie als allumfängliches Stilelement der gesamten Subkultur betrachtet werden.

Wechselwirkungen zwischen Hoch- und Subkultur

Eine Subkultur ist ein Gefüge, welches innerhalb einer Hochkultur entstanden ist. Die Kategorisierung, welche besagt, dass sich Subkulturen in einer übergeordneten Stammkultur ausformulieren, suggeriert eine Bewegung von unten nach oben. Ausprägungen innerhalb der Mainstreamkultur drücken ihre Abwehrhaltung gegen vorgefundene Widersprüchlichkeiten aus. Diese Suggestion trifft jedoch vielfach nur beim Beginn der Ausformulierung einer Subkultur zu. Weltanschauungen, welche ‚unten’ – in der Subkultur – wirken, werden im Zuge der Kommerzialisierung von der Hochkultur aufgegriffen und als Identifikationsangebot angepriesen. In diesem Falle beobachtet man eine klare Bewegung von ‚oben’ – von der Hochkultur – nach ‚unten’ – zur Subkultur.

Um der stillen Forderung nach Identifikation gerecht zu werden, muss die Hochkultur Pakete bereithalten, welche einen Musikgeschmack mit angepasster Kleidung und Lebensphilosophie anbieten. Diese Pakete sind nur noch ideologiearme Angebote, welche wahllos in diversen Szenenshops für Anhängerinnen und Anhänger werben. Sie proklamieren, dass man sich mit einer Szene oder Subkultur zu identifizieren hat. Dabei findet meist kein Liebäugeln statt, bei dem man abtastet, ob man wirklich Affinitäten zur entsprechenden Gruppierung aufweist, sondern eher eine Art gegenseitiges Einverleiben, bei dem man seine Weltanschauung dementsprechend zurechtrückt, dass man unweigerlich in diese Szene rutschen muss. Viele Noten einer Bewegung werden bei der Vermarktung um eines besseren Absatzes Willen übergangen. Wurde zum Beispiel eine Bewegung von Rebellion, Unsicherheit, Illegalität und manchmal auch Gewalt geprägt, muss sie für ihre Vermarktung in eine abgesicherte Hülse gebracht werden, welche in ihrer harmlosen Verpackung nichts mehr von ihrem einstigen Willen zum Widerstand ausdrückt.

Zuhause kann man in wohlbehüteter Atmosphäre einschlägige Fanzines und andere Publikationen einer Musikausrichtung zücken, und sich Anleitungen zum adäquaten Verhalten in der entsprechenden Szene zu Gemüte führen. Diese Unterweisungen in einen szenentypischen Stil beinhalten jeweils nicht nur Kleidung und Haartracht, sondern geben auch Auskunft über die Weltanschauung und Gesinnung der Szenenmitglieder. Mit der Berichterstattung über eine Subkultur werden immer auch Lehrmittel geschaffen, mithilfe derer Aussenstehende sich diese Subkultur aneignen können.

Wird der Stil einer Subkultur zu einem kommerziellen Massenphänomen, bei dem man die Ursprungswerte der Bewegung durch die Vermarktung des Stils abgetauscht sieht, wird die Gegenbewegung dazu ins Leben gerufen. Man grenzt sich gegen diese Kommerzialisierung ab, beruft sich auf ursprüngliche Werte und – oder kreiert eine neue losgelöste Ausfächerung innerhalb der Kulturgruppe. Am Beispiel der hier behandelten Subkultur bedeutet dies, dass Anleitungen mit dem Titel ‚wie werde ich Gothic’ umgeschrieben werden zu gegenwirkenden Unterweisungen, deren Inhalt aufzeigen, vor welchen Verhaltensmustern man sich hüten muss, um nicht als ‚Pseudo-Goth’ abgestempelt zu werden. Damit wird unweigerlich ein neues Lehrmittel geschaffen, welches die Szenenmitglieder dazu bewegen soll, sich gegen kommerzialisierte Züge innerhalb der Szene abzugrenzen.

Hier soll noch einmal verdeutlicht werden, dass vorliegende Arbeit versucht, verschiedene Auffassungen der Gothic-Kultur aufzuzeigen, und kein Verkitten aller Ausprägungen anstrebt, – welches sich sowieso nur als Persiflage herausstellen würde.

Geschichte und Entstehung der Subkultur Gothic

Vorläuferbewegung: die Punks

Wie für viele Jugendkulturen leisteten die Punks, deren Entstehung um 1976 angesetzt wird, auch für den Goth-Stil ästhetische Pionierarbeit. 19 Die Punks, dessen Namensgebung ins Deutsche übersetzt soviel wie etwa ‚Mist, miserabel, nichts wert’ bedeutet, zeichneten sich durch ihr No-Future-Lebensgefühl und durch den sogenannten ‚Müll-Look’ aus. Die favorisierte Lederjacke musste bereits beim erstmaligen Tragen durch Spuren der Abnutzung und des Verfalls einen Blickfang darstellen. Jeanshosen, Lederminiröcke, Netzstrümpfe und andere Bekleidungstücke wurden mittels Durchlöchern und oft durch anschließendes Flicken mit Sicherheitsnadeln ins rechte Müll-Licht gerückt. Neben Sicherheitsnadeln wurden auch Hundehalsbänder, Rasierklingen und Ketten als
Schmuckelemente eingesetzt. Als die radikalsten jugendkulturellen Zeichenbrecher haben sie zur Ausschmückung ihres Outfits sich des Hakenkreuzes bedient, es jedoch nicht aus Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankengutes getragen, sondern lediglich um zu schockieren. Die Punks negierten die ursprüngliche rechtsradikale Bedeutung des Hakenkreuzes und wandelten es in ein Schockzeichen um. Symbol und Symbolisiertes wurden aus ihrem Zusammenhang gerissen. Damit gehören die Punks zu den Wegbereitern der Bricolage-Technik von Jugendkulturen (unter 2.4. ‚Stil als Mittel zur Erkennung und zur Abgrenzung beschrieben’). 20 Dieses Kokettieren mit etablierten und bekannten Symbolgehalten wurde für die spätere Gothic-Bewegung zu einer zentralen Technik der Artikulation. Repräsentativ für die Punk-Musik stehen Formationen wie etwa die ‚Sex Pistols’ oder die ‚Dead Kennedys’.

Entstehung der Gothic-Bewegung

Die Musik der Punks wurde im Zuge der Kommerzialisierung ausgeschlachtet. Bekannte Labels, welche durch ihre Zahlungskraft die Punkbands einem viel breiteren und grossflächigeren Publikum feilbieten vermochten, übernahmen das Zepter in der Punk-Musikindustrie. Viele der ursprünglichen Musikformationen waren für unabhängige Labels finanziell nicht mehr tragbar. Ur-Punk und vermarkteter Punk klafften auseinander. Genauso verhielt sich die Punk-Mode. Vivienne Westwood bot als erste Modedesignerin Kleider mit vorgefertigten Löchern und Rissen auf dem Modemarkt an. 21 Der Kleiderstil wurde damit zu einem allgemeinen Modephänomen. Vom ‚United Kingdom’ exportiert, konnte sich nun ein viel breiteres und Landesgrenzen überschreitendes Publikum mit diesem Stil zieren. (Auch heute wird unser Auge beim Anblick angebotener Kleidungsstücken in Verkaufsläden von Stilelementen gereizt, welche direkt dem Kleidungsstil der Punks entnommen sind. Dies ganz im Sinne von: ‚Was in den Anfängen einer Subkultur die Gesellschaft zu schockieren vermochte und sie in Atem hielt, erfreut sich in kurzer Bälde einem modischen Schick.’) Diese zwei Sachverhalte brachten ein entfremdetes Produkt der Punk-Bewegung hervor, den so genannten ‚Nobelpunk’, welcher das Lebensgefühl der Punk-Bewegung zu imitieren suchte, es sich jedoch eher erkaufte.

Die Weiche der Punk-Kultur wurde immer mehr in Richtung Kommerzialisierung gestellt. Gegen Ende der 1970er Jahre entwickelte sich der ‚New Wave’. Die Wurzeln der ersten Bands dieser neuen Musikrichtung stammten aus der Punk-Bewegung. 18 Musikalisch wie auch modisch unterschieden sich die New-Waver jedoch von den Punks, indem sie der schmutzigen Ästhetik der Punk-Bewegung eine kalte und künstliche Ästhetik entgegensetzten: „Kalte und künstliche Materialen wie Neonlicht, Stahl, Spiegel und Gumminoppenböden lassen die Gemütlichkeit der Hippie-Disko hinter sich“. 18 Kleidungsspezifische Präferenzen dieser Bewegung bildeten Anzüge der 50er Jahre mit breiten Schultern und schmalen Revers. Eine von oben nach unten enger werdende Hose und hoch toupierte, oft schwarz gefärbte Haare mit ausrasierter Nackenpartie komplettierten ihren Look. Das Gesicht wurde meist weiß geschminkt. Wiederum bedienten sich die New-Waver der erläuterten Bricolage-Technik: Sie wühlten in den Kleiderschränken der überkorrekten Büroangestellten, semantisierten diese Kleidungsstücke um, und hielten der spiessbürgerlichen Gesellschaft einen kritischen Spiegel vor; – Irritation durch vollendete Imitation. 22

Insbesondere Robert Smith von ‚The Cure’ bestach neben vorher genannten Merkmalen vor allem auch durch seine Androgynität und prägte die neu entstandene Szene wesentlich. Für den weiblichen Teil der Waver bildete die Sängerin von ‚Siouxsie and the Banshes’ mit ihrem düsteren Aussehen einen modischen Orientierungsmasstab. Musikalische Repräsentanten des New-Waves und des düsteren Dark-Waves sind die frühen ‚Depeche Mode’ (GB), ‚Joy Division’, ‚Ultravox’ und ‚Bauhaus’. 18

Der Zeitpunkt, ab welchem der Begriff ‚Gothic’ als Schmelztiegel für die neu aufkommenden Musikrichtungen gebraucht wurde, ist zeitlich nicht genau erfassbar. Einige Stimmen besagen, dass der Ausdruck ‚Gothic’ zum ersten Mal in einem Fernsehprogramm der BBC im Jahre 1978 vom Manager der Band ‚Joy Division’ gefallen war. Das Wort ‚gotic’, in Englischer Sprache ‚gothic’ stammt von einem indogermanischen Stamm Europas, welcher sich mit vielen anderen Völkern vermischt hat. Später wurde dem Begriff eine architektonische Bedeutung verliehen und beschrieb die Baukunst ‚Gotik’, welche zwischen den beiden Stilepochen Romantik und der Renaissance vorherrschte. Dem Worte ‚barbarisch’ nahe kommend, schwingt dem Wort ‚gotik’ eine ähnlich denunzierenden Konnotation mit. Zu diesen zwei geschichtlichen Abrissen historisch semantischer Blickweise auf den Begriff ‚gothic’ gesellt sich ein weiterer hinzu: die Rückbesinnung auf vergangene Zeiten, angesiedelt in der Romantik- Ära im 18. und 19. Jahrhundert. In dieser Zeit, als die Elektrizität und die Dampfkraft die industrielle Revolution vorantrieben, bauschte sich die Romantik mit ihrer Sehnsucht und ihrem melancholischem Hang zu früheren Zeiten als Gegenbewegung zu einem verindustrialisierten Leben auf. Die Literatur dieser Zeit ist stark durchzogen von Schwermut, Sehnsucht und phantastischen Weltenbildern. Als ein Beispiel dafür sei hier die Erzählung ‚der Sandmann’ von E.T.A. Hofmann aufgeführt. Solche Schauergeschichten wurden bezeichnenderweise ‚Gothic-Novels’ genannt. 23 Auch die Subkultur Gothic, weist stark romantische Züge auf. Wie die schwedische Band ‚Covenant’ die Lyrik des Werkes ‚Der Leiermann’ von Franz Schubert übernommen hat, zeugen auch viele Songtexte anderer Musikformationen von Anleihen an die romantische Literatur.

Wurde der Begriff ‚gothic’ in Großbritannien und in den USA bereits ab den frühen 1980er Jahren für die neue Musiksparte verwendet, setzte er sich in Deutschland erst gegen Ende der 1980er Jahren durch. Und auch heute noch wird zum Teil der Begriff ‚wave’ anstelle von ‚gothic’ als Sammelbegriff für düstere musikalische Klänge verwendet. Die Journalisten haben das Wort ‚gothic’ schnell in ihren Jargon aufgenommen und wendeten es auf eine Vielzahl verschiedener Bands der frühen 1980er Jahre an. Dabei wurden in den Medien die Betitelung ‚gothic’ zum Teil ziemlich willkürlich verteilt. So wurde der Musikstil der Band ‚Southern Death’ zum Gothic ‚geschlagen’, obwohl ihre Musik nicht wie die damaligen Gothic-Formationen klang. Ihre schwarze Kluft, und der dazu getragene Silberschmuck stimulierten die Journalisten, sie in die Ecke des Gothics zu stellen. Der Klangteppich der ‚Fields of Nephilim’ (GB) war unterschiedlich ausgelegt, verglichen mit der heute viel erwähnten Gothic-Ikone ‚Sisters of Mercy’. Nichtsdestotrotz wurden beide ‚gothic’ genannt. Auch die Motivation und Gesinnung waren nicht ausschlaggebend, ob man in die Sparte des Gothics eingereiht wurde. So löste sich Wayne Hussey von seiner Band ‚Sisters of Mercy’ und gründete mit völlig anderen Beweggründen ‚The Mission’, eine Band, welche ebenfalls als Ikone in die Geschichte des Gothics eingegangen ist.

Musik der Gothic-Szene

Als wichtige Basis einer jeden Jugendkultur kann sicherlich eine gemeinsame Musikorientierung betrachtet werden. Wie die Subkultur selbst, entwickelt sich die rezipierte Musik immer weiter und spaltet sich bald in musikalische Subgenres auf. So fächerten sich aus der Ursuppe des Gothic, dem Gothic-Rock mit bereits erwähnten Formationen wie etwa ‚Sisters of Mercy’ oder ‚Fields of Nephilim’ immer differenziertere Musikstile aus. Harte Gitarrenriffs aus der Metalltradition, sakrale Klänge aus klassisch orientierter Musik, synthetische Rhythmusgebung durch Drumcomputer, sowie zerschneidende Klänge industriellen Maschinenlärms vermengten sich mit dem ursprünglichen Gothic-Rock und brachten neue Stilrichtungen hervor. Die Frage nach dem gemeinsamen Nenner der verschiedenen musikalischen Ausrichtungen ist kaum herausdestillierbar. Die Musik kann düster, schwermütig, krachend oder morbid sein. Sie kann auch rituell anmuten mit sich immer wiederholenden Klangteppichen. Manchmal erinnert sie an das Mittelalter, und kann mitunter auch ganz heiter ausfallen. Die Frage, wo fängt Gothic oder Wave an, und wo hört er auf, wird innerhalb der Szene selber des Öfteren heiss debattiert. Die Diskussionen um den Gothic-Begriff verstricken sich dabei manchmal in ähnlicher Form, wie es Aussprachen über die Frage ‚Was ist Kunst?’ tun. Viele Gothic Bands lassen sich nicht eindeutig in die nachfolgend aufgeführten Subgenres einreihen. Einige von ihnen widersetzen sich jeglicher Klassifizierung.

Gothic-Rock

Stellvertretend für dieses Musikgenre sind die im Text bereits erwähnten Bands ‚Sisters of Mercy’, ‚Fields of Nephilim’, ergänzt durch ‚Marionettes’ (GB), ‚Inkubus Sukubus’ (GB) und ‚(Clan of) Xymox’ (NL). Die Musik ist Gitarren-orientiert und von düsteren Klängen durchsetzt. Die Formationen dieser Richtung werden oft als Pioniere der Gothic-Kultur betrachtet. Doch auch heute zeichnen sich zeitgenössische Bands durch eine ähnliche musikalische Ausprägung aus: ‚Faith & Muse’ (USA) und ‚London After Midnight’ (USA) berufen sich auf das Musikkonzept des Gothic-Rock. 18

Electronic Body Music (EBM), Industrial und Industrial Noise

Die musikalischen Wurzeln von EBM, Industrial und Industrial Noise gehen auf elektronische Musikformationen der 1970er und frühen 1980er Jahren zurück. Zu erwähnen seien hier ‚Kraftwerk’ (D), ‚Cabaret Voltaire’ (GB), nach einer Schweizer DadaGruppierung benannt, sowie die deutschen ‚DAF’ (‚Deutsch-Amerikanische-Freundschaft’) und ‚Krupps’ (D). Die musikalischen Grundzüge dieser Elektronik-Bands weiterverarbeitend rief die belgische Band ‚Front 242’ ein neues Musikkonzept ins Leben, bekannt als ‚EBM’. Von dieser Formation geprägt, entstanden viele neue Musikgruppen wie etwa ‚The Klinik’ (B) oder ‚Suicide Commando’ (B). EBM bedient sich kalter elektronischer Klänge und reduzierter Beats. Die harten Rhythmen erinnern oft stark an Techno-Beats. In neuerer Zeit wurde eine weitere musikalische Ausfächerung elektronischer Musik festgelegt: Die britische Band ‚VNV Nation’ vereinte Zitate von grossen EBM-Bands mit eingängigen Melodien, und unterlegte diese mit einem tanzbaren Beat. Da sie ihre Musik nicht in die Schublade von ‚EBM’ oder ‚Electronic’ abschieben lassen wollten, riefen sie einen neue Stilbezeichnung für ihre Klangweise in die Welt der elektronischen Musik: ’Future-Pop’. EBM und Future Pop finden bei einigen Szenengänger/-innen grossen Anklang, werden jedoch von anderen Stimmen wegen ihrem technoiden Anklang kritisch abgelehnt und manchmal als der Gothic-Musik nicht angehörig deklariert. Industrial und Industrial Noise reichern ihren musikalischen Bodenbelag mit nichtinstrumentalen Geräuschen verschiedenster Schallquellen an. So haben ‚Throbbing Gistle’ (USA) 1976 ihrem musikalischen Ambiente Publikums-Beschimpfung beigemischt. Weiter Beispiele für dieses Musikgenre finden sich in den Musik-Formationen ‚P.A.L.’ (D) und ‚Ungeist’ (D). 18

Dark Wave und Synth(ie)pop

Dark Wave benutzt ähnliche Grundstrukturen wie die Wave-Musik der 1980er Jahre, klingt jedoch erheblich düsterer. So wird die transparente Klangstruktur des Dark Waves oft von düsterem Gesang untermalt. Vor allem in Deutschland erfreuen sich Bands dieser Musiksparte einer grossen Beliebtheit. Die Gruppe ‚Wolfsheim’ (D) erlangte in Deutschland einen Bekanntheitsgrad, welcher über die Gothic-Szene hinaus in andere Musiksparten hallte. Oft schleichen sich in solche Musikprojekte auch mittelalterliche Anklänge ein, so geschehen bei den Musikformationen ‚Deine Lakaien’ (D), ‚Sopor Aeternus’ (D) und dem Soloprojekt von Ernst Horn (Deine Lakaien) unter dem Namen ‚Qntal’ (D), welches mittelalterliche Lieder neu vertont. Unter der Bezeichnung ‚Neue deutsche Todeskünstler’ sammelt sich Musik, welche sich ausschliesslich der deutschen Sprache bemächtigt. Beispiele hierfür bieten die Bands ‚Das Ich’, ‚Goethes Erben’ oder ‚Relatives Menschsein’. Der Synthesizer stand Pate bei der Namensgebung der Sparte ‚Synthpop’ oder ‚Synthiepop’. Unter diesem Etikett waren in den frühen 1980er Jahren ‚Soft Cell’ (GB) und ‚Ultravox’ (GB) erfolgreich. Zeitgenössische Repräsentanten für diesen Musikstil sind ‚Mesh’ (GB), ‚And One’ (D) und ‚S.P.O.C.K.’ (D). 18

Neo-Folk, Dark-Folk, Mittelalter und Ritual

Neo-Folk gründet auf traditionelle Volksmusik. Diese wird umgeschrieben und zum Teil elektronisch untermalt. Die rudimentären Klänge der akustischen Instrumente übersteigen dabei jedoch meist die Wichtigkeit der Präsenz elektronischer Soundgebilde. ‚Sol Invictus’ (GB) und ‚Ordo Equitum Solis’ (IT) sind als Beispiele hierfür zu erwähnen. Möglichst authentisch und oft mit historisch rekonstruierten mittelalterlichen Instrumenten versuchen einige Formationen, die Musik des Mittelalters in die heutige Zeit hinüberzuführen. ‚Estampie’ (D) und ‚Freiburger Spielleyt’ (D) sind Vertreter dafür. Daneben findet sich die Ritual-Musik von Bands, wie ‚Blood Axis’ (USA) und ‚der Blutharsch’ (D).

Kleidungsstrategien der Gothics

Im Folgenden wird auf die vestimentären Gepflogenheiten der Gothics und auf die Deutung der verwendeten Symbolik eingegangen. Die umfangreiche Behandlung dieses Kapitels erhält ihre Berechtigung dadurch, dass im 6. Kapitel, ‚Der (Nicht)vorhandene Nenner’, die von Szenenangehörigen formulierte Szenenkritik ziemlich häufig im Bereich der Mode angesiedelt ist.

Die meisten Gothics bekunden, mit ihrer Kleidungsstrategie die Absicht zu verfolgen, dass die Öffentlichkeit sie in Ruhe lässt. Doch gelingt ihnen dies insbesondere nicht immer, da die schwarzgewandeten Gestalten mit der klischeehaften Vorstellung von ‚Jungsein’ brechen, nach der junge Menschen – meist in froher bunter Farbenwelt – vor allem auf Spaß und Vergnügen aus sind. Daher fallen Schwarzkostümierte in erster Linie vor allem auf.

Die vestimentären Gewohnheiten innerhalb der Szene unterscheiden sich ähnlich wie die im 4. Kapitel beschriebenen Musikstile stark voneinander. Im Allgemeinen wird ein recht hoher Kleideraufwand betrieben. Oft werden hohe Kosten in Kauf genommen, um ein ausgefallenes Kleidungsstück in einem einschlägigen Szeneshop oder per Versandkatalog zu erlangen. Wie alle anderen Modeströmungen ist auch die Kleidungsstrategie der Gothics dem Wechselcharakter der Mode unterstellt. Heute erblickt man kaum mehr ein Gothic, der sich kleidet, wie dies die Schwarzgewandeten der 1980er Jahren getan haben.

Zwischen den Ländern zeigen sich ebenfalls spezifische Unterschiede im Kleidungsstil: Gilt Schwarz als gängiges Erkennungsmerkmal der Szenen-angehörigen in Deutschland, der Schweiz und in Österreich, so fallen in London Szenengänger/ -innen im bekannten ‚Gothic-Tempel’ ‚Slimelight’ mit außerordentlich bunt ausgefallenen Kostümen auf. Augenfälligen Anklang findet dort auch der Einbezug von Neon-Farben. Haartracht, Fingernägel, Nietenhalsbänder, Gesichts-Schminke, sowie Kleidungskluft weisen oft einen Farbstoff auf, welcher im UV-Licht einen grellen Schein erzeugt. Der in London verbreitete Tanzstil ist dementsprechend auch sehr extrovertiert angelegt, sollen doch die vom UV-Licht in der Dunkelheit erleuchteten Blickfänge bei der schwungvollen Bewegung anhaltende Spuren auf der Netzhaut des Auges hinterlassen. Gewisse Gestalten kleiden sich nach dem ‚Cybergoth-Stil’, welcher sich vor allem im Einsatz von programmierbaren, grell blinkenden Computerscreens auf Kleidungsstücken manifestiert. Wurde die Farbe Schwarz als gemeinsame Abgrenzungsstrategie entdeckt, als Anfang bis Mitte der 1980er Jahre eine bunte Farbenwelt die Mode diktierte und Neon-Farben sehr angesagt waren, scheint sich heute in London die Gothic-Szene einer Wiederaufnahme der verworfenen Farbenwelt anzunehmen. Auf dem ‚Camden-Market’ bieten sich denn auch alle Accessoires und Kostüme an, um sich im adretten Cybergoth-Stil einzukleiden. Es fällt auf, dass hier der Begriff ‚gothic’ ein viel offener ist, als beispielsweise in Deutschland oder in der Schweiz. Die Eigenschaft ‚gothic’ wird nicht nur der Gothic-Szene verliehen, sondern auch andere Strömungen können durchaus mit diesem Begriff ausgeschmückt werden. In der Sprache von Werbeplakaten und zum Kauf lockenden Slogans, erhält ‚gothic’ manchmal die Bedeutung von schick, in oder exquisit – eine Konnotation, welche dem Wort ‚funky’ gleicht, welches seinerseits ja auch oft für die sprachlich Untermauerung von Trends herhalten musste, bzw. muss.

Im Gegensatz zu London, zeigt sich die Szene in Deutschland und in der Schweiz viel verhaltener und äußert sich insgesamt (immer noch) als ziemlich unbunte Schar.

Individueller Stil

Die viel gerühmte Individualität und Vielfalt im Kleidungsstil wird oft polemisiert in der Gothic-Szene: ‚Schwarz ist nicht gleich schwarz’ ist eine oft gehörte Aussage, welche im vestimentären Sinne gedeutet, dazu auffordert, den Kleidungsstil der Gothics nicht bloss zu kopieren, sondern ihn mit einer individuellen Note zu ergänzen.

Die Kritik der abgelehnten Modestilistinnen und Modestilisten ist implizit auch Kritik des Eigenen, durch die das eigene Selbstbild zu wanken beginnt, und eine neue persönliche Auslegung des Goth-Stils fordert. Dabei ist die Lösung in den Subkulturen immer wieder ähnlich: Die Bedeutung der äußeren Stilattribute wird nicht geleugnet, doch werden diese auf einer tiefgründigen dahinterliegenden Haltung aufgezogen.

Ein bloßes Zur-Schau-Tragen seiner ausgefallenen Gewandung wird nicht gebilligt, ohne dass ein gefestigtes Weltbild und eine ausgereifte Gesinnung damit verbunden werden können. Es wird zur Vorsicht gemahnt im Umgang mit Gruppenstereotypen, in denen Individualität in einer Art Gruppenselbst ausgelöscht zu werden droht. 24

Vermag man mit den vestimentären Strategien der Gothic-Szene, sich von der Allgemeinheit abzugrenzen und daraus hervorzustechen, so droht gleichzeitig ein erneutes Untergehen in eine modische Konformität, – jener der Subkultur. Der Ausdruck des Besonderen geht verloren, bevor man ihn entwickeln konnte.

Szenengängerinnen und Szenengänger, welche zu großes Augenmerk auf ihr modisches Erscheinen legen, werden von vielen Angehörigen der Szene gemieden und stigmatisiert. So haben Wörter wie ‚Pseudo-Goth’ oder ‚Mode-Gruftie’ Eingang in den Szenenjargon gefunden, um Gestalten zu bezeichnen, welche die Kleidungsgewohnheiten der Gothics hauptsächlich dazu verwenden, um sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Szene aufzufallen.

Man distanziert sich von einem stereotypen modischen Aushängeschild der Szene, kann jedoch gleichzeitig diesem nicht vollends entkommen. 24 Denn der Fundus, aus dem man Elemente für seinen eigenen Stil schöpfen kann, liegt bereits in vorgefertigter Form bereit. Neue vestimentäre Impulse finden auch meist nur dann Eingang in diesen Fundus, wenn sich die Szene im modischen Sinne kreuzt mit einer anderen Subkultur. Dies ist zum Beispiel geschehen, als sich der Kleidungsstil der Gothics immer mehr mit dem des SadoMaso-Stils vermengte. Lack und Leder, sowie metallene Beschläge und Ausschmückungen, welche an Bondage-Instrumente erinnern, wurden im Zuge der Durchmischung dankbar von den Gothics aufgegriffen.

Zusammenfassend sei festgehalten, dass Individualität in der Subkultur Gothic einen zentralen Aspekt des Selbstentwurfes bildet. Diese Ideologie beinhaltet die Aufforderung, sich von bereits vorgefertigten modischen Stilen innerhalb der Jugendkultur abzugrenzen. Dabei besteht die Gefahr, dass der Schrei nach Einzigartigkeit als eine Doktrin zurückhallt, mit der sich die anfängliche Individualität zu einer Uniformität wandeln kann, von der es sich erneut zu distanzieren gilt.

Die Farbe Schwarz im historischen Kontext

Um die Bedeutung der Farbe Schwarz für die Gothic-Szene verstehen zu können, reicht eine bloss auf die Gegenwart bezogene Betrachtung nicht aus. Deshalb soll im nachfolgenden Teil, das prozesshafte Werden der Bedeutung von Schwarz historisch erschlossen werden. Die Assoziationen zur Farbe Schwarz fallen in unserem Kulturkreis unabhängig von ihrem Anwendungsbereich durch eine meist negative Vorstellung auf, wohingegen Weiss eher positive Gedankenverknüpfungen weckt. Diese konnotative Gegensätzlichkeit wird von farbpsychologischen Untersuchungen gefestigt. Zunächst sei auf die Anwendung dieser Farbe in unserem Sprachgebrauch hingewiesen, da im Vokabular einer jeden Sprache historische Bezüge anklingen. Das Schwarz fungiert in der Sprache als Farbe des Bösen (‚schwarze Seele’ oder ‚‚jemanden anschwärzen’) oder des Unglücks (‚schwarzer Peter’, ‚schwarzer Freitag’). Eine pessimistische Note schwingt bei
den Wortgebilden (‚schwarz malen’, ‚schwarz sehen’) mit. Daneben kann Schwarz in unserer Sprache auch auf Illegalität hinweisen (‚Schwarzarbeiter’, ‚Schwarzfahrer’, ‚Schwarzmarkt’). In den Gepflogenheiten der Mode drückt Schwarz Trauer aus (schwarze Trauerkleidung) oder wird mit Macht verknüpft (schwarze Amtsroben der Richter). 25

„Zunächst sind Farben keine Zeichen“ 26, sie sind also auch nicht Bedeutungsträger. Erst in einem soziokulturellen Kontext werden sie zu solchen. 27 Die Redensart ‚Farbe bekennen’ suggeriert, dass mit einer Farbe eine gewisse Zugehörigkeit ausgedrückt werden kann. So war die schwarze Piratenflagge früher ein Bekenntnis zur Piraterie und Freibeuterei. Beim Zweikampf im mittelalterlichen Rittertum verdeckte mancher Reiter sein farbiges Wappen, um sein Identität nicht preiszugeben. 28Die Kommunikation im Rahmen einer Kleidungsstrategie erfolgt also zu einem bedeutenden Teil über Farbe. Symbolische und soziale Bedeutung der schwarzen Farbe seien an dieser Stelle in geraffter Form historisch dargelegt: Europa im 13. Jahrhundert bezeugt vor allem Schwarz, zum Teil auch Weiß als Trauerfarbe. 29 Die Trauerkleidung verhüllte den eigenen Körper, man verzichtete gleichsam auf die eigene eitle Selbstdarstellung. Dieses Verhüllungsmoment erscheint manchmal auch bei Kostümen der Gothic-Szene, doch ist es eher fragwürdig, ob hier die Bedeckung mit schwarzen Gewändern einer Zurücknahme seiner selbst gleichkommt. Im Unterschied zum heutigen Tragen von Trauergewändern, welches sich oft nur auf den Tag der Beerdigung beschränkt, ersetzte die Trauerkluft früher meist über mehrere Jahre die Alltagskleidung. In diesem Kontext verdeutlicht die Farbe Schwarz Modeabstinenz.

Beleuchtet man das Mittelalter, so wird man konfrontiert mit der Bedeutung des gefärbten oder ungefärbten Schwarz als ein Erkennungszeichen des unteren Standes und der Armut. Der Adel dokumentierte seine Macht beinahe ausschliesslich mit farbigen Kleidern.

Als Farbe der Läuterung wurde Schwarz im Spätmittelalter von Mönchen als Ordensschwarz getragen. Sie knüpften damit an die Armutssymbolik dunkler Kleiderfarben an und gesellten sich mit ihrer Kleidungsstrategie zu den Ärmsten der Ärmsten. Schwarz evozierte Armut, doch konnte die Stoffwahl und dessen Beschaffenheit für die Mönchskutten nicht darüber hinwegtäuschen, dass oft Genuss von Luxus und Freude an Äusserlichkeiten leitende Motive dieser Kleiderordnung waren. 30 Im geistlichen Rahmen sollte die dunkle Farbgebung der Kutte einen introvertierten Rückzug von der Aussenwelt demonstrieren. Beispiele von Orden, die sich diese Kleidungsstrategie zugrunde legten sind die Benediktiner, die Augustiner-Eremiten und die Jesuiten. 31

Die protestantischen Geistlichen predigten in schwarzer Amtskleidung zur Zeit der Renaissance und Reformation in Deutschland. Sie bezeugten damit ihre Abgrenzung zur Gesinnung der katholischen Kirche, dessen Würdenträger bezeichnenderweise farbiges Ornat auf der Kanzel trugen. Farbige Ordenskleider bedeuteten zu dieser Zeit eine größere Gottesnähe. Mit der Wahl von Schwarz symbolisierten die evangelischen und protestantischen Geistlichen, mit der gleichen Gottesnähe beschenkt zu sein, wie die gläubigen ‚Laien’ selber.

Zur Farbe der Mode wurde Schwarz auserkoren, als sich am burgundischen Hof Philipp der Gute (1419-1467) über die Doktrin der leuchtenden Farben als Kolorit für die Herrschenden hinwegsetzte, und sich schwarz einzukleiden begann. Diese farbliche Neuorientierung bestand nicht in einem Sympathisieren mit den unteren Schichten der Gesellschaft, sondern bekundete seine persönliche Präferenz. Erstmals wurde die soziokulturell gefestigte Symbolik von Schwarz gebrochen. Schwarz wurde zur Modefarbe, welche auch in Italien großen Anklang fand. 32 Als in der Zeit der spanischen Mode ebenfalls Schwarz als Hofetikett übernommen wurde, breitete sich die Modefarbe Schwarz in ganz Europa aus. Nach der französischen Revolution wurden die farbig leuchtenden Standestrachten abgeschafft, und der schwarze Tuchrock wurde zum „Ehrenkleid des Bürgers erhoben“. 33 Die einstige Deutung von Schwarz wurde umsemantisiert. Schwarz wurde nicht mehr als Erkennungszeichen des niederen Standes gedeutet, sondern verwies neu auf Demokratie.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert erhielt die Modefarbe Schwarz umfänglich Einzug in die vestimentären Sitten der Gesellschaft, so dass sie als „schwarze bürgerliche Uniform“ die Farbgebung diktierte für die Kleidung aller Anlässe in der Lebenswelt von Männern. In der Kleiderwelt der Frau etablierte sich Schwarz als Ausdruck von Raffinesse und unauffälliger Eleganz. 34

In den 1950er Jahren, als die Mode wieder von bunteren Farbgebungen geprägt war, grenzten sich Anhängerinnen und Anhänger des Existentialismus durch schwarze Kleidung ab, und brachten damit ihren Nihilismus und ihre Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck.

Die Bedeutung von Schwarz für die Gothic-Szene

Die Gothics kokettieren offensichtlich mit den soziokulturellen Bedeutungen der im vorhergehenden Kapitel aufgeführten historischen Bezügen von Schwarz. Indem man sich schwarz kleidet, kleidet man sich auch mit den etablierten Aspekten der Farbe ein. Die Anhänger dieser Szene sind sich der kulturellen Besetzung der Farbe bewusst und setzen sie auch beabsichtigt ein. Als Ausdruck der Leere und des ausgebrannten Inneren greifen sie auf die nekrophilie Bedeutung von Schwarz als Trauerkleidung zurück. Ob der Sinnlosigkeit des Lebens und der Ohnmacht, etwas daran zu ändern, bleiben nur noch Resignation und Trauer, welche in dieser Farbe ausgedrückt werden. In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass viele Szenengänger/-innen betonen, dass Schwarz für sie eine Artikulation ihrer Melancholie sei. So bedeutet doch ‚Melancholie’ vom Griechischen ins Deutsche übersetzt ‚der schwarze Saft der Galle’.

Wie eine Mehrzahl der Szenenmitglieder bekunden, verhilft ihnen die schwarze Kluft dazu, dass sie von der öffentlichen Allgemeinheit in Ruhe gelassen werden. Diese Absicht kann jedoch nicht pauschalisierend der ganzen Subkultur zugeschrieben werden. So ziehen einige schwarz gewandeten Gestalten, welche in der Öffentlichkeit auffallen und Aufsehen erregen wollen, offenkundig Nutzen aus der beschriebenen Kleidungsstrategie. Jene, die sich durch die düsteren Gewänder abzugrenzen wünschen, berufen sich auf den Abgrenzungseffekt der Farbe Schwarz, wie es schon verschiedene Orden mit ihrem schwarzen Ornat getan haben. Schwarz beinhaltet für sie auch den Aspekt der einsamen Kontemplation und der Auseinandersetzung mit der Religion und der Welt. 35

Schwarz als Nachtseite des Lebens erhält eine romantische Note. Schmuck, Verzierungen an Kleidungsstücken und Partydekorationen werden oft mit dämonisch anmutenden Geschöpfen bereichert. Diese Ausschmückungsstrategie trifft sich mit der Nachseite romantischer Literatur. Wie viele Gothics ausführen, so haben sie in ihrem Leben einschneidende Momente der Einsamkeit, Enttäuschung und unerfüllter Lebenswünsche erfahren. Die daraus resultierende brennende Sehnsucht müsste sie stets dazu antreiben, in kommunikativer Gemeinsamkeit den Urwunsch nach zwischenmenschlichem Kontakt zu erlösen. Doch wie viele Szenenangehörige berichten, sind sie gerade in den einschlägigen Clubs eher wieder alleine und isoliert. Sie geben sich ein cooles und unnahbares Image, womit es ständig zu einer Reinszenierung des Traumas kommt. 24 Auch hier nimmt die Farbe Schwarz die Konnotation von Schwermut und romantischer Sehnsucht an, welche aber durch Resignation in eine Welt-Abgeschiedenheit umgeschlagen ist; – im Sinne von: ‚unerfüllte Sehnsucht verleitet zu Askese’. Apathie und Energielosigkeit, welche eine schwer drückende Melancholie begleiten, würden einen Kleideraufwand, wie die Gothic-Szene (Ausnahmen vorbehalten) ihn betreibt, wohl kaum begünstigen. Erst in der theatralischen Inszenierung der Schwermut oder im Hinübergleiten derselben in eine eher reaktionärere Weltabgeschiedenheit kann genügend Energie aufgebracht werden, die eigene Kleiderordnung der inneren Gefühlswelt anzunähern. Das Kokettieren mit den soziokulturellen Deutungen von Schwarz verlangt eine gewisse Theatralik und Inszenierung von den Individuen ab. Sommer / Wind verstehen diesen Aspekt der Inszenierung folgendermassen: „Die schwarze ‚Protestkleidung’ lebt von einer Mixtur aus theatralischer Trauer, edler Askese und der Bürde exklusiven, düsteren Wissens.“ 36

Kleidungsstile

In folgenden soll ein kurzer Abriss der verschiedenen Kleidungsstile der Gothic-Szene geliefert, wobei nur eine grobe Klassifizierung geleistet wird. Typisch für die Bekleidungsstrategien dieser Subkultur ist das Revivaln, das erneute Aufgreifen von Kleidungsordnungen vergangener Epochen. Dabei kopieren ihre Mitglieder diese modischen Ausprägungen nicht, sondern machen dort Anleihen und codieren somit die historischen Bedeutungsmuster der Kleider neu. Als Anleihen an vergangene Zeiten haben beispielsweise Mönchsgewänder aus dem Mittelalter, Pumphosen aus der spanischen Mode, Talare aus der Reformzeit, Rüschenhemden aus dem Rokoko und Hotpants aus den 1970er Jahren Einzug in die Szene gefunden. 37 Doch gerade die früher für Männer üblichen weiten Pumphosen sind in der heutigen Szene kaum mehr zu sehen. Der vorherrschende Stil, welcher bei den männlichen Szenengänger anzutreffen ist, setzt sich aus engen Lack- oder Lederhosen, sowie Männerröcken zusammen. Kombiniert dazu wird meist ein T-Shirt mit aufgedruckten Bandsymbolen oder ein exquisites Oberteil, welches mit metallenen Ringen und lose baumelnden oder straff angezogenen Riemen oftmals die ‚Sado-Maso-Kultur’ zitiert, getragen. Doc Martens oder Springerstiefel decken die gängige Schuhmode ab. Die Haare werden entweder kurz gehalten und nach oben gesprayt, oder in einem Pferdeschwanz gebündelt. Oft werden dabei die Seitenpartien ausrasiert. Im Sortiment der Jacken ist es der Ledermantel, welcher Eingang in die Szenengarderobe gefunden hat. Gross geschnittene uniformähnliche Jacketts mit breiten Gürtelschnallen und ‚Fledermäusärmel’ sind eher spärlich gesät. Genauso verhält es sich mit den Rüschenhemden, die im Sinne eines Neo-Romantizismus neu aufgegriffen worden sind, jedoch heute bei den männlichen Partygängern nur noch vereinzelt vorzufinden sind. Wie das romantische Moment der Rüschen, so werden auch die einst für die Szenenanhänger üblichen spitzen Schuhe, die ‚Pikes’, nur noch selten gesehen. Wallende Kutten und Talare, angelehnt an das Ornat früherer Mönchsorden, bieten hingegen des Öfteren einen Blickfang an einer Gothic-Party. Bei den Kleidungsgewohnheiten weiblicher Gothics erkennt man oft Anleihen an den klassischen mittelalterlichen Stil. Hierbei wird die Kleidung, deren Schnittmuster aus der Zeit des Barocks und des Rokokos stammen, mit altertümlich wirkendem Schmuck kombiniert. Bei beiden Geschlechtern hat der Sado-Maso-Stil grossen Anklang gefunden. Lack, Leder, Latex, Strapse und Mieder sind sowohl bei Frauen und Männern zu erkennen. In der Schuhmode dominieren bei diesem Stil hohe Stiefel mit spitzen Absätzen und einer Vielzahl metallener Schnallen, sowie Plateauschuhe. Bei beiden Geschlechtern blickt man hie und da in ein weissgeschminktes Gesicht, in dem der Kajalstift oftmals die Augen umrahmt oder bis zu den Schläfen hinausgezogen wird. Die weisse Gesichtshaut zierenden Ornamente und Symbole sind jedoch nur noch selten vorzufinden. Die Gothics übernehmen nur selten die vorangegangenen, grob skizzierten Kleidungsstile in Reinform, sondern gewinnen ihren eigenen Stil meist durch ein Mischen der modischen Ausprägungen, eine Strategie, welche ‚Sampeln’ genannt wird. Daher wird bei einem Destillierungsversuch der Kleidungsstrategie der Gothic-Szene wohl nicht viel mehr als die einzelnen bestehenden Grundstile herausgefiltert werden können, welche jedoch an Partys und Konzerten nur selten in unvermischter Form anzutreffen sind. Dieser rudimentären Skizze des Kleidungsverhalten der Gothics sind zwei Dinge beizufügen: Zum einen, erscheinen in der Szene manchmal auch Farbmomente, wie lila, lau, rot oder pink. Doch werden sie im Kontrast zu den modischen Gepflogenheiten der Londoner Szene sehr dezent eingesetzt. Ein Beispiel hierfür sind rot-schwarz gestreifte Strumpfhosen oder Unterleibchen, die jedoch im Sinne einer dezenter Farbanwendung von bereits erwähnten schwarzen Kleidungsstücken, wie Hotpants oder T-Shirts, zu einem Grossteil wieder verdeckt werden und nur spärliche Einblicke in die Farbenwelt zulassen. Zum anderen sei zu erwähnen, dass die Kleidervielfalt, welche man an Gothic-Anlässen antrifft, sich mehrheitlich auf das Sortiment der einschlägigen Szeneshops beschränkt. In den Anfängen dieser Subkultur war es üblich, dass man seine Kostüme selber anfertigte, da sich diese nirgends zum Kauf anboten. Heute wird jedoch nur noch selten selber zur Schere und Nadel gegriffen. Vor allem die älteren Szenenangehörigen kritisieren gerade in diesem Punkt eine zunehmende Kommerzialisierung der Szene.

Symbolik

Von ähnlicher Relevanz wie die schwarze Kleidungsfarbe sind Embleme und Symbole, die an der Kleidung getragen werden. Doch der bloss modische Gebrauch der Symbole wird innerhalb der Szene von vielen Stimmen abgelehnt. So wird das übermässige Behängen mit Symbolen kritisch als ‚Kreuz-Phase’ kommentiert, und gerät damit in das Licht einer vorüberziehenden pubertären Entwicklungsstufe. 38 Auffallend häufig anzutreffen ist die Todessymbolik. Das Weisschminken des Gesichtes wird denn bezeichnenderweise innerhalb der Szene auch als ‚sich tot malen’ bezeichnet. Totenschädel, Knochen oder Skelette schmücken oft Anhänger für Halsketten, zieren Gürtelschnallen und werden auf Fingerringe gesetzt. Die nekrophilien Symbole werden in ihrer Bedeutung dabei durchaus auch positiv besetzt. Entsprechend gekleidete Szenenanhänger schreiben diesen, von der Gesellschaft doch eher negativ konnotierten Zeichen, eine Schönheit und einen Ausdruck der persönlichen Auseinandersetzung mit dem Tod zu. Es scheint, dass die Todessymbolik bei manchen Schwarzgewandeten zuweilen einem Hinweis für die Einbettung der Angst vor dem Tod und damit vielleicht einer geglückten Überwindung dieser Furcht nahe kommt. Gewissen Meinungsäusserungen zufolge, wohnt diesem Zuschaustellen von Todesattributen auch eine Gesellschaftskritik inne. Sie halten der Allgemeinheit die Tabuisierung der Todesthematik und die Unfähigkeit, dessen unvermeidbare Konsequenz in die Lebensphilosophie aufzunehmen, wie ein Spiegel vor die Augen. Sie beteuern, dass das Wegstreichen des Todes das wirkliche Leben mit einem trügerischen Abklatsch davon überblende und einer sterilisierten Form von Lebensfülle gleichkomme. Ihre Gesellschaftskritik kommt gleichsam einer Einladung, intensiv zu leben, nahe. Dabei sind laut szenenreflexiven Stimmen innerhalb der Jugendkultur ein gewisses elitäres Selbstbild und ein missionierender Eifer nicht auszuschließen. Eine weitere Klassifizierung im Motiv-Fundus schliessen religiöse Symbole, wie Kreuze, Pentagramme und Davidsterne bzw. verschiedene altägyptische Zeichen wie zum Beispiel das Henkelkreuz ‚Ahnk’ (Leben) ab. Dabei zementiert das jeweilige Symbol im Allgemeinen nicht die Religionszugehörigkeit des oder der Einzelnen. Das Zeichen versinnbildlicht für dessen Träger/in viel mehr einen allgemeinen Bezug zu einer Religiosität und will verdeutlichen, dass die Glaubensfrage ein wichtiger Bestandteil des Lebens einnimmt. Für die Schwarzgewandeten selber fällt den Symbolen eine persönlichere Bedeutung anheim, als dass es die noch dampfende letzte Ablagerung auf dem gigantischen Haufen der allgemeinen Symbol-Interpretationen berücksichtigt; – jedoch kokettieren sie gerne und bewusst mit diesen. Dies ist mitunter auch ein Grund, der es erschwert, zutreffende Deutungen der getragenen Symbolik auszulegen. Tiere, welche von der Gesellschaft vorwiegend mit negativer Bedeutung behaftet werden, bilden in der Symbolwelt der Gothics einen weiteren wichtigen Bestandteil. Die Darstellung von Kröten, Spinnen, Echsen, Raben und Fledermäusen werden in der Schmuckherstellung als auch in der Partydekoration oft aufgegriffen. So sind die von der Decke herunterhängenden künstlichen Spinnweben seit Beginn dieser Subkultur eine oft gesehene Ausschmückung der szenischen Lokalitäten. Der Fledermaus als Symboltier wird in der Gothic-Szene ebenfalls grosse Bedeutung zugeschrieben. Dies zeigt sich darin, dass sie als Logo für die Clubmitgliederkarte des legendären Batcaveclubs, des Szenenklubs der 1980er Jahre in London, gewählt wurde. 39

Der (nicht) vorhandene gemeinsame Nenner

Auf die Frage nach dem gemeinsamen Nenner der Gothic-Szene kennt die psychologische Jugendforschung viele versöhnliche Antworten, wohingegen viele Stimmen innerhalb der Szene diese gerade negieren. Vor allem die angeblich szenentypische Facette eines melancholischen Grundzuges wird seitens der psychologischen Untersuchungen mit pathetischen und – meiner Meinung nach –ziemlich klischeeträchtigen Beschilderungen versehen. Als Veranschaulichung dessen seien die Bezeichnungen „Gemeinschaft der Einsamen38 und „Ball der einsamen Herzen38 aus Quellen der Jugendforschungsliteratur aufgeführt. In einem Fragebogen provozierte ich mit von Klischee geschwängerten Formulierungen zum Thema ‚Melancholie in der Gothic-Szene’. Diesen verschickte ich als E-Mail an Szenenangehörige aus der Schweiz und aus Deutschland mit der Bitte, die Befragung an Szenengänger/-innen aus ihrem Bekanntenkreis weiterzuleiten.

17 Antworten mit zum Teil ziemlich wortgeballter Kritik wurden zurückgesendet und bildeten den Gegenstand für das Ausformulieren von neuen Gedanken und Fragestellungen in einem zweiten Fragebogen. Der grobe Abriss dieses zweiten Fragebogens kann dem Titel dieses Kapitels gleichgesetzt werden. Von den insgesamt 17 Stimmen, welche sich in der ersten Umfrage geäußert haben, antworteten nur noch drei auf die zweite. Die restlichen fünf Antwort-Mails stammen von unterschiedlicher Autorinnen und Autoren. Der Inhalt dieses 6. Kapitels stellt eine Verarbeitung der eingetroffenen Antworten dar. Es sei darauf hingewiesen, dass in diesem Kapitel Zitate ohne Fußnoten dem Antworten-Fundus dieser zwei Befragungen entnommen sind. In die unveränderte Form der Fragebogen kann im Anhang Einsicht genommen werden.

Scheinbare innere Zusammengehörigkeit

Die breit gefächerten Meinungen innerhalb der Gothic-Szene über Religion, Politik und innere Werte verdeutlichen, dass eine Zusammengehörigkeit nur scheinbar besteht. Das Aussenfeld hingegen beurteilt die ‚schwarze Szene’ jedoch nicht selten als ein homogenes Gebilde, suggeriert von den eigenwilligen Kleidungs-Gewohnheiten der Gothics. Diese irreführende Wahrnehmung eines homogenen Gebildes, welches in Wahrheit ein absolut heterogenes ist, beschreibt Schumacher folgendermassen: „Diese Subkulturen, eigentlich Sub-Gesellschaften, sind lediglich ein Surrogat, eine Karikatur von Gemeinschaft. Nichtsdestoweniger oder gerade deswegen wird Zusammengehörigkeit, (die, es kann nicht oft genug gesagt werden, hohl und falsch ist) durch Kleidung, Sprache, Paraphernalien und ‚Insiderwissen’ kulthaft und inbrünstig demonstriert: Aussenstehende werden bis zu offener Feindseligkeit abgelehnt und abgewiesen, neu Hinzukommende müssen sich ihre Zugehörigkeit oft durch nachdrücklichen Nachweis von Konformität verdienen und haben ihr Anwesenheitsrecht als Privileg anzusehen.40

Das pragmatische Unterfangen, einen gemeinsamen Nenner aus dem Gemisch vieler unterschiedlicher Ansichten und Lebenseinstellungen der Gothics herauszudestillieren wird zwangsläufig scheitern. Es kann nur versucht werden, verschiedene Ausprägungen des Panoptikums aufzuzeigen, wobei durch deren Selektion bereits eine persönliche Optik des oder der Autor/in darüber gegossen wird.

Ganz im Gegensatz zu der Jugendforschungsliteratur verhält sich die Presse, welche, zwecks Orientierungshilfe und aus Einteilungsbedürfnis, der Szene eine innere, oft sehr verwerflich dargestellte Zusammengehörigkeit zuschreibt. Da die Gothic-Szene in den breiten Medien meist nur auf Interesse stößt, wenn sie zu schockieren vermag und an gewissen etablierten Tabus rüttelt, fällt die Berichterstattung über sie leider sehr oft reißerisch und sensationslüstern aus. Gegenüber der Gothic-Szene hat sich denn auch in manchen Köpfen der Leserschaft das (Vor)urteil eingebürgert, dass die Szenenaktivität immer noch aus ‚satanischen Ritualen feiern’, ‚Gräber schänden’ und ‚Blut trinken’ besteht.

Demgegenüber begegnet die psychologische Fachliteratur der Szene mit einer außergewöhnlich bemäntelnden Sichtweise. Wie bereits erwähnt werden dieser Bewegung nicht selten pathetische Titel und Attribute verliehen wie zum Beispiel: „Zusammenschluss einsamer Kinder41, oder „Das Friedfertige […] lässt sich als ein ethisches Prinzip dieser Jugendlichen formulieren: das radikalchristliche Prinzip der Gewaltlosigkeit in der Maxime „wenn dir jemand auf die rechte Wange schlägt, so halte ihm auch die linke hin„. 24 Dabei suggeriert die Betitelung „Zusammenschluss einsamer Kinder“ eine adoleszente Zwischenetappe auf dem Weg zum Erwachsenwerden, ein Urteil, welches nicht allgemeingültig greift und von vielen Szenenangehörigen wortstark angefechtet wird. Diese überaus positive Konnotation, welche bei vorangehenden Umschreibungen mitschwingt, bringt mit sich, dass die Gothic-Szene zu einer gesellschaftskonformen Bewegung zurechtgerückt wird. Zu massentauglicher Liebäugel-Lektüre in Büchern und Zeitschriften aufbereitet, welche die Allgemeinheit über die ‚harmlose’ Szene aufklären will, kann diese von Individuen mit unterschiedlichster Gesinnung aufgenommen und kopiert werden. Dabei wird Gothic zu einer Massenbewegung, bei welcher vieles von ihrem – gegenüber der breiten Gesellschaft – herausstehenden Gedankengut auf der Strecke bleibt.

Synchron dazu werden gewisse Stilelemente in die übergeordnete Gesellschafts-Struktur integriert. Ein Anlehnen an die modischen Gepflogenheiten der ‚Schwarzgewandeten’ findet man zum Beispiel neuerdings bei ‚H&M’, welcher im Sortiment Kleiderstücke mit Rüschen-Romantik zum Kauf anbietet. Die Subkultur, welche authentisch bleiben möchte, wird nun dazu aufgefordert, sich von den entlehnten Elementen neu abzugrenzen. Man distanziert sich von den verkommerzialisierten Ausprägungen der ‚eigenen’ Szene und verstößt damit quasi Szenengut. Die Authentizität bedrohende Kommerzialisierung einer Subkultur wirft also auch Kritik in die inneren Kreise zurück. Diese Kritik greift manchmal derart tief, dass sie Züge einer reaktionären Anti-Haltung gegenüber ursprünglichen Betrachtungsweisen annehmen kann. Verdeutlicht wird dieser Zusammenhang durch eine Antwort auf die Fragestellung im zweiten Fragebogen, ob es ‚schick’ geworden ist, sich als ‚Anti-Goth’ zu bezeichnen:

„[…] Alte Prinzipien und Grundideen der Szene verschwinden fortlaufend, ältere Mitglieder steigen aus und die jüngeren verwässern die authentische Bewegung, sie sehen fern, lesen die Zeitschriften, berieseln sich mit der allgemeinen Gothic-Musik und schieben einen auf depressiv, weil das ja so cool ist. Alles ein großer Modetrend und ein wahrhaft lohnendes Geschäft. Dieses führt letzten Endes zu Streitigkeiten innerhalb der alten und neumodernen Szene. Ich denke grade dadurch, versucht man sich irgendwo abzugrenzen. Ich kann mich nicht mehr mit der heutigen Szene identifizieren. […]“

In dieser Aussage klingt auch ein Generationskonflikt an: Es seien vorwiegend jüngere Szenenangehörige, welche Gothic zu einer modischen und trendigen Zwischenetappe auf dem Weg zum Erwachsenwerden verdünnen. Die älteren Semester werfen ihnen insbesondere vor, dass ihr stets melancholischer Gesichtsausdruck eine bewusst eingeübte Theatralik ist, welcher zu einem permanent eingehaltenen Verhaltenskodex mutiert ist. Folgende Aussage versucht dies zu illustrieren: „[…] Aber wenn ich mich heute umschaue, sehe ich nur noch weinerliche Gestalten. Nichts ist mehr zu spüren von der einstigen rebellischen Bewegung. Heute hat man nur Angst davor, nicht Gothic zu sein.“

Politisches und religiöses Gedankengut

Die verschiedenen Ausrichtungen der politischen und religiösen Gesinnungen in der Gothic-Szene werden hier nur in sehr reduzierter Form angeschnitten. Besteht der Bedarf an einer detaillierteren Ausschaffung dieser Themata, so sei auf die ausserordentlich gründlich recherchierte Diplomarbeit, „Ideologie einer Jugendkultur am Beispiel der Gothic- und Darkwave-Szene“, von Oliver Zimmermann hingewiesen, erschienen im April 2000 an der Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin.

Eine einheitliche politische Gesinnung ist in der Gothic-Szene nicht vorhanden. Es gibt sowohl Szenenanhänger, welche sich absolut apolitisch geben und sich nur in geringem Masse mit Politik auseinandersetzen. Andere wiederum schlängeln ihren Weg durch ein Spektrum von unterschiedlichsten Einstellungen und entlehnen sich das Gedankengut verschiedenster, zum Teil kontroverser Ansichten, um zu einer persönlichen Haltung zu gelangen. Der vor allem in Deutschland oft ausgesprochene Vorwurf, dass die schwarze Szene braun gefärbt sei, also eine vorwiegend rechtsorientierte politische Gesinnung aufweise, kann in keinem Falle vollumfänglich greifen. Es soll hier nicht dementiert werden, dass gewisse Bands mit faschistischer Symbolik und national-sozialistischem Gedankengut spielen, und daher von einer verdächtigen politischen Färbung geprägt sind.

So besteht das Symbol der Band ‚Death in June’ aus einem leicht veränderten Totenkopf der SS. Auch die Songlyrik dieser Band entlehnt sich manchmal national-sozialistischer Texte. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Unterwanderung durch völkische Auffassungen kein Phänomen ist, welches exklusiv nur bei der Gothic-Szene wahrgenommen wird. In beinahe alle modernen Industrie-Gesellschaften wird versucht, rechtslastiges Gedankengut einzuschleusen. Und es ist nur ein kleiner Teil der Gothic-Bands braun gefärbt. Im Mai 1998 wurde die Initiative „Grufties gegen Rechts / Music for a New Society“ von einigen befreundeten Bremer Gothics und Wave-Fans ins Leben gerufen. Sie wehren sich mit Informationsständen und Broschüren lautstark gegen rechtslastige Äußerungen bestimmter Musiker, gegen die Präsenz rechtsextremer Fanzines, Verlage und Funktionäre auf Festivals, sowie gegen einen sehr unkritischen Umgang weiter Teile der Musikpresse und der Szene mit derartigen Vorkommnissen. 42

Seit ihrer Gründung im Jahre 1998 wurden mehrere antifaschistische Vereine in Deutschland gegründet. Viele Musikbands der Gothic-Kultur beteuern ihre Solidarität mit diesen Organisationen. Doch auch in gewissen religiösen Ausrichtungen, welche in der Gothic-Szene verbreitet sind, wird mit germanentümelnder Denkmustern geliebäugelt. So verfechtet der ‚ArmanenOrden’, welcher sich intensiv mit keltischen und germanischen Gottheiten auseinandersetzt, seine Richtigkeit und Daseins-Berechtigung mit dem Hinweis, dass er eine ‚artgerechte Religion’ darstelle. Religion und Rasse werden hier eng miteinander verknüpft. In der Öffentlichkeit wirkt der Armanen-Orden jedoch sehr subtil und vertritt nicht offenkundig rassistische Ideen. Auch seine Mitglieder werden nur sehr langsam mit den rassistischen Kernaussagen bekannt gemacht. Es soll hier verdeutlicht werden, dass nicht alle religiösen Ausprägungen, welche sich Gesinnungen von neuheidnischen Religionen bedienen, per se rassistisch sind. Das Liebäugeln mit heidnischem Gedankengut basiert sehr oft auf einer Sehnsucht nach alten vergangenen Zeiten. Durchsetzt von einer allgemeinen Unzufriedenheit mit der Welt, versetzen sich manche Gothics in die Romantik oder in das Mittelalter zurück. An den meisten Festivals der Gothic-Szene sind dann auch Mittelaltermärkte anwesend, welche unter anderem altertümliche Kleidungsstücke, geschmiedete Schwerter, mittelalterlich anmutende Beutel und Taschen anpreisen. Dabei sind sich die Schwarzgewandeten durchaus bewusst, dass es die von ihnen beschönigten und verklärten Ausformulierungen der vergangenen Zeitepochen nie gegeben hat. Man interessiert sich für Magie, HexenKulte und heidnische Kulturen. Kokettiert wird jedoch auch mit alten ägyptischen Hochkulturen und einer keltischen, seit einiger zeit auch ‚germanischen’, Runen-Symbolik.

Festgehalten werden kann, dass neuheidnische, sich auf naturreligiöse Religionen berufende Ausrichtungen, wie etwa Wicca (Wicca beruft sich auf naturreligiöse Gesinnungen, verehrt jedoch Götterbilder, und ist daher per definitionem keine Naturreligion), nur dann nicht als der rechtsextremistischen Szene zugehörig gelten können, wenn sie sich eindeutig von einer Theosophie (mystische Gotteslehre mit okkultistischen und pantheistischen Elementen) und einer Ariosophie distanzieren. 18

Es fällt auf, dass in der Gothic-Szene – wie wohl in den meisten Jugendkulturen sonst auch – die Kirche als Repräsentantin einer einengenden bürgerlichen Gesellschaft und einer angsteinflössenden Institution, welche die aufgestellten Gesetze als Druckmittel zur Unterwerfung ihrer Anhänger/-innen einsetzt, vielfach abgelehnt wird. Diese Gegenposition zur Kirche bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch etliche christlich gläubige Szenengänger/innen gibt. Die Gegenhaltung beweist auch nicht die oft gehörte Pauschalisierung, dass die Gothic-Szene eine Meute von Satanisten sei. So gut wie kein Mitglied der Gothic-Szene bestätigt dieses durch die Medienlüsternheit aufgestachelte Ammenmärchen. Mögliche Gründe für eine solch reisserische Berichterstattung über die Gothic-Szene, wie zum Beispiel das voreilige Einteilungsbedürfnis und der Bedarf an schockierenden actionreichen Reportagen seitens der Leserschaft, sind ja bereits im Text erwähnt worden. Die Realität ist, dass es Anhänger/-innen satanischer Orden unter Gothics wohl keine gibt. Auch die vorwiegend von jüngeren Gothics verwendeten Pseudonyme wie ‚Antichrist’, ‚Fürst der Dunkelheit’, oder die Zahl ‚666’ dürfen wohl als blosse Provokation und rebellische Haltung von Individuen deklariert werden, welche sich mit einer besonders bös und schlecht klingenden Namensgebung von ihrem Umfeld abgrenzen wollen. Szenenintern wird gerade diese plakative Art und Weise, sich mit provokanten Decknamen einzuschmücken, von den älteren Mitgliedern abgelehnt und zum Teil ziemlich denunzierend ins Lächerliche gezogen. Altersunabhängig setzen sich allerdings viele Gothics durchaus mit okkulter Lektüre auseinander, und lesen zum Teil auch satanische Schlüsselwerke. Dieses Interesse an okkulter Literatur bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass jede/jeder Leser/-in sich wirklich einer satanistischen Gemeinschaft anschliessen wird.

Hinzuweisen ist auch, dass es keineswegs ausschließlich Gothics sind, welche in okkultem und magischem Schriftgut schmökern, und schon gar nicht jedes Szene-Mitglied daran interessiert ist. Der Okkultismus dient hier vor allem als religiöser Fundus, aus welchem man gewisse spezifische Gesinnungen herausfiltert und seine individuelle Religion komponiert, im Sinne der beschriebenen Bricolage-Technik. So ist es nicht erstaunlich, dass viele persönlichen Glaubensauffassungen Grundhaltungen des Buddhismus, des Christentums, sowie Weisheiten okkulter und heidnischer Religionen miteinander verbinden.

Als Resümee kann festgehalten werden, dass aus den unterschiedlichen politischen und religiösen Gesinnung der Gothic-Kultur kein zusammenfassendes Integral gebildet werden kann. Mithilfe der Bricolage-Technik wird das individuelle Weltbild aus den unterschiedlichsten Geisteshaltungen zusammengefügt.

Melancholie als ‚heisses Eisen’

Von vielen Aussenstehenden, wie auch einigen Szenengänger/-innen, wird bei der Erläuterung von Gothic im gleichen Atemzug eine omnipräsente Melancholie erwähnt. Dunkle wallende Kleidungen, blass gemalte Gesichter und der schwere düstere Klangteppich gewisser Musiksparten indiziert für sie, dass die Gothic-Szene vor allem ein Ort ist, wo man seine eigene Schwermut und Nekrophilie auslebt. Es will hier nicht abgestritten werden, dass die Subkultur für gewisse Anhänger/-innen ein Zusammenschluss darstellt, in dem sie ihre Melancholie artikulieren können. Doch wird oft das physikalische Gesetz von ‚Ursache und Wirkung’ für das eigene Einteilungs- und Kategorisierungsbedürfnis missbraucht, wenn gewisse Stimmen pauschalisieren, dass jede/r Gothic schon vor dem Anschluss an die Szene von einem Verdruss über die Welt gequält worden sei. Diese Verallgemeinerung induziert, dass Schwermut eine Voraussetzung sei, um überhaupt das wahre Goth-Sein atmen zu können. Dass sich diese sehr fragwürdige Formel, welche Gothic und Melancholie auf einen Nenner bringen möchte, in einem Dogma niederschlagen kann, zeigt sich innerhalb der Szene bei einigen (vor allem) jüngeren Mitgliedern. Niedergeschlagenheit wird manchmal inbrünstig zelebriert, um den Sitz in einer der vordersten Reihe einer indoktrinierten Gruppe abzusichern. Eine Schwermut, die es stets zu artikulieren gilt, wird zu einem gewichtigen Lehrsatz für die eingangs erwähnten Lehrmittel, mit welchen man sich dieser Kultur bemächtigen kann. Folgende Aussage verdeutlicht diesen Zusammenhang:

„Es ist schon fast paradox: Was an der Gesellschaft kritisiert wird (erwartete Fröhlichkeit), wird hier umgekehrt [erwartete Traurigkeit] genauso gefordert. Dies muss aber nicht auf jede ‚schwarze Seele’ zutreffen.“

Damit korreliert Melancholie mit einer äußeren Modestrategie, durch die man seinen eigenen Status in der Subkultur zu zementieren versucht. Gothic wird also vom Einteilungsbedürfnis Außenstehender, sowie vom Geltungsdrang gewisser Szenenangehörigen, oft mit Trübsinn und Todessehnsucht gleichgesetzt. Dieses klischeehafte Urteil von außen, wie auch von innen, stößt bei vielen Mitgliedern, ob melancholisch veranlagt oder nicht, auf explosive Kritik und lässt die Melancholie innerhalb der Gothic-Szene zu einem ‚heißen Eisen’ werden.

„[…] Es ist ein stupides Vorurteil, dass Gothics manisch depressiv sind. […] Nur glauben das vor allem Jugendliche. Und wenn diese in der Pubertät ihre ersten Probleme kriegen, glauben sie, die Gothic-Szene wäre ein geeigneter Platz für sie. Und wenn man erst einmal durch seine Probleme reinkommt, dann macht man sich immer neue, um drin zu bleiben.“

Die Subkultur wird einmal mehr in den Verruf gebracht, ein Zusammenschluss für Pubertierende zu sein, die ihren Weltschmerz und ihre adoleszenten Krisen auszuleben suchen. Die umstrittene Melancholie ist innerhalb der Szene zu einem modischen Auswuchs ausgeartet, mit dem man sich nicht mehr identifizieren will. Dabei empfindet man es jedoch weiterhin als angenehm, dass die Gothic-Szene gegenüber der Gesellschaft die Melancholie nicht als Tabu-Thema sieht, wie in folgender Formulierung zum Ausdruck kommt:

„Gothics sind eigentlich genauso lebensfroh wie andere Menschen auch. Nur wenn man einmal ein Problem hat (was durchaus häufiger vorkommt, da man hier doch um einiges tiefgründiger nachdenkt), dann findet man sicherlich auch die Gelegenheit, das zu lösen. […]“

Um sich von der modischen Erscheinungsform der Niedergeschlagenheit abzugrenzen, werden verschiedene Lösungsmuster gewählt. So wird manchmal Melancholie als Phänomen abgestempelt, welches ausschließlich in der Pubertät auftritt.

„[…] Wer sagt eigentlich, dass ich melancholisch und von Lebensschmerz geplagt sein sollte? Irgendwann wird man erwachsen und kann mit so was umgehen.“

Diese Begradigung der Schwermut als ein rein adoleszentes Problem ist meiner Meinung nach fragwürdig. Doch auch Individuen, welche tatsächliche melancholische Züge aufweisen, sehen sich gezwungen, auf den zu einem Trend verkommenen Seelenkatarrh zu reagieren. Man muss bestrebt sein, dass seine Schwermut nicht den Schein einer modischen Eitelkeit trägt, sondern in einem tiefgründigeren Licht erscheint. Inwieweit diese Abgrenzung von einer ‚dekadenten’ Melancholie zu einer erneuten Doktrin wird, sei hier nur angedeutet und kann nicht empirisch ausgeleuchtet werden. Aufgesetzte Fröhlichkeit wird jedoch auch weiterhin von vielen Stimmen abgelehnt:

„[…] Und natürlich kritisiert man irgendwann einen trägen Haufen depressiver Menschen, die nur noch einem Ästhetizismus frönen. Ich selbst bezeichne mich als postdepressiv, habe aber immer noch melancholische Phasen, mich aber auch von allen Scheinlösungen ferngehalten.“

Einige Individuen bekunden, dass sie ihre melancholischen Momente lieber alleine für sich ausleben und diese einer Szenenaktivität verschließen. Und wieder andere Mitglieder karikieren das Vorurteil einer allgegenwärtigen Schwermut: „Laut gängiger Meinung ist ‚man’ in dieser Szene ja nicht froh und lebensfreudig. Allerdings hab ich noch niemand getroffen, den Fröhlichkeit echt gestört hätte. Manchmal fallen in humorvollen Situationen auch Sprüche wie: ‚Bitte etwas mehr Ernst, wir sind schliesslich Grufties, und die lachen nicht.’ – was natürlich genau das Gegenteil bewirkt (und wohl typischerweise auch bewirken soll).“

Zusammenfassend sei zu erwähnen, dass die omnipräsente Melancholie ein Klischee der Gothic-Szene ist, das sowohl von Aussenstehenden wie auch von den Szenengänger/- innen selber verliehen wird. Die Fröhlichkeit wird bei sehr vielen Mitgliedern dieser Subkultur als unersetzbar betrachtet, und es gibt viele Individuen, welche sich überhaupt nicht als melancholische Wesen betrachten. Folgende Äusserungen sollen dieses Resümee ergänzen: „Ich lache gerne. Wenn das einigen zu ‚bunt’ ist, ist das eigentlich nicht mein Problem. Immer nur böse schauen und sich das Lachen selbst zu verbieten, ist meiner Meinung nach fragwürdig. Ich will nicht einem Klischee entsprechen, ich versuche mich selber zu sein.“ „Lebensfreude ist die kostbarste Eigenschaft eines Menschen. Man sollte sie niemals verlieren. Man sollte jeden meiden, der behauptet, dass sie nicht zum Goth-Sein gehört.“

Generationskonflikt

In der Gothic-Szene bewegen sich die unterschiedlichsten Altersgruppen. An einer Party kann man durchaus sowohl auf Teenager als auch auf Personen über 40 Jahren treffen. Wie in anderen soziokulturellen Gefügen scheint das Aufeinandertreffen verschiedener Generationen nicht ohne Konflikte behaftet zu sein. Wie bereits erwähnt, argumentieren ältere Szenenmitglieder oft, dass die gestiegene Konsumbereitschaft adoleszenter Anhänger/-innen die Szene verwässern würde. Die modische Verstiegenheit vieler Jugendlichen und ihre Euphorie für Gesellschafts-Schockereien lassen sie zu leeren Hülsen und ideologiearmen Trittbrettfahrer/-innen werden. Argwöhnisch kommentieren ältere Semester auch die Vielzahl der entstandenen Partyveranstalter als eine Dekadenz der Gothic-Kultur. Denn vor einigen Jahren waren Parties für Schwarzgewandete rar gesät, was die Besucherinnen und Besucher umso mehr anspornte, für die seltenen Anlässe einen beträchtlichen Aufwand für das Styling auf sich zu nehmen. Laut diesen Stimmen sei die Aussergewöhnlichkeit solcher Zusammenkünfte, ob dem Überangebot an Parties heutzutage, einer Überdrüssigkeit und einem Gefühl der Übersättigung gewichen. Ein überschwemmendes Partyangebot sei unvereinbar mit einer Subkultur, die ihren autarken und gesellschaftskritischen Charakter beibehalten will. Mit der zunehmenden Kommerzialisierung und dem resultierenden Breitreten einer Alternativszene werde deren gesellschaftsunabhängiges und eigenständiges Gedankengut verwischt. Die Subkultur entfremdet sich somit von sich selber: „Gothic ist für die nachkommende Generation nur noch eine Subkultur, in der die Menschen anders aussehen, in der sie von den anderen ihres Alters abheben können. Der Ursprungsgedanke bleibt dabei auf der Strecke.“

Der nomadische Charakter einer adoleszenten Sinnsuche beschränkt die Verweildauer von Jugendlichen in einer Subkultur oft nur auf wenige Jahre. Viele Neuzugänger/-innen werden die Gothic-Szene wieder verlassen, um in einem anderen kulturellen Gefüge auf Beantwortungen ihrer Sinnfragen zu stoßen. Die ältere Generation brüstet sich gegenüber ihnen mit subkultur-spezifischen Tugenden, wie Authentizität und Underground-Charakter. Diese Hausehren konstruieren neue Maxime. Beherzigt man diese, wird man auch als jugendliche/r Goth von den Älteren akzeptiert und respektiert.

„[…] Unter den älteren Semestern sind schon (fast) alle diejenigen ausgeschieden, die man einfach nicht wirklich um sich haben muss. Mr. und Mrs. ‚Oh am I Goth’ hat man halt schon hunderttausendmal gesehen. Die einen verstehen diesen kleinen Dämpfer und sind dann willkommen, und die anderen sind zumeist diejenigen, welche diese Szene nur in einer Phase ihres Erwachsenwerdens besuchen. Ihnen gegenüber hat man keinen Gram, aber man weiss, dass sie sowieso weiterziehen werden, und – na ja – ‚besonders gothic’ sind sie auch nicht […]“

Einer Überspitzung des Generationskonfliktes vorbeugend, soll an dieser Stelle betont werden, dass es auch viele Stimmen gibt, die das Vorhandensein von mannigfachen Altersgruppen als Wohlgefallen herausheben: „[…] Ich finde, dass hier die Generationen mehr durchmischt sind als sonst wo. Man trifft auf Leute allen Alters, und die scheinen sich auch gut zu verstehen.“ Und anzufügen sei vor allem auch, dass die Untugend einer Kommerzfolgsamkeit nicht lediglich ein Phänomen unter den Jugendlichen dieser Szene ist, und keineswegs pauschalisierend und apologetisch einer jüngeren Generation der Gothic-Szene zugeschrieben werden kann. Die einschlägigen Szeneshops, welche neuerdings einen großen Zuwachs erlebt haben, erfreuen ältere Szenenangehörige genauso wie jüngere. Kostüme werden nur noch selten selber geschneidert. Des weiteren gilt zu bedenken, dass nicht alle älteren Gothics diese, sich auf die guten alten Zeiten rückbesinnende Haltung, teilen. Genauso wortstark wie das Konsumverhalten angefechtet wird, wird auch das regressive Gedankengut zerpflückt: „[…] Ein zu starres Bild der eigenen Szene […] festgefahrene Muster welche um keinen Preis verändert werden dürfen […] Der Ausspruch: ‚Früher war alles anders’ – ein ständig wiederholter Satz der gesamten Menschheit.“

Kritik in den inneren Reihen

Wie bereits in mehreren Kapiteln durchgedrungen ist, fällt die Kritik innerhalb der Szene nicht spärlich aus. Augenfällig ist auch, dass viele Szenengänger/-innen mit ihren Aussagen die mannigfachen Geisteshaltungen ziemlich treffend benennen und etikettieren können. Das Bedürfnis scheint gross zu sein, seinen persönlichen Standpunkt in Gegenüberstellung zu den anderen eingehend und permanent zu hinterfragen – und abzugrenzen. Es wird sehr viel debattiert, was den apodiktischen Szenengeist ausmacht, – was ihn paralysiert und was ihn erweckt. Dabei muten manche Reflexionen wie Konstrukte eines ‚wahren Goth-Seins’ an – eine Versuchung, deren vorliegende Arbeit wahrscheinlich auch erliegt. Dabei kann eine einzelne Gesinnung durchaus auch als Paradoxon auftreten: Ein von Geltungssucht angetriebenes Nachahmen und Kopieren der Klischees wird als dekadent und verwerflich deklariert, wobei im darauf folgenden Atemzug der Gothic-Szene eine Arroganz und Intoleranz vorgeworfen wird. Es ist denn auch gerade die Toleranz und die Akzeptanz, welche meist zuoberst auf der Wunschliste einer Szenen-Umgestaltung stehen. Neben dieser Tatsache suggeriert auch die Wortgeballtheit, mit der sich viele Gothics auf ihren Internet-Auftritten als Verfechter/-innen von Toleranz und Nachsichtigkeit darstellen, dass die von Jugendforschern (und manchen Szenenmitgliedern) häufig gelobte Toleranz der Szene in Frage gestellt werden muss.

„[…] Der andere Kritikpunkt betrifft die viel gerühmte Toleranz der Szene. Allerdings habe ich noch nie jemanden gehört, der ‚selbst’ behauptet hat, die Szene sei tolerant. Vielleicht ist das [die Toleranz] nur eines unserer eigenen Klischees über uns selbst. […]“

Inwieweit gewisse Individuen sich absichtlich intolerant geben, um dem abgelutschten Klischee einer toleranten Szene abzuhelfen, sei dahingestellt. Faktum ist, dass viele Stimmen innerhalb der Szene eine Gegenposition zu etablierten Klischees einnehmen. Klischees entstehen meistens dann, wenn Eigenheiten der Subkultur, welche früher gegenüber der Gesellschaft als unbotmässig galten, gesellschaftskompatibel aufbereitet werden. Als vestimentäre Beispiele dafür sind die Rüschenromantik im Sortiment des H&M oder der sehr populär gewordene Nietengürtel zu erwähnen. Jedoch auch andere Ausprägungen der Subkultur werden im Zuge einer Jugendkulturvermarktung von der Allgemeinheit assimiliert: „Okkultismus, als Beispiel, wurde gesellschaftstauglich aufbereitet und gibt Otto-Normalverbraucher keine Kopfschmerzen mehr.“ Gothic wird, wie andere Alternativszenen auch, zusehends auf dem Selbstbedienungsbuffet eines Subkulturangebotes feilgeboten. Auf einem solchen Devianzen-Markt verliert eine Alternativgruppierung ihren subkulturellen Charakter. Die Bezeichnung Gothic zitiert dort in erster Linie abgegriffene Klischees, denn kopierbare Stereotypen sind auch das einzige Gut, welches auf einem solchen Umschlagplatz angeboten werden kann. ‚Gothic’ läuft Gefahr, seinen Underground-Charakter einzubüßen, und evoziert ein Zugehörigkeitsgefühl der Szenenmitglieder, welches per se nur sehr fadenscheinig vorhanden ist. Je mehr Zulauf die Szene erhalten wird, desto divergentere Ausprägungen wird sie entwickeln, welche undenkbar und nur noch krampfhafter im Schmelztiegel des Begriffes ‚Gothic’ zusammengefasst werden können. Das Zugehörigkeitsgefühl zu diesem Sammelgefäss trocknet aus. So erstaunt es nicht, dass sich nur die allerwenigsten Szenenmitglieder als Gothic bezeichnen: „Ich zähle mich selber eigentlich schon zur Gothic-Kultur, sehe jedoch die vielen Individuen darin. Dies kann so gesehen auch als ‚Abgrenzung’ oder ein ‚Nicht-Dazuzählen’ gedeutet werden. […] Doch ich sehe auch, dass viele ‚Genossen’ nicht mehr einfach als ‚Goth’ bezeichnet werden wollen, wo sie doch früher danach lechzten, dazuzugehören – jedoch wird dies wohl heute wieder bestritten.

Da auffällig viele Stimmen der Gothic-Szene ihre Nicht-Identifikation mit der Betitelung ‚Gothic’ vehement bekunden, formulierte ich im zweiten Fragebogen die Frage, ob in der Gothic-Szene eine Tendenz ersichtlich sei, sich als ‚Anti-Goth’ zu bezeichnen. Die eingetroffenen Antworten oszillierten zwischen einer Affirmation dieses Sachverhaltes, gefolgt von einer Empörung über die heutige Verwässerung der Szene, und zwischen einer Relativierung des Begriffes ‚Anti-Goth’ mit dem Hinweis, dass Anti-Goth ein etwas zu gewalttätiger Wortgriff sei, um eine Gegenhaltung zu kommerziellen Auswüchsen der Subkultur zu umschreiben.

Ein Resümee des Antworten-Fundus auf die erwähnte Fragestellung würde ich folgendermaßen wagen: Wenn eine Szene (neben anderen Entwicklungen) vor allem durch die Prozesse der Expansion, Akkumulation und der Aufbereitung zu einer Gesellschaftstauglichkeit geht, fällt die Individualität einem Integrationismus zum Opfer. Man grenzt sich gegen diese Form von ‚Szene’ ab und nimmt eine kritische Haltung ein, welche die Subkultur jedoch nicht zwangsläufig gänzlich negieren muss. Man versucht viel mehr, die von der Fachliteratur bereits analysierte und vom Jugendkulturbuffet längst angebotene subkulturspezifischen Kodierungs-Strategien neu zu kodieren. So wird das Behängen mit Kreuzen, entgegen der Auslegungen der Jugendforschung, nicht nur als Ausdruck für Religiosität und Todesnähe gedeutet, sondern auch als ein Zeichen für eine adoleszente Modestrategie Geltungssüchtiger erklärt. Ebenso gilt der klischeeträchtige klagende Blick eines Goths nicht nur als Artikulation einer gepeinigten Seele, sondern auch als Mittel zum Zweck, um am Goth-Stammtisch losheulen zu dürfen und damit Aufmerksamkeit erhaschen zu können.

Im Allgemeinen scheint sich eine große Unzufriedenheit über einen aufkommenden Opportunismus innerhalb der Szene angestaut zu haben. Diese Verdrossenheit versuchen einige in einer antagonistischen Neuorientierung zu erlösen. Die Neuausrichtung bleibt jedoch oft in den Fängen des Verneinten. So wird die kritische Haltung gegenüber einer Szene, die nur noch die Regeln der Klischees und der Mode befolgt, nicht selten mit neuen Verhaltensvorschriften zementiert. Diese legen ihrerseits fest, welche klischeeträchtigen Aushängeschilder der Szene abgelehnt werden sollen. In diesen Regeln manifestiert sich ein ausgeprägtes Kategorisierungsbedürfnis. Damit wird jedoch die persönliche Freiheit des Individuums in der Szene eingeschränkt, und die Ideologie eines Individualismus muss wiederkehrend einen Kompromiss mit einem Opportunismus eingehen. So erstaunt es nicht, dass dieses Konstrukt einer, mit Regeln bestückten, Gegenhaltung erneut beanstandet wird:

„Ich verstehe vor allem nicht ganz, warum eine Szene, die ständig nach außen um Respekt und Toleranz kämpft, im Inneren so intolerant und kategorisierend sein kann! Warum kann nicht jeder so sein, wie er ist? Sind wir wirklich so unselbständig, dass wir immer Regeln brauchen, die wir dann brav befolgen können, um nicht selbst aktiv werden zu müssen? […]“

Vorangegangene Antwort beruft sich auf einen Synkretismus, und begreift die Gothic-Szene als eine leere Begriffshülse ohne Zusammengehörigkeitsgefühl. Oft werden die kritischen Stimmen, welche sich wortgeballt gegen die Modeerscheinung ‚Gothic’ artikulieren, abgelehnt und nicht selten ironisiert. So existieren auf dem Internet konstruierte Pseudo-Portraits von jugendlichen Goths, welche den Klischees der Szene anheim gefallen sind. Diese Fiktionen, die vor allem kritische Gegenstimmen in ihren Gästebüchern provozieren wollen, vermitteln zumeist immer einen ähnlichen Inhalt: Ein in die Nachtseite des Lebens verstiegenes Teenager-Girl entblößt ihr Tagebuch. Absolut überspitzt und überzüchtet wird darin dargestellt, wie eine von Bösartigkeit und Diabolik dampfende Ideologie sich mit der Unbeholfenheit jugendlicher Euphorie kreuzt. 43

Die vielen Klischees, die dabei aufgetischt werden, heizen die Kritik im Gästebuch an. Der Fokus der Ironie und des Gespötts verschiebt sich dabei von der fiktiven klischeetisierten Darstellung einer/eines Pseudo-Goths auf die vielen empörten Stimmen im Gästebuch. Somit wird die nach Authentizität schreiende Kritik ebenfalls in das Licht einer berechenbaren und reproduzierbaren Schablone gestellt. Neben der geschilderten Brüskierung frönen solche Internetauftritte auch einem Konkurrenzkampf: Zum einen soll die Fiktion wie eine authentische Selbstdarstellung anmuten, und zum anderen möglichst bösartig oder – wie im Szenenjargon ausgedrückt – ‚evil’ erscheinen. Angesichts der Konkurrenzkämpfe und der Zuname solcher vorgetäuschten Portraits begegnen ihnen viele Szenenmitglieder mit einem Überdruss und einem Gefühl der Übersättigung. In der Gothic-Szene bilden sich musikalisch, sowie ideologisch immer divergentere Verästelungen. Die einzelnen Ausprägungen muten wie Subsubkulturen in einer übergeordneten Subkultur an. Angesichts der üppig dargelegten Kritik einiger Gothics gegenüber gewissen Verhaltensformen scheint es, dass der Synkretismus nicht konfliktfrei funktioniert. In Anbetracht dessen erscheint die Frage angebracht, ob diese Mannigfaltigkeit überhaupt noch mit dem Etikett ‚Gothic’ zusammengefasst werden kann. Auf die Frage, ob diese Ausformulierungen bereits losgelöste neue Subkulturen bilden, antwortet eine Szenenmitglied: „[…] Gothic dient noch immer als Übergruppe. Die einzelnen Untergruppen könnten auch noch zu klein sein, um für sich zu stehen oder unabhängig zu werden. Mir gefällt die Vielfalt gut, und ich hoffe, dass man sich nicht zu sehr voneinander entfernt […]“ Gothic wird bei dieser Formulierung erneut als eine leere Hülse betrachtet, deren Mitglieder kein Zusammengehörigkeitsgefühl aufweisen. Viele Szenengänger/-innen sehnen sich jedoch latent nach einem Zusammengehörigkeitsgefühl. Dieses unterschwellige Sehnen nach Zugehörigkeit wird dann wohl auch einer der Gründe sein, warum gewisse Ausprägungen der Szene derart glossiert und ausgestoßen, andere wiederum erhöht und verfechtet werden. Die immer wiederkehrenden Themata in einer zerfleischenden Szenenreflektion lässt das Wissen über die Essenz der Subkultur nur bedingt anschwellen. Die Brisanz vieler Fragestellungen ist durch wiederholtes Wälzen der Probleme stark geschwunden und zeigt sich wohl nur noch Neuzugänger/-innen der Szene. Viele Individuen können sich über die omnipräsente Szenendiskussion nicht mehr ereifern. Sie distanzieren sich einer Polemisierung der Subkultur. Ihre Ideologie und ihr Weltbild stehen nicht in einem aktiven Austausch mit dem Gedankengut der Subkultur. Ihre Gesinnung verschließt sich einer Abwägung und Reflektion mit anderen Ansichten. Man überlässt die Auslegung von ‚Gothic’ anderen Anhänger/-innen und konzentriert sich vor allem auf seinen eigenen
persönlichen Weg.

Schlusswort

Angesichts des nicht vorhandenen Zugehörigkeitsgefühls verwelkt der Szenen-Charakter der Subkultur. Gothic gleicht viel eher einer Nische, in der man seine vestimentären und ideologischen Devianzen ausleben und aufziehen kann. Nach aussen hin bedeutet die Subkultur Rückhalt: Man steht nicht alleine da mit Verhaltensformen, welche von einer politisch korrekten Gesellschaftsutopie abweichen. Doch ist in diesem Wachsfigurenkabinett der divergierenden Verhaltensmuster die Devianz ihrerseits zum Konformitätszwang geworden. Die Kopierbarkeit der etablierten Klischees birgt die Gefahr in sich, dass die Subkultur zu einem uniformen trägen Gefüge verkommt. Der Wunsch nach Einzigartigkeit scheint jedoch bei vielen Individuen ein kompromissloser Antrieb für den Aufenthalt in dieser Subkultur zu sein. Es zeigt sich nun der Anspruch, seine Besonderheit nicht nur gegenüber einer Aussenwelt, sondern vor allem auch gegenüber den Mitgliedern der Subgruppe zu manifestieren. Durch Inszenieren, ständiges Weiterentwickeln und Reflektieren der Subkultur und seiner selbst versucht man, sich als Unikum zu bestätigen. Dieses Gefüge bietet somit die Möglichkeit, seinen Sonderlingstatus gegenüber der breiten Gesellschaft, aber auch gegenüber den Szenenmitgliedern beglaubigt zu wissen. Die Plattform der Subkultur wird zu einer Optik, auf deren Linse man vor allem sich selber abbilden und neu inszenieren kann. Diese Suche nach Sinn und Spiritualität ist es, welche eine individuelle Auseinandersetzung mit vorgelebtem Gedankengut fordert und ein Trittbrettfahren verunglimpflicht.

Die Gothics erleben eine doppelte Entfremdung: Weltfremd ist man einer Aussenwelt gegenüber und weicht in eine Parallelwelt aus. Doch auch diesem Nischendasein entfremdet man sich und versucht, seine Einzigartigkeit herauszustreichen. Ein gutes Beispiel für die Entfaltung dieses Individualitätsanspruches bilden die OnlineForen: Die auftretenden Persönlichkeiten versuchen, ihre Charakteristik mit Pseudonymen, mit Bildern und poetischen Sprüchen zu paraphrasieren und herauszustreichen. Gerade in diesen Selbstentwürfen der Forumsmitglieder widerspiegelt sich eine besondere Attraktivität der Subkultur für ihre nach Individualität strebende Anhänger/-innen: Sowohl modisch als auch ideologisch kann das Selbstkonstrukt schöpferisch modelliert werden und gewinnt dabei einen Hauch von Kunst oder auch Künstlichkeit. Die Online-Foren bilden die Plattform der Subkultur, auf welcher der Szenenpolemik wohl am unverblümtesten und zerpflückendsten gefrönt wird. Obwohl viele Ideologiediskussionen ständig wiederkehren und vielen Besucher/-innen nur noch ein müdes Lächeln entlocken können, wird diese Art von Debattieren von vielen mit einer Weiterentwicklung der Szene und seinem eigenen Standpunkt in Verbindung gebracht. Einige Mitglieder betonen, im Abwägen und Ausdiskutieren mit anderen Ansichten ihre eigenen Auffassungen festigen und raffinieren zu können. Allgemein lässt sich feststellen, dass divergente Verhaltensformen in der Subkultur gerne beäugt, genossen, aber auch bemustert und kritisiert werden. Wie Hofmannsthal unter dem Pseudonym ‚Loris’ um das 19. Jahrhundert seine Kunstkritik als Möglichkeit darlegte, die eigene Lage im „universellen Koordinatensystem“ zu erkennen 44, mutet auch die Szenenreflektion in der Subkultur Gothic wie eine Kritik an, dessen Antrieb der Wunsch nach mehr Wissen über sich selbst ist. Jede Aussage vom Wesen der ‚Szene’ ist immer zugleich Bestimmung des eigenen. „Kritik bedeutet hier nicht mehr ein Beurteilen […] nach feststehenden Geschmacksregeln, sondern ein Einordnen […], Gestalten,“ ein Einbezug der „Ereignisse in die eigene Lebensbewegtheit des Betrachters, eine lebendige Gegenwirkung des Geistes auf seine Gegenstände, eine Nötigung, ihren Lebenswert zu klären und festzuhalten.“ 45

Die Subkultur Gothic, als ein sich abschliessendes Gefüge betrachtet, bietet keine Befriedigung für die persönliche Sinnsuche, oder gar pfannenfertige Rezepte zur Bewältigung des Daseins. Sie schafft viel eher Rahmenbedingungen und Räumlichkeiten, in denen Kernfragen der menschlichen Existenz befühlt werden können. Sie bietet Anregungen und Werkzeuge, fordert jedoch von jeder/jedem Einzelnen, diese mit sich selber auszudiskutieren und nach Massgabe derer Verwandtschaft zum individuellen Weltbild einzusetzen – innerhalb und außerhalb der Subkultur. Die gewonnene Lebensutopie wird im Austausch mit anderen Individuen der Subkultur analysiert und dabei nicht selten in ihre Trugbilder zerrieben. Eine anfängliche Euphorie, mit deren gewisse Stimmen ihre Ansichten mitzuteilen begehren, wird nicht selten von einer Enttäuschung und einer Ernüchterung abgelöst. Das Gedankengut der Subkultur verbürgt keine Sättigung der persönlichen Sehnsucht nach Wahrheit und Sinn, sondern verhält sich wohl eher folgendermaßen: „[…] Ich selbst sehe in diesem Devianzen-Panoptikum mehr den Ausdruck einer verzweifelten Wahrheit. Ich habe mir die verschiedensten Elemente sehr genau angesehen, um doch nur wieder Bruchstücke des einen zerbrochenen Spiegels (Milton, Paradise Lost) wieder zu erkennen, zu dem es kein Zurück mehr gibt. […]“

Anhang

Fragebogen I; überzüchtete, klischeeträchtige Version

Im Folgenden werden die Ausdrücke ‚Gothic-Szene’, ‚Umfeld der Gothics’ nicht als eine allgemeine Definition der Gothics gehandelt. Bei diesen Definitionen geht es um Dein persönliches Erleben Deines nächsten Umfeldes dieser Szene. Deine Antworten sollen nicht die Darstellung der gesamten Bewegung betreffen. Jede Frage kann mit ja oder nein beantwortet werden. Die Begründung, oder der Kommentar ist absolut freiwillig. Name, Alter, Land sind auch optional. Die Befragung kann auch im anonymen Rahmen miteinbezogen werden. Falls Dir eine Fragestellung missfällt, lass sie aus.

  1. Warum hast Du Dich der Gothic-Szene angeschlossen:
    (Zutreffendes bitte mit einem ‚x’ markieren):
    Unzufriedenheit über mich selber………………….……. :
    Unzufriedenheit über die Gesellschaft…………….……. :
    aus Einsamkeit……………………………………………. :
    aus Fun…………………………………………………….. :
    um meine Trauer auszuleben……………………………. :
    aus Gefallen an der Musik……………………………….. :
    aus Gefallen an der Mode……………………………….. :
    durch negative Erlebnisse verursachte Trauer………… :
    wegen meiner Melancholie………………………………. :
    um auf Verständnis meiner Depressionen zu stossen… :
    weil Freund/Freundin dieser Szene angehört…….……. :
    aus Idealismus……………………………………….……. :
    weil Gothics bessere Menschen sind…………………… :
    aus nicht genannten Gründen (bitte angeben)………… :
  2. Warst Du von Deinem inneren Weltbild her gesehen ein/eine Goth’, schon bevor Du zur Gothic-Szene gestossen bist?
    Ja/Nein:
    (Kommentar):
  3. Wie nimmst Du die breite Gesellschaft wahr?
  4. Fühlst Du Dich in der Alltagsgesellschaft missverstanden, traurig, fehl am Platz?
    Ja/Nein:
    (Begründung):
  5. Ist das Ausformulieren von Schwermut und Todessehnsucht nach Deiner Meinung in der breiten
    Gesellschaft nicht, oder nur beschränkt möglich?
    Ja/Nein:
    (Begründung):
  6. Fühlst Du Dich in der Gothic-Szene wohler?
    Ja/Nein:
    (Begründung):
  7. Bildet die schwarze Szene eine Zuflucht für Dich, wo Du Deine Melancholie und Deinen
    Lebensschmerz ausleben kannst?
    Ja/Nein:
    (Begründung):
  8. Ist es in Deinem Umfeld der Gothics wahrscheinlicher als in der Gesellschaft, dass sich Deine
    Melancholie in Fröhlichkeit wandeln kann?
    Ja/Nein:
    (Begründung):
  9. Kannst Du in Deinem Umfeld der Gothics ehrliche Fröhlichkeit leben?
    Ja/Nein:
    (Kommentar):
  10. Wird Lebensfreude in dieser Szene als nicht dazugehörig abgetan?
    Ja/Nein:
    (Kommentar):
  11. Schränkt Dich die Gothic-Szene in irgendeiner Form manchmal auch ein?
    Ja/Nein:
    (Wie):
  12. Hast Du auch Kritik gegenüber der schwarzen Szene?
    Ja/Nein:
    (Welche):
  13. Ergänzungen, Kritik zu meinem Fragebogen:

Fragebogen II, bei dessen Verfassen die Kritik auf den ersten Fragebogen Pate stand

  • Augenfälliges Merkmal vieler Antworten ist, dass man sich von der Gothic-Bewegung abzugrenzen versucht. Nach diesen Stimmen existiert diese nicht, oder es gab sie nur im Anfangsstadium der Subkultur.
    Mit ihrer gemeinsamen Kritik an der Gothic-Szene schaffen sie ein neues Gefäss, welches sich von der
    Bewegung, wie sie sich heutzutage darstellt, distanzieren will. Diese Abgrenzung erfolgt nicht selten mit
    einer ziemlich wortgeballten Argumentationswiese, die auf einen gewissen Frust schliessen lässt. Es
    scheint, dass sich derlei Unbehagen schon lange angestaut hat.
    1. Warum empört man sich über die Gestalt einer Jugendkultur, wenn man sich selber nicht dazu zählen
      will? Wird Gothic immer mehr zu einer breiteren Subkultur, von welcher sich neue Subsubkulturen
      abgrenzen wollen?
    2. Zeichnet sich langsam eine Tendenz ab, dass es einfach ein wenig schick ist, sich selber als Anti-Goth
      zu bezeichnen?
  • Jüngere Anhänger bemängeln hingegen die stets präsente Kritik der von der Szene einverleibten Gothics.
    Sie beklagen die Aufnahmeverfahren, mit welchen gewisse Leute prüfend abschätzen, ob man ‚junges
    Gemüse’ aufnehmen soll oder nicht. Sie plädieren für mehr Offenheit gegenüber Neuem.
    1. Zeichnet sich ein Generationskonflikt ab?
    2. Kritisieren gewisse Leute die Ablehnung von Neuem, so fragt man sich doch, ob eine Subkultur sich
      denn als Ganzes überhaupt entwickeln kann. Vollzieht sie ihr Entwicklungsprozess eigentlich nicht
      gerade dadurch, dass sie sich in neue Subsubkulturen aufspaltet?
  • Das Klischee ‚Gothics sind ehrlichere Menschen, da sie Lebensschmerz akzeptieren’ wird kategorisch
    abgelehnt. Viele Stimmen betonen, dass tiefgründige Menschen nicht von einer Szene abhängig sind. Die
    fragwürdige Formel ‚Gothics = melancholisch = tiefgründig’ wird als weitere Warteschlaufe vor dem
    Landeanflug betrachtet.
  • Habe ich doch eingangs im Einleitungstext versucht festzulegen, dass es mir bei der Befragung, um das
    persönliche Erleben des nächsten Umfeldes dieser Szene geht und nicht um eine ganzheitliche Definition
    ihresgleichen, so scheinen gewisse Antworten trotzdem in die letztere Gegenrichtung zu lenken. Auffällig
    ist auch der Sachverhalt, dass sich die meisten Personen über eine allgemeine Gothic-Szene äussern.
    Dazu folgendes Beispiel: Meine präzise Frageformulierung lautete nicht, ob eine/ein Goth melancholisch
    zu sein braucht, um eine/ein echte/r Goth zu sein, sondern, ‚Ob die schwarze Szene eine Zuflucht für das
    Ausleben von Schwermut für die befragte Person bildet’. Doch wurden die meisten Fragen im
    erstgenannten Kontext beantwortet. Es scheint, dass diese Frage, welche in Zusammenhang mit der oft
    klischeehaften traurigen Gemütshaltung steht, viele dazu bewegt, eine Antwort abzugeben, welche die
    ganze Subkultur umfasst.
    1. Gehen wir einmal davon aus, dass sich die Subkultur Gothic in weitere Subsubkulturen aufgefächert hat. Warum definiert man sich über die Verneinung der vorangegangenen Kultur? Kann man sich auf diese Art überhaupt von ihr lösen? Bleibt man dabei nicht in den Fängen des Verneinten?
    2. Warum fällt es einem leichter (auch mir), Verhaltensmuster zu negieren, als neue zu entwickeln? Angst
      vor Ideologie, Utopie?
  • Ist bei der Gothic-Szene die Schwermut ein Element gewesen, welches bei der Entstehung der Subkultur
    wichtig war (vgl. www.google.com, und suche nach ‚Entstehung der Gothic-Kultur’), so war es in der Kunst
    die Malerei, welche auch heute noch als das Aushängeschild von Kunst herhalten muss. An Kunstschulen
    ist sie verpönt, da man sich ja abheben will und irgendwie zeitgenössisch erscheinen will.
    Analog dazu erscheinen mir zum Teil die Äusserungen zu den Fragen, welche Melancholie betreffen.
    Hierbei zeichnet sich ab, dass jüngere Personen diese Fragen mit grosser Hingabe beantworten, ältere
    jedoch eher schürfende Kritik entgegenbringen.
    1. Angenommen es fällt einem leichter, mit seiner persönlichen Melancholie umzugehen, falls man zugeben darf, dass sie einem immer noch Schwierigkeiten bereitet. Soll man sich nun – überspitzt
      ausgedrückt – als Gothic bezeichnen, welcher noch nicht aus seinen Kinderschuhen herausgewachsen
      ist?
    2. Wie und Warum wird das Thema Melancholie zu einem solch heissen Eisen für die Gothic-Szene?
  • Gewisse Fragen werden mit ziemlich wertenden und kategorisierenden Ausdrücken negiert. Entsagen
    sich solche Stimmen einer Definition der Szene, so teilen sie sie mit oben genannten Begriffen neu ein.
    Die kritisierte Szenenform ist diejenige, welche das Goth-Sein mittels Regeln und eingeübten
    Verhaltensmustern zementieren will. Angesichts der immensen Vielfalt an eintreffenden Definitionen, habe
    ich mich von Anfang an einer Begriffsbestimmung entsagt. Ich wollte dies Personen überlassen, welche
    sich meinem Fragebogen annehmen.
    1. Wenn man an der Gothic-Szene eine von Regeln und Verhaltensmustern geprägte Ausprägung kritisiert, bekommt man dabei nicht die neue Regel auferlegt, nie mehr so sein zu dürfen wie die oberflächlichen, regelorientierten Gothics?
    2. Muss man sich nicht selber an der Nase nehmen? Denn was einem einfach immer wieder aufs Neue
      erstaunen lässt, ist das unbändige Begehren von allen, jede Ausfächerung der Szene mit manchmal
      sehr illustren Begriffen zu umschreiben.
    3. Warum kämpfen so viele Stimmen um das wahre Goth Sein?
  • Viele Kritiker und Kritikerinnen beschreiben, dass sie selber auch einst einen Teil ihres Lebens in der
    Gothic-Szene verbracht haben, doch an einem entscheidenden Wendepunkt mit ihr brachen, und
    beschreiben darauf ihr neues wirkliches Goth Sein.
    1. Wenn einem die Gothic-Szene enttäuschen konnte, nach was hatte man gesucht? In welchem Punkt
      wurde man getäuscht oder enttäuscht?
    2. Was berechtigt gewisse Leute (immer noch) dazu, die Vielfalt dieser Szene anzusprechen?
      Gibt es die überhaupt noch, sind es denn nicht bereits losgelöste neue Ausprägungen? Falls es sie gibt,
      was ist der gemeinsame Nenner von ihnen?

Quellenangaben/Literaturverzeichnis

  • Arensmann/Schartz: Gothics Culture e. V. Bielefeld. /datenbank-m.htm (und folgende Links); zuletzt überprüft am: 17.11.2002.
  • Braegger, Carlpeter. (1979): Das Visuelle und das Plastische – Hugo von Hofmannsthal und die Bildende
    Kunst. Francke Verlag Bern und München. Bern, S.12 – 30.
  • Farin, Klaus. (2001): Jugendsubkulturen heute. becksche reihe. (o. O.). zit. in: Archiv der Jugendkulturen e.V. Berlin. https://web.archive.org/web/20050404093940/http://www.tilsner.de:80/kick/buch/textausz.html; zuletzt überprüft am: 17.11.2002
  • Helsper, Werner. (1992): Okkultismus. Die neue Jugendreligion? Verlag Leske + Budrich. Opladen,
    • S. 231 – 240. zit. in: Arensmann/Schartz: Gothics Culture e. V. Bielefeld.
      https://web.archive.org/web/20021112035624/http://www.gothics-culture-ev.de:80/grafikversion/werte-m.htm; zuletzt überprüft am: 17.11.2002.
    • S. 240 – 248. zit. in: Arensmann/Schartz: Gothics Culture e. V. Bielefeld.
      https://web.archive.org/web/20050503195302/http://www.gothics-culture-ev.de:80/grafikversion/reli-m.htm; zuletzt überprüft am: 17.11.2002.
    • S. 257 – 263. zit. in: Arensmann/Schartz: Gothics Culture e. V. Bielefeld.
      https://web.archive.org/web/20050503195302/http://www.gothics-culture-ev.de:80/grafikversion/reli-m.htm; zuletzt überprüft am: 17.11.2002.
  • Schmidt, Doris. (2000): Grufties: Jugendkultur in Schwarz. Schneider-Verlag. Hohengehren,
    S. 8 – 99.
  • Verein ‚Grufties gegen Rechts’. Bremen. http://www.geister-bremen.de/selbst.html; letzte Aktualisierung: 14.01.2003.
  • Zimmermann, Oliver (2000): Ideologie einer Jugendkultur am Beispiel der Gothic- und Darkwaveszene.
    Diplomarbeit, Alice – Salomon – Fachhochschule Berlin. zit. in: Arensmann/Schartz: Gothics Culture e. V.
    Bielefeld. https://web.archive.org/web/20021030052920/http://www.gothics-culture-ev.de:80/grafikversion/ideologie-gfx.htm (und folgende Links); zuletzt
    überprüft am: 17.11.2002.

Impressum

Titel: Subkultur Gothic – „ein Verhältnis voll Koketterie, voll Pointen und Antithesen, voll ironischer Frühreife, voll altkluger Skepsis“
Datum der Abgabe: 24. Februar 2003
Art: Diplomarbeit im Fach Pädagogik/Psychologie
Hochschule: Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich
Verfasser: Adrian Heuberger, 7. Studiensemester SLB 7
Referent: Urs Meier

Anmerkung des Verfassers: Meinen Dank aussprechen möchte ich Oliver Zimmermann, dessen außerordentlich gründlich recherchierte Diplomarbeit, „Ideologie einer Jugendkultur am Beispiel der
Gothic- und Darkwave-Szene“, alle anderen von mir vorgefundenen schriftlichen Informationsquellen an Objektivität und Aktualität übertraf und somit einen wichtigen Pfeiler meiner Informationsbeschaffung bildete. 46

Einzelnachweise

  1. Die Subkultur ‚Gothic’ hat bereits viele ihrer Anhänger/-innen dazu inspiriert, das Eigenleben dieser Subgruppe in Form einer Diplomarbeit für Aussenstehende zu dokumentieren. Vorliegende
    Arbeit ist dann auch nicht mehr als eine weitere schriftliche Auseinandersetzung mit dieser Subkultur, die sich zu einem umfangreichen Fundus an bereits bestehender Diplomarbeiten hinzugesellt.[]
  2. Vgl. Cohen 1981, S. 371 in: Stefan Brandstetter 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit), S. 34 zit. in: Oliver Zimmermann 2000[]
  3. Vgl. Braegger 1979, S. 12 – 13[]
  4. Vgl. Richard 1997, S. 129 in: Schmidt 2000, S. 16[]
  5. Ariès 1999, S. 444 zit. in: Schmidt 2000, S. 16[]
  6. Ariès 1999, S. 372f. zit in: Schmidt 2000, S. 16[]
  7. Vgl. Scharm 1998, S. 17 in: Schmidt 2000, S.16[]
  8. Schwendter 1993, S. 10f. zit. in. Farin 2001[]
  9. Schwendter 1993 zit. in: Stefan Brandstetter 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit), S. 38 zit.in: Oliver Zimmermann 2000[]
  10. Vgl. Lindner 1981, S. 10 in: Stefan Brandstetter 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit) S. 33 zit in: Oliver Zimmermann 2000[]
  11. Vgl. Cohen 1981, S .371 in: Stefan Brandstetter 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit), S. 34 zit.in: Oliver Zimmermann 2000[]
  12. Baake/Dieter und Wilfried Ferchhoff zit. in: Krüger 1988, S. 313ff. zit. in: Oliver Zimmermann 2000[]
  13. Vgl. Farin 2001 zit. in: https://klausfarin.de/presse/leserinnen-echo/zu-generation-kick-de; zuletzt überprüft am: 19.11.2002.[]
  14. Vgl. Schwendter 1993 in: Oliver Zimmermann 2000[]
  15. Vgl. Richard 1997, S. 101[]
  16. Vgl. Schmidt 2000, S. 8[]
  17. Vgl. Schmidt 2000, S. 69 – 70[]
  18. Vgl. Oliver Zimmermann 2000[][][][][][][][]
  19. Vgl. Sommer/Wind 1998, S. 126 zit. in: Schmidt 2000, S. 42[]
  20. Vgl. Schmidt 2000, S.42[]
  21. Vgl. Schmidt 2000, S.43[]
  22. Vgl. Sommer/Wind 1998, S. 127 in: Schmidt 2000, S. 45[]
  23. Vgl. Arensmann/Schartz, http://:www.gothics-culture-ev.de/grafikversion/his-m.htm; zuletzt überprüft am: 17.11.2002.[]
  24. Vgl. Helsper 1992, S. 240-248[][][][]
  25. Vgl. Schmidt 2000, S. 66-69[]
  26. Vgl. Brückner 1992, S. 25 zit. in: Schmidt 2000, S.69[]
  27. Vgl. Brückner 1992, S. 25 zit. in Schmidt 2000, S.69[]
  28. Vgl. Kluge 1996, S. 20 zit. in: Schmidt 2000, S.69[]
  29. Vgl. Klein 1950, S. 271f und 589 in: Schmidt 2000, S. 70[]
  30. Vgl. Heller 1995, S. 94 in: Schmidt 2000, S. 72[]
  31. Vgl. Schmidt, S. 72[]
  32. Vgl. Butazzi, 1986a S. 498 in: Schmidt 2000, S. 73[]
  33. Thiel 1980, S. 278 zit. in: Schmidt 2000, S. 74[]
  34. Vgl. Butazzi, 1986b S. 507 in Schmidt 2000, S. 74[]
  35. Vgl. Richard 1997, S. 118 in: Oliver Zimmermann 2000[]
  36. Sommer/Wind 1988, S. 77 zit. in: Schmidt 2000, S.75[]
  37. Vgl. Schmidt 2000, S. 51[]
  38. Vgl. Helsper 1992, S. 257-263[][][]
  39. Vgl. Schmidt 2000, S. 99[]
  40. Hans Schumacher, Rassismus und Szene http://www.rabenclan.de/index.php/Magazin/HansSchumacherSzene01 []
  41. Vgl. Helsper 1992, S. 231-240[]
  42. Quelle: Verein „Grufties gegen Rechts“[]
  43. Als Beispiel eines solchen fiktiven Portraits sei folgende anonyme Seite aufgeführt: http://www.deathforever.de.vu[]
  44. Vgl. Hofmannsthal 1959, S. 127 zit. in: Braegger 1979, S. 12[]
  45. Curitius 1965, S. 166 zit. in: Braegger 1979, S. 12-13[]
  46. Die Arbeit von Oliver Zimmermann, „Ideologie einer Jugendkultur am Beispiel der Gothic- und Darkwaveszene“, ist im April 2000 an der Alice – Salomon – Fachhochschule Berlin erschienen.[]