Dieser Beitrag wurde nie veröffentlicht, weil ich als Privatmensch keine Rechtsberatung leisten darf und ein solcher Artikel ggf. in dieser Form ausgelegt werden könnte. Ich hatte 3 Rechtsanwälte angefragt, einen solchen in einer Art Interview zu machen, aber entweder keine Antwort oder Ablehnungen bekommen habe.
Es ist eine Leidenschaft vieler Gruftis: das Fotografieren und Filmen von Friedhöfen. Da werden ausgiebige Spaziergänge, Exkursionen und sogar Reisen zu weiter entfernten Orten unternommen, um besonders schöne, verwunschene oder historische Friedhöfe zu besuchen. Natürlich möchte man sich diesen Besuch in Erinnerung behalten und fotografiert von der Zeit gezeichnete Engel, verwitterte Inschriften und halb versunkene Gräber. Das man seine Grufti-Freunde an diesem Erlebnis teilhaben lassen möchte, erscheint selbstverständlich und genauso werden die Bilder dann auch in sozialen Netzwerken oder auf Fotoplattformen hochgeladen. Wie die Vergangenheit jedoch gezeigt hat, ist es vor allem in Deutschland nicht immer einfach mit dem, was man fotografiert oder filmt und wie und wo man das dann veröffentlichen kann. Dabei tauchen immer wieder Fragen auf, die sich nicht so einfach beantworten lassen. Darf ich Grabsteine, Gruften und Mausoleen fotografieren? Wie sieht es mit Menschen oder Trauerfeiern aus? Und könnte ein Friedhof die Kulisse für mein nächstes Musikvideo werden? Wir haben versucht, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Das Fotografieren von Grabsteinen, Gruften und Mausoleen und die Veröffentlichung der Bilder sind zunächst einmal völlig unproblematisch. Nach §59 Abs. 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) ist es erlaubt, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Hilfe der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch einen Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. In der Rechtssprechung 1 und der entsprechenden Literatur 2 ist man einhellig der Meinung, dass Grabsteine, Gruften und Grabmäler zu den genannten Werken gehören, weil Friedhöfe zu den „öffentlichen Plätzen“ im Sinne des UrhG gehören. Das gilt im übrigen auch, wenn die Friedhöfe eine Einfriedung (Hecke, Zaun oder Mauer) besitzen und zu bestimmten Zeiten geschlossen werden. Wenn der Friedhof allerdings – aus welchen Gründen auch immer – geschlossen oder abgesperrt ist, könnt ihr euch nicht einfach Zugang dazu verschaffen, um Bilder zu machen. Auch Hilfsmittel, wie zum Beispiel Drohnen, dürfen dann nicht eingesetzt werden, um Aufnahmen machen.
Das Urheberrecht des Steinmetzes wird ebenfalls nicht tangiert, allerdings darf die letztendlich Abbildung des Werkes nicht entstellend oder verfremdet sein. Den Namen des Steinmetzes als Urheber des Grabsteins oder des Grabmals muss jedoch angegeben werden, wenn er ohne Weiteres in Erfahrung zu bringen ist – durch ein Schild am Grabstein beispielsweise. Bei historischen Grabmalen ist allerdings nicht davon auszugehen, ein solches Schild in leserlicher oder leicht zugänglicher Stelle aufzufinden ist.
Die bildliche Weitergabe von Grabsteinen verletzt auch nicht das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen noch das der Nutzungsberechtigten oder das Besitz- oder Eigentumsrecht der Angehörigen oder des Friedhofs. Denn mit dem Tod endet auch das Recht auf Datenschutz. Daher bestehen weder Unterlassungsansprüche oder das Anrecht auf Schadenersatz. 3 Auch eine Verpixelung oder Unkenntlichmachung der persönlichen Daten des Verstorbenen ist nicht notwendig. Die Veröffentlichung und Verbreitung im Internet sowie die Verwendung der Bilder zu Werbezwecken, die man beispielsweise Facebook beim hochladen der Bilder einräumt, sind ebenfalls erlaubt. 4 Ein Verbot der Erstellung und Verwendung von solchen Aufnahmen ist irrelevant, selbst wenn sie in der Friedhofssatzung enthalten sind, da selbst das Anstaltsrecht – unter dass das Friedhofswesen fällt – ein Verbot dieser Art nicht untermauern kann. Natürlich könnte man an dieser Stelle Moral und Ethik anführen, ganz so, wie es ein Vater für seinen Sohn in Bremen durchsetzen wollte – aber da Gruftis sich meist mit historischen Grabsteinen und deren kunstgeschichtlichen Hintergründen beschäftigen, sollte diese unproblematisch sein. In geschlossen Räumen innerhalb des Friedhofs, wie beispielsweise Kappelle oder Totenhalle, kann der Friedhofsträger allerdings Gebrauch von seinem Hausrecht machen und das Fotografieren und Filmen untersagen.
Lebende auf dem Friedhof
Menschen, die auf dem Friedhof spazieren gehen, Gräber pflegen oder auf der Parkbank ein Sonnenbad nehmen, dürfen nicht so ohne weiteres fotografiert werden. Nach §22 Satz 1 des Kunsturhebergesetzes dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten hergestellt, verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Bilder, bei denen die Menschen nur als „Dekoration“ neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten auftauchen, bedürfen keiner Einwilligung. Das ist immer dann der Fall, wenn die „Personendarstellung in der Gesamtschau untergeordnet“ erscheinen, so dass sie auch entfallen könnten ohne dass sich der Gegenstand oder der Charakter der Aufnahme verändern würde. Wenn ihr beispielsweise die historische Friedhofskapelle fotografiert, während eine Person am Bildrand durch die Aufnahme läuft, ist es erlaubt, diese Aufnahme zu verwenden.
Ausnahmen von notwendigen Einwilligung, wie sie beispielsweise in §23 Abs.1 Nr.3 des KUG (Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen an denen die abgebildeten Personen teilgenommen haben) sind auf dem Friedhof grundsätzlich nicht zulässig. Auch wenn es sich um Prominente im Sinne von „Menschen im öffentlichen Interesse“ oder „Personen der Zeitgeschichte“ handelt. So genießen auch prominente Besucher des Friedhofs einen besonderen Schutz.
Beisetzungen und Trauerfeiern dürfen grundsätzlich nicht gefilmt oder fotografiert werden, es sei denn man wurde explizit von den Angehörigen und Teilnehmern dafür bestellt oder aufgefordert. Wenn man so möchte, gilt hier sogar das Grundgesetz nach Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, denn gerade in einem solch emotionalen Augenblick sind Angehörige und auch Teilnehmer einer Trauerveranstaltung besonders schutzbedürftig, was neben der Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Intimsphäre besonders schwer wiegt. 5 Zwar handelt es sich bei einer solchen Trauerfeier um ein Ereignis, dass sich zwangsläufig in der Öffentlichkeit abspielt, jedoch bietet ein Friedhof in aller Regel eine Form der Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit, dass man die Erwartung der Trauergäste, in ihrer Trauer nicht fotografiert oder gefilmt zu werden, auch rechtlich untermauert. Die Rechtssprechung geht sogar soweit, dass man den Betroffenen ein Notwehrrecht gegenüber aufdringlichen Fotografen und Kameraleuten einräumt, soweit diese verbale Verbote der Anwesenden ignorieren. Wenn also ein Trauergast dem Fotografen die Kamera aus der Hand schlägt, nachdem dieser der Aufforderung zu verschwinden nicht nachgekommen ist, handelt es sich um Notwehr.

Das wollte ich nur der Vollständigkeit halber hier mit erwähnen, da sich Grufti-Fotografie im Grunde genommen nie mit den Lebenden auf dem Friedhof auseinandersetzt. Es sollte Euch nur daran erinnern, dass auch das Ablichten von Freunden auf dem Friedhof oder das Posieren an Grabsteinen problematisch werden kann, wenn man nicht gefragt hat, ob man die Bilder dann auch bei Facebook hochladen kann.
Musikvideos auf dem Friedhof drehen?
Wer kennt nicht HIM und seinen Song „Gone with the Sin“ oder „Six Feet Underground“ von den Lord of the Lost? So ein Grufti-Song, bei denen der Friedhof die gruselige Kulisse sein soll, stellt eine Sondernutzung des selbigen dar, da sie mit dem sogenannten „Gemeingebrauch“, nämlich der Gewährleistung von Bestattungen und Zurverfügungstellung eines Ortes der Trauer, eben nichts gemein haben. Die oftmals in Friedhofssatzungen Verbote beziehen sie auf diese Nutzungsart und sind durchaus zulässig, anders als bei dem Verbot von eigenen Bilder von Grabsteinen für seinen Friedhofsblog beispielsweise, von dem weiter oben im Artikel die Rede ist. Inwieweit Videoproduktionen sogenannter „YouTuber“ davon tangiert werden, vermag ich nicht zu sagen.
Grundsätzlich ist es ratsam, den Friedhofsträger oder die Friedhofsverwaltung um eine Genehmigung zu bitten, die dieser nach freiem Gusto erteilen oder eben nicht erteilen kann. Das ist, bei freundlicher Nachfrage in der Regel kein Problem.
Panoramafreiheit – Andere Länder, andere Sitten
Dass es in Deutschland schwierig ist, Bilder rechtssicher zu machen und zu veröffentlichen, wissen wir nicht erst seit der Verhüllung des Reichstags durch den Künstler Christo, der die Panoramafreiheit, die dem §59 des UrhG entspringt, faktisch aushebelte, weil seine Verhüllung temporär und nicht zeitlich bleibend gewesen ist. Friedhöfe, das wissen wir nun, sind öffentlicher Raum und fallen in Deutschland zu mindestens unter die sogenannte Panoramafreiheit.
In der europäischen Nachbarschaft sieht das allerdings teilweise völlig anders aus, wie die Karte links eindrucksvoll verdeutlicht. In hellgrün markierten Ländern, wie Deutschland, Österreich, Polen oder Tschechien gelten die hier im Artikel beschriebenen Grundsätze. Deutlich freiheitlicher sind da noch die dunkelgrün markierten Länder, wie die Niederlande oder Großbritannien, in denen selbst Bilder aus dem Innern öffentlicher Gebäude unter die Panoramafreiheit fallen.
In den Ländern Frankreich, Belgien und Italien, die auf der Karte rot markiert sind, gibt es keine Panoramafreiheit. Hier darf man grundsätzlich keine Fotos von urheberrechtlich geschützten Gebäuden veröffentlichen. Hier muss man in der Regel warten, bis der Urheber des Bauwerks 70 Jahre lang unter der Erde liegt. Bei Friedhofsfotografien von Grabsteinen, wie beispielsweise dem Pariser Père Lachaise, ist daher Vorsicht geboten, da hier auch Gräber aus dem letzten Jahrhundert zu sehen sind. Bei der Veröffentlichung der Bilder oder Aufnahmen kann man sich auch nicht immer auf das Territorialprinzip berufen 6. Vloggerin und YouTube-Star Black Friday wurde jüngst in Paris dazu genötigt, die Aufnahmen vom Pariser Friedhof wieder zu löschen, was also Glück im Unglück bedeuten könnte, wäre man erst später gegen die Veröffentlichung vorgegangen.
Prominentes Beispiel ist hier auch der Eiffelturm in Paris. Dessen Urheber Gustave Eiffel ist zwar 1923 gestorben und demnach seit über 70 Jahren tot, nicht aber die Firma, die die Lichtinstallation erbaute, die den Turm nachts beleuchtet. Fotos vom Eiffelturm bei Nacht dürfen als nicht veröffentlicht werden. Bilder vom Atomium in Brüssel dürfen ebenfalls nicht ohne Genehmigung veröffentlicht werden. Doch auch in Deutschland gibt es Ausnahmen von der Panoramafreiheit, wie das Beispiel des Schloss Sanssouci zeigt. Die Betreibergesellschaft „Stiftung Preußische Schösser und Gärten Berlin-Brandenburg“ hat durchgesetzt, dass ihre Gärten und Schlossparks NICHT als öffentlicher Raum gelten und demnach von der „Panoramafreiheit“ ausgenommen sind.
Fazit zur Friedhofsfotografie
Bilder von historischen Friedhöfen in Deutschland zu fotografieren und zu veröffentlichen, bleibt eine undurchsichtige Freizeitbeschäftigung. Grundsätzlich ist das Fotografieren von G Grabsteinen und Grabstätten problemlos, bei der Veröffentlichung sollte man jedoch Vorsicht walten lassen und sich eine Genehmigung des Friedhof-Betreibers einholen.
Einzelnachweise
- Vergleiche: BGH NJW 1989 Seite 2251 – BGH, 09-03-1989 – I ZR 54/87: Verwertung der Fotografie eines Privathauses – Friesenhaus und BGH NJW 2011 Seite 753 – BGH, 17.12.2010 – V ZR 44/10: Verwertung der Fotos von Schlössern und Gärten auf Internetplattform[↩]
- Vergleiche: Urheberrecht: Urheberrechtsgesetz, Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, Kunsturhebergesetz (Heidelberger Kommentar) von Dreyer, Kotthoff, Meckel und Zeisberg – Erläuterungen zum §59 des UrhG[↩]
- Vergleiche: §823 Abs.1, §§ 1004, 903 BGB[↩]
- Vergleiche hierzu die Entscheidung des OLG München vom 14.10.1993 – 29 U 2536/93[↩]
- Vergleiche hierzu einen Artikel auf lexetius.com über das Urteil des BGH vom 9. 12. 2003 – VI ZR 373/02[↩]
- Das Territorialpinzip besagt, dass das Recht des Landes gilt, in dem die Bilder oder Aufnahmen veröffentlicht werden. Im Internet darf man sich darauf aber nicht verlassen, da hier Inhalte grundsätzlich von überall aus aufgerufen werden können. Werden sie dazu noch in einem englischen Kontext präsentiert, bleibt es beim Recht des Landes in dem die Aufnahmen entstanden sind.[↩]
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.