Dieser Artikel wurde wieder zurückgezogen, weil wir vermeiden wollten, dem Konflikt und vor allem der Band „Nachtmahr“ eine Öffentlichkeit zu bieten, die sie mit ihrem provozierenden Verhalten erreichen möchten.
Die österreichische Band Nachtmahr möchte ihr Publikum provozieren. Uniformen, die an dunkle Zeiten erinnern, laszive Soldaten-Erotik mit leicht bekleideten Damen und hier und da ein paar Armbinden mit Symbolen und gelegentlich auch Fahnen, die auf der Bühne geschwenkt werden. Dazu serviert: Leicht verdaulicher Düster-Techno, der von Vaterland, Krieg und Heldenblut handelt. Natürlich, so versichert Nachtmahr, ohne rechtsextremen Hintergrund. Mit ihrem Auftritt am 22. Februar in Basel provozieren sie allerdings auch die örtliche Antifa-Bewegung, die mit rund 15 Demonstranten vor dem Veranstaltungsort auftauchten und offenbar auf 4 Besucher einprügelten.
Schon im Vorfeld des Auftritts erregt die Band Aufmerksamkeit, wie die Antifa-Seite barrikade.info berichtet: „Als die Bandmitglieder am frühen Nachmittag im Kleinbasel unterwegs waren, sind sie schnell aufgefallen. Der Sänger trug ein T-Shirt mit der grossen Aufschrift „Weltmacht oder Niedergang“ auf dem Rücken.“ Ein Slogan, der auch von der rechtsextremen Band Totenburg 1 benutzt wird. Offenbar entschließt man sich, der Band eine „Abreibung“ zu verpassen, wie es auf der Internetseite heißt.
Die am Abend verständigte Polizei, die dann beim Veranstaltungsort „Paterre One“ eintrifft, konnte jedoch keine Personen mehr festnehmen und von den anwesenden Personen wollte niemand Anzeige erstatten. Offenbar hatte es einen Tumult und kleinere Handgreiflichkeiten gegeben, aber keine ernsthafte Auseinandersetzung.
Nachtmahr – Rechte Band und prügelnde Linke?
Nachdem die örtliche Basler Antifa dann das „Bekennerschreiben“ auf barrikade.info veröffentlicht, berichtet auch die Basler Zeitung über den Vorfall und titelt: „Während mutmaßlich rechte Band aufspielt, prügeln Linke drein.“ Thomas Rainer, der Veranstalter „schwarz.ton“ und die Verantwortlichen des Basler Kulturbetriebs „Paterre One“ sehen sich zu Stellungnahmen gezwungen.
Schon in der Vergangenheit bestritt Frontmann Thomas Rainer stets seine Nähe zum Rechtsextremismus. 2012 sagt er in einem Interview: „Ich bin Österreicher und Patriot. Ich kann per Definition kein Nazi sein.“ In seiner Stellungnahme zum Vorfall, die er über den Veranstalter Schwarz.Ton verbreitet, führt er weiter aus: „Politischer Extremismus ist etwas was wir von woher er auch immer kommt, zutiefst verachten und gerade unser Standpunkt gegen rechts findet sich auch in diversen unserer Songs…“
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Er verbindet die Bühnenoutfits mit Uniformfetischismus und sieht darin eine Nähe zum BDSM, mit der Rainer auch seine persönlichen Vorlieben beschreibt. Er empfinde „das Gefühl von Macht“ wenn er eine Uniform trägt, wie er gegenüber dem Musikmagazin I DIE:YOU DIE angibt. Körperliche Gewalt, wie bei dem Vorfall in Basel, lehnt er aber in seiner Stellungnahme kategorisch ab: „Da wir prinzipiell jede Form körperlicher Gewalt ablehnen, bin ich immer noch schockiert von dem Angriff auf unsere Fans.“
Der Veranstalter Schwarz.Ton, der in der Vergangenheit zahlreiche Events für die schwarze Szene organisiert hat, bekräftigt Rainers Ansichten. Das Musikgenre Industrial, zu denen man auch Nachtmahr zählt, „war und ist die Provokation entlang der äußersten Ränder des Erträglichen„. Auch in vielen Songs der Band würde man die Distanzierung von rechtem Gedankengut klar erkennen.
Das gerne als Beleg für rechte Tendenzen genommene Stück „Die Fahnen unserer Väter“ … handelt beispielsweise von den österreichischen Fahnen des Widerstands gegen die Nazis. Der Track „Mütterchen Russland“ ist zwar klar militärisch … aber bezieht sich auf den Kampf der Roten Armee gegen die Nazis. Im Track „I hate Berlin“… macht die Refrainzeile „für das, was war“ auch die klar anti-rechte Linie deutlich. Nachtmahr steht nicht für rechte Musik, sondern für einen Uniform-Fetisch mit BDSM Aspekten!
Die Songs sind zwar militärisch, die Fahnen der Väter galten dem Widerstand und „I hate Berlin“ spricht darauf an, dass man Berlin als Nazi-Hauptstadt identifiziert und dafür hasst? Es wird deutlich, das man sich viel Interpretationsspielraum lässt, um die Inhalte zu deuten. Ob Second Decay, von denen der Song „I hate Berlin“ ursprünglich stammt, auch darauf Bezug nahmen? Das Ziel scheint einmal mehr die Provokation zu sein, weder eine klare politische Haltung noch Inhalte, die das Dargestellte und die damit verbundenen Assoziationen infrage stellen.
Der Förderkreis für Kultur- und Sozialprojekte, der auch den Veranstaltungsort „Parterre One“ betreibt, kollidiert im Nachgang mit ihren eigenen Zielen. Obwohl sie bereits beim Soundcheck Bedenken hatten, dass die Songtexte seien „sehr düster und gewaltverherrlichend wirken“ entschied man sich dafür, die Veranstaltung nicht abzusagen. Vor allem, weil Veranstalter schwarz.ton versicherte, man würde „nie eine rechte Band buchen„. Nachdem man sich aber nach der Veranstaltung mit den Vorfällen und den verschiedenen Informationsquellen auseinandergesetzt habe, sah man sich zu einer eigenen Stellungnahme genötigt:
Wir distanzieren uns klar und vehement von jeglichen Extremen an beiden Enden des politischen Spektrums. Wir kritisieren die Verherrlichung von Gewalt und Krieg, sowie jegliche Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung. Wir haben im Parterre One eine Bühne, die offen ist für kulturellen Austausch, die kritisch sein und zum Denken anregen, nie jedoch ein Ort für politische Extreme sein darf.
Weitere Veranstaltungen mit schwarz.ton will man in Zukunft genau prüfen. Eine Garantie, das man auch bei zukünftigen Veranstaltungen zusammenarbeite, so der Förderkreis, gebe es nicht.
Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich leichter?
So einfach ist es nicht. Gewalt, egal von welcher Seite aus, ist grundsätzlich zu verurteilen. Die Antifaschisten haben ein trauriges Bild ihrer Bewegung hinterlassen, das Publikum eines Konzertes anzugehen. Die Musiker, an die sich der Protest richtete, haben davon überhaupt nicht mitbekommen. „Vermöbeln“, wie sie es auf ihrer Homepage nennen, ist kein geeignetes Mittel, vermeintlichen Neonazis den Raum zu nehmen. Damit unterscheidet man sich in keinster Weise von denen, die man eigentlich zu bekämpfen versucht.
Nachtmahr ist eine umstrittene Band. Ich denke, Thomas Rainer provoziert bewusst mit Ästhetik und Inhalten, um sich interessanter und spannender zu machen. Sein Uniform-Fetisch, den er damit anscheinend auslebt, sei dem 41-jährigen Österreicher gegönnt. Warum er daraus eine Kunstform kreieren möchte, um es musikalisch auf der Bühne zu präsentieren, dürfte klar sein. Welcher Musiker möchte nicht von seiner Musik leben können?
Wenn ihr mich fragt, haben wir genug Krieg auf dieser Welt. Eine Band, die militärisch auftritt, sich mit bescheuerten Texten und in Uniform-Outfit einen kriegerischen Anstrich leistet, ist völlig überflüssig. Nicht nur, dass man damit Extremisten beider Lager auf den Plan ruft, sondern auch der BDSM-Szene eine Vertonung aufzwingt, die sie möglicherweise gar nicht will.
Was hat denn das mit Gothic zu tun?
Das ist der Punkt. Nichts. Weder linke und antifaschistische „Vermöblungs-Aktionen“ noch „patriotische“ Künstler mit Düster-Techno und Uniform-Fetisch. Trotzdem bietet man Nachtmahr auch weiterhin in Gothic-Clubs und auf Gothic-Festivals eine Bühne, nur um sich dann – wenn Gemüter hochkochen oder Situationen eskalieren – wieder zu erklären und zu distanzieren.
Ich habe mich gefragt, ob ich mich nicht ebenso in eine Zwangslage bringe, wenn ich darüber berichte. Muss ich dann nicht das „unpolitische“ das der Szene innewohnt verlassen und selbst Stellung beziehen? Sollte man solche Vorfälle und Zusammenhänge in Zukunft lieber lassen und nicht über solche Dinge berichten? Hinterlasst doch einen Kommentar und schreibt, wie ihr das seht. Notwendige Berichterstattung um die Sinne zu schärfen oder überflüssige Artikel die der Sache nicht wirklich dienen, sondern nur für kostenlose Werbung für die Band sind?
Einzelnachweise
- Wikipedia: „Totenburg ist eine deutscheNSBM-Band aus Gera. Die Band selbst bezeichnet ihre Musik als „Thuringian Aryan Black Metal“. Laut des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, das die Band als rechtsextrem einordnet, gibt die Band an, gute Kontakte zur NPD zu haben und ihren Musikstil als „arisch geprägt [und] für die weiße Rasse produziert“ zu bezeichnen. “ https://de.wikipedia.org/wiki/Totenburg_(Band) [↩]
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.