Spontis Wochenschau #04/2014

Es gibt sie noch. Die musikalisch ambitionierten Abende in angehenden, schwarzen Kulttempeln. Ich war so selig, so in mich gekehrt, so gothic. Melancholia-X. Der schwarze Virus ergreift dich spontan, unankündbar und unvorhergesehen. Es beginnt schon vor dem Eingang. Die Klänge aus dem Inneren fesseln deine Aufmerksamkeit und du vergisst einfach die draußen stehenden Menschen freundlich zu Grüßen, würdigst die Kassiererin nur mit einem flüchtigen Blick und willst nur noch durch den Vorhang in das Dunkel der Musik schreiten. Es sei mir verziehen, wenn ich dem ein oder anderen nicht die notwendige Aufmerksamkeit habe zukommen lassen. Der schwarze Virus hatte längst Besitz von mir ergriffen. „Ich und die Wirklichkeit“ schien wie der passende und fast schon poetische Einstieg in einen wundervollen Tanzabend im TIC-Club Mülheim. Sofort zog es mich auf die Tanzfläche und der kurze Blick auf DJ Klaus Märkert, den ich vor dem Abtauchen in meine eigene Wirklichkeit auf der Kanzel ausmachte, kündete von einem interessanten Abend. Gelegentlich unterbrach ich den Rausch für ein Liebesbeweis an Frau Eulenforst oder einen Schluck notwendiger Flüssigkeit. Ganz selten war auch ein kurzer Plausch mit bekannten Gesichtern möglich, doch die Musik hat zu keinem Zeitpunkt an ihrer „Energie“ verloren. Die musikalische Auswahl zeigte deutlich, dass es immer noch möglich ist zu überraschen und zu Musik dahinzuschmelzen, von der man noch nie gehört hat. Wie man dabei den Bogen durch alle Jahrzehnte spannt, zeigten die DJs dabei sehr eindrucksvoll. Ich wünsche mir eine Wiederholung und mehr Besucher die allen „Machern“ zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Bis dahin verbleibe ich mit einer virtuellen Wochenschau.

  • Horror-Insel wird per Online-Auktion versteigert | Welt
    Als im 17. Jahrhundert die Pest ausbrach, war das für Venedig eine Katastrophe: Wohin sollte man mit den verseuchten Toten an einem Ort, der auf Pfählen ins Wasser gebaut ist Daher schaffte man die Leichen kurzerhand auf die kleine Nachbarinsel in der Lagune, nach Poveglia, wo sie verscharrt wurden. Aus Angst vor Ansteckung schickte man schließlich auch noch die Lebenden auf das Eiland. Dort mussten sie langsam in qualvoller Agonie sterben. Die Legende will es, dass die Verdammten sich dafür gründlich gerächt haben und ihre Geister noch heute über die Insel spuken. Sie liegt am Canal Orfano, dem schiffbaren Lagunenkanal des „Waisen“. Am Ufer der Insel stehen warnende Schilder: „Betreten verboten!“ Wer Poveglia trotzdem besichtigen will, muss eine Erlaubnis bei der Stadtgemeinde einholen. Der italienische Staat will dem Spuk nun ein Ende machen und vor allem Profit aus dieser Insel schlagen.“  Ich hoffe, es rennt jetzt keiner los und steigert mit um aus der Insel einen Gruftie-Vergnügungspark zu schustern. Viel sinnvoller sind Alternativen wie die Initiative „Poveglia per Tutti„, die die Insel via Crowdfounding finanzieren möchte um daraus einen Garten zu machen. Ob das jedoch dem historischen Hintergrund und vor allem den vielen Geistern auf der Insel gerecht wird, lasse ich mal dahingestellt.
  • Gothic Weekend in Whitby – In Pictures | The Guardian
    Das älteste und bekannteste britische Goth-Treffen feiert seinen 20. Geburtstag. „It’s that time of year when gregarious goths gather in the April gloom of the North Yorkshire seaside town. This year the festival celebrates it’s 20th birthday, having started as a gathering of penpals who met via NME magazine. The organisers chose Whitby as home of the biannual event because of its links with Bram Stoker’s Dracula.“ Die Bilder, die der Guardian abgebildet hat, wirken so fremd und doch merkwürdig vertraut.
  • Lichtblicke – kurz & bündig | Radio Dunkle Welle
    Unter der Rubrik „Lichtblicke“ veröffentlicht Marlene vom Internetradiosender „Dunkle Welle“ in unregelmäßigen Abständen einige musikalische Fundstücke, die wohl nur in das Blickfeld einer leidenschaftlichen Musikhörerin landen können. Ich mag die übersichtliche Aufmachung der Artikel und die Möglichkeit in alles sofort ein Ohr zu werfen, was Marlene durch zahlreiche Links vereinfacht hat: „Auf meinen Streifzügen durch die Weiten der Bits und Bytes fallen mir nicht selten Dinge vor die Füße, die es aus meiner vollkommen subjektiven Sicht verdient haben, herausgefischt und nunmehr hier unter der Rubrik „Lichtblicke“ in unregelmäßigen Abständen in Euren Fokus gerückt zu werden.
  • Leipzig: Das Skalpell und der Schatten | Freie Presse
    Noch bevor tausende Grufties zu Pfingsten in die „schwarze Hauptstadt“ strömen, beginnen dort interessante Ausstellungen. Hansruedie Giger gilt als einer der wichtigsten Maler unserer Zeit. Die Leipziger Galerie Sansvoix zeigt seine Werke erstmals vollständig in Deutschland: „Vielleicht hat er es mit der Öffentlichkeit etwas übertrieben, der erste und einzige Oscar-Preisträger der Schweiz. Hansruedi „HR“ Giger, 1979 mit der Gold-Statue für sein „Alien“-Filmmonster geehrt, hatte nie Berührungsängste zur Popkultur. Der 1940 in Chur geborene Maler, Grafiker und Bildhauer gestaltete mit seiner dunklen Kunst Filmsets, E-Gitarren und Plattencover – wohl auch, weil seine okkulten Bilder in der Metal- und Gothic-Subkultur seit den 80er-Jahren sehr verehrt werden.“ Entwarnung: Die Ausstellung geht bis zum 13. Juni und ist damit für alle Besucher des WGT erreichbar.
    Dennoch liegt der Verdacht nahe, dass Giger, der eigentlich Hans Rudolf heißt, aus anderen Gründen zum Schmuddelkind der Kunstszene gestempelt wurde – immerhin gibt es von Warhol bis Dalí einige Malerfürsten, die keine Probleme mit derlei Annäherung hatten.
  • Die alten Wilden auf dem Prüfstand | Unter.Ton
    Es gibt die alten Wilden und die alten wilden Ideen. Wilde Ideen, das sind authentische und unabhängige Musikmagazine mit Lust auf Individualismus. Daniel Dreßler, der auch für den Zillo gearbeitet hat,  schnappte sich Antje Bissinger und gründete „Unter.Ton“ als unabhängiges Musikmagazin. „Seit dem Studium in München sind wir ein Team, haben unseren Magister-Abschluss gemacht, ein Mini-Elektro-Festival organisiert, die Düsterromantik gepflegt und uns dem Mainstream erfolgreich verweigert. Unabhängig voneinander haben wir die Höhen und Tiefen des Schreibens und Publizierens erlebt, für diverse Fach- und Publikumszeitschriften gearbeitet, Internetportale redaktionell unterstützt und den journalistischen Alltag in der Tagespresse durchlaufen. Dazu kamen Ausflüge in Rundfunk (Daniel) und Dramaturgie (Antje). Am Ende blieben Leidenschaft und Enthusiasmus auf der Strecke.“ Wilde Idee. Die alten Wilden, dass sind auch Andreas Dorau und Gabi Delgado (DAF), die jeweils mit einem neuen Album in der Gunst der Hörer steigen wollen. Wie das neu gegründete Magazin damit umgeht, gefällt mir schon mal sehr gut: „Dunkle, minimalistische Elektronik oder ein vorsätzlich gut gelaunter Pop-Cocktail? Die Wahl zwischen Andreas Dorau und Delgado kann sich nur auf dieser Ebene abspielen. Textlich sind beide Alben gleichwertig. „Aus der Bibliothèque“ und „1“ sind die Stachel im vor sich hinmodernden Fleisch deutscher Popkultur und der gepflegte Tritt in den Allerwertesten konservativer Spießer, die es sich im vom Merkel- Mehltau überzogenen Deutschland gemütlich machen wollen. Schade, dass die Revolution von der Elterngeneration getragen wird, während die Nachkömmlinge „Atemlos durch die Nacht“ ihren Eskapismus pflegen. Hier ist was faul im Staate Deutschland.
  • Besessen von „Harry Potter“-Hexe: Die grausame Bluttat zweier deutscher Satanisten | Focus
    Endlich. Fast hatte ich befürchtet, dass wir überhaupt nicht mehr mit grausamen Bluttaten in Verbindung gebracht werden würden. Der Focus beendet die Durststrecke mit einem fulminanten Artikel über einen grausamen Mord. Da haben also zwei „Satanisten“ einen Taxifahrer mit 42 Beilhieben getötet. Die angeblich psychisch kranken Männer lebten laut dem Focus in einer brutalen Parallelwelt und verehrten einen besonders grausamen „Harry Potter“- Charakter. „Bereits als Kinder fallen Jan D. und Hendrik M., die aus problematischen Elternhäusern stammen, durch unangepasstes und aggressives Verhalten auf. Mehrfach wechseln sie die Schulen, besuchen psychiatrische Kliniken und Heime, begeben sich in Therapien. Bei beiden diagnostizieren Ärzte Asperger Autismus. Ihre Krankengeschichte führt die Jugendlichen im Frühjahr 2012 zusammen, noch mehr allerdings verbindet sie ihre Vorliebe für die Gothic-, Vampir- und Satanismusszene. Horrorfilme, bizarre Rituale, düstere Musik, schwarze Kleidung, das ist ihre Welt. Sie selbst bezeichnen sich als „Brüder“ und halten sich für „das Böse“
  • Wünschen sich „Gothic-Eltern“ eigentlich „Gothic-Kinder“? | Confessions of a Gothmum
    In der letzten Wochenschau verlinkte ich einen Artikel der Gothmum mit den Worten: „Stichwort Phasen. Grufties werden manchmal Eltern. Wünschen sich “Gothic-Eltern” eigentlich “Gothic-Kinder”? Ich meine, das mitschleifen auf Konzerte und schwarze Veranstaltungen suggeriert doch eine gewollte Konditionierung, oder? Bei der Gothmum ist soweit. Der Nachwuchs kommt in seine schwarze Phase. “ Es hat nicht lange gedauert, bis ihre Antwort kam. Ein sehr differenzierter Einblick in das Leben subkultureller Eltern: „Kinder von Goth-Eltern bewegen sich im Grunde in zwei verschiedenen Welten: in der schwarzen ihrer Eltern (oder eines Elternteils) und der bunten außerhalb. Mag es jüngeren Kindern nicht bewußt sein, daß sich Mama und Papa von Kleingrufti anders kleiden als die Eltern von Kleinstino, irgendwann wird es auffallen. Wie die Kinder später mit ihren Mitmenschen umgehen, die nicht in das Bild passen, das durch ihr Elternhaus geprägt wurde, hängt von ihrer Erziehung ab und von den Erfahrungen, die sie mit Andersartigen machen konnten. Was das angeht, sind Kinder von Goth-Eltern m.E. eindeutig im Vorteil, denn sie lernen von frühester Jugend an beide Seiten kennen und damit umzugehen. Für sie ist es normal, daß Mama und/oder Papa anders sind als andere und daß es die gibt, die Hellbunten, ist auch vollkommen in Ordnung. Äußerlichkeiten spielen für kleine Kinder ohnehin kaum eine Rolle.“ Nur eine Langzeitstudie wird zeigen, ob Gothic-Kinder die elterliche Andersartigkeit in ihr Leben übertragen können. Ich wünsche mir sehr, der Versuch, „meinen Kindern Offenheit und Neugier Fremdartigem gegenüber zu vermitteln“  von Erfolg gekrönt ist.
  • Kaserne Wünsdorf – Schatten auf der Flucht | Gedankensplitter hinter Glas
    Es kommt mir ja fast schon komisch vor, wenn ich in jeder Wochenschau eine Erkundungstour von Marcus Rietzsch vorstelle, doch wenn ich wirklich darstellen möchte was ich in der letzten Zeit geschmökert und fasziniert angeschaut habe, komme ich nicht umher ihn und seine Touren erneut zu zeigen: „Der Wind streicht über die trockenen schmalen Ähren hoher, im Sonnenlicht leuchtender Gräser. Jahrzehntelang von schweren Militärfahrzeugen belastete Wege geben sich den Kräften der Natur geschlagen. Die Wurzeln großer Bäume drücken von unten gegen die Betondecke. In Form von Rissen und Wülsten offenbart sich die Stärke dieser Pflanzen. Ein grüner Moosteppich überzieht wüste Asphaltflächen. Lebendig präsentiert sich die zauberhafte Welt vergessener Orte. Eine wilde Natur hat das ehemalige Kasernengelände in Wünsdorf in Besitz genommen.
  • Finanzierung via Crowdfoundnig: Karlsruher Gothic Treffen 2014
    Haben die beiden Veranstalter des „KGT“ Mirjam Fleig und Maik Thoma im letzten Jahr noch viel aus der eigenen Tasche vorfinanziert, möchten man dieses Jahr alles auf etwas festere Beine stellen und hat dazu eine Crowdfoundig-Kamapgne gestartet. Die Idee: „Kunst, Musik und Lesung gepaart mit Tanz und einer dunkel-familiären Stimmung.“ 2.000€ wollen die engagierten Macher sammeln, 625€ sind bisher eingegangen. Noch ist also völlig offen, ob es auch 2014 ein schwarzes Treffen in Karlsruhe geben wird.
  • Das Archiv des British Pathé bei Youtube | Youtube
    Das britische Filmarchiv „British Pathé“ hat rund 85.000 historische Filme bei Youtube hochgeladen. Damit gelingt dem Archiv meiner Ansicht nach ein einzigartiges Kompendium der Zeitgeschichte. Neben Meisterleistungen aus Kunst, Kultur und Technik gibt es auch Dinge zu sehen, die nicht optimal gelaufen sind. Während die Römer schon eindrucksvolle Aquädukte  bauten, scheiterte man selbst 1940 noch an dem Bau einer Brücke. Ein kräftiger Wind sorgte in Tacoma für den Einsturz einer höllisch teuren Hängebrücke.
  • Voltaire – What is Goth? | Lalelura Strohdach
    Frau Strohdach war so nett, mir einen Link zu einem Video aus den USA zu schicken, in dem sich der Musiker Voltaire (Aurelio Voltaire Hernandez) darüber äußert, was „Goth“ für ihn ist.  2004 hat er bereits ein Buch zur Frage herausgebracht. Gut zu wissen, dass auch er mit so einigen Merkwürdigkeiten nichts anfangen kann.
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