Mode: Balenciaga und der typische Pikes-Walk

Nobelmarke Balenciaga hat vor ein paar Tagen seine neue Herbstkollektion 2024 vorgestellt, über deren Präsentation ich gestolpert bin, ja stolpern musste. Dies ist übrigens eine modetypischer Beitrag. Oberflächlich. Subjektiv. Trivial. Wer sich lieber tiefgründigen und gruftigen Gedanken hingeben möchte, ist mit vielen anderen Beiträge besser beraten.

Ich stolperte also, allerdings nur subjektiv, denn in den ersten Augenblicken des Videos fesselten mich natürlich die modischen Karikaturen auf zwei Beinen, die da durch die Gegend schlurften. Und da war dann auch der Knackpunkt. Ich habe den Gang der Models erkannt, den typischen „Pikes-Walk“. Ihr kennt das. Mit superflachen und übertrieben spitzen Schuhen geht man so ein bisschen wie auf Eiern, vor allem, wenn die Spitze nicht ein bisschen nach oben angewinkelt sind. Sonst bleibt man mit der wertvollen Spitze irgendwo hängen und ruiniert sich die Pikes auf ewig. Auf genau solchen spitzen Schuhen laufen die Models, jedenfalls die männlichen. Dabei weiß ich gar nicht, ob das Pikes sind, denn übertrieben lange Hosen – die irgendwann mal in den 90ern modern waren – verdecken die uneingeschränkte Sicht. Den weiblichen Models hat man noch ultrahohe Absätzen drunter geschraubt, mit denen man sowieso wie auf Eiern geht.

Balenciaga, die extrem teure Klamotten und Schuhe in beachtlich großen Stückzahlen unter die Leute bringen, ist ja bekannt dafür, „gegen den Strom zu schwimmen“ und gerade unter einigen angesagten Influencern mit reichlich Kohle ist die französische Marke sehr beliebt. Dass Gothic – oder überhaupt Subkulturen – auf den Laufstegen der Welt immer wieder aufgegriffen wird, ist kein Geheimnis und mit Sicherheit auch keine Neuigkeit.

Aber es macht einen Heidenspaß dabei zuzusehen, in welche grotesken Formen wir bekannte Stilelemente aus 40 Jahren Gothic-Geschichte wiederfinden. „Alles nur geklaut“ würden die Prinzen singen, während das Publikum auf dieser Modenschau suggeriert bekommt, es sei der letzte Schrei, der da an ihnen vorbeistolziert. Vielleicht ist es auch der letzte Schrei, ich schreie jedenfalls nur, wenn ich die Preise der Klamotten sehe. Ich habe nämlich nach den Pikes gesucht, nicht weil ich sie mir kaufen wollte, sondern weil ich wissen wollte, wie die im Ganzen aussehen. Hab sie leider nicht gefunden. Dafür Turnschuhe in Clownsgröße für über 1000€. Wenn man mal nicht mehr weiß, wohin mit seiner Kohle.

„Klauen“ scheint bei der Nobelmarke jedenfalls zur Normalität zu gehören, wenn man diesem Artikel über einer Berliner Fashion-Studentin glaubt. Kulturelle Aneignung, die dem Konzern auch vorgeworfen wurde, halte ich persönlich für Unsinn. Macht doch „Mode“ genau das aus. Das Aufgreifen kultureller oder auch subkultureller Bekleidungsstile, um sie auf Laufstegen als Fashion zu verkaufen. Wie auch immer.

Jetzt genießen wir diese absurde Fashion-Show, machen uns über die „Designs“ lustig und lästern über sehr dünne Models, die Kleidung auf ihren fast schon surrealen Körpern präsentieren und dabei möglichst böse, gleichgültig und unbeteiligt gucken. Übrigens, die Hüte waren garantiert mal Lampenschirme bei IKEA!

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Black Alice
Black Alice (@guest_65334)
Vor 2 Monate

Ich wäre vorsichtig mit dem Wort „klauen“. Die Gothic Szene hat nämlich selber von anderswo geklaut und die Pikes sind keine Erfindung der Goth Szene, die gab es schon vorher. Die Punker hatten eine Modedesignerin die ihnen die eigene Mode gebracht hat. Das hatte die schwarze Szene nicht. Diese hat sich Versatzstücke aus allen Richtungen zusammen getragen. Jetzt anderen vorwerfen, sie würden von der Goth Szene abkupfern ist sehr verwegen.

Martin N.
Martin N. (@guest_65688)
Antwort an  Black Alice
Vor 2 Tagen

Nunja, die gute Vivian ist ja auch schon seit ein paar Jahren six foot deep.
The Great Punk Rock Swindle…

Norma Normal
Norma Normal(@normanormal)
Vor 2 Monate

Man muss sich bewusst machen, das grosse Modehäuser sich bei ihren Kollektionen NICHT am Massengeschmack orientieren. Deshalb gibt es auch immer mal wieder komplett absurdes zu sehen oder es werden Elemente aus Subkulturen aufgenommen.
Das finde ich ehrlich gesagt nicht schlimm, ganz im Gegenteil. Mode hat viele Einflüsse. Außerdem gibt es vermutlich nix was es noch nicht gab. Sich an alten Epochen, an vergangen Jahrzehnten und Trends etc. anzulehnen ist gängige Praxis. Man kann das Rad eben nicht komplett neu erfinden. Allerdings, es gibt durchaus kulturelle Aneignung in der Modewelt, das finde ich viel kritikwürdiger!
Im Gegensatz zum kulturellen Austausch, der sehr fruchtbar und wertvoll ist! Dieser ist aber wechselseitig, beide Parteien profitieren. Wenn Modehäuser, Stoffe, Muster, Symbole oder Schnitte von z.B. indigenen Kulturen kopieren, dann haben diese Menschen meist nix davon, wenn es ohne deren wissen und ohne offizielle Würdigung deren Kunst geschieht. Genauso wenn man aufwendige Stoffe produzieren/ besticken/ weben lässt, aber den Menschen für ihre Handwerkskunst kaum etwas zahlt. Das ist Ausbeutung. Oder wie im Artikel auch erwähnt, von Jungdesignern zu stehlen. Das gibts leider alles. Ebenso wie manch anderer Skandal. War nicht gerade Balenciaga wegen einer Werbekampagne in Verruf geraten? Trotzdem und trotz aller berechtigter Kritik an der Branche, finde ich Mode grundsätzlich wirklich spannend!

Black Alice
Black Alice (@guest_65338)
Antwort an  Norma Normal
Vor 2 Monate

Naja, Mode ist auch eine Kunstform. Auf dem Laufsteg gibt man alles. Das ist etwas um aufzufallen und um aus sich heraus zu gehen. Das Alltagsgeschäft bilden solche Modeschauen nicht ab. Die Alltagsgeschäftsmodeschauen laufen außerhalb der Wahrnehmung der Presse, außer man hat einen großen Namen und alle sagen dann, schau, der macht sogar was für Normalbürger. Dass Alltagskleidung von den großen Modehäusern wie C&A und Konsorten teils von bekannten Designern stammt, bekommen die meisten gar nicht mit. Lagerfeld hat sich diesbezüglich mal in Szene gestellt.

Norma Normal
Norma Normal(@normanormal)
Antwort an  Robert
Vor 2 Monate

Ich rede nicht von mittlerweile weltweit verbreiteten Kleidungsstücken wie einem Kaftan, Mokassins, oder Baskenmützen.
Es gibt heute noch Produzenten von traditionellen Artefakten mit Alleinstellungsmekmalen, z.B. speziellen Mustern, die nur in einer kleinen Region verbreitet sind und dort von einer Handvoll Menschen in Manufakturen hergestellt werden. Das einfach zu kopieren, da gibt es keinen Unterschied zum Beispiel mit dem Jungdesigner. Man eignet sich geistiges oder kulturelles Eigentum an. Wenn man allerdings diese Manufakturen um eine Zusammenarbeit bittet, wäre das eine faire Alternative.

Letzte Bearbeitung Vor 2 Monate von Norma Normal
Black Alice
Black Alice (@guest_65343)
Antwort an  Norma Normal
Vor 2 Monate

Die Baskenmütze kann man raus nehmen. Die gab es schon seit Ur-Zeiten in ganz Südeuropa. Die hat auch verschiedene Namen, je nach Region. Die entstand wahrscheinlich vor über 400 Jahren in den Pyrenäen, ob von Franzosen oder Spaniern ist nicht mehr nachzuvollziehen. Sie wurde zum Wahrzeichen der Basken, aber gleichzeitig wurde sie auch in Süd-Frankreich und anderen Regionen getragen und hat sich auch in Italien und Griechenland sehr schnell verbreitet. Nicht alles ist kulturelle Aneignung. Vieles verbreitet sich einfach so, weil es praktisch ist. Das nennt man auch kulturellen Austausch. Und am Beispiel Baskenmütze ist dieser Austausch auch gut sichtbar.

Norma Normal
Norma Normal(@normanormal)
Antwort an  Black Alice
Vor 2 Monate

Nichts anderes habe auch ich gesagt! Das waren Beispiele für weit verbreitete Kleidungsstücke ; )

Elena
Elena(@metropolis)
Vor 2 Monate

Ok, jetzt hat’s mich angefixt und ich musste die Schuhe finden. Ich bin zum Schluss gekommen, dass es die hier sein müssten. Marrokanische Hausschlappen, in denen man by Design auf das Fersenteil beim Tragen tritt? Würde jedenfalls den Schlurf-Schritt der Models erklären. Und so gerne ich mir durch das Eintauchen in die Designwelt von Balenciaga jetzt die Hornhaut mit Seife polieren möchte, beruhigt mich die Erkenntnis etwas, dass dieses Label nicht weiter weg von authentischen Gruft-Looks sein könnte. Inspiration klar, die findet man überall.

Durante
Durante(@durante)
Vor 1 Monat

Das zu sehen bestätigt in meinen Augen nur wiede ganz persönliche (womöglich eventuell unter Umständen vielleicht nicht 100,00% ernstgemeinte) „Verschwörungstheorie“: Die sog. „Modebranche“ macht sich bestimmt über die Besucher solcher Events insgeheim lustig und meint nichts davon auch nur im Mindesten irgendwie ernst… ;)
Diese ulkigen Hüte erinnern mich aber tatsächlich an die (poppige Seite der) 80er, an Bands wie „Devo“… XD

Interessant finde ich beim Lesen der Kommentare hier tatsächlich wie unterschiedlich der Begriff „Mode“ verwendet wird – Ich denke wenn ich ihn höre automatisch an „das ist gerade in Mode“ und frage mich dann dabei immer warum soviele Menschen einfach das anziehen was alle anziehen bzw. was ihnen vorgesetzt wird (Menschen die immer erkennbar „nach der Mode gehen“ und alle paar Jahre ihren Kleidungsstil komplett ändern… scheinen ja irgendwie gar keinen eigenen Geschmack zu haben? Find ich total bizarr irgendwie… oO)… aber mir ist natürlich bewusst dass man auch individuelle Kleidungsstile als Mode bezeichnen kann, Mode als Kunst ansehen kann, etc. etc. – Meine erste(!) Assoziation bei dem Wort ist aber einfach eine völlig andere (ich benutze es auch niemals in einem positiven Sinne wenn ich so darüber nachdenke.)

Letzte Bearbeitung Vor 1 Monat von Durante
Norma Normal
Norma Normal(@normanormal)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Um alle paar Jahre den Kleidungsstil zu ändern müsste man ja überhaupt erst Stil haben. Das kann ich mit Blick auf die Straße nicht behaupten. Ich denke den allermeisten ist einfach egal was sie tragen, anders kann ich mir das zumindest nicht erklären, räusper, räusper…
Hauptsache die Blöße sind bedeckt und man ist vor Wind und Wetter geschützt, der Durchschnittsmensch zieht einfach an was in den Geschäften hängt und das ist meist keine Mode! Leider ist das bei Männern noch häufiger verbreitet: blaue Jeans, gestreiftes Polohemd, Sportschuhe, ne darin erkenne ich nichts modisches.

Leider muss ich auch sagen, glänzen nicht alle innerhalb der Szene mit Kreativität und sehen oft aus wie aus der düsteren Retorte. Wenn jemand einen wirklich individuellen Stil hat und diesen mit Szeneelementen kombiniert bin ich immer ganz begeistert. Mein Modeherz schlägt dann höher :D

Graphiel
Graphiel(@michael)
Antwort an  Norma Normal
Vor 1 Monat

Ich finde das hast du sehr gut zusammengefasst. Auch meinen Erfahrungen nach machen sich die Allerwenigsten überhaupt großartige Gedanken was sie da eigentlich am Leibe tragen. Männer noch weniger als Frauen.

Sitzt bequem, hält warm/ist luftig, passt zum persönlichen (farblichen) Geschmack und lässt sich farblich mit Klamotten kombinieren die bereits im Schrank hängen, sodass man nicht ausschaut wie ein Zirkusclown. Viel mehr „Modebewusstsein“ steckt da meinen Erfahrungen nach nicht hinter. Dementsprechend fallen dann übrigens auch die Komplimente anderer Leute aus dieser Sparte aus: „Ja, das steht dir (= sitzt gut – Anmerkung von mir^^). Du magst ja grün/blau/gelb/whatever.. (= kenne dich ja auch nur so) das passt zu dir. (= ein plötzlicher Stilbruch würde mich verunsichern)“ Mit einem tieferen Sinn für Mode oder einem wie auch immer gearteten Stil dürfte da es zumindest bewusst kaum bei jemandem etwas zu tun haben. Im besten Fall hat man eher sowas wie ein unterbewusstes, kollektives Gespür, wann man mit Kleidungsstil X (beispielsweise eine löchrigen Jeans) nicht mehr komplett aus der Reihe tanzt. ;-)

Black Alice
Black Alice (@guest_65405)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Naja, weil die meisten keine eigene Mode kreieren können gibt es ja die Modemacher. Weil kaum einer ein Haus kreativ gestalten kann gibt es Architekten, auch wenn 90% alles gleich aussieht usw. Wenn sich die Leute wenigstens an die Mode-Tips halten würden. Aber selbst dafür haben sie keinen Geschmack. Aber das ist deutschtypisch. Z.B. in Italien ist man modebewusster, in der Schweiz irgend wie auch eher als in D. Die mit Geschmack, bzw Modebewustsein sind nur wenige und die fallen auf der Straße durchaus auf. Mode war schon immer etwas für Privilegierte. Früher privilegierte in Sachen Geld, heute in Sachen Bildung. Also nicht die Grundbildung die heute jeder hat, sondern das was darüber hinaus geht. Es war schon immer so, dass diese Mode die anderen inspiriert hat, die nicht den Zaster hatten die teure Mode zu kaufen. Es geht da auch weniger um das was die Modemacher auftischen 1:1 zu übernehmen, sondern sich davon inspirieren zu lassen.

Durante
Durante(@durante)
Antwort an  Black Alice
Vor 1 Monat

An dem was ihr drei sagt ist definitiv was dran… aber dieses und meine Meinung schließt sich in meinen Augen gar nicht aus (und „Stil“ ist in dem Fall genauso missverständlich wie „Mode“, siehe weiter unten) – Letztendlich fallen wohl ca. 95% der Menschen in diesem unseren Lande in eine der zwei Kategorien (was Kleidung & „Styling“ angeht natürlich nur):
A. Trägt wie ihr sagt „was halt gerade im Laden hängt“ (oder beim großen A. im Webshop aufploppt) und „nicht stört“ bzw. „praktisch“ ist (die meisten Männer).
B. Trägt bewusst was „gerade in Mode ist“ (definitiv mehr Frauen als Männer, aber natürlich nicht alle Frauen).
Was beide gemeinsam haben ist dass sie alle paar Jahre den Kleidungsstil ändern („Stil“ ist hier wertneutral gemeint! Mir fällt gerade kein passenderer Begriff ein), die einen halt unbewusst und zufällig weil sich der Stil der Klamotten von H&M, C&A, whatever… mal wieder ändert (mal sind die Hosen halt weiter, mal enger, mal sind Herrenhalbschuhe eher spitzer, dann wieder rund oder eckig, mal ist Karo „in“ dann wieder „out“) etc.), die anderen eben bewusst/gezielt. Und ich persönlich verstehe beide nicht, aber die erste Kategorie noch eher – „Is mir eigentlich egal wie ich rumlauf“ kann ich noch eher nachvollziehen als „ich muss mit der Mode gehen und wenn laut blablah diesen Sommer XY angesagt ist dann kauf ich mir das natürlich“…
Insbesondere in letzterem Fall scheint ja kein eigener Geschmack vorhanden zu sein (oder wird der bewusst negiert/ignoriert?), und das find ich als Mensch der einfach irgendwann „seinen Stil“ gefunden hat und dabei geblieben ist (weil er mir gefällt und ich mich so wohlfühle) irgendwie einfach… total… bizarr… oO
Ich hoffe ich konnte jetzt besser erklären worauf ich hinaus wollte.

Letzte Bearbeitung Vor 1 Monat von Durante
Black Alice
Black Alice (@guest_65407)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Im Prinzip geht es ja nur um das Verkaufen von Klamotten und die Leute dazu zu bringen immer neues zu kaufen. :o)

Durante
Durante(@durante)
Antwort an  Black Alice
Vor 1 Monat

…das ist mir schon klar ;)
(Ein „Hoch“ auf auf den Kapitalismus und seine unnötigen Müllberge… *seufz* )
…aber mich wundert halt seit jeher dass es so gut funktioniert, dass so viele Menschen auch tatsächlich Sätze nachplappern wie „das ist jetzt in Mode“/“das trägt man jetzt so“/“das ist grad modern“/“das ist diesen Sommer voll angesagt“/“das ist der neueste Trend“/… ohne dergleichen je zu hinterfragen („Das ist jetzt also ‚in Mode‘? Sagt wer? Und warum? Und mit welcher ‚Authorität’…?“ ;) ).

Letzte Bearbeitung Vor 1 Monat von Durante
Adrian Stahl
Adrian Stahl(@rosa_aristides_c)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Psychologie.
Werbung und Marketing sind zu einem sehr großen Teil Psychologie und hat interessanterweise ihren Ursprung in der Propaganda – die Mechanismen sind im Grunde die gleichen.

Klar springen nicht alle Leute dann auch darauf an, aber die Masse tut es. Es bedient halt das Bedürfnis, dazu zu gehören, akzeptiert zu werden.
So ein bisschen ist das bei uns ja genauso, wir haben innerhalb der Szene auch unsere äusserlichen Codes, die Zugehörigkeit vermitteln und Identifikation schaffen.
Das ist auch nicht immer was schlechtes – der Mainstream-Geschmack ist am Ende aber immer der Weg des geringsten Aufwandes, und Mensch ist von Natur aus bequem … Ausnahmen bestätigen die Regel.

Adrian Stahl
Adrian Stahl(@rosa_aristides_c)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Allgemeine Antwort :) – ich hab aber auch das Gefühl daß die Mainstream-Mode auch allgemein unkreativer geworden ist, was insofern bisschen schräg ist weil einerseits wird man als „Ausreißer“ nicht mehr so schief angeschaut wie früher mal – aber trotzdem sieht man nur 08/15 auf der Straße – und vielleicht mal paar wenige Paradiesvögel. Aber – so viele eben auch nicht.

Kann auch bisschen die eigene verzerrte Wahrnehmung sein, allerdings ist da meine Mutter der gleichen Ansicht – wir reden öfter mal über Klamotten, da wir ja beide Schneider:Innen sind.

In den 90ern gabs noch wirklich interessantes Zeug in den Normie-Läden, stellenweise, heut möcht ich aus den meisten nach einer Minute rückwärts wieder raus, vor allem wenn einem ausschließlich „Sad Beige“ entgegenspringt. Und diese völlig spröde-spießigen Schnitte …

Mir fällt seit Längerem aber auch auf daß die Leute verlernt haben was eine gut sitzende Klamotte ausmacht. Weil einfach auch ein schlichtes Teil großartig aussehen kann, wenn es einfach perfekt sitzt, und gut verarbeitet ist.
Letzteres findet man bei Stangenware auch immer weniger, weil in der Produktion immer mehr eingespart wird.
Stoffe werden dünner, Schnitte simpler – Einlagen und anderes „Innenleben“ wegrationalisiert – was alles dazu beitragen würde daß eine Klamotte eben super fällt und entsprechend aussieht.
Klar muss man bei Fabrikware immer Abstriche machen, so perfekt wie echte Handarbeit ist sowas nie, aber – aktuell wird halt leider immer schneller und immer billiger produziert, Primark und Shein haben da nochmal ordentlich angekurbelt, leider auch mit dem Nebeneffekt daß tonnenweise überproduzierter Plastik-Textilmüll in der Natur entsorgt werden … aber das ist nun ein anderes Thema … oder vielleicht nicht komplett denn wenn Kleidung Wegwerfware geworden ist, dann macht man sich auch allgemein weniger Gedanken drum. So ein besonders tolles Stück Klamotte, das man sich eventuell auch erstmal zusammensparen muss(te) – da passt man im Normalfall ja doch drauf auf, und wählt auch sorgfältiger, ob das dann gut sitzt und aussieht …

Ich möcht da immer in die Tischkante beißen wenn Leute neu erworbene Teile stolz im Netz posten – und dann hängen die Schultern in den Kniekehlen und die Ärmel bis nach Australien runter – „passt perfekt – tolle Qualität!“ – kommentiert man dann meistens dazu ..

„Passen“ heißt nicht daß man theoretisch reinpasst, egal ob einmal oder dreimal quer und längs gleichzeitig …

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Antwort an  Adrian Stahl
Vor 1 Monat

Stimme Dir da vollumfänglich zu, nichts ist langweiliger als das, was man seit Jahren als gängige Mode zu sehen bekommt – und dabei ist Berlin ja noch recht reich an schrägen und modemutigen Vögeln. Die werden aber auch immer seltener.
Dein letzter Satz hat übrigens für ordentlich Kopfkino und Lachmuskeltraining gesorgt!

Black Alice
Black Alice (@guest_65410)
Antwort an  Adrian Stahl
Vor 1 Monat

Ja, da hast Du auf jeden Fall recht. meine Mom hat auch selber genäht, wie es damals viele gemacht haben. Dadurch entstand auch Individualität. Man nahm sich ein Beispiel bei den Modemachern und hat seinen Teil noch dazu beigetragen. Man wusste wie ein Kleid zu sitzen hat. Sie hat mich immer gut angezogen, sodass man mich immer wieder gefragt hat, warum ich unter der Woche nen Sonntagskleid an hätte.

Auf der einen Seite mag es OK sein, wenn sich Mode demokratisiert und man nicht anhand der Klamotte in Schubladen gesteckt wird. Andererseits führt es zum Untergang des guten Geschmack, zu wissen wie man sich anzieht, was zu was passt und was nicht usw. Kreativität geht verloren.

Adrian Stahl
Adrian Stahl(@rosa_aristides_c)
Antwort an  Black Alice
Vor 1 Monat

Ja, das ist auch so ein schwieriges Thema … natürlich sollte jeder Mensch die Möglichkeit haben, schöne Klamotten anzuziehen, Kleidung als Statussymbol find ich auch doof, und damit verbunden dieser Marken-Fetischismus, der ja mit Individualität auch garnichts zu tun hat.
Leider ist auch die Wegwerf-Mentalität halt überall präsent, ich erinner mich auch eine kurze aber heftige Diskussion mit einer Dame die nach eigenen Angaben wenig Budget für Kleidung hatte, aber wohl trotzdem genug um sich ein Billig-„Korsett“ aus China zu holen weil „ich will es nur einmal anziehen“ – das versteh ich dann nicht, unterm Strich ist das mehr Geld zum Fenster rausgeworfen als vielleicht auf was besseres zu sparen – was dann viele Jahre hält und man auch öfter als nur einmal tragen kann – vor allem wenn man dann auch so auswählt daß man das Teil dann auch bestmöglichst kombinieren kann …

Und wenns denn sein muss – auch Fast Fashion kann man gut behandeln, ich will, trotz meiner ständigen Meckerei darüber ja auch nicht leugnen daß ich selbst so paar Fast Fashion Teile durchaus besitze – aber sogar die ändere ich wenn sie nicht richtig passen oder repariere sie, wenn nötig, und sollte doch mal ein Fehlkauf dabei sein, dann gibts Kleiderkreisel – und damit die Möglichkeit daß es jemand anders anzieht und das nicht gleich in der Halde in Chile landet …

Vonwegen Nähen – meine Mutter ist mit 13 Jahren auch durch Notwendigkeit dazu gekommen – der Familienzweig war in der Landwirtschaft tätig, und da war das Budget auch nicht immer so übrig für Mode.
Aber ja – Nähen war zu der Zeit auch präsenter, normaler, gewissermaßen. Man wusste zumindest wie man Reparaturen macht oder kleinere Änderungen und ich denke schon daß da schon dieses gewisse Grund-Gefühl für Passform und anständiges Material mit dazukommt …

Durante
Durante(@durante)
Antwort an  Adrian Stahl
Vor 1 Monat

Stimmt alles… leider. :-|
Diese von dir beschriebene langweilige und wenig mutige „Mainstream-Mode“ heute, in Kombination mit dem bedauernswerten Aussterben klassischer Subkulturen (in unserem Sinne), macht die Welt ästhetisch definitiv sehr viel eintöniger.

(Dass der Planet langfristig sowieso nur zu retten wäre wenn man von der schnelllebigen Wegwerf-Mentalität (egal ob Klamotten, Smartphones, …) wegkommen würde ist natürlich eigentlich viel wichtiger als irgendwelche Diskussionen über Ästhetik und Stil… aber das wird sowieso nicht passieren. :( Einzelne machen sich mal Gedanken, im großen und Ganzen ändert sich nichts bzw. geht der Trend leider sogar eher noch in die umgekehrte Richtung wie du selbst schon gesagt hast…)

Adrian Stahl
Adrian Stahl(@rosa_aristides_c)
Antwort an  Durante
Vor 1 Monat

Das verrückte ist allerdings daß die Welt in den Social Media da oftmals anders aussieht, wir haben heute tonnenweise sogenannter Mikro-Trends – also fast alles was irgendwie auf „-Core“ endet fällt da rein – die sich grad mal paar Wochen halten, und dann kommt auch sofort das Nächste … alles für Klicks und Aufmerksamkeit – da werden tonnenweise Päckchen vor laufender Kamera aufgerissen und die Sachen landen nach dem Präsentieren auf der Halde.
Auf der Straße sieht man ja niemanden so rumlaufen … eigentlich müsste der Logik nach die reale Welt voll von Paradiesvögeln sein, aber – ja, da ist viel mehr Schein als Sein.
Und auch das fördert leider diesen maßlosen Überkonsum ohne Sinn und Verstand auch noch mit.

Ich denke aber daß auch Diskussionen die sich „nur“ um Stil und Ästhetik drehen da nicht völlig substanzlos sind – oder sagen wir: es nicht zwangsweise sein müssen. Ich finde schon daß eine gewisse persönliche Stilsicherheit eher dazu führt daß man eben bewusster wählt, sich für Sachen entscheidet die man länger hat und damit auch ein stückweit nachhaltiger handelt als jemand, der jedem Winz-Trend hinterherrennt und sich vor lauter Rennen nicht wirklich selbst findet.
Stil finde ich hat was zeitloses – nicht im Sinne des Mainstreams, wo der Begriff ja oft für Basic-Teile benutzt wird, die so geschmacksneutral sind daß sie zu jeder neuen Mode passen – auch wenn das ein stückweit schonmal eine Verbesserung ist.
Für mich kann „zeitlos“ auch sehr ausgefallen sein – man muss sich halt stilmässig selbst gefunden haben, und sich darin ein stückweit sicher sein und das durchziehen, gegen die Masse.
Da wird man zwangsweise weniger Fehlkäufe und Schrankleichen ansammeln als jemand der eben immer mit der Massen-Mode mitgeht.

Black Alice
Black Alice (@guest_65416)
Antwort an  Adrian Stahl
Vor 1 Monat

Ja, da hast Du recht. Da fragt man sich wer das trägt? Keiner. Oder nur wenige mal abends zur Party. Aber auf der Straße, niemand. Es traut sich keiner mehr anders zu sein. Sieht man an der Jugend. Ihr Gruppenzwang in Social Media ist so groß geworden, dass man nicht ausbrechen kann. Hat jeder Jeans und weißes Hemd, läuft auch jeder mit Jeans und weißes Hemd herum (nur als Beispiel) und wenn Du was anderes trägst wirst Du in Social Media nieder gemacht. So trauen sich immer weniger in Subkulturen auszubrechen. Arme neue Welt.

Adrian Stahl
Adrian Stahl(@rosa_aristides_c)
Antwort an  Black Alice
Vor 1 Monat

Ob das wirklich mangelnder Mut zur Eigenwilligkeit, aufgrund von Konformitätszwang ist?
Ich denke vielleicht eher – Übersättigung. Gerade durch Social Media. Eventuell haben viele junge Leute nicht mehr so den Drang, sich in Subkulturen vom Mainstream abzugrenzen weil die neuen Medien so im stillen Kämmerlein sehr viele Nischen bieten wo man das eher individuell mit sich ausmachen kann, ohne die eine Identifikationsgruppe in dem Maße mehr zu brauchen.

Kann aber sein daß ich mich da irre, ich hab kaum Kontakt zu Teenagern, hab mich auch selbst nie vermehrt (wird auch nicht noch passieren … ) und überhaupt kann da der Eindruck natürlich täuschen.

Ich hab am eigenen Leib halt eher festgestellt daß die Akzeptanz heute eine andere ist, ich krieg irgendwie mehr nette Worte als Beleidigungen – was früher öfter der Fall war.
Wobei ich da nicht weiß ob das Alter eine Rolle spielt – und sich die Leut weniger trauen einem Mitt-Vierziger was unflätiges an den Kopf zu werfen – insofern, wie das unter Gleichaltrigen im Teenie-Alter aussieht – ist vielleicht eine andere Sache.

Maren
Maren(@milk)
Antwort an  Adrian Stahl
Vor 1 Monat

Deine Einschätzung zu den neuen Medien und deren Beitrag zur Individualisierung kann ich mit ein paar Beobachtungen stützen. Teenager mit denen ich jobmäßig zu tun habe, sehen da eine Chance, gerade wenn man aus dem Mainstream Rahmen fällt, sich auszuleben. Mein eigener Teenie hat ebenfalls auf diesem Weg zwei andere kompatible Wesen gefunden und so ist eine Mini-Subkultur entstanden. Allerdings stimme ich auch Black Alice zu, dass durch Social Media Gruppendruck auch erhöht werden kann ( oft auf ganz fatale Weise!). Ich sehe Tendenzen, die parallel laufen und eigentlich widersprüchlich sind: Maximale Individualisierung und Konfomitätsdruck. Aber da die Spezies Tennager sehr variantenreich ist, sind auch meine Eindrücke nicht allgemein gültig.

Dass die Akzeptanz gegenüber vom Mainstream abweichenden Outfits sich geändert hat, kann ich bestätigen. Aber auch das Alter spielt da wie Du sagst, eine Rolle. Entweder gibt es positives Feedback oder die Leute halten den Mund. Teenies untereinander sind da oft weniger zurückhaltend.

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