Am 21. April 1990 wurde Robert Smith, Leadsänger der englischen Band „The Cure“, stolze 31 Jahre alt. Etwa zur gleichen Zeit sind Dokumentarfilmer auf der Suche nach der Stimmung des Umbruchs im wiedervereinigten Deutschland. Die Grenzen der DDR sind offen, die trennende Mauer ist im November 1989 gefallen. Es ist eine Zeit der Freude, der Unsicherheit, der Verwirrung und der Orientierungslosigkeit – denn wirklich daran geglaubt hatte niemand. Doch über Nacht ändert sich die Geschichte. Die DDR zerbricht, die sogenannte „Allianz für Deutschland“ treibt die Wiedervereinigung voran, Neuwahlen stehen bevor, die alte Währung abgeschafft. Irgendwo in diesem Chaos trifft die besagte Filmcrew unter einer Brücke auf eine Gruppe Jugendlicher, die zu den Klängen ihrer Musik und im Nebel des Alkohols den Geburtstag ihres Idols feiern: „Was feiert ihr hier eigentlich? – Robert Smiths Geburtstag!“
Theatralisch bewegen sich die Kids zu „Lullaby“, wiegen sich selbst in einen Schlaf. Möglicherweise liegt es aber auch am russischen Wodka, dass man sich so ausgelassen vor der Kamera präsentiert. Robert Smith, so sagen sie, sei der depressivste Mann der DDR! Natürlich korrigiert man sich, denn schließlich weiß man ja, das der aus England kommt. Depression ist für sie das Wissen, dass das Leben irgendwann ein Ende hat und das man selbst nicht mehr wiederkommt. „Wir haben ’ne Band gegründet, die heißt „Die Greifer und die Simulanten“. In den Lieder beschreiben wir, dass man schon tot ist bevor man lebt und dass es absolut scheiße ist wenn man lebt, weil man dann genau weiß, dass man irgendwann stirbt und nicht mehr da ist.“
Jugendliche, die nicht wissen, wohin die Reise geht. Der eingegrenzte Lebensweg und die vom Sozialismus vorgegebene Lebensweise sind nicht mehr existent. Alles scheint möglich und doch scheint nichts erreichbar. So treffen sie sich unter einer Brücke, trinken russischen Wodka und lauschen den Klängen ihres Idols. Man fragt sich, was hinter dem Schleier des Alkohols in den Köpfen der Jugendlichen vorgeht, welchen Weg sie gegangen sind und wie ihr Leben nun aussieht.
„Vor der Wende haben wir eigentlich gar nicht so schlecht gelebt“ wirft einer der Jugendlichen ein, lediglich die Bonzen der Führung seien das Problem gewesen. Allen voran Erich Honecker, der sich seine Taschen vollgemacht habe und nach Russland geflohen sei: „Ein ehrlicher Honecker wäre astrein gewesen!“ Also lieber doch keine Wende? Kein Zurück mehr. Die Jugendlichen von damals dürften heute etwa 40 Jahre alt sein, ich wäre neugierig, wie es ihnen heute geht.
Die vollständige Dokumentation, die das Leben einiger Bürger während des Umbruchs porträtiert, ist ebenfalls sehr interessant. Gibt es doch einen genaueren Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt derjenigen, für die sich damals alles änderte. Der MDR hat sie im Zuge seiner Sonderreihe „25 Jahre Einheit“ veröffentlicht.